PERLEN DER SPIELKUNST

 

DIE GÄRTEN DER ALHAMBRA

 

Zwischen Zitronen- und Orangenbäumchen

   

Liebe Leserin, lieber Leser! Schon im Jahre 1993 haben Dirk Henn und Barbara Weber in ihrem Eigen- und Kleinverlag „db“ (Dirk und Barbara, Anm. d. Verf.) mit einem Spieltitel überrascht, der von einer Kritikerin fast poetisch „mit reinem Gold“ verglichen wurde: „Carat“. Damals waren nicht nur Fachleute davon überzeugt, dass dieses Spiel niemals einen großen Verlag finden würde, einfach deshalb, da es bei aller Raffinesse zu abstrakt wäre. Nun, Queen Games belehrte alle Kritiker eines Besseren, und entschied sich 1998 für eine praktisch unveränderte Neuauflage dieses Frühwerks von Dirk Henn, das auf taktisches Legen von Diamanten baute. 2004 dann brachte eine grafisch umgestaltete Neuausgabe mit dem Titel „Die Gärten der Alhambra“ träumerische Assoziationen mit dem Spiel des Jahres 2003, „Der Palast von Alhambra“. Doch keine Sorge, Henns Legespiel lehnt sich nur in visueller Gestaltung an das Erfolgsprodukt „Palast“ an, bietet sonst jedoch spieltechnisch hochkarätige Eigendynamik. Wir, die Besucher und Besucherinnen des  Österreichischen Spielemuseums in Leopoldsdorf, haben eine in den andalusischen Weiten angesiedelte Neugestaltung eines interessanten Spiels für Taktikfreunde vor uns. www.spielen.at

Unser obligater Lichtkegel zeigt einen quadratischen Spielplan mit der umlaufenden Kramerleiste und 49 Gebäudeplättchen mit den Werten „1“ bis „5“. Diese kommen mit der Rückseite nach oben, auf vorgezeichnete quadratische Feldumrisse zu liegen, ohne ersichtliche Ordnung. Schöne Holztürmchen in vier Farben dienen als Zählsteine. Zuletzt werden verdeckt 36 achteckige Gartensteine neben den Spielplan gelegt. Diese zeigen jeweils vier Baumarten, die in der Farbgebung den Zählsteinen der Spielerinnen entsprechen. Was auch immer im weiteren Spielverlauf geschieht, Sie müssen ständig das Ziel vor Augen haben: die Gartensteine mit den Bäumchen sollen so geschickt platziert werden, dass Ihre eigenen Bäumchen die wertvollsten Palastgebäude umgeben. Abwechselnd legen Sie je einen Gartenstein an einer beliebige Stelle auf dem Spielplan ab, allerdings verbunden mit bereits gepflanzten Bäumchen. Welche praktischen Überlegungen sollten Ihre Entscheidungen prägen? Zum einen hat Dirk Henn die vier Baumarten Zitrone (gelb), Orange (orange), Palme (grün) und Lavendel (lila) mit einem Sinn für absolute Gerechtigkeit auf den durch Wege gegliederten Spielplan verteilt, je ein bis sechs Bäumchen um jeden Weg, und zwar immer genau die gleiche Anzahl aller Arten pro Gartenstein. Das bedeutet im Klartext, dass Sie zwar ein Gebäude mit Ihren eigenen Bäumen verschönern können, gleichzeitig aber auch drei weitere Nachbargebäude in den Farben Ihrer Gegenspielerinnen verzieren. Sobald ein Palastgebäude auf allen vier Seiten von Baumgruppen umgeben ist, wird es umgedreht und gewertet. Die Punkte auf der Zählleiste bekommt allerdings nur die Spielerin, die die meisten eigenen Bäume um das Gebäude pflanzen konnte, egal ob auf einem oder mehreren Gartensteinen. Gibt es zwei oder mehr Spielerinnen mit der Höchstzahl von Bäumen, so wird der nächsthöhere Bewuchs belohnt. Es kann sogar vorkommen, dass sich drei Spielerinnen „auspatten“. Das Besondere dabei: Je mehr unterschiedliche Baumarten um ein Gebäude platziert sind, desto höher der Punktegewinn. Der Wert des Gebäudes (wie schon erwähnt zwischen „1“ und „5“) wird nämlich mit der Anzahl der verschiedenen Baumarten multipliziert. Sobald alle Gärten der Alhambra das Feld zieren und damit alle Palastgebäude in schöner Pracht erstrahlen, endet das Spiel. Wer seinen Turm auf der Zählleiste am weitesten vorne hat, darf sich rühmen, der Meister des Gartenbaus zu sein.  

 

Rückmeldungen an: hugo.kastner@chello.at               

Homepage: www.hugo-kastner.at

 

EMPFEHLUNG # 83

 

Spieler: 2-4

Alter: 10+

Dauer: 45+

 

Autor: Dirk Henn

Preis: ca. 20 Euro

Jahr: 2004

Verlag: Queen Games

    

Taktik: 6 von 9

Info±: 0 von 9

Glück: 3 von 9

 

Selbst bei mehrmaligem Spielen flacht der Reiz der unverhofften Überraschung kaum ab. Eben haben Sie einen der Gartensteine ausgelegt, womöglich mit fünf oder sogar sechs Bäumchen zum hochkarätigen 5er-Palast blickend, siegessicher schon warten Sie auf die Abrechnung des betreffenden Gebäudes, und da passiert es. Eine der Mitspielerinnen zieht glücklich nach und vermasselt Ihnen die sicher geglaubte Wertung. So geht es in einem fort. Dabei gilt es zu bedenken, dass bei optimaler Verteilung vier unterschiedlicher Baumarten um ein wertvolles Gebäude zwanzig Punkte zu erzielen sind.

 

Hugos EXPERTENTIPP

 

Versuchen Sie einmal die kleine Variante, mit drei Gartensteinen zu spielen – der Glücksfaktor wird dadurch leicht verringert, der Faktor „Kopfarbeit“ dafür aber etwas erhöht. Auch der in der Regel enthaltene Hinweis, bei zwei Spielerinnen jede mit zwei Baumarten spielen zu lassen, darf als willkommene Ergänzung der vierseitigen Anleitung aufgenommen werden.

 

Hugos BLITZLICHT

 

In welcher Besetzung macht dieses Spiel am meisten Spaß? Nun, wenn ich ehrlich bin, schätze ich die Zweisamkeit in den prachtvollen Gärten mehr als die ohnehin nur schwach aufflackernde Gruppendynamik. Die Wartezeiten verkürzen sich und die mit viel Mühe und taktischem Geschick errichteten Gartensysteme tragen eher Früchte. Außerdem ist die sehr trickreiche Variante möglich, bei der jede Spielerin zwei Zähltürme führt, damit natürlich auch zwei Baumarten ihr Eigen nennt. Hier wird wahrlich viel für die Investition in dieses Spiel geboten, da auch strategische Überlegungen in die Gartenarchitektonik einfließen.

 

VORANKÜNDIGUNG

 

OLD TOWN

Rekonstruktion einer Geisterstadt