Rezension

 

Die Ritter der Tafelquadrate

 

Queendomino

 

Royaler Single bleiben oder zum Königspaar vermählen?

 

Spiel des Jahres 2017 ist bekanntlich Kingdomino: Domino nicht Schwarz-Weiß, sondern mit mehreren bunten Landschaftsteilen, die es zu möglichst siegpunkteträchtigen Gebieten zusammenzupuzzlen gilt. Schnell verstanden, schnell gespielt und dennoch – oder gerade deswegen – ein langanhaltendes und kurzweiliges Vergnügen für alle; im Spiel zu zweit sogar mit einer erhöhten taktischen Tiefe bei einem gleichbleibend „simplen“ Regelaufwand. Und damit der König (so ganz alleine) nicht traurig wird, gibt es jetzt auch Queendomino: Als eigenständiges Spiel mit mehr Vielfalt oder beide kombiniert als Königspaar für sogar bis zu acht Prinzen und Prinzessinnen spielbar! In dieser (ersten) Fortsetzung sind – neben der Königin, einem Drachen, 32 Gebäudeplättchen, 15 Türmen, vielen Münzen – auch 22 kleine Ritterfigürchen mit dabei (mit welchen außerdem die eigene Feinmotorik trainiert werden kann).

 

Zweck dieser Ritter ist primär das Eintreiben von Steuern im eigenen Königreich bzw. das Beschaffen von Münzen. Nach dem Legen eines neuen „Dominosteines“ darf auf diesem nämlich einer oder sogar zwei Ritter platziert werden; dafür lukriert man genau so viele Münzen, wie es der Größe dieses (dieser beiden) aktuellen Landschaftsgebiete(s) entspricht. Münzen wiederum bringen zu Spielende (weitere) Punkte, während einer Partie werden sie für den Gebäudeankauf benötigt. Als bauliche Basis für diese Gebäudeplättchen kommt mit rot eine siebte (neue) Landschaftsfarbe ins Spiel. Die Gebäude gibt es in 18 Varianten und erhöhen derart auf vielfältige Weise die taktischen Möglichkeiten; etwa wird man sogar mit der Anwesenheit der Königin belohnt, wenn man stramme, aufrechte Türme errichtet – aber nur der Aussicht wegen, zumal es auf den „Dominosteinen“ wieder viele liebevoll-witzige grafische Details zu entdecken gilt. Die Königin fungiert zum einen als „Shopping Queen” mit einem Rabatt von je einer Münze für zukünftige Gebäude als auch zu Spielende als zusätzliche Krone im eigenen größten Landschaftsgebiet.

 

Andere Gebäude bringen weitere Ritter, ein höheres Einkommenspotential bzw. Siegpunkte für dies und/oder das. Nachteil einiger Gebäudefunktionen ist jedoch, dass diese allgemein als zu wenig attraktiv empfunden werden könnten, und dann als „Ladenhüter“ das Angebot „verstopfen“. Denn anders als man es sonst gewohnt ist, rutscht das „billigste“ Gebäude am Ende der Runde nicht aus der Auslage wieder in den Vorrat zurück, sondern bleibt liegen. Vor allem die 14 Landschaftstyp-Gebäude werden (zumindest in der ersten Spielhälfte) nicht so gerne genommen: Diese bringen nämlich „nur“ zwei Punkte für die eigenen, nicht miteinander verbundenen Gebiete einer bestimmten Landschaftsart (als ein mögliches Gegenmittel gegen ein „verstopftes“ Gebäudeangebot sei empfohlen, diese 14 Landschaftstyp-Gebäude zum einen mit zwei zusätzlichen Fixpunkten auszustatten und zum anderen die Hälfte davon zuunterst des Nachziehstapels einzumischen).

 

