Auf den Spuren von Marco Polo

 

Das Spiel

 „Marco Polo“

von Reiner Knizia

für 2 bis 5 Spieler ab 8 Jahren

Dauer 30 - 45 Minuten.

Ravensburger, 2004

 

Die Besprechung:

Kurt Schellenbauer

fam.schellenbauer@aon.at

 

WIN Wertung:

W S MM II U AA * 2-4 (2-5) 40 Minuten

 

 

Marco Polo, venezianischer Kaufmann und Weltreisender, geboren anno 1254 gestorben am 8. Jänner 1324, dieses Datum ist aber nicht bestätigt sondern es wird bloß vermutet das dies sein Todesdatum ist. Seine Bekanntheit erlangte er durch seine Reise nach China. Anno 1271 reiste er mit seinem Vater und seinem Bruder Matteo über den Pamir nach China und war dort einige Zeit Statthalter. Seine Rückkehr erfolgt 1295 über den Seeweg. Seine Reiseberichte sind eine bedeutende Quelle über das mittelalterliche Asien. So steht es zumindest in meinem Lexikon. Für die Jungen unter uns, das sind weise Bücher in denen man Wissenswertes nachschlagen kann wenn das Internet nicht funktioniert, habe wohl die Rechnung nicht bezahlt. Habe mir nicht gedacht, dass ich in diesen Büchern nochmals nachschlage.

 

Die Überraschung war groß, als man uns bei einem Abendessen während des Spielefestes im November 2003, die Jännerneuheit von Ravensburger auf den Tisch legte. Selbst Ravensburger Österreich hatte bis zu diesen Zeitpunkt das Spiel nicht gesehen. Zur Überraschung kam auch noch das Glück, dass Reiner Knizia, der Autor selbst, an unseren Tisch saß und auch bereits war das Spiel persönlich zu erklären. Ein Teenager bei einem Popkonzert hätte genau jetzt einen Kreischanfall bekommen und wäre ohnmächtig zu Boden gesunken oder hätte Reiner ein Plüschtier zugeworfen. Auch wir waren begeistert aber aus dem Alter heraußen um sich zu solchen Emotionen hinreißen zu lassen. Wir freuten uns im Stillen und erfreuten uns an der einfachen Regel.

 

Auf dem Spielplan befindet sich Osten die Stadt Hormus. Von dort aus führt ein Weg durch die Wüste Takla Makan über den Himalaja nach Kantshou und durch die Wüste Gobi nach Daidu, dem heutigen Peking und damaligen Sitz des mongolischen Herrschers Kublai Khan, dem Ziel der Reise. Der Weg besteht aus 20 runden Feldern, 17 bis Kantshou und 13 nach Daidu. Am Spielplan gibt es Felder auf den Schatzkisten abgebildet sind. Auf diese Felder werden Kisten im jeweiligen Wert gestellt. Die braunen Schatzkisten gibt es mit den Werten 1 bis 3 und sind mit 1 bis 3 Streifen gekennzeichnet. Jeder Spieler erhält 5 von den 55 Spielkarten und ein Kamel in seiner Farbe und natürlich eine Karte in der Farbe seines Kamels, damit die Vergesslichen unter uns auch während des Spieles wissen welche Farbe sie haben. Auf der Rückseite ist ein Verzeichnis der Symbole, die am Spielplan abgebildet sind, und deren Erklärung. Von den übrigen Karten werden 5 offen ausgelegt und die restlichen verdeckt.

 

Der Startspieler setzt sein Kamel auf das Feld Hormus und die nachfolgenden Spieler auf das nächste freie Feld. Auf jedem Feld darf immer nur eine Figur stehen.

 

Entweder bewegt der Spieler in seinem Zug seine Figur oder er passt. In beiden Fällen darf er danach eine Karte nachziehen. Die 55 Spielkarten bestehend aus 5 Farben zu je 11 Karten. Diese wiederum unterteilen sich in 3 Karawanenführer und je 2 Karten von 4 verschiedenen Waren. Um seine Figur zu bewegen, muss der Spieler die Kartenbedingung des nächsten freien Zielfeldes erfüllen. Die Symbole sagen aus, wie viele und welche Karten man spielen muss. Bei 1 bis 4 Sternen muss man gleiche Warenkarten spielen. Es spielt dabei die Farbe der Karten keine Rolle.

 

Für die Felder mit einem oder zwei Karawanenführern spielt man die gewünschte Anzahl unabhängig von der Farbe. Dann gibt es noch Felder bei denen man je eine Karte der 4 Waren spielen muss. Auch dort ist die Farbe nicht relevant. Die beiden schwierigsten Felder sind die, wo man 5 Karten spielen muss und diese noch dazu in fünf unterschiedlichen Farben. Zu guter Letzt gibt es noch welche wo nur die Farbe zählt. Diese Felder gibt es mit den Werten von 2 und 3.

 

Der Spieler der als erster ein Feld erreicht auf dem eine Goldkiste liegt, darf diese an sich nehmen. Nachfolgende Spieler gehen leer aus. Es kann im Verlauf des Spieles geschehen, dass ein Spieler abgehängt wird. Spieler, die zurückgefallen sind, haben die Möglichkeit einmal im Zug eine 1er Goldkiste abzugeben und dadurch das nächste freie Feld zu überspringen. Wichtig dabei ist, dass dieser Zug dem Spieler nicht in Führung bringt, das wäre verboten. Ich vergaß zu erwähnen dass jeder Spieler mit 3 Kisten beginnt. Ich nutze diesen Zug sehr gerne, indem ich mich zurückfallen lasse, dadurch spare ich Karten und überspringe dann meist schwierig zu erfüllende Felder und durch die gesparten Karten habe ich auch gleich noch die Möglichkeit 2 bis 3 Felder weiter zu ziehen und lasse so meine Gegner hinter mir.

