Expert                

 

Alter                   

Spezial                

 

da Vinci oder Botticelli?

 

Florenza

 

Tatsächliche Künstler am Werk!

 

Es ist immer ein Vergnügen über ein neues Spiel zu reden, vor allem wenn es von einem neuen Autor und einem neuen Verlag kommt. Und wenn man dann noch weiß, dass das Team aus Spielern besteht und die Neuheit ein Spieler-Spiel ist, dann ist das Interesse umso größer!

Daher habe ich mich sehr gefreut, Placentia Games in Essen kontaktieren zu können, nach einem langen email-Austausch, um das Spiel während der Messe auszuprobieren. Aber das war natürlich unmöglich, und Florenza war dann auch ausverkauft, ich habe mein Exemplar erst einige Wochen später bekommen.

 

Das Spiel ist wirklich ein Spieler-Spiel und es dauert einiges mehr als 30-40 Minuten um die Regeln zu erklären. Die Spieler sind Oberhäupter der einflussreichsten Familien in Florenz zur Zeit der Renaissance. Spielziel ist, die meisten Prestigepunkte = Siegpunkte zu erzielen, und zwar durch das Engagieren von bedeutenden Künstlern um Kunstwerke zu schaffen.

Für Kunstwerke braucht man Material und auch Geld, um das Material zu bezahlen und die Künstler selbst wollen auch entlohnt werden. Daher muss man in seinem Bezirk Gebäude bauen und die Arbeiter einsetzen um Geld und Material zu beschaffen.

Man kann die Aufträge für Kunstwerke im eigenen Bezirk erteilen – man ist der einzige, der das darf - oder auch in der Stadt Florenz selbst, wo man in Konkurrenz zu anderen Familien steht. Man muss immer bedenken, dass Material und Geld nicht das eigentliche Spielziel sind, sondern Mittel zum Zweck.

 

Jeder Spieler beginnt mit einem Plan des eigenen Bezirks, einem Spielhilfebogen, der alle Gebäude mit Kosten und Nutzen erklärt, Arbeitern, Markern, Familienwappen und einem Anfangskapital von 300 Fiorini sowie einem Material jeder Art. Und dann muss noch jeder Spieler entscheiden, mit welchen zwei Gebäuden er beginnen will. Für die erste Partie hat der Autor eine nette Mischung vorgeschlagen, und ich halte es für vernünftig diesen Vorschlag anzunehmen, da man am Anfang – nur aus dem Regelstudium - keine Ahnung hat, was passieren wird und was man benötigen wird.  

 

Das Spiel wird über 8 Runden gespielt und jede Runde wiederum in 9 Phasen, nur in der ersten Runde werden die Phasen 1, 2 und 3 ausgelassen.

 

Generell erzielen die Spieler Einnahmen, entscheiden, was die Arbeiter tun werden und schicken dann die Arbeiter zur Arbeit. Schließlich tun dann die Künstler ihre Arbeit und die Runde endet. Natürlich ist es nicht so einfach wie es jetzt klingt, aber die Details kommen später.

 

In Phase 1 bekommen alle Spieler Einkommen. Dieses Einkommen ist fix und kann durch Vorteile aus fertigen Kunstwerken erhöht werden. Kunstwerke bringen möglicherweise auch Einfluss auf Kirche oder den “Hauptmann des Volkes”.

In Phase 2 und 3 nützen der Bischof und der Hauptmann des Volkes ihre Macht um sich einen Künstler zu sichern (der Hauptmann) oder einen Arbeiter zu bekehren (der Bischof). Hauptmann und Bischof werden in Phase 8 einer Runde gewählt und einer der Vorteile dieser Ämter ist Platz 1 bzw. Platz 2 in der Zugreihenfolge

 

