Unsere Rezension

 

Innere und äussere Konflikte von Polen-Litauen

 

The Magnates: A Game of Power

 

Die Macht der Karten

 

Ich würde mich als gestandenen Vielspieler bezeichnen. Ich habe schon viele Brettspiele gespielt, war auf einigen Brettspielmessen und habe mir dort viele Spiele erklären lassen. Normalerweise läuft dies auch immer nach dem gleichen Muster ab. Man setzt sich an einen freien Tisch, wartet bis einem das Spiel erklärt wird und spielt dann. Manchmal nicht bis zum Ende. Große Überraschungen habe ich dabei in den letzten Jahren nicht erlebt. Warum fange ich eine Rezension mit solch an sich belanglosen Sätzen an?

 

Weil ich auf der diesjährigen Messe in Essen dann doch sehr überrascht wurde.

Passiert ist dies am Stand von Phalanx, ein polnischer Verlag mit einer Vorliebe für historische Spiele. Wie gewohnt habe ich mich dort an einen freien Platz gesetzt um das Spiel The Magnates: A Game of Power zu probieren. Doch dann kam die große Überraschung. Trotz Beschwerde einiger Spieler hat sich die Erklärerin geweigert das ganze Spiel zu erklären. Stattdessen hat sie immer nur die aktuelle Phase des Spiels erklärt. Dazu ist zu sagen dass das Spiel über maximal 4 Runden läuft und dabei jede Runde in 5 Phasen unterteilt ist, wovon die Phasen 1 und 5 automatisch ablaufen. Die anderen Phasen 2 bis 4 ähneln sich sehr. Alle Spieler haben jede Runde ein Kartenset von 13 Karten ihrer Familie, deren Oberhaupt sie repräsentieren, zur Verfügung. Diese Sets sind spielerisch gleich. Jede Karte zeigt einen Wert von 2 bis 14 Machtpunkten. Im Laufe von 3 Phasen müssen diese 13 Karten auf 14 Karten verteilt werden. Und das verdeckt und gleichzeitig.

 

In Phase 2, der Senatsphase, werden vier Senatkarten verteilt. Die Spieler müssen auf drei der vier Senatskarten bieten, indem sie je eine Familienkarte verdeckt hinlegen. Wer die höchste Machtkarte geboten hat bekommt die Senatskarte.

In Phase 3, der Sejmphase (Sejm war das Ständeparlament der Polnisch-Litauischen Adelsrepublik), werden fünf Karten aufgedeckt. Nun muss jeder Spieler je eine Familienkarte verdeckt zu jeder Sejmkarte hinzulegen. Wieder bekommt der Spieler mit der höchsten Machtkarte die Sejmkarte.

In Phase 4, der Konfliktphase, werden 5 Konfliktkarten aufgedeckt. Wieder legt jeder Spieler je eine Familienkarte zu jeder Konfliktkarte. Nacheinander werden für jede Konfliktkarte die Familienkarten aufgedeckt. Ist die Summe der Familienkarten größer oder gleich dem auf der Konfliktkarte abgebildeten Bedrohungswert, haben die Spieler den Konflikt gewonnen und der Spieler mit der höchsten Karte gewinnt einen Bonus. Sollten die Spieler verlieren, passiert etwas Böses. Was genau ist auf der Konfliktkarte abgebildet, wobei meist der Spieler mit der niedrigsten Familienkarte stärker betroffen ist. Gewonnene Konfliktkarten werden aus dem Spiel genommen, verlorene bleiben liegen. Es werden in der nächsten Runde entsprechend weniger neue Karten aufgedeckt.

 

Des Weiteren sind die Konfliktkarten den großen Nachbarreichen von Polen-Litauen zugeordnet (Österreich, Preußen, Schweden, Russland, Osmanisches Reich). Liegen von 3 dieser Nachbarn je mindestens 1 verlorener Konflikt offen aus, wird Polen-Litauen geteilt und alle Spieler haben das Spiel verloren. Der historische Bezug hierzu: das reale Polen-Litauen wurde 1795 zwischen Österreich, Preußen und Russland aufgeteilt und verschwand für über 100 Jahre von der Landkarten, zumindest als souveräner Staat.

 

Die meisten der Karten, egal ob Senat, Sejm oder Konflikt erlauben es den Spielern eigene Familienanwesen in die 5 auf dem Spielplan eingezeichneten Provinzen zu platzieren, oder jene der Mitspieler zu entfernen. Andere erhöhen die Machtpunkte gebotener Familienkarten, oder manipulieren das Spiel in ähnlicher Form.

