EMPIRE

 

EMPIRE - Die Geschichte der Welt

Autor: Steve Kendall

Spieltyp: Eroberungsspiel

Spieler: 3-6

Alter: ab 12 Jahren

Verlag: WdS

 

"Zuerst war CIVILIZATION, dann kam EMPIRE..." - so steht es vollmundig in der Werbung. Aber auch auf der Spielschachtel kann man es lesen: "Von der Frühzeit der Zivilisation bis ins 20. Jahrhundert - Das atemberaubendste Spiel aller Zeiten".

 

"Dann aber mal los! Das muß ja ein Superspiel sein. So etwas wie ein Mega-Super-Über-Drüber-CIVI-DIPPY-1830-JUNTA...". So oder ähnlich dachte ich Anfang dieses Jahres, Nürnberg war gerade beendet, und auf der Messe hatte man mich noch zusõtzlich "heiß" gemacht. Schon Monate vorher wurde hier und da ein wenig aufgewühlt - "...bringt AH bald raus.", "...aber zuerst bei GIBSON.", und schließlich: "WdS bringt eine deutsche Fassung..." - Ich war ganz fassungslos! Aber warum die ganze Aufregung? O.K., hier im Telegrammstil zum genauen Ablauf:

 

Amerikanischer Kleinverlag bringt HISTORY OF THE WORLD in Auflage von 500 Stück - STOP - Fans in aller Welt verzückt - STOP - ein neuer Klassiker ist geboren - STOP - kein Stück mehr zu bekommen (Schluchz, Heul, Wein...!) - STOP - Neuauflage bei AH geplant - STOP - GIBSON bringt die erste Fassung - STOP - WdS bringt zeitgleich (!!!) eine deutsche Ausgabe - STOP, AUS, ENDE - MUSS ICH HABEN...!!!

 

Bis zu diesem Zeitpunkt wußte ich nicht mehr von dem Spiel, als den Titel und daß es sich um ein Spiel um die Entwicklung der Menschheit (Zeitraum 5000 Jahre) handelt. Das wiederum würde ja Parallelen zu CIVI zulassen, und überhaupt - Thema gut, alle gierig, ICH AUCH!

 

Schließlich landete es auf meinem Tisch (der Postbote hatte es gebracht, WdS hatte es geschickt - ich hatte eines der ERSTEN...!), eine Spielrunde wurde zusammengetrommelt (Was dank meiner bereits mehrere Monate andauernden Propaganda für das Spiel ganz leicht war.), und schon ging es los.

 

Was soll ich sagen...?! Wir waren schlichtweg...enttäuscht (?!). Ja, Sie haben richtig gelesen - ENTTÄUSCHT! Von diesem Super-Game, von diesem Über-CIVI - ENTTÄUSCHT?! - Das gibt's ja nicht!!!

 

Na ja, eigentlich ist das ja nicht die ganze Wahrheit. Zuerst waren wir enttäuscht. Nach der ersten Partie, wo wir vollgeladen, vollgepfropft, vollgestopft mit Vorschußlorbeeren-"Ach-was-ist-das-für-ein-tolles-Spiel"-Gedudel waren. Ist ja auch kein Wunder, man weiß ja, der Werbung soll man nicht trauen (!?), und überhaupt...

 

Also gut, hier die ganze Wahrheit über EMPIRE - doch halt! Sie wissen ja gar nicht, wie das Spiel funktioniert!? Da hab' ich doch den gleichen Fehler gemacht wie die Burschen .... (kleinlaut) ... O.K. also darum geht's bei EMPIRE (HISTORY OF THE WORLD):

 

An Spielmaterial gibt es eine große Karte (bonbonfarben - wie bei CIVI) - die (leicht verzerrt) die gesamte Welt zeigt; 6 Sätze Spielsteine - bestehend aus: 85 Armeen, 10 Flotten und 10 Befestigungen; 50 Hauptstädte- bzw. Städtemarker und 30 Monumente; sowie 63 Ereigniskarten, 49 Empirekarten, 6 Übersichtsblätter, 5 Würfel und eine Spielregel.

