Rezension

 

Grosse Alte in Down Under

 

Auztralien

 

wirklich mit „z“ in der Mitte

 

Australien wurde als letzter Kontinent von den Europäern entdeckt, vermessen und kartografiert; kein Wunder, dass sich die Großen Alten nach ihrer Niederlage gegen die Menschen unter der Führung von Sherlock Holmes im Jahr 1888 dorthin ins tiefste Hinterland zurückgezogen haben. Doch die Menschheit expandiert und schließlich wird auch Auztralien von Häfen an der Küste mit Eisenbahnschienen, die ins Landesinnere führen, erkundet, um Farmen zu errichten und die Ressourcen im Outback abzubauen, doch Gold, Kohle, Phosphat und Eisen sind nicht das einzige was wir finden werden …

 

Auf dem beidseitig bedruckten Plan (Südost- bzw. Südwest-Australien, bei drei bis vier Spielern wird die Südost-Seite verwendet) werden anhand von sogenannten Vermessungsplättchen auf diversen Hex-Feldern Kohle, Phosphat, Eisen, aber natürlich verdeckt auch die Großen Alten-Plättchen unterschiedlicher Stärke (wie Cthulhu, Shoggothen, Mi-Go‘s, Zombies, Kultisten, etc.) gelegt. Somit ist gewährleistet, dass sich jedes Spiel im Startaufbau unterscheidet, sehr gut gelöst muss ich sagen.

 

Jeder der maximal vier Spieler bekommt noch div. Startmaterial wie Farmen, Gleisplättchen, 20 kleine grauen Würfelchen (Marker), ein wenig Gold, Kohle und Eisen und eine Zeitscheibe auf die um den Plan verlaufende Zeitleiste. Außerdem gibt es noch diverse Kartenstapel, wie Offenbarungskarten (durch die Große Alte-Plättchen aufgedeckt und bewegt werden), Persönlichkeitskarten mit hilfreichen Charakteren und eine sehr wichtige Hafenscheibe, die von jedem Spieler auf einem Küstenfeld platziert wird.

 

Sehr interessant (aber nicht neu) ist der Spielablauf, es kommt nämlich immer der Spieler an die Reihe, der auf der Zeitleiste am weitesten hinten und obenauf liegt (genauso wie u.a. in „Jenseits von Theben“). Maximal können so drei Zeiteinheiten (ZE) auf einmal verbraucht werden, bei vielen Aktionen ist es jedoch nur 1 ZE. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Worker-Placement-Mechanismus, wobei allerdings jeder Spieler auf seinem eigenen Aktionstableau mit seinen Markern die gewünschte Aktion (von 10 möglichen) auswählt und sofort durchführt. Auch auf bereits besetzte Aktionen kann durch Zahlung von Gold je bereits liegendem Marker erneut eingesetzt werden, was durchaus von den Spielern auch genutzt wird, weil nämlich die Marker erst durch die Aktion „Marker einsammeln“ (kostet jedoch 1 ZE) wieder komplett vom Tableau zurückgenommen werden, bis dahin bleiben sie liegen, was auch zu entsprechender Aktionsvielfalt führt.

 

Nun aber zu den Aktionen:

Zum „Gleise Verlegen“ (kostet 1 Kohle und 1 Eisen) und zwar gleich 2 Schienen auf einmal gibt es sogar zwei Aktionsfelder, wobei für 3 ZE auf der Trennlinie zwischen allen drei auf dem Plan vorhandenen Geländearten gelegt werden kann, für 2 ZE kann ein Hügelfeld nicht bebaut werden. Natürlich gibt es noch diverse andere Gleisbauregeln, die zu berücksichtigen sind. Mit der ebenfalls zweimal vorhandenen Aktion „Ressource fördern“, kann von einem mittels eigenen Gleisen angeschlossen Geländefeld ein Ressourcentyp (z.B. Eisen) komplett abgebaut werden. Die wichtige Aktion „Farm errichten“ kann verwendet werden, um 1 bis 3 Farmen (für 1 bis 3 ZE) zu bauen, bei zwei bzw. drei Farmen müssen es allerdings verschiedene Geländearten sein, die logischerweise bereits mit den eigenen Gleisen erreichbar sein müssen. Hier gilt es schon bei der Aktion „Gleise verlegen“ entsprechend voraus zu planen, bringt doch bei Spielende jede eigene (nicht zerstörte) Farm 2 Siegpunkte und beim Errichten wird sofort 1 Gold je Farm ausbezahlt. Die Aktionen „Importieren/Exportieren“ und „Hilfe anwerben“ werden verwendet um Ressourcen (Kohle, Eisen, Gold) nach bestimmten Verhältnissen zu tauschen bzw. um eine oft sehr hilfreiche Person von den offen ausliegenden Persönlichkeiten anzuwerben, die einem beim Kampf, einmalig, bei Spielende oder dauerhaft etwas bringt. Mit 36 Personenkarten ist hier für genug Abwechslung gesorgt, ein weiterer Pluspunkt.

