Unsere Rezension

 

Entwürfe und Verträge

 

PRÊT-À-PORTER

 

PUBLIC RELATIONS und Modeschauen

 

Prêt-à-porter ist das neue Spiel von Ignacy Trzewiczek und Portal, erschienen in Essen auf der Spiel, zusammen mit New Era, der neuen Umsetzung von 51st State.

Seit dem Erscheinen von Neuroshima Hex in 2006 halte ich immer Ausschau nach Spielen von Portal, sowohl Stronghold als auch 51st State sind hervorragende Spiele.

Prêt-à-porter unterscheidet sich von diesen Spieler durch das Thema; nicht eine post-apokalyptische Welt sondern moderne Mode. Trotz des Themas, das einen glauben lassen könnte man habe ein einfaches Familienspiel vor sich, ist Prêt-à-porter ein komplexes strategisches Wirtschaftsspiel für erfahrene Spieler.

Prêt-à-porter ist 2010 in polnischer Sprache erschienen und war ursprünglich Teil eines Projects, das jungen Schülern beibringen sollte, wie man eine Firma führt. Das Spiel wurde sehr erfolgreich und so hat Ignacy eine englische Ausgabe gemacht. Leider scheint es so zu sein, dass fast die gesamte Aufmerksamkeit von Spielern und Verlegern nur von Fantasy oder historischen Themen beansprucht wird und so blieb Prêt-à-porter unter dem Radar bei viel zu vielen Leuten. Und das ist schade, denn es ist ein hervorragendes Spiel, für mich das bisher beste bei Portal erschienene Spiel.

Das Design der Schachtel beeindruckend und Material und Grafik entsprechen den Portal Standards früherer Produkte. Das Spiel enthält 100 kleine Karten als Gebäude, Angestellte, Verträge, Darlehen, Kredite und Modeschauen; 50 normal große Karten repräsentieren Entwürfe; Kartonmarker stehen für Qualität, Trend, Public Relations und Sterne; dazu kommen noch 72 Holzwürfelchen als Material in sechs Farben, zwölf Aktionsfiguren, Geld und Spielhilfen.

Thema des Spiels sind Stil und Mode. Es gibt keine Interaktion im eigentlichen Sinn, das heißt, man kann die Unternehmen der anderen Spieler nicht zerstören, aber natürlich rivalisiert man mit den anderen Spielern um dieselbe kleine Menge an Ressourcen – so wie in den meisten Worker Placement Spielen, und in jeder dritten Runde wird eine Modeschau veranstaltet an der man teilnehmen muss und versucht der beste bei Qualität, Trend, Public Relations und Individualität zu sein. Man muss gegen die anderen Spieler agieren und immer genau darauf aufpassen was sie tun um vorne zu bleiben. Das ist kein Spiel, das man für sich spielen kann und gewinnen.

Die Spieler führen Modehäuser und müssen die bestmöglichen Kollektionen entwerfen und produzieren, dazu nutzen sie Verträge, Gebäude und talentierte Angestellter um dann an Modeschauen teilzunehmen.

Das Spiel dauert 12 Monate = Runden, jedes 3.Monat gibt es eine oder mehrere Shows = Wertungen. Während der Vorbereitungsmonate erwirbt man Gebäude, Angestellte und Verträge, bereitet neue Designs vor und kauft Material für die Kollektion.

Während der Modeschau-Monate zeigt man Kollektionen und verkauft sie für Geld, wer bei Spielende das meiste Geld hat, gewinnt.

Um eine Kollektion vorzubereiten braucht man ein oder mehrere fertige Designs im gleichen Stil: Sports, Boho, Vintage, Kids und Evening, man kann also Sport- oder Kinder-Kleidung zeigen, aber nicht beides. Die Kollektionen werden nach vier Parametern bewertet: Qualität, Trend, Public Relations und Menge, je nach Stadt ist ein anderer Parameter wichtiger. In der ersten Runde ist es nur eine Stadt und alle vier Parameter werden bewertet, Reihenfolge und Bedeutung der Paramteter variieren von Stadt zu Stadt. In der zweiten Runde werden zwei Städte mit je drei Parametern bewertet, in der dritten Runde drei Städte mit je zwei Parametern und schließlich vier Städte in der letzten Runde. Die Shows für die ersten drei Runden werden zufällig bestimmt, das Finale ist immer gleich. Die besten Kollektionen auf Basis aktueller Trends im Markt bekommen Sterne, die zusätzliches Einkommen beim monatlichen Verkauf der Kollektion und bei Spielende bringen.

