Das Spiel

CAROLUS MAGNUS

Von Leo Colovini

Für 2-4 Spieler

Ab 12 Jahre

Winning Moves, 2000

 

 Die vergleichbaren Spiele

El Grande (K, T, M)

 

Die WIN-Wertung

** AAA WW I U SS

30 – 45 min

 

Karl der Große fordert von seinen zerstrittenen Erben, die Provinzen des Kaiserreichs durch den Bau von Burgen weiter zu sichern und wohnlicher zu machen. Dafür brauchen die Spieler die Unterstützung der mächtigen fränkischen Adelsfamilien, die das Kaiserreich verwalten. Nur wer diese für sich gewinnt, kann die Provinzen erfolgreich ausbauen und so das Spiel gewinnen...

 

So viel steht in der Spielregel, doch schauen wir etwas weiter in die Geschichte. Im Jahre 806 ordnete Karl das Divisio Regnum (geteilte Regentschaft) als Nachfolgerregelung an. Vorgesehen war, daß die beiden amtierenden Unterkönige von Italien und Aquitanien (Pippin und Ludwig) weiterhin in ihren Königreichen regieren sollten. Die zentrale Francia blieb Karls zweitältestem Sohn vorbehalten, Karl dem Jüngeren. Damit wäre dieser auch der prädestinierte Nachfolger für Karls Kaiserwürde gewesen, was jedoch nicht verfügt wurde, doch es sollte anders kommen.

Und wer die Geschichte noch weiter verfolgt, weiß, dass Karl der Große alle seine geplanten Erben (er wurde 67 Jahre alt) überlebte. Die einzige Ausnahme bildete König Ludwig von Aquitanien, der im Jahre 813 von Karl den Kaiserthron erbte. Wenn wir jetzt noch wüssten, welche der Farben (schwarz, grau oder weiß) König Ludwig sein soll, steht eigentlich schon der Sieger des Spieles fest und wir könnten es wieder wegräumen. Doch leider (oder zum Glück) steht davon kein Wort in der Spielregel und wir müssen den Nachfolger selbst herausfinden. So weit ein kurzer historischer Abriss der Geschichte (Zur Beruhigung an alle, die sich über mein umfassendes Wissen wundern: Seinerzeit war ich in Geschichte sehr schlecht, da ich mir bis heute keine Jahreszahlen und Namen merken kann, mein ganzer Dank gilt dem Internet).

 

Schon beim Öffnen der Schachtel gibt es die erste Überraschung: es gibt keinen Spielplan. Vielmehr besteht er aus 15 Provinz-Plättchen, die in einem Kreis auf dem Tisch ausgelegt werden. Die Figur Karl des Großen wird auf ein beliebiges Feld gestellt. Danach werden 3 Steine (Ritter) von jeder der 5 Farben (Familien) gemischt und zufällig auf die Provinzen verteilt. Jeder Spieler erhält beim Spiel zu zweit 10 Burgen. Bei 3 Spielern erhält jeder nur 8 Burgen und beim Spiel zu 4. Spielen jeweils 2 als Team zusammen und benutzten die selben 10 Burgen. Unabhängig von der Spieleranzahl erhält jeder Spieler ein Set der Zahlenscheiben mit den Werten 1 – 5 und einen Burghof auf dem jede der 5 Farben abgebildet ist. Doch zunächst zur Variante mit 2 Personen. Jeder würfelt nun 7 mal und nimmt sich die Steine in den entsprechenden Farben. Auf der sechsten Seite der Würfel ist eine Krone abgebildet, die freie Auswahl bedeutet. Diese 7 Würfel bilden die erste Ritter-Reserve. Der Startspieler wird per Los ermittelt. Dieser nimmt nun eine seiner Zahlenscheiben und legt sie offen vor sich ab. Der zweite Spieler darf nie die selbe Zahl wie der erste wählen, ausgenommen es ist nur mehr diese Zahl übrig, dann gilt die Zahl des ersten Spielers als die Niedrigere. Die gewählten Zahlen haben nun 2 Funktionen: 1. Gibt sie die Reihenfolge der Spieler an und 2. die Zugweite von Karl dem Großen. Also, der Spieler der nun die niedrigere Zahl gezogen hat, hat jetzt 3 Aktionen.