 

Die Kontinente des Spielplanes sind in einzelne Regionen geteilt: Mittlerer Osten, Nordafrika, Indien, China, Südeuropa, Nordeuropa, Südostasien, Eurasien, Nordamerika, Südamerika, Südafrika, Nippon und Australien. Jede Region (farblich unterschiedlich) ist weiters in einzelne Gebiete unterteilt - Nordafrika z.B. in: Atlas, Libyen, Nildelta, Nubien und Oberer Nil. Einige Gebiete (in Nordafrika ist es z.B. Nubien) tragen ein Resourcensymbol (gekreuzte Hacke und Schaufel) - über diesen Resourcen werden später Monumente errichtet. Ja, und dann gibt es noch ein paar Meer- und Seegebiete - z.B. Westliches Mittelmeer, Rotes Meer, oder Indischer Ozean, Pazifik, usw.

 

Die Spielsteine tragen je eines von 4 verschiedenen Symbolen (Adler, Löwe, Bär oder Drache), wobei es 3 Sätze mit 20 und einen (die Adler) mit 25 Steinen gibt.

 

Die Ereignis- und die Empirekarten sind in 7 Sätze zu je 9 (Ereignis) bzw. 7 (Empire) Karten unterteilt. Für jede Epoche werden nur die dieser Epoche entsprechenden Sätze verwendet. Empirekarten zeigen ein Empire (no na!) und dessen Truppenstärke (Anzahl der Einheiten) sowie Angaben zum Standort der Hauptstadt (bzw. Name derselben), ob und wo Seefahrt möglich ist, und Name (bzw. Regierungs-/Lebenszeit) des Herrschers. Außerdem ist jede Empirekarte mit einer äußerst wichtigen Zahl versehen (rechte obere Ecke!) - diese gibt die Stelle in der Zugreihenfolge an.

 

Die Ereigniskarten gewähren den Spielern zusätzliche Möglichkeiten, wie etwa: HERRSCHER (Würfelbonus), KATASTROPHE (Monumente entfernen), oder KLEINES REICH (ein zusätzliches EMPIRE, das vor der eigenen Empirekarte gespielt wird), usw.

 

Auf den Übersichtsblättern schließlich finden sich Tabellen zu den einzelnen Epochen - mit Angabe der Spielreihenfolge der Völker, Anzahl der Einheiten, Hauptstadt plus Standort sowie befahrbare Seegebiete. Außerdem gibt es auf den Übersichtsblättern noch eine Tabelle zur Punkteabrechnung - in den verschiedenen Epochen gibt es klarerweise unterschiedlich viele Punkte in den einzelnen Regionen.

 

Also nimmt sich jeder Spieler die erwähnten Spielsteinsätze einer Farbe und ein Übersichtsblatt, die Karten werden gemischt und bereit gelegt, ebenso die Monumente, die Hauptstadt- und Stadtmarker und natürlich die 5 Würfel. Der in der Tischmitte liegende Spielplan ist zu Spielbeginn erschreckend leer (was sich aber bald ändern wird...).

 

Die Spieler würfeln, wer die erste EMPIRE-Karte ziehen darf, und schon geht es los. Der erste Spieler zieht eine EMPIRE-Karte, prüft ob er sie behalten möchte, oder gibt sie an einen beliebigen Spieler weiter - dieser muß die Karte behalten und spõter seine gezogene weitergeben. Die Entscheidung, ob man eine Karte behalten oder weitergeben soll, wird anhand der Zugreihenfolge, der Anzahl der Armeen, der Seefahrtmöglichkeit, bzw. der momentanen Lage auf dem Spielbrett gefällt. Aber auch wem man die Karte weitergibt, hängt von diesen Faktoren ab.

