REZENSION

 

Das neue Start-Up – Erfolg durch persönlichen Einsatz

 

Ground Floor

 

Geld verdienen und Informationen sammeln

 

Start-Up Unternehmen sind heutzutage in aller Munde. Viele träumen davon, ihr eigenes Unternehmen zu gründen, dabei ihre zündende Idee erfolgreich an viele Kunden weiter zu vermitteln und damit schließlich reich zu werden. Warum das nicht auch einmal spielerisch zum Thema machen?

 

In Ground Floor haben die Spieler genau dieses Ziel: sie gründen ihr eigenes Unternehmen und versuchen dieses möglichst groß werden zu lassen. Der Enthusiasmus einer Firmengründung wird bei Ground Floor allerdings nicht so gut vermittelt: verblieben ist ein solides Worker Placement Spiel mit einigen Abweichungen von den klassischen Worker Placement Regeln, das Thema selbst wirkt aber eher trocken, auch der Spielplan und das Spielmaterial sind eher nüchtern gestaltet. Beispielhaft wird in Ground Floor mit Waren gehandelt, diese sind hier einfach ein naturfarbenes Holzwürfelchen, also keine zierlichen Schafe, kein Bündel Getreide oder ähnliches. Ground Floor ist eben ein Wirtschaftsspiel mit dem eigenen Profit im Vordergrund.

Dies ist die zweite Auflage des Spiels, limitiert auf 1000 Stück.

 

In Ground Floor wird eine fixe Anzahl an Runden gespielt. In diesen sieben Runden bauen die Spieler ihr Unternehmen aus. Und das nicht nur im finanziellen Sinne, sondern auch bautechnisch. Denn das Unternehmensgebäude wächst während dieser Runden um Stockwerke an. Nur das erste Stockwerk, der Ground Floor, ist zu Beginn des Spieles bereits gebaut und bildet einen Teil des Spielertableaus. Hier befinden sich sechs Büros, die auch gleichzeitig Aktionsflächen für den Einsatz der Spielsteine des Spielers darstellen.

Der Ausbau des eigenen Unternehmens um Stockwerke bzw. der Ausbau der Büros im ersten Stockwerk sind die wesentlichen Ziele im Spiel, denn ein Großteil der Siegpunkte werden am Spielende davon abgeleitet, im Spiel als Prestigepunkte bezeichnet.

 

Wie in einem Worker Placement Spiel üblich, setzen die Spieler in den einzelnen Runden ihre Spielsteine auf Aktionsfelder. Hier sind es aber nicht die Arbeiter, genauer Angestellten, selbst, die sie auf ein Aktionsfeld schicken, sondern die Angestellten liefern nur ihren Beitrag zum Unternehmen in Form von Zeit: für jeden

Angestellten, den ein Spieler einstellt, erhält er drei Zeitscheiben, diese werden für das Ausführen der Aktionen eingesetzt. Wir als Spieler sind gleichzeitig CEO unseres Unternehmens und steuern auch unsere Arbeitszeit bei. Natürlich müssen wir als CEO mehr als unsere Angestellten arbeiten und liefern daher gleich vier Zeitscheiben. Dass Angestellte auch bezahlt werden müssen, merken die Spieler leider am Beginn jeder Runde, denn zu diesen Zeitpunkten bekommt der CEO ein Einkommen, das sich allerdings pro Angestelltem schmälert. Bei Vollbeschäftigung, also CEO plus vier Angestellte (mehr ist nicht möglich), dreht sich das Einkommen sogar in eine Zahlung um. Durch den Bau bestimmter Stockwerke, lässt sich das Einkommen aber pro Runde verbessern.

 

Nach dem Erhalt des Einkommens können die Spieler weitere Angestellte einstellen. Dazu gibt es eine Arbeitslosenleiste am Spielplan, die den Preis für die Aufnahme des neuen Mitarbeiters im Unternehmen bestimmt. Hier ist die Spielerreihenfolge entscheidend, die sich durch eine weitere Leiste, die Popularitätsleiste, definiert, denn nach jeder neuen Anstellung durch einen Spieler wandert der Marker auf der Arbeitslosenleiste weiter, was in den meisten Fällen gleichbedeutend mit einer Verteuerung ist. Die neuen Angestellten sind aber leider noch nicht ausgebildet und liefern daher vorerst keine Zeitscheiben für das Unternehmen. Die Ausbildung selbst kostet eine Aktion, auf die man nicht vergessen sollte, sonst schmälert der Angestellte nur das Einkommen, liefert aber weiterhin keinen Beitrag fürs Unternehmen.

