Rezension

 

High noon in lawless!

 

Flick ’em Up!

 

Sheriff gegen Cooper Gang!

 

Essen 2015 - irgendwo am „hinteren“ Ende von Halle 3 - Menschentrauben, Lachen, Ohs, Ahs, oder auch deftige Missfallensausdrücke und zwei Freunde vom Spielekreis, die mir mit leuchtenden Augen von einem Spiel erzählen, das ich unbedingt versuchen soll mitzubringen.

Gesagt, getan - ich wandere am nächsten Tag vor Publikumseinlass an den Stand und werfe meinen ersten Blick auf Flick´em Up! Eine große Fläche mit Seitenbegrenzungen, ein paar Gebäude auf Standfüßen, Kakteen, einige Figuren und ich denke Aha, und?

Nun, hier wird Wild West gespielt, Sheriff gegen die Cooper Gang, thematisch eigentlich nichts Neues, der Reiz und die Überraschung liegen darin, wie gespielt wird: Die Grundregel lässt sich in drei Worten zusammenfassen: Es wird geschnippt!

Das ist natürlich nur der Anfang, oder die Basis für den Spaß, das eigentliche Vergnügen kommt dann aus den Details.


Doch zuerst sei noch angemerkt, dass es mit dem Mitbringen der Pretzel-Ausgabe mit Holzmaterial dann doch nicht geklappt hat, aber heuer habe ich in Essen die neue Z-Man Ausgabe bekommen, nicht ganz so aufwändig, etwas kleiner und mit Spielmaterial aus Bakelit anstatt aus Holz, aber mit genau so viel Spaß und den gleichen Elementen.

 

Zuallererst entscheiden sich die Spieler für eines von zwei Teams - entweder den Sheriff und seine Mannen oder Ol‘ Cooper und seine Bande. Als nächstes sucht man sich dann ein Szenario aus und findet eine große, glatte, ebene Spielfläche. Dabei ist wichtig, dass die Fläche von allen Seiten gut zugänglich ist.

 

Bevor wir uns um die Detailregeln der Szenarios kümmern, hier einmal die Grundregeln des Spiels:

Eine Runde im Spiel entspricht einer Stunde auf der Rathaus-Uhr und in dieser Stunde hat jeder Spieler einen Zug. Die Teams spielen abwechselnd, also Spieler A1, Spieler B1, Spieler A2, Spieler B2, usw. Wer eine Figur seines Teams, hier Cowboy genannt, spielen will, hat zwei Aktionen und wählt aus den Optionen Bewegen, Schießen oder Aufnehmen/Ablegen/Austauschen in einem Gebäude.

Bewegen und Schießen erfolgen durch Schnippen, dabei wird nur mit einem Finger geschnippt, oder wenn man will geschoben, dies ergibt eine kontrolliertere Bewegung als das Schnippen mit Daumen und Finger. Für die Bewegung des Cowboys ersetzt man den Cowboy durch die Bewegungsscheibe und schnippt diese - berührt sie kein Objekt, keine Figur und keinen Ablageblock (= Standfuß) eines Gebäudes, ist die Bewegung erfolgreich und die Bewegungsscheibe wird durch den Cowboy ersetzt, er kann dabei in beliebige Richtung ausgerichtet werden. Im Fall einer Berührung oder wenn die Scheibe vom Tisch fällt, ist die Bewegung schiefgegangen und der Cowboy wird wieder an seinen ursprünglichen Platz gestellt.

 

Um ein Gebäude zu betreten oder zu verlassen, muss die Figur ohne Berührung aus entsprechender Richtung zwischen die Ablageblöcke eines Gebäudes geschnippt werden, diese dürfen allerdings berührt werden. Zum Betreten muss die Bewegungsscheibe zumindest teilweise die Türlinie überschreiten, zum Verlassen muss die Scheibe vollkommen außerhalb der Türmarkierung liegen. Wichtig! Objekte, die den Eingangsbereich blockieren, dürfen verschoben werden.

 

In einem Gebäude kann ein Cowboy eine Aktion nutzen um einen Chip für Waffe, Dynamit, Dokument usw. aufzunehmen oder abzugeben; genommene Chips kommen auf die Cowboytafel, dort ist Platz für zwei solche Chips, die Tafel hat auch eine Markierung für einen Colt als Grundausstattung und dort liegen auch die Lebenspunkte des Cowboys.

 

Schießen funktioniert ähnlich wie Bewegen, die Kugelscheibe wird neben den Cowboy gelegt und in Richtung gegnerischen Cowboy geschnippt. Fällt dieser um, verliert er einen Lebenspunkt und bleibt liegen, er kann nicht mehr getroffen werden, bis er wieder aufgestellt wird. Fällt er nicht um, war es ein Fehlschuss, Cowboys in Gebäuden können nur in einem Duell getroffen werden. Verliert ein Cowboy den letzten Lebenspunkt, geht er aus dem Spiel, Objekte in seinem Besitz kommen auf das Bestattergebäude, sein Hut wird auf die Cowboytafel gelegt.