 

1.     Drei Ritter ins Spiel bringen:

Man wählt 3 Ritter seiner Reserve aus und platziert sie entweder auf dem Burghof oder in eine oder mehrere Provinzen. Wenn man sich für den Burghof entschieden hat, so legt man die Steine neben die dazugehörige Farbe in einer Reihe hin. Dabei ist zu beachten, dass man die Kontrolle über alle Ritter bekommt, indem man die absolute Mehrheit erzielt. Bei Gleichstand behält der Spieler die Kontrolle, der sie auch bisher hatte. Hat man auf diese Weise die Kontrolle über eine Farbe übernommen, erhält man einen kleinen runden Zylinder (Familienwappen) in der passenden Farbe und stellt ihn ebenfalls auf seinen Burghof. Damit sieht man immer, wer die aktuelle Mehrheit in einer Farbe hält. Die andere Möglichkeit die Ritter ins Spiel zu bringen, ist, sie in einer oder mehreren Provinzen zu platzieren. Dies wird aber erst im späteren Spiel wichtig, um Provinzen übernehmen zu können. Doch dazu später.

 

2.     Karl den Großen weiterziehen

Wie schon vorher erwähnt, darf man nun die Spielfigur des Kaisers im Uhrzeigersinn weiterbewegen. Mindestens ein Feld weit und maximal so weit, wie die Zahl auf dem Zahlenplättchen angibt. Steht der Kaiser danach auf einem Feld, in dem der Spieler die Mehrheit der Ritter kontrolliert, so darf er dort eine Burg aufstellen. Erreicht der Kaiser eine Provinz, wo schon eine Burg steht, zählt diese wie ein Ritter für den Besitzer. Hat der Spieler mit der Burg weiterhin die Mehrheit, so ändert sich überhaupt nichts. Hat jedoch der Spieler die Mehrheit übernommen, so darf er die gegnerische Burg durch eine eigene ersetzen. Weiters darf nun, sofern auf der Nachbarprovinz ebenfalls eine eigene Burg steht, diese mit der Provinz, auf der der Kaiser, steht zu einer Region zusammengefügt werden. Es bleiben alle Burgen und Ritter darin. Diese Regionen sind natürlich schwerer zu übernehmen, da sie stärker sind. Dafür ist es nun notwendig, möglichst Ritter der eigenen Farben in diese Regionen einzusetzen, um sie übernehmen zu können. Wird so eine Region jedoch übernommen, so werden auch hier alle fremden Burgen durch eigene ersetzt. Einmal zusammengefügte Regionen können nicht mehr geteilt werden (ähnlich wie die christliche Vorstellung von der Ehe). Es können aber sehr wohl weitere Provinzen dazu gefügt werden.

 

3.     Die Ritter wieder auf 7 ergänzen

Wie zu Beginn wird wieder mit den Würfeln die Farbe der nachzuziehenden Steine ermittelt.

 

Das Spiel ist beendet sobald ein Spieler alle 10 seiner Burgen eingesetzt hat. Laut Spielregel kann das Spiel auch beendet werden, sobald nur noch weniger als 4 Regionen auf dem Tisch liegen. Dann ist der Sieger derjenige, der die meisten Burgen gesetzt hat. Leider ist ein bisschen unklar, ob das eine Kann-Regel oder ob das eine fixe Regel ist.

 

Bei 3 Spielern erhält jeder nur noch 8 Burgen, dafür jedoch eine Reserve von 9 Rittern und darf jede Runde 4 Ritter einsetzen und danach wieder ergänzen. Mehrheiten müssen nur relativ und nicht absolut sein.