Es ist aber nicht zwingend erforderlich, das eigene Königreich mit Gebäuden auszustatten, es lässt sich weiterhin auch auf die „klassische“ Art gewinnen. Vor allem wenn sich die Mitspieler gar so sehr um Gebäude rangeln, kann es durchaus lukrativer sein, sich auf den „banalen“ Kronenerwerb zu beschränken, zumal „Dominosteine“ mit roten Baufeldern die höheren Nummern aufweisen, sodass man ohne Gebäude in der Zugreihenfolge besser dran ist bzw. bleibt. Einzig der „Punktesalat“ in der Schlussabrechnung (mit doppelt so vielen Zeilen auf dem Wertungsblock wie bei Kingdomino) bleibt niemandem erspart. Jede Runde kann außerdem einmal der Drache engagiert werden, um ein Gebäudeplättchen aus dem Angebot zu entfernen – burning down the house! Dies ist aber kostenpflichtig (eine Münze bzw. letztlich 1/3 Siegpunkt), sodass im Mehrpersonenspiel zumeist etwas Scheu vor dieser Investition besteht (auch weil man hofft, dass wohl schon jemand anderer den Drachen „füttern“ wird). Sehr gut funktioniert der Drache jedenfalls zu zweit, wobei hier aufgrund der größeren Königreiche und der erweiterten taktischen Möglichkeiten doch eine gute, dafür schöne Stunde Spielzeit verstreicht. Einzig der aktuelle Gastgeber der Königin darf den Drachen nicht bestechen, vielleicht weil die Königin Angst vor diesem hat; spielmechanisch begründet ist dies aber vielmehr darin, dass auch die Mitspieler die Chance haben sollen, Gebäude mit Türmen zu bauen (und auf diese Weise die Königin zu einem Wechsel zu motivieren).

 

Bei fünf oder mehr Mitspielern werden einfach die „Dominosteine“ aus beiden Varianten verwendet. Vorstellbar sind auf diese Weise zwar auch Partien zu siebt oder acht, doch besteht dabei offenbar eine derart hohe Wartezeit, dass bei dieser Spieleranzahl eine Teamvariante empfohlen wird. Aber auch zu dritt und zu viert können sämtliche „Dominosteine“ verwendet werden; diesfalls werden die jeweiligen Königreiche sieben mal sieben Felder groß (wie auch im Spiel zu zweit). Und ebenfalls wie auch im Spiel zu zweit können größere Königreiche auch zu größeren Zähl- und Rechenleistungen animieren: Wieviel bringt mir dieser „Dominostein“, wie viel jener; wie viele Kronen werden in dieser Farbe bis zum Spielende noch auftauchen; kann ich meine Ritter noch zurück behalten oder sollte ich diese besser doch gleich einsetzen; kaufe ich ein Gebäude jetzt teuer oder bekomme ich es in der nächsten Runde vielleicht billiger; etc., etc. – die spielerische Leichtigkeit des Grundspiels geht derart etwas zu Gunsten von „Grübelorgien“ verloren.

 

Und auf König und Dame folgt heuer bereits der (große) Bube: Die Riesen aus der aktuellsten Erweiterung versprechen noch mehr Interaktion – durch die Möglichkeit, Kronen in den Landschaftsgebieten der Mitspieler zu zerstören – sowie neue Herausforderungen – durch die Möglichkeit, mit Aufgabenkarten Bonuspunkte für gezielten Landschaftsbau zu erhalten. Alle drei zusammen werden vielleicht als das „As“ die Legespielwelt (be-)stechen!

 

Harald Schatzl

Bilder (c) Henk Rolleman

 

Spieler: 2-4/8

Alter: 8+

Dauer: 30+

Autor: Bruno Cathala

Grafik: Cyril Bouquet, Jens Wiese

Preis: ca. 30 Euro

Verlag: Pegasus Spiele 2017

Web: www.pegasus.de

Genre: Legespiel

Zielgruppe: Familie

Spezial: 2 Spieler

Version: de

Regeln: de en es fr it jp kr nl pt ru

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Wieder viele liebevoll-witzige grafische Details

Sowohl eigenständiges Spiel als auch kombinierbar mitKingdomino“

Kombiniert zu dritt und zu viert zeitaufwendigeres Tüftelrisiko

Extra-Stern für das Spiel zu zweit

 

Vergleichbar:

Kingdomino

 

Andere Ausgaben:

Blue Orange (de en es fr it pt ru), Ten Days Games (jp), Blackrock Games (fr), Happy Baobab (kr), White Goblin Games (nl)

 

Gesamt: 5

 

Harald Schatzl

Queendomino ist sowohl Erweiterung als auch eigenständige Variante zum Spiel-des-(Vor-)Jahres 2017, dem (leicht) taktischen Lege- und Puzzlespiel Kingdomino – und bestätigt ein wenig das Klischee, wonach Frauen komplizierter seien als Männer. Eigenständig ist es etwas regelaufwendiger als das Grundspiel und bleibt weiterhin für (fast) alle geeignet; zu zweit (oder kombiniert) kommen auch Rechner und Tüftler auf ihre Kosten (dies dann aber zu Lasten der spielerischen Leichtigkeit).

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 1

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 1

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0