Unsere Rezension

 

Mais, Hafer, Schwein und Pferd

 

Farmerama

 

Säen, Ernten, Züchten 

 

Im November 2009 wurde ein Browserspiel namens Farmerama ins Netz gestellt, das sich rasant zu einem der beliebtesten Spiele weltweit entwickelte, derzeit (29.4.2012) sind 39.414.108 User registriert. Das Spiel hat auch zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Lara Award, den European Games Award für Bestes Europäisches Browser Game und den Deutschen Entwicklerpreis in der Kategorie Bestes Browser Spiel. Das Spiel ist in 27 Sprachen verfügbar und wird laufend um neue features erweitert.

 

Uwe Rosenberg ist einer der erfolgreichsten deutschen Spieleautoren, sein Spiel Agricola zum Thema „Bauernhof ausbauen“ hat seit 2007 einen unglaublichen Siegeszug angetreten und ist auch schon mit einigen Decks erweitert worden.

Was lag also näher, als Uwe Rosenberg, der inzwischen auch einige andere erfolgreiche Spiele mit Landwirtschaftsthemen veröffentlicht hat, mit der Umsetzung des Browserspiels in ein Brettspiel für die ganze Familie zu betrauen.

 

Fangen wir mit einer Übersicht an:

Die Spieler sind Bauern und bepflanzen ihr Land; dazu brauchen sie Wasser, ernten dann die Pflanzen und füttern damit Tiere und können dann später Produkte erwirtschaften, denn nur dafür gibt es am Ende Sternchen, wer davon am meisten hat, gewinnt.

 

Im Vergleich zum Browsergame wurden natürlich die Möglichkeiten drastisch reduziert, es gibt die Pflanzenarten Karotten/Mohrrüben, Mais, Hafer und Heu und die Tiere Schaf, Schwein, Kuh und Pferd. Ganz wichtig ist Wasser, denn ohne Wasser kann nichts wachsen und auch kein Tier gedeihen.

 

Jeder Spieler hat seinen eigenen Plan, der von Wasserläufen durchzogen wird, die den Plan in sieben Bereiche unterteilen. Am oberen Rand - unabhängig von Bereichen - ist die Farm, so wie man sie aus dem Browser Game kennt, zu sehen und am rechten Rand - wieder unabhängig von Bereichen - finden sich die Markierungen für die Tiere mit den Angaben für das von ihnen benötigte Futter und einem Punktewert, dazu später mehr. Jeder der sieben Bereiche hat einen oder mehrere Äcker für Pflanzen, manche davon mit Vogelscheuche, und eine eingezäunte Weide für Tiere, jede Weide bietet Platz für zwei Tiere. In der Mitte des Plans findet sich das so genannte Spielerrad mit ebenfalls sieben Bereichen, vier davon sind mit je einem Tier und einer Pflanze markiert, Schaf mit Mohrrüben, Schwein mit Heu, Kuh mit Hafer und Pferd mit Mais. Die restlichen drei Bereiche sind Erntebereiche, einer davon noch mit Schnullermarkierung. Das Rad hat einen Auslegerbalken, der mit einem Wassertropfen markiert ist, dieser Balken steht zu Spielbeginn auf dem Fluss, der in den unteren Bereich des rechten Rands führt. Jeder Spieler hat dann noch eine Punktetafel mit einer Leiste für jedes Tier, sie symbolisiert die Produkte, die man mit Hilfe der Tiere erzeugen kann, und einen Ziergarten mit Platz für sechs Zierbauten.

 

Diese Zierbauten werden wie vorgegeben gestapelt, für das Grundspiel kommen einige aus dem Spiel. Schließlich bekommen wir noch je ein Tier und je zwei Mal Mohrrüben, Heu, Hafer und ein Mal Mais und dazu drei Wassertropfen für unsere Scheune, das heißt, wir legen sie neben unseren Plan, und einen Satz Aktionskarten für Säen, Ernten, Füttern, Sämerei und Wasser. Aus dem Vorrat nimmt nun jeder noch je zwei Pflanzen pro Sorte und baut sie auf Äckern in den Bereichen an, die zu Beginn mit den Symbolen aufgrund der Spielerradposition markiert sind.

 

Ein zweites Rad in der Tischmitte, das Aktionsrad, gibt vor, wie oft man Aktionen ausführen darf, es wird nach jeder Runde um eine Position weitergedreht. Schlussendlich werden noch zwei Zierbauten vom Stapel aufgedeckt, die Zierbauten zeigen Futterpflanzen, Wasser, Sterne oder Mischungen daraus.