 

Bei 4 Spielern wird genauso wie bei 2 Spielern gespielt, nur dass sich die Partner gegenüber sitzen. Da auch hier in der Reihenfolge der Zahlenscheiben gespielt wird, kann es öfters vorkommen, dass die beiden Partner gleich hintereinander an die Reihe kommen. Jeder der beiden Spieler hat jedoch seinen eigenen Burghof wo er seine Ritter platziert. Zwischen den Partnern darf nicht getauscht werden. Die Kontrolle über eine Farbe kann immer nur ein einzelner Spieler ausüben, d.h. dass nicht die Steine zusammengezählt werden. Bei der Auszählung der Mehrheiten werden jedoch sehr wohl die Ritter von beiden Spielern addiert. Ob ein Partner dem anderen irgend welche Tipps geben darf, muss vor dem Spiel ausgemacht werden.

 

Soweit zu den Spielregeln. Es scheint zwar ein bisschen komplex, ist es aber auf keinen Fall. In der 2 Spieler-Variante hat man sehr guten Überblick. Man hat sehr viele verschiedene Möglichkeiten und man ist ständig gezwungen, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Wenn man das Spiel dann schlussendlich gewonnen hat, so war es die von Haus aus bessere Strategie gegenüber dem Gegner. Hat man jedoch verloren, so sind ausschließlich die Würfel schuld, da man beim Auffüllen der Reserve dauernd die ‚falschen‘ Farben gewürfelt hat - siehe Die Siedler von Catan. Das ist es nun mal, was ein wirklich gutes Spiel ausmacht. Leider kommt beim Spiel zu zweit der Unterhaltungswert ein bisschen zu kurz, da dauernd ein Spieler über eine noch bessere Variante nachdenkt, was einem reinen Strategiespiel schon sehr nahe kommt.

 

Bei 3 Spielern wird es leider etwas unübersichtlich, da man ununterbrochen nachrechnen muss, wie man wo am besten eine Mehrheit erlangen könnte. Die strategische Vorausplanung ist leider auch fast unmöglich, da einem sicher beide Gegenspieler einen Strich durch die Rechnung machen. Dafür ist es sicher die unterhaltsamste Variante, da sich jeweils 2 Spieler unterhalten können, während der 3. nachdenkt. Bei 4 Spielern hat man als Unterlegener noch eine weitere Ausrede parat, da dann der eigene Mitspieler einen schweren taktischen Fehler gemacht hat. Leider gibt es hier jedoch auch den einzigen Nachteil: Schafft man es in einem Zug als 3. und 4. Spieler an die Reihe zu kommen und im folgenden Zug die ersten beiden Züge zu haben, so ist das Spiel sicher beendet. Denn in 4 Zügen hintereinander kann man so ziemlich alles machen, was man will. Und noch mehr erleichtert wird dies, wenn man sich auch noch absprechen kann. Daher ist es wichtig, daß alle Mitspieler darüber Bescheid wissen, um dies zu verhindern.

 

Mir persönlich gefällt das Spiel sehr gut, da es erstens optisch sehr schön ist, zweitens ist die Ausstattung sehr gut und drittens ist es sehr leicht erlernbar durch die übersichtliche Regel. Weiters geht es relativ flott (unter 1 Stunde) und man kann es sofort ein weiteres Mal spielen. Wie schon bei El Grande hat man sehr viele Möglichkeiten, die bei richtigem Einsatz sehr starke Züge ermöglichen. Ohne noch allzu viele andere Spiele des aktuellen Jahrgangs zu kennen, denke ich trotzdem, dass es einer meiner Favoriten sein wird.

 

PS: Bitte nicht über die WIN-Wertung wundern, in der ich sowohl WW als auch SS verteilt habe, aber es ist absichtlich und meine feste Meinung. Ich habe es schließlich 2 mal gespielt und einmal gewonnen (SS) und einmal verloren (WW).