Capitol

Die Baumeister der ewigen Stadt

 

Das Spiel:

Capitol

Für 2-4 Spieler ab 10 Jahren

Von Alan R. Moon und Aaron Weissblum

Schmidt Spiele 2001

ca. 90 min

 

WIN-Wertung:       

* W SS II U AA M 2-4 h

 

Wer auf der Suche nach einem innovativen, neuen Spiel ist, sollte diesen Bericht überspringen. Dieses Spiel ist für diejenigen unter uns, die gerne schnell erklärte Spiele mit bewährten, gut aufeinander abgestimmten Mechanismen spielen, die aber auch Spielraum lassen für geistige, kreative Betätigung. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, wird hier viel an Spielreiz geboten.

 

Priusquam montibus aureis niteris, nitere manibnus ipsis“, informiert uns die Spielregel und liefert freundlicherweise gleich die Übersetzung dazu: „Ehe du auf goldne Berge baust, baue auf deine eigenen Hände.“ Also wissen wir:

 

Wir haben es hier grundsätzlich mit einem Bauspiel zu tun, bei es darum geht, Vorherrschaften in bestimmten Gebieten zu erreichen und damit in den Wertungsrunden zu Punkten zu kommen. Wer nach 4 Wertungsrunden die meisten Punkte hat, hat das Spiel gewonnen. Klingt ganz einfach, ist es aber nicht, weil das gleiche Ziel auch ein bis drei weitere Mitspieler haben. Daher muss man seine Möglichkeiten optimal einsetzen und die Mitspieler beobachten, um zu erkennen, was sie vorhaben. Dabei spielt auch Bluffen,  Drohen und Verschleiern der eigenen Absichten eine wichtige Rolle; d.h. das Spiel hat eine sehr interaktive Komponente.

 

Der Spielplan stellt das alte Rom mit 9 Präfekturen dar, gebaut wird auf den 7 Hügeln Roms und noch zusätzlich am Marsfeld und auf der Tiberinsel. Diese 9 Präfekturen sind zusammengefasst in 3 Regionen, die jeweils durch die gleiche Farbe repräsentiert werden. Jede Präfektur bietet eine unterschiedliche Anzahl an Bauplätzen für Häuser und Brunnen, sowie für ein großes Gebäude, im Spiel Amphitheater oder Tempel. Einige Brunnen sind auf dem Spielplan schon als gebaut dargestellt. Das Baumaterial sind 90 Bausteine und dazu 40 Dächer in 4 Farben, die jeweils 10 Dächer einer Farbe bestehen aus 5 runden und 5 spitzen Dächern. Die Häuser werden mittels der 90 Bausteine =  Holz-Quader außerhalb des Spielplans in die Höhe gebaut und mit einem runden oder einem spitzen Dach abgeschlossen.  Anschließend werden sie auf dem Spielplan auf einen freien Bauplatz gesetzt, man kann also nur außerhalb des Plans bauen und nur fertige Häuser in den Präfekturen einsetzen. Für die Wertung ist es wichtig, entweder die meisten oder die zweitmeisten Bausteine in einer Präfektur zu besitzen, denn dafür gibt es Punkte. Man muss also die Anzahl der in den Häusern verbauten Bausteine im Auge behalten, nicht nur die Anzahl der gebauten Häuser.

 

Das Spiel läuft in 4 Runden ab, die jeweils aus einer Aktionsphase und einer Versteigerungsphase bestehen. Beide Phasen werden durch Karten gesteuert, die dafür eine Doppelfunktion besitzen. Man kann sie entweder für die Durchführung einer baulichen Aktion oder für die anschließende Versteigerung benützen. Dadurch wird man wieder einmal in das Dilemma versetzt, „soll ich oder soll ich nicht“ (noch etwas bauen). Außerdem können die in einer Runde nicht benützten Karten in die nächste Runde mitgenommen werden. Um die in der Nachziehphase neu erworbenen Karten ergänzt, ergibt das vielleicht für die nächste Runde eine starke Kartenhand und damit noch mehr Möglichkeiten.

