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Der neue Weg nach Indien

Vasco da Gama

Arbeiter einsetzen mit Zeitmarkern

 

Mit dem Erscheinen von Caylus von William Attia wurde die Welt des modernen Brettspielens im Jahre 2005 um einen wunderbaren Mechanismus erweitert. Jeder Spieler hat eine gewisse Zahl von Arbeitern, die er auf Aktionsfelder einsetzen kann um die dortige Aktion auszuführen. Da Caylus auch sonst gut gemacht war, gab es kaum jemanden in der Szene der sich dem neuen Wunderkind entziehen konnte. Seit dem sind viele Spiele publiziert worden die sich des Einsetzens von Arbeitern bemächtigt haben. Der gemeine Vielspieler hat sich schnell daran gewöhnt. Mehr als ein „aja, wieder mal Arbeiter einsetzen“ ist da kaum jemanden zu entlocken. Es sei denn natürlich das Spiel ist in seiner Gesamtheit nahezu perfekt, wie etwa Agricola, oder es ist doch irgendwie anders und bietet eine interessante neue Variante des Mechanismus. Und da wären wir bei Vasco da Gama.

Vasco da Gama wurde auf der Spielemesse in Essen 2009 vom italienischen Verlag What’s Your Game? veröffentlicht. Sehr erfolgreich, es war dort schnell ausverkauft. Unter diesen Umständen ist es dann auch nicht schwer Verleger für andere Länder zu finden. Für die deutschsprachige Version hat sich die Hutter Trade GmbH die Rechte sichern können.

Zwei bis vier Spieler schlupfen in die Rolle portugiesischer Entdecker um eine neue Route nach Indien zu finden.

Vasco da Gama geht über genau 5 Runden die in mehrere Phasen unterteilt werden. Die interessanteste Phase ist die erste. Hier werden, wie eingangs schon angedeutet, reiheum Arbeiter eingesetzt. Allerdings gibt es nur vier Bereiche in die eingesetzt werden kann. Jeder Bereich bietet Platz für eine bestimmte Anzahl von Arbeitern, abhängig von der Spieleranzahl. Der Clou ist nun der, dass mit dem Arbeiter auch immer ein Zeitstein plaziert werden muss. Diese Zeitsteine haben Werte von 1 bis 20 und liegen anfangs alle in einer gemeinsamen Auslage. Die Aktionen werden dann in der Reihenfolge ihrer Zeitsteine ausgeführt. Tendeziell ist es natürlich besser früher dran zu kommen, da die Auswahl dann größer ist. Aber Achtung, nicht alle Aktionen sind gratis. Jede Runde gibt es einen Grenzwert. Die Aktionen mit Zeitsteinen größer-gleich diesem Grenzwert sind gratis. Alle darunter müssen bezahlt werden und kosten die Differenz zum Grenzwert. Ist der Grenzwert 8, kostet die Aktion 2 also 6 Geld.

Sollte man sich eine Aktion nicht leisten können, oder sie, aus welchen Gründen auch immer, nicht ausführen wollen, kann man darauf verzichten und bekommt stattdessen Geld. Für die Aktionen 1 bis 5 allerdings nur 1 Geld, für die Aktionen 6 bis 10 immerhin schon 2 Geld, während die Aktionen 11 bis 20 volle 3 Geld einbringen.

Dieses Ausführen der Aktionen wird in der 2. Phase durchgeführt. Zeitstein für Zeitstein, beginnend bei der 1, wird der entsprechende Spieler gefragt ob er die Aktion ausführen will, oder darauf verzichtet um das entsprechende Geld zu kassieren. Wer ausführt zahlt eventuell die Differenz zum Grenzwert und führt sie sofort durch. Wie schon erwähnt gibt es nur 4 verschiedene Aktionsfelder. Es gibt die Möglichkeit Matrosen und/oder Kapitäne zu rekrutieren. Matrosen gibt es in vier verschiedenen Farben. Man darf beliebig viele Matrosen aus einem von maximal vier Feldern nehmen. In einem Feld können bis zu 5 Matrosen stehen. Je mehr unterschiedliche Farben man nimmt, desto mehr muss man dafür bezahlen. Waren andere Spieler früher dran muss man sich mir dem begnügen das übergeblieben ist. Zusätzlich/Alternativ kann man auch einen Kapitän der eigenen Farbe erwerben, der kostet so viel wie man zuvor Matrosen erworben hat, hat man keine genommen ist er gratis.