 

Damit können wir uns nun dem eigentlichen Spiel zuwenden, das in Runden abläuft; eine solche Runde besteht aus vier Phasen:

 

Aktionskarten auswählen

Zierbau vergeben

Aktionen ausführen - Aussäen, Ernten, Wasser, Füttern, Sämerei

Ausmisten - Aktionskarten zurücknehmen, Aktionsrad weiterdrehen, Zierbauten auffüllen.

 

Von unseren Aktionskarten wählen wir diejenige aus, die wir ausführen möchten und spielen sie verdeckt auf den Tisch, dann wird aufgedeckt. Haben zwei oder mehr Spieler die gleiche Aktion gewählt, wird für eine Zierbau-Aktion unterbrochen: Die an diesem „Gleichstand“ beteiligten Spieler überprüfen ihre Spielertafel um festzustellen, wer sich eine der ausliegenden Zierbauten nehmen darf: 1. Kriterium sind schon vorhandene Zierbauten, der neue Bau geht an denjenigen, der weniger Bauten im Ziergarten hat. Bei Gleichstand gilt Kriterium 2, auf den Äckern sichtbare Vogelscheuchen - der Bau geht an den Spieler mit den meisten davon. Gibt es hier wieder Gleichstand, geht der Bau an den Spieler mit den wenigeren Pflanzen im Vorrat. Sollte es auch da noch Gleichstand geben, wird der Bau nicht vergeben. Haben im Spiel zu viert je zwei Spieler dieselbe Karte gespielt, wird jedem dieser Paare ein Zierbau zugelost und dann nach den Kriterien vergeben. Der Zierbau wird in den Ziergarten gelegt und der Spieler bekommt die darauf angegebenen Pflanzen bzw. Wasser sofort oder die Siegpunkte am Ende des Spiels. Sollte der Ziergarten voll sein, ist ein Ausbau - allerdings nur für den ersten Spieler, der ihn brauchen sollte - verfügbar.

 

Was können wir nun mit unserer ausgespielten Karte tun?

 

Wer Wasser gespielt hat, nimmt sich Wassertropfen aus dem Vorrat, entsprechend der größeren Zahl für Wasser auf dem Aktionsrad, wenn er die Aktion allein gewählt hat, und entsprechend der kleineren Zahl, wenn Wasser mehr als einmal gespielt wurde.

 

Wer Säen gespielt hat, nimmt analog entweder die größere oder kleinere Anzahl Pflanzen aus seinem Vorrat und baut sie auf einem freien Acker an; dieser Acker muss auf der Spielertafel in dem Bereich liegen, in dem in dieser Runde die entsprechende Pflanzenmarkierung des Spielerrads steht. Man legt den Marker hin und legt einen Marker aus dem allgemeinen Vorrat drauf.

 

Für Füttern nimmt man die entsprechende Anzahl Pflanzen aus der Scheune, legt sie in den allgemeinen Vorrat zurück und stellt das gefütterte Tier auf die Weide in dem Bereich, der durch das Spielerrad mit diesem Tier aktuell markiert ist.

 

Für die Aktion Ernten kann man wieder entsprechend der größeren oder kleineren Zahl am Aktionsrad so viele Äcker abernten und die Pflanzen als Vorrat in seine Scheune neben dem Plan. Man darf nur Äcker abernten, die in einem der durch das Spielerrad grün markierten Bereiche liegen. Erreicht beim Ernten der mit dem Schnuller markierte Bereich des Rads ein Tier auf der Weide, hat das Tier produziert: Man stellt es zurück in den Stall und schiebt den Marker auf der Punktetafel eine Position höher.

 

Sämerei füllt den Vorrat auf, man nimmt sich für jede in der Scheune nicht vorhandene Pflanzenart je ein Plättchen aus dem Vorrat und kann danach einmal sofort anbauen; hat man kein Wasser, darf man sich einmal Wasser nehmen.

 

Bleibt noch die Frage, was tut man mit dem Wasser - nun, Wasser ist das Herzstück des ganzen Spiels, ohne Wasser geht gar nichts, denn Wasser ist das Zahlungsmittel für die Bewegung des Spielerrads. Für jeden abgegebenen Wassertropfen bewegt man sein Rad gegen den Uhrzeigersinn um eine Position weiter, damit wandern die Markierungen und neue Bereiche werden für Pflanzen oder Ernten erschlossen. Das Schöne ist - man kann das jederzeit machen, vor den Aktionen, nach den Aktionen und natürlich auch zwischen den Aktionen. Wäre zu schön, wenn das ohne Aber funktionieren würde, tut es aber nicht, man darf das Rad nur drehen, wenn der Balken dabei über einen völlig leeren Ackerbereich zieht. Also heißt es genau planen und rechtzeitig ernten, damit man wieder anbauen kann.