 

Besonders hervorzuheben sind die Aktionen „Militäreinheit kaufen“ und „Angreifen“, die auch unbedingt ausgeführt werden müssen und irgendwie der Kern dieses Martin Wallace-Spiels sind, weil irgendwann kommen sie, die Großen Alten. Es gibt fünf unterschiedliche Militäreinheiten (zum Teil sogar stark limitiert – manche sogar nur dreimal -, sodass nicht jeder Spieler auch jede Art bekommen kann, z.B. Infanterie, Panzerwagen, Luftschiff, usw.) zu unterschiedlichen Goldkosten, aber auch mit verschiedenen Widerstandswerten gegen die Großen Alten und Gelände-Reichweitenwerten von 0 bis 4 Hex-Feldern abseits der eigenen Gleise. Es empfiehlt sich, seine Einheitentypen möglichst zu streuen, also wenn möglich mindestens drei oder mehr verschiedene Einheitentypen zu haben. Ihr werdet sie im Kampf zu schätzen wissen, denn nicht jeder Großer Alte ist gleich gut mit jeder Einheit zu bekämpfen, denn bei noch verdeckten Gegnern weiß man nicht, welcher Alter sich dahinter verbirgt.

 

Bei Überschreiten eines bestimmten Felds auf der Zeitleiste (Feld 22 von 53) werden die Großen Alten aktiv; sie haben dafür sogar eine eigene Zeitscheibe, die genauso wie ein Spieler immer dann dran kommt, wenn sie an letzter Stelle liegt. Es wird dann immer genau 1 ZE von den Alten verbraucht. Bei jedem zweiten Feld auf der Zeitleiste wird noch dazu eine Offenbarungskarte vom Stapel gezogen und durchgeführt, wobei sehr oft ein Alter auf einem bestimmten Feld aufgedeckt wird (die Felder sind nummeriert). Bei jeder Aktivierung mit Hilfe der Große Alte-Karten wird ggf. ein oder mehrere offen liegende Großen Alten-Typen (es gibt 5, die sich bewegen) ein Feld Richtung der nächsten Farm (diese wird dabei unweigerlich zerstört, falls sie erreicht wird) bzw. des nächsten Hafens bewegt, egal welchem Spieler diese gehören. Sollte dabei der Hafen eines Spielers erreicht werden und dieser Kampf vom betroffenen Spieler nicht gewonnen werden, ist übrigens eine Spielende-Bedingung erreicht, ansonsten endet das Spiel, wenn alle Zeitscheiben die Zeitleiste komplett bis zum Ende durch sind.

 

Besonders elegant ist der Kampf gegen die unterschiedlichen Typen der Großen Alten gelöst. Es gibt nämlich keine Würfel, sondern es wird je Kampfrunde genau eine Karte aufgedeckt und geprüft, ob die für den Kampf eingesetzten Militäreinheiten (vorab nach Wahl des Spielers) beim entsprechenden Gegner einen Schaden herbeiführen oder eben nicht. Danach wird geprüft bei welchen Militäreinheiten der Alte einen Schaden macht (oder ein Luftschiff zerstört werden muss) bzw. wie hoch der Verlust an geistiger Gesundheit für den gerade laufenden Kampf ist, Startwert vor jedem Kampf ist 3. Sollte diese unter Null sinken, wurde der Kampf verloren und alle verletzten Einheiten sind sofort vernichtet und der Kampf beendet. Für jeden Treffer beim Alten wird ein Marker des Spielers daraufgelegt. Sollte der Gegner-Widerstandswert erreicht werden, ist er besiegt und alle dabei ggf. beteiligten Spieler, die zuvor schon Schaden verursacht haben, teilen sich die Siegpunkte gleichmäßig auf, unabhängig davon wer wieviel dazu beigetragen hat.