Ein weiteres Aktionsfeld erlaubt das Auswählen von Charakteren. Diese bringen unterschiedliche Vorteile, wie Zusatzaktionen, Startspieler oder eine fünfte Farbe von Matrosen (Missionare) und bleiben mit ihren entsprechenden Vorteilen beim Spieler bis ein anderer Spieler sie abwirbt.

Im Aktionsfeld “Projekte kaufen” werden am Ende jeder Runde 7 neue Projekte ausgelegt. Diese Projekte sind Plättchen und symbolisieren unterschiedliche Schiffe. Ein Spieler kann mittels Aktionen Projekte kaufen und dann jederzeit das entsprechende Schiff zu Wasser lassen, indem er die auf dem Plättchen angegebene Anzahl an verschiedenfarbigen Matrosen abgibt. Dies wird durch umdrehen des Projektplättchen vermerkt. Auf dieser Rückseite ist dann das entsprechende Schiff abgebildet. Die Schiffe haben unterschiedliche Navigationszahlen und können zusätzlich jede Runde Einkommen oder Siegpunkte einbringen, dazu später mehr.

Diese Schiffe können mit der Aktion “Expedition” in die verschiedenen Häfen des Navigationsbereichs entsandt werden. Dazu muss im entsprechenden Hafen ein Feld frei sein und die Navigationszahl des Schiffes muss größer-gleich der des Hafenfeldes sein. Außerdem braucht man für jedes Schiff einen eigenen Kapitän, der auf das Schiffsplättchen gelegt wird und damit auch gleich die Zugehörigkeit des Schiffes markiert. Die Navigationszahl des Hafenfeldes bekommt man sofort als Siegpunkte gutgeschrieben. Außerdem bringen die Häfen unterschiedliche Zusatzvorteile, wie Geld, Matrosen, Kapitäne oder neue Projekte.

Sind alle Aktionen durchgeführt beginnt die dritte Phase. Die Spieler erhalten für alle Schiffe im Navigationsbereich die darauf abgebildeten Geldmünzen und Siegpunkte. Danach werden alle vollen Häfen entleert. Die Spieler bekommen für jedes Schiff dort nochmal eine angegebene Anzahl an Siegpunkten. Sollte im nächsten Hafen (die Häfen sind in einer Kette angeordnet) noch freie Hafenfelder sein, können die Schiffe dorthin weiterfahren, sofern ihre Navigationszahl größergleich der Navigationszahl des Hafenfeldes ist. Sollte kein freies Feld mehr vorhanden sein, oder der letzte Hafen entleert werden, kommen die Plättchen aus dem Spiel. Die Kapitäne erhalten die Spieler zurück.

Danach kommt das Rundenende mit Vorbereitungen für die nächste Runde und manche Spieler erhalten noch Boni für ihre Charaktere.

Sollte das Spielende erreicht sein gibt es noch ein ein paar Siegpunkte für Geld und zu Wasser gelassene Schiffe, inklusive Kapitän und es gewinnt wer am meisten Punkte hat.