 

Sind die Zierbauten aufgebraucht zählt man seine Sterne für Wolle, Trüffel, Milch und Reitstunden und addiert 1 Stern pro Futterplättchen in Scheune und Ackerland, 3 Sterne für Zierbau mit Sternchensymbol und die Sterne im Stall für Tiere auf der Weide. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Sternchen, bei Gleichstand derjenige mit mehr Wasser im Vorrat.

 

So weit so gut - haben wir nun beste Butter oder nur Farmer-Rama? Sorry für das Wortspiel, aber das lag mir schon die ganze Zeit auf der Zunge. Ehrlich gesagt, ich bin mir nicht sicher. Am Handwerklichen des Spiels ist nicht das Geringste auszusetzen, es funktioniert wunderbar, alles ist bestens abgestimmt, vom Pferd, das als wertvollstes erst nach einer vollen Umdrehung des Rads „geerntet“ werden kann bis zu den Wassertropfen, die knapp, aber trotzdem problemlos sind.

 

Die Grafik entspricht der des Browser Games, ob man sie mag oder nicht, ist schlicht Geschmackssache, und warum das Schwein Trüffel produziert statt Schinken ist eigentlich auch egal, soll so sein. Hat es Spaß gemacht? Eigentlich ja! Kann es jeder sofort spielen? Eher nein! Man braucht schon ein paar Runden, um die Zusammenhänge herauszufinden, wie man am besten Säen, Ernten und Wasser beschaffen verzahnt, um das optimale Resultat herauszuholen. Man sollte nur nicht den Fehler machen, um jeden Preis Gleichstände vermeiden zu wollen, um das Spielende hinauszuzögern, man bekommt immer was und sollte sich auf sein eigenes Spiel konzentrieren. Ob man auf die teuren Tiere setzt oder lieber die billigeren nimmt und dazu schaut, dass man bei Spielende eine richtig volle Scheune hat, tja, das muss man selbst entscheiden. Und dazu wird es einige Partien brauchen.

 

Gewöhnungsbedürftig - jedoch vielleicht nicht für jene, die das Browser Game spielen - ist die fehlende Interaktion. Mit Ausnahme der gleichen gespielten Aktionskarten und den daraus resultierenden Zierbauten bauert man völlig alleine vor sich hin; interessant und irgendwie nicht ganz nachvollziehbar, warum aus dieser einzigen Interaktion der gemeinsam gespielten Karten das Spielende abgeleitet wird. Aber auch das funktioniert!

 

Alles in allem hat Uwe Rosenberg eine solide Arbeit abgeliefert, die wohl ihr Zielpublikum in den Spielern finden wird, die Farmerama kennen und einmal die Brettspielvariante am Familientisch ausprobieren wollen. Vielspieler werden das Grundspiel etwas zu einfach finden, sie sollten sich der Profivariante mit den zusätzlichen Zierbauten widmen, die auch die Möglichkeit bietet, Wasser nicht nur für die Bewegung des Rades einzusetzen, sondern für zusätzliches Säen und Ernten auszugeben-.

 

Dagmar de Cassan

 

Spieler: 1-4

Alter: 10+

Dauer: 60+

Autor: Uwe Rosenberg

Grafik: Bigpoint, Fiore GmbH

Preis: ca. 25 Euro

Verlag: Ravensburger 2012

Web: www.ravensburger.de

Genre: Ressourcenmanagementspiel

Zielgruppe: Für Familien

Spezial: 1 Spieler

Version: multi

Regeln: de fr it nl

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Grafik des Browser Games

Abgespeckte, schlanke Version

Stimmung gut übertragen

Funktionierende, gut ineinandergreifende Mechanismen

 

Vergleichbar:

Thematisch Agricola, Ora & Labora, Neuland, Dicke Kartoffeln

 

Andere Ausgaben:

Derzeit keine

 

Meine Einschätzung: 5

 

Dagmar de Cassan:

Farmerama bietet eine gelungene und stimmige Umsetzung des Browser Games in ein Brettspiel, Einsteiger sollten sich Zeit für ein oder zwei Übungspartien nehmen, Vielspieler sollten sich der Profi-Variante widmen.

 

Zufall (rosa): 0

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 3

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0