Phase 4 ist der Teil der Runde, in der das Spiel tatsächlich gespielt wird. Die Spieler wechseln sich im Einsetzen ihrer Arbeiter – man hat davon 4 zu Spielbeginn – ab und errichten und nutzen Werkstätten, heuern Künstler an, nutzen den Markt oder spenden für wohltätige Zwecke. In dieser Phase entscheiden die Spieler was sie tun möchten, die Aktionen werden dann in Phase 6 abgewickelt. Da jede Werkstätte einen Arbeiter aufnehmen kann, ist es wichtig, sich jene zu sichern, die einem die Materialien geben die man braucht. Es ist aber genauso wichtig die Werkstätte, die man im eigenen Distrikt haben will, schnell zu bauen, da das Nutzen fremder Werkstätten teuer ist – man muss dem Besitzer einen Siegpunkt abtreten – und es gibt Werkstätten, von denen 2 oder 3 vorhanden sind oder solche, die einzigartig sind. Daher ist es wichtig, Aufträge für Kunstwerke schnell zu geben, um den besten Künstler zu bekommen, denn man bekommt ihn in dem Moment wenn man den Arbeiter auf das Kunstwerk setzt.

 

Genaugenommen ist alles wichtig und man muss es zum richtigen Zeitpunkt machen und bevor andere es machen – das IST das Spiel und ich denke, es ist wirklich gut gemacht, denn man hat immer Probleme zu wissen, was die beste Aktion wäre, wann man sie machen sollte, denn man hat nicht allzu viele davon.

 

In der ersten Runde hat man nur 4 Arbeiter, aber man kann durch bestimmte Gebäude oder fertige Kunstwerke später mehr  anheuern. Arbeiter sind wichtig, sie repräsentieren die Aktionen, die man in seinem Zug machen kann, aber mehr Arbeiter als die anderen zu haben bedeutet nicht zwingend, dass man gewinnen wird. Wenn man mehr Arbeiter braucht, kann man auch spenden, genaugenommen einfach für weitere Aktionen bezahlen.

 

Phase 5 ist die Marktphase: Spieler mit Arbeitern am Markt können ein Material kaufen, eines verkaufen und zwei in ein anderes umwechseln. Manchmal ist das die einzige Möglichkeit um an dringend gebrauchtes Material zu kommen.

In Florenza gibt es sechs Arten Material: Holz zum Bau von Werkstätten, Marmor für viele Kunstwerke, und dann noch Gold, Metall, Stoff und Gewürze.

 

In Phase 6 passieren dann die Aktionen in den Bezirken. Eine Werkstätte gebaut zu haben bedeutet nicht, dass man davon profitiert – man muss sie auch mit einem Arbeiter aktivieren. Wichtig ist auch, daran zu denken dass andere Spieler eine Werkstätte nutzen können. Die Werkstätten in den Bezirken sind nummeriert undwerden  in dieser Reihenfolge aktiviert. Das bedeutet, jeder Arbeiter an Position 1 in einem Bezirk wird vor einem Arbeiter auf Position 2 in einem Bezirk aktiv. Das ist ein absolut wichtiger Mechanismus, da man in Phase 4 die Kunstwerke nur in Auftrag geben kann, sie aber erst in Phase 7 durch Abgeben der Materialien und in vorgegebener Reihenfolge fertig werden. Das heißt, man braucht eine gute strategische Planung auch für die Reihenfolge, in der man die Werkstätten im Bezirk baut.

 

In Phase 7 werden dann die Kunstwerke fertiggestellt. Man gibt die Ressourcen ab und bezahlt das Kunstwerk und den Künstler. Kunstwerke erzielen die Hauptmenge der Siegpunkte in diesem Spiel. Jeder Künstler beherrscht drei verschiedene Techniken ist und man braucht den richtigen Künstler für das bestellte Kunstwerk: Einen Maler für ein Gemälde oder einen Bildhauer für eine Skulptur. Für ein fertiges Kunstwerk muss man noch würfeln um die Qualität der Arbeit festzulegen – je nach Künstler kann man mehr oder weniger Punkte erzielen, je nach seiner Fähigkeit und dem Würfelresultat.

 

Die Anzahl von Künstlern, die in Florenz pro Runde zur Verfügung stehen ist fix und hängt von der Spieleranzahl ab. Jeder Künstler ist nur eine gewisse Anzahl von Runden im Spiel und neue Künstler tauchen später auf. Welche Künstler wann ins Spiel kommen, ändert sich in jeder Partie und ist ein ziemlich spielbestimmender Faktor.