 

Cthulhu ist dermaßen stark, dass er praktisch nicht von einem Spieler allein in einer Kampfrunde besiegt werden kann. Hier kommt also eine semi-kooperative Vorgangsweise ins Spiel. Aus jedem Kampf kann man gewisse Militäreinheiten vor jeder Kampfrunde zurückziehen, auch alle, wenn man möchte; die dafür ausgegebenen ZE dafür bekommt man logischerweise nicht zurück, denn für fast jeden Militär-Typ wurde vorab 1 ZE ausgegeben, manche Einheiten können ohne ZE verwendet werden, mindestes 1 ZE kostet ein Angriff aber immer. Und je mehr verschiedene Typen eingesetzt werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass man auch genug Schaden beim Alten verursacht.

 

Wenn das Spielende eintritt (Hafen zerstört oder alle Zeitscheiben sind am Ende der Zeitleiste) werden die Punkte jedes Spielers ermittelt. Jede (nicht vernichtete) Farm 2 Punkte, jede Ressource Phosphat 3 SP (davon gibt es nur sehr wenig), Siegpunkte durch allein getötete Große Alte-Plättchen, Siegpunkte durch gemeinsam getötete Alte und evtl. noch von Personenkarten. Der Clou ist jedoch, dass auch die Punkte der Großen Alten ermittelt werden. Jede zerstörte Farm 1 SP, Jeder aufgedeckte Alte so viele SP wie darauf ersichtlich, und (jetzt kommts) jeder noch verdeckte Alte die doppelte SP-Anzahl. Ja, auch die Großen Alten können das Spiel gewinnen, das passiert vor allen Dingen dann, wenn nicht konsequent von den Spielern gegen sie vorgegangen wird und jeder sein eigenes Süppchen kocht, z.B. nur Farmen gebaut und Ressourcen abgebaut werden. Es müssen wirklich Gleise zu den Alten gelegt werden und dann gegen sie gemeinsam gekämpft (natürlich mit entsprechenden Militäreinheiten) werden sonst werden sie unweigerlich gewinnen.

 

Fazit: Ein wirklich gelungenes Martin Wallace-Spiel (und mir gefallen wirklich nicht alle von ihm), das Spaß macht. Es gibt auch Varianten für geübte Spieler, um die Alten noch stärker zu machen. Es muss allerdings gesagt werden, dass eine gewisse Frustresistenz von Nöten ist, denn es kann durchaus passieren, dass mal ein starker Großer Alter bei praktisch nur einem Spieler eine Farm nach der anderen vernichtet, da ja diese oft nur wenige Felder voneinander entlang der eigenen Gleise gebaut wurden. Das kann insbesondere gegen Ende des Spiels, wenn sich die Alten zügig bewegen, schon recht schmerzen, wenn dadurch je Farm 2 Siegpunkte verloren gehen.

 

Gert Stöckl

 

Spieler: 1-4

Alter: 13+

Dauer: 120+

Autor: Martin Wallace

Gestaltung: James Colmer

Preis: ca. 60 Euro

Verlag: Schwerkraft-Verlag 2018

Web: www.schwerkraft-verlag.de

Genre: Militär/Wirtschaft/Abenteuer/Eisenbahn

Zielgruppe: Für Experten

Spezial: 1 Spieler

Version: de

Regeln: de en es fr it pl pt

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Variabler Startaufbau

Auch Varianz durch Charakter-Karten

Im Kern Worker Placement

Varianten für erfahrene Spieler

 

Vergleichbar:

Neu bezüglich Thema Eisenbahn + Große Alte, ggf. „Eine Studie in Smaragdgrün“ vom selben Verlag

 

Andere Ausgaben:

Ediciones MasQueOca (pt), Giochix (it), Ludofy (es), Nuts! Publishing (fr), Phalanx (pl), Schilmil/Stronghold (en)

 

Meine Einschätzung: 5

 

Gert Stöckl:

Ein gelungenes Martin Wallace Spiel, diesmal mit Eisenbahnthema und auch wieder mal den Großen Alten wie Cthulhu, usw.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 1

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 1

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0