 

Haben alle Spieler eine EMPIRE-Karte abbekommen, beginnt die eigentliche Spielrunde. In der entsprechenden Reihenfolge führt jeder Spieler seinen Zug aus. Zuerst zieht der Spieler in jedem Fall eine Ereigniskarte und zwar solange, bis er eine ausführbare Karte zieht - klar, wer keinen Herrscher besitzt (auf der EMPIRE-Karte angegeben), kann auch keinen einsetzen. Der eigentliche Zug besteht danach hauptsächlich aus der möglichst weitläufigen Ausbreitung in möglichst viele und hochwertige Gebiete. Trifft man dabei auf gegnerische Armeen, werden diese bekämpft. Dazu würfelt der Angreifer mit 2 Würfeln, der Verteidiger mit nur einem Würfel - wer die höchste Augenzahl erreicht, gewinnt den Kampf und der Gegner muß eine Einheit entfernen.

 

Sollte ein Spieler irgenwann einmal in die Verlegenheit kommen eigene Armeen (derselben Farbe) angreifen zu müssen, wird jedoch nicht gewürfelt - die Armeen werden automatisch besiegt (Kann z.B. vorkommen, wenn man eine bestimmte Region oder ein Resourcensymbol erreichen will.).

 

Flotten ermöglichen den Spielern, sich über Seegebiete auszubreiten, und Befestigungen in einem Gebiet erhöhen jeden Abwehrwürfelwurf um 1 Punkt - beide kosten den Spieler 1 Armee. D.h. man kann während der Ausbreitung jederzeit statt einer Armee eine Flotte oder Befestigung setzen.

 

Die Anzahl der Würfel im Kampf kann sich durch entsprechende Ereigniskarten ändern. Ein HERRSCHER ermöglicht z.B. immer 3 Würfel zum Angriff zu verwenden. WAFFENTECHNIK addiert zu jedem Würfelwert 1 dazu, usw. Aber auch das Kampfgelände muß berücksichtigt werden - Wälder und Berge im eigenen Gebiet erlauben dem Verteidiger 2 Würfel zur Abwehr einzusetzen.

 

Wird beim Kampf eine Hauptstadt erobert, verwandelt sich diese in eine normale Stadt, eroberte Städtemarker schließlich werden gänzlich entfernt. Monumente hingegen bleiben immer erhalten - sie können nur durch Ereignisse (Flutwelle, etc.) zerstört werden.

 

A propos Monumente - für je 2 Gebiete mit Resourcensymbol, die man am Ende seines Zuges besetzt hält, darf man ein neues Monument errichten.

 

Am Ende des Zuges eines Spieler folgt die Wertung. Hält ein Spieler in einer Region 1 oder mehrere Gebiete besetzt (Präsenz), bekommt er dafür die einfache Punktezahl (wie auf dem Übersichtsblatt angegeben) gutgeschrieben. Besetzt der Spieler 3 oder mehr Gebiete und hat in dieser Region mehr Gebiete besetzt als alle anderen Spieler (Dominanz), erhält er die doppelte Punktezahl. Sollte es einem Spieler sogar gelingen in einer Region alle Gebiete zu besetzen (völlige Kontrolle), gibts dafür die dreifachen Punkte. Außerdem bekommt man für jede Hauptstadt 2 Punkte, für jede Stadt 1 Punkt und für jedes Monument ebenso 1 Punkt.

 

Bei der Punktewertung werden immer alle Spielsteine des Spielers (also dessen Farbe) berücksichtigt - also auch bereits auf dem Spielplan liegende!

 

Danach kommt das auf dem Übersichtsblatt nächste Volk an die Reihe, usw. Von nun an läuft jede Epoche in derselben Art und Weise ab, nur die Reihenfolge, in der zu Beginn die EMPIRE-Karten gezogen werden, ändert sich. Ab der zweiten Runde zieht nämlich der Spieler mit den bisher am wenigsten eingesetzten Armeen die erste Karte.

 

Nach der siebenten Epoche gewinnt schließlich der Spieler, der bis dahin die meisten Siegpunkte erobern konnte.