 

Das Nachziehen der einen Karte am Ende des Zuges kann sowohl von der offenen Auslage oder vom verdeckten Stapel erfolgen. Die offene Auslage muss danach wieder auf 5 Karten aufgefüllt werden.

 

Der erste Spieler, der Kantshou erreicht, löst eine Zwischenwertung aus. Er beendet dort seinen Zug und zieht eine Karte nach. Die letzten 6 Felder bis Kantshou haben die Zahlen 1 bis 6. Jeder Spieler der zu diesem Zeitpunkt auf einem Feld mit einer Zahl steht bekommt jetzt diese Zahl in Goldkisten ausbezahlt. Die Spieler die auf einem Wertungsfeld gestanden sind, kommen ebenfalls nach Kantshou, das ist der einzige Zeitpunkt wo mehrere Figuren auf einem Feld stehen dürfen. Sollte der Fall eingetreten sein, dass sich bei der Wertung ein Spieler noch nicht auf einem Wertungsfeld befunden habe, dann muss er zuerst auf eines dieser Felder ziehen und kommt dann sofort nach Kantshou und kann dann von dort weiterziehen.

 

Das Spiel endet, wenn ein Spiel Daidu erreicht hat. Auch dort gibt es Wertungsfelder, aber diesmal 7 mit den jeweiligen Zahlen. Spieler die sich auf einem Wertungsfeld befinden erhalten den Wert in Gold ausbezahlt. Der Spieler mit dem meisten Gold gewinnt. Bei Gleichstand gewinnt derjenige der Daidu erreicht oder der Stadt am nächsten ist.  Sollten an diesem Spiel nur 2 Spieler teilnehmen dann erhält jeder Spieler 2 Farben und der Spieler entscheidet zu Beginn seines Zuges mit welcher Figur er zieht. Am Ende zählt das gesamte gesammelte Gold. Es wird in der Regel auch die Variante angeführt, dass der Spieler während seines Zuges beide Figuren bewegen darf.

 

Das Spiel war, wie uns Reiner Knizia versichert hat, für 2 Personen gedacht und wurde vom Verlag abgewandelt. Zu zweit hat das Spiel auch das größte taktische Moment. Zu dritt ist es immer noch taktisch anspruchsvoll. Auch unsere Partien zu viert haben noch Gefallen. Zu fünft wird es dann schon nicht mehr berechenbar, denn je mehr Spieler zwischen den eigenen Zügen an der Reihe sind umso schwieriger wird es den eigenen Zug zu berechnen, es wird dann zu willkürlich.

 

Für diejenigen unter uns die sich viele Karten merken können, sei gesagt, ihr seid im Vorteil, im speziellen zu zweit und zu dritt, da viele Karten von der offenen Auslage gezogen werden. Bei meiner WIN Wertung sei gesagt, dass dieses Spiel schwer zu bewerten ist, da bei 2 Spielern die Wertung ganz anders aussieht als bei 4 oder 5 Spielern. Die angegebenen 40 Minuten sind das absolut längste das wir gebraucht haben. Ohne Grübler in den Reihen ist es sicherlich in 30 Minuten spielbar. Ich habe allerdings Bedenken, ob 8-Jährige weit genug vorausplanen können um in diesem Spiel erfolgreich sein zu können.

 

Bei Marco Polo handelt es sich um einen waschechten Knizia. Das birgt aber auch das Problem in sich. Die Materie ist eher trocken und nicht kommunikativ. Aber trotz allem ein schönes funktionierendes Spiel.

 

Ich habe mittlerweile einige Partien gespielt und bin einmal zweiter geworden ansonst habe ich immer gewonnen. Es sei aber erwähnt, dass dies nicht der Grund für den einen Stern ist. Das Spiel gefällt mir wirklich. Ganz wichtig ist es, dass der Kontakt zu den Vorderleuten nicht abreißt. Wenn ein Spieler zu weit zurückfällt, dann ist es nicht machbar nochmals aufzuholen. Aber es ist eine gute Taktik sich zurück fallen zu lassen, dann eine Kiste abzugeben um ein schwieriges Feld zu überbrücken, das zum Beispiel 4-5 Karten kostet und mit den gesammelten Karten weiter nach vorne zu ziehen. Wenn man mit so einem Zug auch noch die Zwischenwertung auslöst, kann man gegenüber seinen Mitspielern Gold gutmachen.

 

Warum ich so oft gewinne? Das ist leicht erklärt. Ich bin nicht ungeduldig und plane nicht das nächste Feld sondern sammle Karten für das übernächste und das darauf folgende Feld. Bei allen Partien hat es dann einen Spieler gegeben der es nicht mehr erwarten konnte und dann das eine Feld besetzt hat das ich nicht erfüllen konnte. Der Weg war danach frei um einen Zug zu machen wo ich 2 bis 3 Felder überbrücken konnte. Was mich allerdings dabei interessieren würde ist, was passiert wenn alle Spieler diese Taktik spielen. Wahrscheinlich würde ich heute noch bei der ersten Partie sitzen und darauf warten dass einer ein Feld weiter zieht.