Jeder der Vorbereitungsmonate besteht aus einer Planungsphase für die Aktionen, einer Ausführungsphase, einer Trainings- und Entwicklungsphase sowie einer Erhaltungsphase.

 

Der Hauptmechanismus ist Standard Worker Placement mit Besetzen verfügbarer Aktionen. Der Spielplan zeigt neun verfügbare Aktionen und jede Aktion kann, je nach Spieleranzahl, 2-3 mal gewählt werden. Ein Spieler kann dieselbe Aktion zweimal wählen, aber wie immer bei solchen Spielen möchte man wesentlich mehr machen als die drei pro Monat erlaubten Aktionen. Neue Verträge, Gebäude, Angestellte und Designs sind jeden Monat verfügbar, und wer zuerst wählen kann hat natürlich die erste Wahl aus dem Angebot. In jedem Aktionsmonat wird ein neuer Kartensatz aufgedeckt und die übriggebliebenen Karten werden entfernt. IN den beiden letzten Aktionsmonaten Oktober und November werden Gebäude, Angestellte und Verträge aus einem speziellen Set gezogen, die normalerweise spezielle Vorteile mit sich bringen. Die Ikonen auf den Karten sind hübsch und einfach zu verstehen aber es gibt viele Karten mit Effekten, die man in den ersten Spielen in den Regeln nachlesen muss. Das kann das Spiel ein wenig unterbrechen aber nach drei oder vier Partien läuft es viel flüssiger.

Es gibt keine Möglichkeit, zusätzliche Aktionen zu kaufen, aber viele Gebäude und Angestellte bieten die Möglichkeit, Material und/oder Designs ohne Aktionen während des Zugs zu kaufen.

Gebäude, Angestellte und Verträge bieten spezielle Vorteile für einen “Preis”, dabei bleiben Gebäude und Angestellte für den Rest des Jahres beim Spieler, benötigen aber einen fixen Unterhalt pro Monat. Gebäude haben auch Baukosten, aber man braucht sie, da man maximal drei Angestellte haben kann, plus einen für jedes Gebäude das man besitzt. Verträge, andererseits kosten nur die Aktion um, sie zu erwerben, aber sie gelten nur für eine Modeschau und man muss sich immer wieder neue holen.

Es gibt nicht wirklich eine “killing” Strategie, manchmal könnte der Besitz vieler Gebäude und Angestellten zum Sieg führen, ein anderes Mal sind die richtigen Verträge und wenige Gebäude/Angestellte viel besser. Die Auswahl an möglichen Kombinationen und Fähigkeiten ist riesig und Gebäude wie auch Angestellte können aufgebessert werden um noch mehr Optionen zu liefert – aber man muss die Erhaltungskosten im Auge behalten, weil man sonst kein Geld für andere Sachen hat, und das ist auch nicht gut.

 

Wenn man das Spiel zum ersten Mal spielt, kann man die Karten überschätzen oder auch unterschätzen. Man braucht Gebäude, Angestellte und Verträge um das Spiel zu gewinnen, aber man muss die Kosten im Griff haben, denn die Geldmenge jeder Firma ist nicht allzu groß!

Geld ist sowohl der Schlüssel zum Sieg, da der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt, und außerdem unverzichtbar um Gebäude zu bauen, Angestellte zu bezahlen und auch das Material das man braucht um die Kollektionen herzustellen. Jede Design Karte zeigt die beiden unterschiedlichen farbigen Würfel die man braucht um das Design fertigzustellen, und wenn ein Design nicht fertig ist, kann man es nicht ausstellen und verkaufen, wenn es Zeit für die Show ist.

Man kann Material an drei verschiedenen Orten kaufen: Beim örtlichen Hersteller von billigen Schnäppchen schlechter Qualität, im Warenhaus für Stoffe mittlerer Qualität aller Art und bei Importeuren, die teures Material von bester Qualität anbieten.

Qualitätsmarker, zusammen mit Markern für Public Relations und Trend, werden auf dem Firmentableau ausgelegt; dieses zeigt auch die Art von Design auf das die Firma spezialisiert ist; diese Spezialisierung erlaubt einem Spieler, trendy Designs in diesem Stil herzustellen.

Mit einem einzigen fertigen Design kann man zwischen 3 und 12 Einheiten Geld verdienen, je nachdem wo man Material und Design gekauft hat. Einige Designs bringen etwas weniger Geld, aber dafür zusätzliche Trend oder Qualitäts-Marker die entscheidend sein könnten, um die Modeschau zu gewinnen.  Es ist wichtig mehr als ein einziges Design in einem Modeschau-Monat zeigen zu können, und dazu muss man sehr genau seine Einkäufe planen und rechtzeitig beginnen Designs vorzubereiten. Man muss daran denken dass alle Modeschauen von Beginn an feststehen, so dass man gut planen kann.

