Zinn und Kupfer in den Minen von Cornwall

 

Tinner’s Trail

 

Wasser weg um beinahe jeden Preis!

 

Ein neues Spiel von Warfrog, eine neue Serie von Warfrog, erstes Spiel der neuen Serie von Warfrog – Grund genug, die Schachtel sehr neugierig aufzumachen.

Treefrog heißt die neue Serie, sie soll nur Spiele mit Holzmaterial bringen, und Tinner’s Trail heißt das neue Spiel. Martin bleibt seiner Vorliebe für historische Themen treu, und bleibt auch in seiner britischen Heimat, er versetzt uns an den Anfang des 19. Jahrhunderts, den Beginn der industriellen Revolution.

Wir bauen in Cornwall Zinn und Kupfer ab, daher auch der Name, Tinner’s Trail hieß der oft weite Weg der Bergleute zu den Minen. Ganz kann Martin seine Vorliebe für Eisenbahnspiele nicht verleugnen, Eisenbahnen kommen vor, wenn auch nicht als zentrales Element, aber schon in der thematischen Einleitung zum Spiel, sie sind der Endpunkt der Entwicklung, die mit der Verbesserung der Wasserpumpen für die Minen in Cornwall begann und den Boom der Dampfmaschinen einleitete.

 

Am Anfang steht die Regel, und da muss ich gleich ein Kompliment machen, diese Regel ist gut gelungen, viele Beispiele, alles drin, logisch aufgebaut, vieles zur Verdeutlichung nochmals erwähnt, vorgelesen, gehört, verstanden, es gab kaum Nachfragen zu Regeldetails während der Partie.

 

Aber genug der Vorbemerkungen, gehen wirs ins Spielgeschehen – vor dem natürlich wie gewohnt die Vorbereitung steht. Das Treefrog-gemäße Holz-Material umfasst 6 Minen, 12 Würfel und 3 Scheiben als Marker in den Spielerfarben, dazu Häfen, Eisenbahnen, Bergleute, Adits = Wasserableitungen und die Rohstoffwürfel, weiß für Zinn und orange für Kupfer und noch die blauen Würfel für den Erzfeind Wasser.

Die markierten Felder am Plan werden der Markierung entsprechend belegt und dann wird für jedes dieser Felder = Regionen zusätzliche Rohstoffe und Wasser mit den drei Würfeln ausgewürfelt. Die Spieler beginnen mit 15 Pfund Startkapital, markiert auf den beiden Geldleisten, und setzen die dritte Markierungsscheibe für die erste Runde zufällig in die Zugreihenfolge-Tabelle.

 

Hier gleich ein Wort zum Spielplan, er ist funktionell und vor allem sehr informativ, alle Informationen für den Spielverlauf sind vorhanden, die einzelnen Aktionen sind kurz, knapp und umfassend erklärt.

 

Was sollen wir überhaupt machen? Erz abbauen habe ich schon erwähnt, dafür muss man erst einmal Minen bauen, der Erzabbau selbst ist eng gekoppelt mit der Bekämpfung des allgegenwärtigen Wassers, zur Verbesserung des Minenertrags kann man Häfen, Eisenbahnen und Adits bauen sowie Bergleute einsetzen und Wasserpumpen verbessern. Um zu gewinnen, müssen wir aber unser mit dem Erzverkauf verdientes Geld außerhalb von Cornwall investieren, das bringt Siegpunkte und die meisten Siegpunkte bringen am Ende den Sieg.

 

Am Beginn jeder Runde wird der Erzpreis festgesetzt, in der ersten und letzten Runde sowie bei Tiefst- und Höchststand gibt es Modifikationen, der erwürfelte Wert wird um 1 erhöht oder verringert und dann der Preis in der Tabelle markiert. Damit haben wir die erste der sieben Phasen, aus denen jede Runde besteht, absolviert und kommen zum Bereitstellen der verfügbaren Ausbaustufen, diese werden pro Runde immer mehr, die Eisenbahnen sind erst in Runde 3 und vier verfügbar.

Nun beginnt Phase 3, das Herzstück des ganzen Spiels, die Spieleraktionen. Für diese Phase hat sich Martin, wie er selber in seinen Autorenkommentaren zum Spiel schreibt, den Zeitmechanismus von Jenseits von Theben ausgeborgt – jeder Spieler hat 10 Zeitpunkte pro Runde zur Verfügung, die einzelnen Aktionen sind unterschiedlich teuer und man bewegt seinen Marker in der Leiste entsprechend vorwärts, aber immer an die oberste freie Stelle in der Spalte für den erreichten Wert. Dadurch ändert sich innerhalb einer Runde ständig die Zugreihenfolge, es beginnt der Spieler an oberster Stelle in der Reihenfolge-Spalte. Da dies ein wesentliches taktisches Element ins Spiel bringt, sei es genauer erklärt:

 

Stellen wir uns vor, die zufällige Zugreihenfolge für Runde 1 sei rot, blau, grün, gelb. Rot beginnt und macht eine Aktion für 2 Zeitpunkte = ZP, setzt also seinen Marker in die oberste Reihe der Spalte 2. Blau ist als nächstes dran und verbraucht 3 ZP, überholt rot und steht in Reihe 1 in Spalte 3. Grün nutzt 2 ZP und setzt sich in Reihe 2 der Spalte 2, also unter rot. Gelb verbraucht 1 ZP und setzt sich in Reihe 1 in Spalte 1. Damit hat er am wenigsten Zeit verbraucht und ist weiter am Zug.