Am Ende des Spiels gibt es eine Wertung, wobei die Spieler Wohlstand für ihre Familienanwesen und für Mehrheiten in den Provinzen bekommen. Wer am meisten Wohlstand hat, gewinnt das Spiel.

 

Nun aber zurück zur Erklärerin die sich beharrlich weigerte das Spiel komplett zu erklären. Im Nachhinein muss ich ihr Recht geben, die Methode funktioniert bei Magnates durchaus. So hatten zwar wir Spieler keine Ahnung was uns erwartet und mussten unsere Familienkarten in der 1. Runde quasi zufällig verteilen, großen Unterschied hat dies aber nicht gemacht. Denn auch in den folgenden 2 Runden, wo ich wusste was passiert habe ich meine Karten zufällig verteilt. Zugegeben, da war zu diesem Zeitpunkt auch etwas Frust dabei, ob der verhältnismäßig geringen Möglichkeiten das Spiel aktiv zu gestalten.

 

In der vierten Runde kam dann, zu meiner Überraschung, tatsächlich so etwas wie Spannung auf. Dank der Manipulationsmöglichkeiten durch die bis dahin gesammelten Sejmkarten, sowie der sich abzeichnenden Schlusswertung. In dieser Runde habe ich dann auch erstmals gezielt meine Karten platziert und hatte sogar das Gefühl das Spiel aktiv zu gestalten.

Am Ende habe ich das Spiel sehr deutlich gewonnen, obwohl sich meine Mitspieler der Strategie die Familienkarten 3 Runden lang nach dem Zufallsprinzip zu verteilen nicht angeschlossen haben.

 

Nun, was soll ich von einem vermeintlichen Strategiespiel halten dass man gewinnen kann indem man die Karten blind spielt? Und ich bin fest davon überzeugt, dass ein geplantes Spielen nicht zu deutlich besseren Ergebnissen geführt hätte. Vielleicht sogar schlechter, wegen der psychologischen Komponente des demonstrativen Kartenmischens vor dem Ausspielen.

Mein erster Eindruck war schlecht, richtig schlecht. So schlecht dass ich gehofft habe dass wir in der 2. Runde 3 Konflikte verlieren damit das Spiel schnell vorbei ist.

Am Ende war das Spiel dann doch nicht so schlecht, 2 meiner 3 Mitspieler haben sich gar positiv geäußert und gemeint sie würden es nochmal spielen wollen. Soweit würde ich nicht gehen. Aber ich habe schon schlechtere Spiele gespielt, halt auch deutlich bessere.

 

Wer Freude haben will mit The Magnetes: A Game of Power muss ein Faible für das historische polnische Setting haben. Denn das ist die große Stärke. Zumindest aus meiner Nichthistorikersicht scheint mir das Spiel eine gut gelungene und auch akkurat recherchierte Abbildung des damaligen politischen Systems und der Umstände, die zum Verfall des Polnisch-Litauischen Reichs geführt haben, zu sein. Die historischen Details finden sich dabei auf jeder Karte. Wer will kann also einiges über die polnisch-litauische Geschichte lernen.

 

Markus Wawra

 

Spieler: 2-5

Alter: 14+

Dauer: 60+

Autor:  Jaro Andruszkiewicz, Waldek Gumienny

Grafik: Jarek Nocoń, Piotr Słaby

Preis: ?

Verlag: Phalanx Games 2015

Web: www.phalanxgames.pl

Genre: Auktionsspiel

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: en

Regeln: en pl

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

einfache Grundmechanismen

schönes Spielmaterial

wenig berechenbar

 

Vergleichbar:

Friedrich, Maria

 

Meine Einschätzung: 2

 

Markus Wawra: The Magnates: A Game of Power, wirkt auf den ersten Blick wie ein Strategiespiel, jedenfalls was Gestaltung und Aufmachung betreffen. Das ist es aber nicht. Es ist ein einfaches Auktionsspiel (mit der stillen Auktion als Grundmechanismus) in einem opulenten historischen Setting. Mir persönlich bietet es zu wenige Möglichkeiten um aktiv das Spielgeschehen gestalten zu können. Daher fällt es bei mir als Spiel durch. Immerhin habe ich einiges über die polnisch-litauische Geschichte gelernt.

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 1

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 3

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0