Die Materialien werden den Designs übrigens erst in den Modeschau-Monaten zugeteilt und daher kann man seine Projekte noch ändern und mit einbeziehen was die Konkurrenz macht. Man kann Material sammeln aber da das Geld wirklich knapp ist, muss man sich die Käufe dementsprechend gut überlegen.

Außerdem sollte man die Wichtigkeit gewonnener Modeschauen nicht unterschätzen, da das damit verdiente zusätzliche Geld spielentscheidend sein kann. Man bekommt eine Geldeinheit mehr für jeden Stern den man für jedes Design bekommt, das man nach der Modenschau verkauft. Diese Sterne bringen auch zusätzliches Geld bei Spielende.

Im ersten Monat mit Modeschau (März) gibt es nur eine MOdeschau und alle vier Parameter werden in Reihenfolge bewertet, dabei bringt der erste Parameter in der Liste wesentlich mehr Sterne ein als der letzte. Nur die beiden ersten Kollektionen bekommen Sterne daher ist ein Wettrennen um die erste Position mit hohem Einkommen und die zweite mit wenig Einkommen. Das zweite Modeschau-Monaut, Juni, bringt zwei verschiedene Modeschauen in zwei verschiedenen Städten, und in jeder Stadt werden nur die ersten drei Parameter bewertet. Im dritten Modeschau-Monat, September, gibt es 3 Modeschauen mit Bewertung der ersten 2 Parameter. Welche Parameter und welche Städte in den ersten drei Modeschau-Monaten bewertet werden, wird zufällig entschieden; dazu nutzt man ein Deck aus 6 Stadtkarten und hat damit entsprechend viele mögliche Kombinationen. Der letzte Monat mit Modeschau, Dezember, nutzt immer die gleichen vier Städte und bewertet einen Parameter pro Stadt. Die einzelnen Modeschauen sind von Beginn des Spiels an bekannt und man kann daher sehr gut eine Langzeit-Strategie fahren.

Zu guter Letzt kann man auch noch die Bank aufsuchen um Geld zu borgen, oder den Platz für Vorbereitungen, der einen Test für Qualität, Trend und PR oder Geld anbietet.

 

 

Trotz des “einfachen” Themas ist Prêt-à-Porter ein tiefgründiges strategisches Wirtschaftsspiel mit einer Vielzahl an Möglichkeiten an Kombinationen und wie man es spielen kann  und auch mit viel Interaktion zwischen Spielern und Firmen. Man muss seine eigenen Strategien in vielfältiger Weise entwickeln, entsprechend den Gebäuden und Angestellten über die man verfügt.

Ich denke, es ist ein Spiel mit einem hohen Wiederspielwert, da die Reihenfolge der Karten, Moden und Kollektionen den Spielverlauf absolut verändern kann. Das Spiel funktioniert zu zweit, aber ich denke drei ist die perfekte Spieleranzahl für Prêt-à-porter. Zu viert ist es auch gut, aber, zumindest während der ersten Partien, könnte die Konkurrenz zu groß sein.

Für mich eines der Highlights aus Essen und ein Spiel, dass ich sicher in den nächsten Jahren sehr oft spielen werde.

 

Andrea Ligabue

 

Spieler: 2-4

Alter: 10+

Dauer: 90+

Autor: Ignacy Trzewiczek, Rafał Szeczepkowski, Piotr Haraszczak

Grafik: Tomasz Jedruszek, Michał Oracz und Team

Preis: ca. 40 Euro

Verlag: Portal Publishing 2011

Web: www.portalpublishing.eu

Genre: Worker Placement Spiel

Zielgruppe: Für Experten

Version: en

Regeln: en pl

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Edle, ansprechende Ausstattung

Ungewöhnliches, neues Thema

Spielerfahrung von Vorteil

Am besten zu dritt

 

Vergleichbar:

Andere Worker Placement Spiele, erstes Spiel mit diesem Thema

 

Andere Ausgaben:

Polnische Ausgabe 2010

 

Meine Einschätzung: 6

 

Andrea Ligabue:

Einer meiner Favoriten aus Essen, das für mich beste Spiel von Portal und für die nächste Zeit ein Dauergast auf meinem Spieltisch.

 

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 2

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0