 

Apropos Hut, dieser funktioniert als eine Art Rundenanzeiger, je nach Startzeit tragen die Cowboys die Hüte mit roter oder blauer Seite nach oben, in einer Stunde werden alle Cowboys gespielt und danach die Hüte auf die andere Seite gedreht, so weiß man immer, welcher Cowboy noch nicht an der Reihe war.

 

Das Spiel endet um 12 Uhr, Mittag oder Mitternacht oder nach Eintreten einer Szenario-Siegbedingung.

Womit wir bei den Szenarios wären; jedes der zehn Szenarien - sie reichen von Duell, Transport eines verletzten Zeugen vom Rathaus zum Sheriff über Bankraub bis zu einem Fräulein in Not - erzählt die Hintergrundgeschichte, nennt die Teamziels und liefert eine Karte der Stadt mit Angaben, welches Spielmaterial wie aufgestellt wird. Dazu werden die Anzahl Lebenspunkte der Cowboys oder neutralen Figuren angegeben und die Startzeit auf der Rathausuhr.

Am wichtigsten sind natürlich die Angaben für die Spielende/Siegbedingung und Sonderregeln für das Szenario, das kann ein Verbot zum Betreten der Gebäude sein oder dass die Banditen in der ersten Runde nicht schießen dürfen, usw. usw.

 

Gibt es in einem Szenario ein Duell, gelten die Sonderregeln für Duelle:

Ein spezieller Bereich muss für Ausführung der Duelle reserviert werden. Sind zwei Cowboys gleichzeitig im selben Gebäude, gibt es ein Duell - die beiden Cowboys werden im Duellbereich an die gegenüberliegenden Enden gestellt. Wer als Zweiter das Gebäude betreten hat, schießt zuerst. Schießt er daneben, nähert sich der Gegner um die Breite der Bewegungsscheibe und schießt, usw., bis einer der Cowboys getroffen ist. Er verliert einen Lebenspunkt und wird, falls er überlebt, ins Gebäude gesetzt und vom Gegner hinausgeschossen, sprich ohne Hut durch die Tür geschnippt und dann umgeworfen.

 

Wrumm! Der Kaktus fällt um! Schadenfrohes Gelächter der Sheriff-Truppe! Warum hab‘ ich mich nur selbst überschätzt und geglaubt, ich kann am Kaktus vorbei durch die Tür treffen und damit in den Saloon gehen? Man sollte sich merken, dass hier auch Kakteen bewegliche Objekte sind. Aber was soll‘s? Ich habe ja noch eine Aktion und jetzt wird der Kaktus weggeschoben!

 

Action Spaß pur! Selten bei einem Spiel so viel gelacht und auch geärgert, weil das angepeilte und das dann getroffene Ziel doch ziemlich weit auseinanderlagen. Warum schießen die im anderen Team so viel besser?

Nicht nur der Spaß ist bei diesem Spiel bemerkenswert, sondern auch die Ausstattung, das Bakelit rutscht leicht, Heuballen, Fässer, Zäune und Kakteen sind etwas abstrahiert, aber trotzdem „real“, der Zeiger der Rathausuhr wird mit Gewindeschraube befestigt und die Grafik ist einfach super. Hier regiert liebevolle Aufmerksamkeit für Details!

 

Wer Western mag und Action mag, sollte sich Flick ‘em Up! in dieser Version unbedingt besorgen, sie steht der Holzversion in nichts nach, braucht weniger Platz und ist auch preisgünstiger.

 

Dagmar de Cassan

 

Spieler: 2-10

Alter: 8+

Dauer: 45+

Autor: Jean-Yves Monpertuis, Gaëtan Beaujannot

Grafiker: Chris Quilliams

Preis: ca. 38 Euro

Verlag: Z-Man Games 2016

Web: www.heidelbaer.de

Genre: Action, schnippen

Zielgruppe: Für Familien

Spezial: Viele Spieler

Version: multi

Regeln: de en + cn es fr it pl pt

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Neuauflage in Bakelit statt Holz

Tolle Ausstattung mit liebevollen Details

Braucht etwas Platz

Spielspaß pur

 

Vergleichbar:

Flick´em Up! Holzversion und andere Schnippspiele

 

Andere Ausgaben:

One Moment Games (cn), Pretzel Games (en fr de), Ludonova (es), Lacerta (pl), Ghenos (it), Galapagos Jogos (pt)

 

Meine Einschätzung: 7

 

Dagmar de Cassan:

Rollenspiel mit Action! Schönes Fräulein durch Schnippen retten! Ich liebe es und muss jetzt nur noch besser treffen lernen!

 

Zufall (rosa): 0

Taktik (türkis): 0

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 3

Action (dunkelgrün): 3