 

Klingt doch eigentlich gut, oder? Ist im Prinzip auch gut, nur mußten wir erst einige Runden über die Runden bringen, bis wir auch entsprechenden Spaß an der Sache hatten. Die Probleme im einzelnen waren:

1. Im ganzen dauerte EMPIRE einfach zu lange. Pro Spieler muß man mit 1 Stunde rechnen, plus einer Runde noch dazu - macht bei 6 Spielern also 7 Stunden. Für ein etwas komplizierteres RISIKO viel zu lange.

2. In der letzen Runde wurde die Reihenfolge der Spieler immer arg durcheinander gewürfelt - wer z.B. die USA bekam, konnte nicht mehr gewinnen (Egal wie gut er vorher bereits lag.).

3. Die Spielregel war zwar recht gut und übersichtlich, jedoch klafften einige gewaltige Löcher, die erst durch gesunden Haus- bzw. Spielverstand gestopft werden konnten. In der Beispielpartie fehlt z.B. gleich ein ganzer Absatz, der die Abwicklung mit einem kleinen Reich und Monumenten näher erläutert; die Reihenfolge auf Übersichtsblatt und Karten ist in der ersten Epoche bei 2 Völkern verschieden; es gibt 25 Adler- und nicht Löwensteine; die Texte der Ereigniskarten sind nicht eindeutig formuliert (muß, kann, darf, etc.) - z.B. sind immer alle Spielsteine, die man durch Ereignisse bekommt ZUSÄTZLICH; usw...

 

Nach einigem Überlegen, Probespielen und einigen Tips von anderen Spielern (allen voran Eamon Bloomfield aus England) glaube ich jedoch, daß folgende Änderungen das Spiel wesentlich verbessern:

1. Nur mit 3 oder 4 Spielern spielen - wodurch sich schon einmal die Spielzeit verkürzt.

2. Die siebente und letzte Epoche weglassen, also schon nach der 6. Epoche das Spiel beenden - die Spielzeit sinkt dadurch locker um 1 1/2 Stunden.

3. Statt den Angreifer mit 2 und den Verteidiger mit 1 Würfel kõmpfen zu lassen, 3 bzw. 2 Würfel verwenden. Alle Angaben auf den Ereigniskarten betreffend die Würfelzahl müssen dann aber auch um 1 erhöht werden.

4. Eine englische Fassung der EMPIRE-Regel besorgen.

5. Die ursprüngliche Regelung (HISTORY OF THE WORLD), daß die EMPIRE-Karten in der Reihenfolge der Siegpunkte - wenigste Punkte zuerst - gezogen werden, ist nicht nur einfacher sondern m.E. auch eleganter.

 

In dieser geänderten Fassung dauert eine Partie mit 4 Spielern (statt normalerweise 5 Stunden) nur mehr ca. 3 Stunden. Mittlerweile haben wir es also geschafft, doch noch Freude an EMPIRE zu haben. Wobei es natürlich die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen konnte (Irgendwie erinnert mich das alles an Arnold Schwarzenegger und THE LAST ACTION HERO, warum nur...?!). Das Thema ist toll und auch sehr gut umgesetzt, der Spielverlauf ist abwechslungsreich und spannend - besonders natürlich, wenn man alle angegebene Änderungen verwendet. Allen Freunden von Spielen wie: RISIKO, SHOGUN (MB), SUPREMACY, etc. kann EMPIRE also getrost empfohlen werden.

 

P.S.: Allen, die meinen Änderungsbestrebungen negativ gegenüberstehen, möchte ich zu Bedenken geben, daß mittlerweile auch eine Fassung von HOTW bei AH erschienen ist - die natürlich wieder gegenüber der GIBSON/WDS-Fassung geändert wurde. "Gusto und Ohrfeigen sind eben - wie man sieht - doch verschieden...".

 

WIN-Wertung: (trotz allem, aber mit Änderungen)

** EMPIRE WW S I P UUU AA 3-6 (3,4) h