Als Zahlungsmittel in Ground Floor stehen zwei verschiedene zur Verfügung, das eine ist Geld, das andere Information, kurz Info. In den meisten Fällen sind zur Bezahlung sowohl Geld als auch Info nötig, und dies häufig zu gleichen Teilen. So kostet beispielsweise die Anstellung eines Arbeitslosen zu Beginn des Spiels fünf Geld und fünf Info für den ersten Unternehmer.

 

Sind die Neu-Anstellungen abgeschlossen, kann die Planung der Runde beginnen. In dieser Phase setzen die Spieler solange reihum ihre Zeitscheiben auf ein Aktionsfeld entweder am zentralen Spielplan oder in den eigenen Büros ein, bis alle Zeitscheiben gesetzt sind. Die Ausführung der Aktionen auf den Aktionsfeldern des zentralen Spielplans erfolgt erst in der nächsten Phase. Das erfordert einen Mehraufwand in der Planung und man sollte nicht darauf vergessen, dass man Mittel, die man durch Aktionen erhält, erst nach dem Einsetzen aller Zeitscheiben erhalten wird! Am zentralen Spielplan sind die Aktionsfelder sechs verschiedenen Geschäften der Stadt zugeordnet, die Dienstleistungen für ein Unternehmen anbieten. Diese Geschäfte besitzen jeweils eine unterschiedliche Anzahl an gleichwertigen Aktionsfeldern, die immer nur von einem Spieler besetzt werden dürfen. Das jeweilige Aktionsfeld gibt auch vor, wie viele Zeitscheiben eingesetzt werden müssen und ob bzw. was dafür zu bezahlen ist (Geld, Infos, Waren).

 

Setzt ein Spieler seine Zeitscheiben in sein eigenes Büro am Ground Floor, wird diese Aktion sofort durchgeführt. Dies ist insofern sehr wichtig, da dies die einzige Möglichkeit ist, in dieser Phase Infos oder Waren zu erhalten, um jetzt Geld zu bekommen, ist sogar ein bestimmtes, aufgewertetes Büro nötig. Seine Büros kann der Spieler in einer Runde auch mehrfach nutzen. Durch zusätzliche Stockwerke seiner Unternehmenszentrale kann sich der Spieler auch noch weitere Aktionsfelder aufbauen, hier gilt wieder die einmalige Nutzung pro Runde.

In dieser Phase ist es auch möglich, seine Büros des Ground Floors aufzurüsten, dafür sind drei Geld und drei Info zu bezahlen. Damit verbessert sich die dortige Aktion und gleichzeitig ist das aufgewertete Büro auch Siegpunkte wert!

 

Sind alle Zeitscheiben gesetzt, werden die Geschäfte am zentralen Spielplan von links nach rechts ausgewertet. Bis auf das letzte Geschäft dienen allen anderen dazu, Geld, Infos oder Waren zu bekommen. Nur das letzte Geschäft in dieser Kette liefert als Aktion den begehrten Ausbau der eigenen Unternehmenszentrale, entweder durch ein ganzes Stockwerk oder durch Einzel-Büros für bestimmte Stockwerke. Auch dieser Ausbau erfordert wieder eine Bezahlung mit Geld und Info. Der Bau eines Stockwerks ist grundsätzlich schon recht teuer, hinzu kommt ein Aufschlag, der sich pro vorhandenem Stockwerk steigert.

Diese Geschäfte sind spieletechnisch sehr vielfältig gestaltet, nahezu alle weichen von einem klassischen Worker Placement ab. Zum Beispiel gibt es ein Geschäft, wo Spieler über zwei Runden durchgehend Zeitscheiben setzen müssen, um den Ertrag des Feldes zu erhalten – wird in der Folgerunde keine Zeitscheibe gesetzt, ist die erste Zeitscheibe verloren; oder ein Geschäft, wo man erst über mehrere Runden Zeitscheiben ansammeln muss, um die Aktion auszulösen; bei anderen Geschäften ist wiederum die Setzreihenfolge der Aktionsfelder innerhalb des Geschäfts wichtig; wieder andere sind abhängig von der aktuellen Wirtschaftslage, die pro Runde durch eine Konjunkturprognose-Karte definiert wird, die übrigens die einzige Zufallskomponente im ganzen Spiel darstellt; wieder ein anderes Geschäft produziert als Aktion eine fiktive Ware, die man in der Aktionsausführung in einem anderen Geschäft zu einem selbst gewählten Preis anbietet – je nach Konjunkturprognose-Karte kommen nun Kunden ins Geschäft, wieviel weiß man aber erst nach dem Setzen. Diese unterschiedlichen Einsetzregeln machen das Spiel abwechslungsreich und erfordern pro Geschäft eigene Denkweisen.