 

Zu Beginn besitzt jeder bereits 4 fertige Häuser: Ein einstöckiges und ein zweistöckiges Haus mit rundem Dach, sowie dasselbe mit spitzem Dach. Zusätzlich erhält jeder noch seine 3 runde und 3 spitze Dächer. Außerdem werden an jeden 2 Baustein-, 2 Dach- und 4 Baugenehmigungskarten ausgeteilt, insgesamt gibt es 62 Aktionskarten, davon 14 Dachkarten, 24 Bausteinkarten und 24 Baugenehmigungen. Die Spieler haben keinen persönlichen Vorrat an Bausteinen, es gibt nur den allgemeinen Vorrat, ist dieser zu Ende, kann man trotz Bausteinkarte nicht mehr bauen d.h. Gebäude erhöhen oder beginnen.

 

Nun kann das Spiel beginnen. Reihum wird nun jeweils eine Karte ausgespielt und die entsprechende Aktion ausgeführt:

 

Mit der Bausteinkarte können zwei Bausteine verbaut werden. Entweder wird ein bereits vorhandenes Haus (ohne Dach!) erhöht, oder ein neues begonnen. Das geschieht außerhalb des Spielplans. Jeder Baustein stellt ein Stockwerk dar. Bausteine können von einem Gebäude nicht wieder entfernt werden.

 

Mit der Dachkarte wird ein gebautes Haus abgeschlossen, indem ein rundes oder spitzes Dach darauf gesetzt wird. Dieses Haus kann nun nicht mehr erhöht werden.

 

Mit der Baugenehmigungskarte wird ein fertiges Haus in diejenige Präfektur eingesetzt, die der Farbe der Baugenehmigungskarte entspricht. Dieses Einsetzen unterliegt aber gewissen Regeln: Das erste Haus in einer Präfektur muss genau ein Stockwerk hoch sein. Jedes weitere Haus muss gleich hoch oder um 1 Stockwerk höher sein als das bisher höchste Haus in derselben Präfektur, und es muss dieselbe Dachform haben wie die anderen Häuser dieser Präfektur. In den 3 Präfekturen derselben Farbe, d.h. in einer Region müssen allerdings beide Dachformen vorkommen, sodass es passieren kann, dass das erste Haus in der letzten Präfektur einer Region zwingend eine bestimmte Dachform haben muss. Darum ist es gut, wenn man diese Dachform noch hat, wenn man sie braucht ...

 

Aufgrund dieser Baubestimmungen erkennt man schon, dass das Spiel einiges an Planung,  Beobachten, Taktik und Bluffen verlangt. Die Höhe der gebauten Häuser, die noch vorhandenen Dächer, die bereits am Spielplan eingesetzten Häuser, die noch freien Bauplätze, die Karten, die für die Versteigerung zurückbehalten werden ... – alles ergibt Anhaltspunkte, was die anderen vorhaben. Selber sollte man sich natürlich immer mehrere Möglichkeiten offen lassen und seine Stärke durch eventuell einsetzbare Häuser demonstrieren, die einen Angriff des Gegners sofort wieder verpuffen lassen würden, sodass dieser nicht im geringsten daran zu denken wagt, sein Haus einzusetzen. Dies wird auch speziell in den Tipps am Ende der Regel erwähnt.

 

Rechtzeitig sollte man die zweite Phase vorbereiten, die Versteigerung. Zu diesem Zweck tragen alle Aktionskarten auch eine Ziffer von 1 – 8, die den entsprechen Wert bei der Versteigerung repräsentiert. Man sollte sich also die Karten mit den höheren Werten für die Versteigerung aufheben; wenn man sie nur nicht so dringend zum Bauen brauchen würde! Man läutet diese Phase damit ein, indem man passt und jetzt nur mehr zuschauen kann, wie die anderen noch fleißig bauen und Präfekturen erobern bis alle gepasst haben. Jetzt werden nacheinander 2 Brunnen und ein Amphitheater (in den ersten beiden Runden) bzw. 2 Brunnen und ein Tempel (in den letzten beiden Runden) versteigert. Durch das Passen haben dann natürlich schon wieder die Mitspieler Informationen, je früher man passt desto mehr Karten hat man noch auf der Hand, aber das könnte ja auch ein Bluff sein, vielleicht sind sie alle niedrig?