 

Wofür können wir die ZP verbrauchen? Die Auswahl ist groß, 8 Aktionen stehen zur Verfügung – Minen bauen, Erz abbauen, Hafen Bauen, Bergmann setzen, Adit bauen, Zug bauen, Wasserpumpen verbessern und Pasteten verkaufen. Die neunte Aktion Passen ist kostenlos, wer passt, setzt seinen Marker sofort in die oberste freie Stelle der Zugreihenfolge-Tabelle. Und wer jetzt über das Pasteten verkaufen schmunzelt, möge sich das Lachen verkneifen, er wird die Pasteten noch dringend brauchen.

 

Minen bauen ist der interaktive Teil des Spiels, wer eine Mine bauen will, setzt einen Marker in die gewählte Region und bietet einen Geldbetrag für den Bau der Mine. Die anderen Spieler können reihum überbieten oder passen, es dürfen alle mitbieten, die noch das nötige Zeitguthaben von 2 ZP besitzen und das nötige Kleingeld. Wer die Auktion gewinnt, setzt seine Mine in das Gebiet und bucht Zeitpunkte und Geld ab. War der Gewinner nicht der aktive Spieler, hat dieser sofort die nächste Aktion.

Eine Mine in einer Region hat eine Grund-Abbaukapazität von 2 Erz pro Runde, die durch Ausbauen erhöht wird.

 

Die Aktion Erz abbauen kann man nur in Regionen mit eigener Mine machen, man kann soviel Erz abbauen, wie die Mine durch Grund-Kapazität+Ausbauten hergibt, soferne man es sich leisten kann, denn jetzt kommt der Haken: Vom Zeitfaktor her ist Abbauen billig, es kostet nur einen ZP, aber viel Geld. Man bezahlt für jeden abgebauten Erzwürfel so viele Pfund wie Wasserwürfel in der Region liegen und muss nach dem Abbau einen weiteren Wasserwürfel in die Region legen.

 

Damit wird Entwässerung zum zentralen Thema, man hat dazu auch viele verschiedene Möglichkeiten, die alle Zeit aber kein Geld kosten: Ein Hafen darf logischerweise nur ans Wasser gebaut werden, er vernichtet einen Wasserwürfel und erhöht die Minenkapazität um 1 und kostet 2 ZP. Eine Eisenbahn vernichtet zwei Wasserwürfel in der Region und einen in jeder benachbarten Region und erhöht die Minenkapazität um 1, Kostenpunkt 2 ZP. Ein Adit wird über die Grenze zweier benachbarter Regionen gebaut, vernichtet in jeder Region einen Wasserwürfel und baut die Mine aus, es werden in jede der beiden Regionen je ein Zinn- und ein Kupferwürfel nachgelegt. Dies ist übrigens die einzige Möglichkeit im ganzen Spiel, in einer Region Rohstoffnachschub zu bekommen und es gibt im ganzen Spiel nur 4 Adits, je eines pro Runde, hier kann also der Startspielervorteil ganz ganz wichtig werden! Dementsprechend teuer ist die Aktion, sie kostet als einzige 3 ZP. Die letzte Entwässerungsmöglichkeit ist das Pumpen verbessern, dazu nimmt man einen Stapel der Pumpenscheiben, jede Scheibe im Stapel entfernt einen Wasserwürfel, man darf alle Scheiben in einer Region einsetzen, oder sie auf mehrere Regionen verteilen, Kostenpunkt 1 ZP.

Der Bergmann entwässert nicht, er erhöht die Minenkapazität um 1 für 1 ZP. Alle Ausbauten – Bergmann, Hafen, Eisenbahn und Adit – sind permanent, sie bleiben in der Region, auch wenn diese ausgeschöpft ist, und kommen nicht wieder ins Spiel zurück.

 

Wer sich nun mit seinen Ausbauten finanziell verausgabt hat und merkt, dass ihm zum Erzabbau nun das eine oder andere Pfund fehlt, kann mit dem Verkauf von Pasteten pro Aktion ein Pfund verdienen, und das kann sehr sehr notwendig werden, wenn man 2 Kupfer, die man dann für je 10 Pfund verkaufen kann, nicht abbauen könnte, weil 2 Wasser in der Region liegen und man statt der benötigten 6 Pfund nur mehr 5 am Konto hat.