Vasco da Gama ist durch und durch ein schönes Spiel. Grafik und Spielmaterial sind hervorragend gelungen. Auch die Spielmechanik wirkt sehr ausgereift. Das Spiel funktioniert ausgezeichnet und wirkt auch gut ausbalanciert. Die Anleitung ist vorbildlich gestaltet und lässt keine Fragen offen. Allerdings muss man vor der ersten Partie eine längere Einarbeitungszeit einrechnen. Es dauert einfach bis man den ungewöhnlichen Mechanismus verstanden hat. Hat man ihn aber mal verinnerlicht läuft das Spiel flott und zügig dahin. Dementsprechend reduziert sich die Spieldauer auch mit wachsender Spielerfahrung. Dieser ungewöhnliche Mechanismus, in dem Zeitmarker über die Reihenfolge der Aktionen entscheiden, ist es auch was den Spielreiz von Vasco da Gama ausmacht. Bei den ersten Partien sind Kopfzerbrechen und Fehler vorprogrammiert. Da fehlt dann schon mal das Geld dass man erst in der nächsten Aktion bekommen würde, oder ein Schiff wird nicht rechtzeitig vor der Expeditionsaktion fertig, weil die Matrosen erst danach angeheuert werden können.

Der Grenzwert für die Aktionen wird teilweise zufällig ermittelt. Von einem vorher bekannten Startwert wird, nach der Einsetzphase, aber vor der Ausführphase, eine Zahl von -3 bis +3 dazuaddiert. Die Spieler haben also eine Vorahnung wo der Grenzwert liegen könnte, aber kennen ihn nicht genau. Dies lädt natürlich zur Spekulation ein. Spieler können auf Sicher spielen und sich mit ihrer Aktion hinten anreihen, oder Risiko nehmen, wohlwissend dass die Aktion dadurch verfallen könnte, das bisschen Geld das man dafür erhält ist eher ein schwacher Trost. Dieser Glücksfaktor stört mich aber wenig und passt gut zu diesem ansonsten sehr trockenen Spiel.

Mein Ersteindruck von Vasco da Gama war sehr positiv. Nach einer ersten Kennenlernpartie, war der Wunsch nach einem baldigen Wiederspielen sehr groß. Leider hat sich dieser Wunsch aber nach mehreren Partien schnell gelegt. Es gibt leider keine unterschiedlichen Strategien auszuprobieren und auch die taktischen Überlegungen wiederholen sich. Auch der ungewöhnliche Spielmechanismus hilft da wenig und verliert leider bald an Reiz. Abwechslung ergibt sich einzig und alleine aus der Interaktion mit den Mitspielern. So bleibt ein Spiel das zwar sehr schön ist und gut funktioniert, bei mir aber nur hin und wieder auf dem Tisch landen wird.

Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und einen Blick, oder eher zwei, ist Vasco da Gama allemal wert.

 

Markus Wawra

 

Alter            : 12

Spieler         : 2-4

Dauer           : 60-120 min

 

Autor           : Paolo Mori

Grafik          : Mariano Ianelli

Vertrieb A     : Hutter Trade???

Preis            : ca. 40 Euro

Verlag          : What’s Your Game? 2009

                    www.whatsyourgame.it

 

Genre          : Optimierungsspiel

Zielgruppe    :Experten

Mechanismus: Arbeiter einsetzen

 

Kommentar:

hervorragend funktionierende Mechanismen

hohe Interaktion,

Zufallsfaktor manchmal entscheidend

viele taktische aber keine strategischen Möglichkeiten

schönes Spielmaterial

übersichtliche Spielanleitung

 

Vergleichbar mit

Fresko, Tribun

 

Gesamt: 5

 

Markus Wawra:

Vasco da Gama war für mich einer der Überraschungshits des Jahres 2009. Ein wunderschönes, gut funktionierendes Spiel, das mich anfangs, vor allem aufgrund des interessanten Mechanismus fasziniert hat. Leider hat sich diese Anfangseuphorie schnell gelegt, denn die Langzeitmotivation hält sich in Grenzen.

 

Zufall                            2

Taktik                  3

Strategie__                 

Kreativität          

Wissen_              

Gedächtnis         

Kommunikation  

Interaktion                   2

Geschicklichkeit 

Action