 

In Phase 8 passiert die Wahl des Hauptmanns und des Bischofs. Der Mechanismus für diese beiden Wahlen ist sehr gut gemacht: Der Spieler mit den meisten Prestigepunkten ist der Hauptmann der nächsten Runde. Er bekommt Prestige-Zertifikate als Siegpunkte entsprechend der Anzahl seiner Prestigepunkte und dann wird sein Marker auf der Prestigeleiste auf 0 gesetzt, Das bedeutet, die Rolle des Hauptmanns wechselt in jeder Runde. Das Amt des Bischofs geht an den Spieler mit dem meisten Einfluss auf die Kirche. Wird man zweimal hintereinander zum Bischof gewählt, wird man damit Kardinal und bekommt eine Menge Prestige, aber die Einflusspunkte für die Kirche werden auf 0 reduziert.

 

Phase 9 ist einfach Verwaltungsarbeit am Rundenende.

 

Am Ende von Runde 8 gewinnt der Spieler mit dem meisten Prestige aus Prestigepunkten und Prestige-Zertifikaten. Man kann auch noch einige Punkte für übrig gebliebenes Geld und Material bekommen.

 

Florenza ist ein Spiel mit enorm viel Tiefe und einer Menge gut zusammengemixter Mechanismen. Viele gute Ideen sind sehr gut mit dem Thema verknüpft worden. Die Gestaltung des Spiels und des Materials ist ausgezeichnet gelungen, und die Tatsache dass nur einige wenige Künstler aus dem Deck in einem Spiel genutzt werden, gibt dem Spiel einen sehr hohen Wiederspielwert.

 

Ich habe nur ein Problem mit dem Zufallsfaktor für die Anzahl der Prestigepunkte, die ein Künstler mit dem Fertigstellen eines Kunstwerks einbringt. Ich bin sicher, es ist nett, ein wenig Zufall im Spiel zu haben und die Art und Weise, wie er eingesetzt wird, passt eigentlich gut zum Thema, aber in einem Spiel, in dem man manchmal mit einem Abstand von 3-5 Punkten gewinnt oder verliert, kann eine wirklich misslungene Reihe von Würfelwürfen schwer wieder gutzumachen sein.

 

Abgesehen davon habe ich eine gute Meinung von diesem Spiel. Ich habe alle Partien genossen und freue mich auf weitere, da man immer wieder etwas Neues dabei lernt und auch neue Strategien ausprobiert. Ich bin sicher, es wird einen Platz im Himmel der Spieler-Spiele bekommen.

 

Andrea “Liga” Ligabue

 

Spieler         : 2-5

Alter            : ab 14 Jahren

Dauer           : ca. 150 min

 

Autor           : Stefano Groppi

Grafik          : Ivan Zoni, Valeria Gobbi, Daniela Zurla

Titel            : ident

Preis            : ca. 60,00 Euro

Verlag          : Placentia / Heidelberger

                     www.placentiagames.it

 

Genre                    : Ressourcen-Managment -Spiel

Zielgruppe             : Für Experten

Mechanismen         : Ressourcen einteilen, Reihenfolge beachten

 

Kommentar:

Wunderschönes Material

Mit historische Persönlichkeiten, authentischen Werkstätten und Berufen der Renaissance

Glücksfaktor durch die Zuteilung der Prestigepunkte über Kunstwerke

 

Vergleichbar:

Die Fürsten von Florenz und andere Spiele mit Resourcen-Management und Worker-placement

 

Meine Bewertung: 6

 

Andrea Ligabue:

Ich mag dieses Spiel, es passt gut zum Thema, hat eine Reihe interessanter und interaktiver Mechanismen und der Zufallsfaktor der Prestigepunkte aus Kunstwerkes ist nur eine kleine Irritation.

 

Zufall                            2

Taktik                  2

Strategie__                  3

Kreativität          

Wissen_              

Gedächtnis         

Kommunikation  

Interaktion                   2

Geschicklichkeit 

Action