 

Die letzte Möglichkeit ist passen, wer 10 Zeitpunkte verbraucht hat, passt automatisch und setzt seinen Marker wie schon erwähnt, an die oberste noch freie Stelle der Zugreihenfolge-Tabelle. Man kann natürlich das Passen auch strategisch nutzen, auf Aktionen verzichten und sich so den Startspielervorteil sichern. Haben alle Spieler bis auf einen gepasst, hat dieser noch eine letzte Aktion, auch wenn er sich noch mehr leisten könnte, und muss dann auch passen.

 

Damit ist Phase 3 beendet und wir verkaufen in Phase 4 unser Erz zum aktuell gültigen Preis. Man darf dabei nicht auf bessere Preise in der nächsten Runde hoffen und Erz zurückbehalten, man muss alle abgebauten Erze verkaufen. Das verdient uns das nötige Geld für die externen Investitionen, die Spieler können nun reihum jeweils eine Investition tätigen, entsprechend der Zugreihenfolge-Tabelle, man setzt einen Markierungswürfel in die entsprechende Position und bucht das Geld ab, damit hat man sich die Siegpunkte gesichert. Pro Position sind maximal zwei Würfel möglich, und die Siegpunkte werden mit jeder Runde teurer.

 

Wer jetzt glaubt, dass die erste Runde absolut spielentscheidend ist, hat nicht ganz recht, sie ist wesentlich, aber wir haben genug Beispiele dafür gesehen, dass man aufholen kann, es hängt sehr viel von den erwürfelten Rohstoffpreisen ab, man muss nur aufpassen, dass man nicht einen Spieler zu viele Minen bauen lässt, das kann ein entscheidender Vorteil in den ersten Runden sein.

 

Ach ja, vor Ende der Runde würfeln der erste und zweite Spieler der Zugreihenfolge noch Rohstoffe für ein bisher leeres Gebiet aus.

 

Ich bin sicher, dass in dem Spiel noch einiges mehr an strategischen und taktischen Möglichkeiten verborgen ist, schließlich geht die Geldleiste bis 220 Pfund, und daher müsste man um einiges mehr aus dem Spiel herausholen können als uns bisher gelungen ist. Auch kamen wir in unseren Partien nie wirklich dazu, die auch von Martin empfohlene Möglichkeit des frühen Passens und damit Startspieler der nächsten Runde zu sein zu nutzen, meist war die Geldgier oder besser gesagt Geldnot größer und es wurden noch einige Runden Pasteten gebacken, um mit der letzten möglichen Aktion noch mal Erz abzubauen.

 

Möglichkeiten für taktische Finessen gibt es genug, so darf man Minen, Häfen und Eisenbahnen auch in leere Gebiete bauen, auch ein Adit darf in leeres Gebiet nutzen, für Minen in leeren Gebieten werden die Rohstoffe nach dem Bau erwürfelt, wird ein leeres Gebiet mit Adit später erschlossen, werden die Zusatzwürfel des Adits nachher mit aufgelegt.

 

Trotz seiner scheinbaren Leichtigkeit verzeiht das Spiel keinen lässigen Zugang, man muss schon seine volle Aufmerksamkeit aufwenden und die Möglichkeiten optimal nutzen, da man nicht viel Zeit hat Fehler gutzumachen, vier Runden sind schnell vorbei, Geld und Ausbaumöglichkeiten sind knapp und das Wasser vermehrt sich teuflisch schnell, man muss immer gut aufpassen und den Überblick behalten, vor allem beim Eisenbahnbau, denn da entwässert man ja auch benachbarte Regionen und begünstigt somit wahrscheinlich auch Mitspieler, und da lohnt sich ein Blick auf die Investitions- sprich Siegpunktetabelle.

 

Auf jeden Fall hat uns der Frosch ein gelungenes Erstlingsspiel vom Baum geworfen, Tinner’s Trail ist eines der einfacheren Spiele von Martin Wallace, es spielt sich auch in der ersten Partie locker in 90 Minuten und erfordert keine große Spielerfahrung, ganz im Gegenteil, ich würde sagen, es ist ein guter Einstieg ins Genre der Aufbau- und Entwicklungsspiele.

 

Dagmar de Cassan:

Ein lockeres Aufbauspiel, sehr gut geeignet als Einführung ins Genre, mit vielen Möglichkeiten und einfachen Regeln.

 

Spieler         : 3-4

Alter            : ab 13 Jahren

Dauer          : ca. 90 min

 

Autor           : Martin Wallace

Grafik          : Peter Dennis

Vertrieb        : jklm

Preis            : ca. 40 Euro

Verlag          : Warfrog

  www.warfroggames.com

 

Genre                    : Aufbauspiel

Zielgruppe             : Freunde

Mechanismen         : Ressourcen nutzen

 

Strategie                : **

Taktik                    : ****

Glück                    : ****

Interaktion             : ****

Kommunikation      : **

Atmosphäre           : ******

 

Kommentar            :

Erstes Spiel der Treefrog Reihe

Viel Material

Plan mit viel Informationen

Gut verständliche Regel

Auch für Spielanfänger geeignet

 

Vergleichbar:

Neukombination bekannter Mechanismen

Jenseits von Theben für den Zeitmechanismus