Hier ist auch noch zu berücksichtigen, dass einzelne Geschäfte auch die Popularitätsleiste beeinflussen, die ja für die Spielerreihenfolge bestimmend ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt dafür, diese Leiste nicht außer Acht zu lassen, ist der, dass pro Runde ein Bonus ausgezahlt wird, der Letzte auf der Popularitätsleiste geht dabei leer aus.

 

Sind alle Geschäfte abgehandelt, folgen noch die Aufräumarbeiten der Runde. Auch hier kommt wieder die Zufallskomponente Konjunkturprognose-Karte zum Einsatz, denn sie bestimmt, wie viele Arbeitslose für die nächste Runde hinzukommen, wodurch sich der Marker am Arbeitsmarkt auf günstigere Kosten verschiebt. Jetzt kann ein Spieler auch Angestellte entlassen um sein Einkommen wieder zu erhöhen. Natürlich verliert er dadurch auch die Zeitscheiben dieses Angestellten. Am Ende der zweiten und der fünften Runde kommen nun neue Stockwerke ins Spiel, die die Auswahl für die Bauaktion erweitern, wobei die neuen Stockwerke ab Runde 5 ausschließlich Prestigepunkte am Spielende liefern.

Ist diese Phase abgehandelt, geht es weiter in die nächste Runde.

 

Als Worker Placement Spiel bietet Ground Floor viele und sehr unterschiedliche Möglichkeiten seine „Worker“ einzusetzen. Schon ab Beginn kann man zwischen zwölf verschiedenen Aktionen wählen und durch die Ausbauten des eigenen Unternehmens lässt sich diese Vielfalt noch um teilweise mächtige Aktionsfelder erweitern. Bei all diesen Einsetzmöglichkeiten darf man aber nicht außer Acht lassen, dass es primär um den Ausbau des eigenen Unternehmens geht, denn nur das bringt am Ende die entscheidenden Prestigepunkte.

 

Gut gelungen ist auch die Bezahlmethodik für die Aktionen. Da in den meisten Fällen Geld und Info zu gleichen Teilen nötig sind, ist man als Spieler immer herausgefordert, diese Zahlungsmittel möglichst gleichmäßig anzusammeln. Viel Geld ohne Information bringt genauso wenig wie umgekehrt.

Auch die Kombination aus Angestellten und dadurch gewonnener Zeit gefällt mir gut und dass durch mehr Angestellte weniger Einnahmen zustande kommen, ist sehr stimmig und zwingt die Spieler, die Kosten des Einsatzes weiterer Angestellter abzuwägen.

 

Was mir an Ground Floor nicht so gefällt, ist, dass die Wichtigkeit der einzelnen Geschäfte sehr unterschiedlich ist. So ist das Geschäft Unternehmensberatung mehr oder weniger ein Muss, das zu übergehen liefert nahezu automatisch einen Mangel an Info, andererseits ist das Geschäft Börse nur sehr beschränkt sinnvoll, da hier der Gewinn eher begrenzt ist und nur bei einer passenden Kombination hintereinander folgender Konjunkturprognosen eine vernünftige Menge Geld einbringt.

In gewissen Belangen ist Ground Floor auch nicht fehlertolerant. Wenn man ein wichtiges Element übersieht, heißt das oft, auf die übernächste Runde warten, bis die Einkünfte da sind. Das betrifft die Warenwürfel genauso wie Geld und Info.

Das Spiel enthält zusätzlich zum Grundspiel sowohl Material für Automa-Spieler als auch neue Konjunkturprognose-Karten und Ereigniskarten.

 

Bernhard Czermak

 

Spieler: 1-5

Alter: 12+

Dauer: 120+

Autor: David Short

Grafik: Harald Lieske

Preis: ca. 80 EUR

Verlag: Spielworxx 2018

Web: www.spielworxx.de

Genre: Wirtschaftsspiel

Zielgruppe: Für Experten

Spezial: 1 Spieler

Version: multi

Regeln: de en

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Worker Placement mit hohem Planungsbedarf

viele Aktionsmöglichkeiten

Reduktion auf das Wesentliche

 

Vergleichbar:

Worker Placement Spiele allgemein

 

Andere Ausgaben: -

Tasty Minstrel Games (en, 2012)

 

Meine Einschätzung: 5

 

Bernhard Czermak:

Ground Floor hat viele Aktionsmöglichkeiten, die in vielfältiger Weise die Ressourcen im Spiel (Geld, Info, Waren) liefern. Für den Siegpunktegewinn zählt aber nur die eine Aktion zum Ausbau des eigenen Unternehmens.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0