 

 Dabei wird mit den Karten, die jeder noch übrig hat, geboten. Für die Versteigerung werden die Karten auf der Hand umgeordnet, um das Gebot festzulegen. Der Spieler ordnet die Stopp-Karte in den Stapel ein und legt dann die Karten als verdeckten Stapel auf den Tisch. Alle Karten, die jetzt oberhalb der Stoppkarte liegen, gelten für das Gebot. Alle drehen der Reihe nach ihre jeweils oberste Karte um, bis die Stopp-Karte erscheint. Auch Karten, die nicht mehr zum Gewinn der Auktion notwendig wären, aber oberhalb der Stoppkarte liegen, zählen zum Gebot und gehen auf den Ablagestapel. Der Meistbietende gibt also seine Karten ab und erhält das jeweilige Bauwerk, das er beliebig auf dem Spielplan einsetzen kann.

 

Anschließend wird jede Präfektur gewertet: Derjenige, der die meisten Bausteine in einer Präfektur verbaut hat, erhält 2 Punkte plus die Anzahl der Brunnen in dieser Präfektur; der Zweitplazierte erhält nur die Anzahl der Brunnen. Präfekturen, in denen ein Tempel gebaut wurde, bringen die doppelte Punktezahl. Die Punkte werden mit Hilfe von Säulen markiert, die innerhalb eines Säulenfundaments verschoben werden, um durch ihre Position den aktuellen Punktestand anzuzeigen.

 

Die Runde wird mit der Nachziehphase beendet, wobei jeder Spieler 6 neue Karten erhält, die er offen von den 3 getrennten Aktionskarten-Stößen (Bausteine, Dächer, Baugenehmigungen) auswählen kann. Spieler, die in Präfekturen mit Amphitheater Erst- oder Zweitplazierter sind erhalten um 2 bzw. 1 Karte mehr. Durch diese Form des Nachziehens ist der Glücksfaktor, der bei Kartenspielen immer besteht, zumindest beeinflussbar und Spieler mit gutem Gedächtnis können diesen Mechanismus (zu meinem Leidwesen) für sich nutzen. Allerdings gibt es hier vielleicht eine kleine Regelschwäche zu kritisieren: Da die Ablagestapel vor dem Wiederverwenden nicht durchgemischt werden sollen, passiert es immer wieder, dass Serien von niedrigen oder hohen Zahlen hintereinander liegen. Während der Bauphase werden ja eher die Karten mit niedrigen Werten ausgespielt, während der Versteigerungsphase die mit den höheren. Wenn man nun beim Nachziehen keine Chance auf Karten mit hohen Zahlen hat und anschließend zusehen muss, wie der Nachbar eine hohe Karte nach der anderen zieht, kann man schon sehr frustriert sein. Deshalb ist es sicherlich überlegenswert, diese Regel zu ändern und die Stapel vor dem Umdrehen ganz einfach zu mischen.

 

Zum Schluss wechselt der Startspieler und die nächste Runde beginnt.

 

Das Spiel bietet recht kurzweiligen Spaß, auch wenn „Denker“ mitspielen. Das Material ist recht hübsch (die Bausteine in Holz) und funktionell, vielleicht mit Ausnahme der Punktestandsanzeiger. Diese sind zwar optisch gelungen und wie gesagt in Form von altertümlichen Säulen gestaltet. Damit ist das Positive zu ihnen schon gesagt. Bereits die umfangreiche Bedienungsanleitung in der Spielregel weist auf Schwächen hin, schlicht und einfach gesagt, trotz Gummiringerl und sonstiger Fixierungsversuche funktionieren sie einfach nicht! Eine normale „Kramer-Leiste“ hätte hier wahrscheinlich mehr ihren Zweck erfüllt; man kann die Punkte aber auch ganz einfach auf einem Zettel notieren. Im großen und ganzen bietet Capitol ein gelungenes Spiel, sowohl für Gelegenheitsspieler wie durchaus auch für Spieler mit gehobenen Ansprüchen.