PERLEN DER SPIELKUNST

 

Hugo Kastner empfiehlt

 

Pandemie

 

Können Sie die Menschheit Retten?

 

Liebe Leserin, lieber Leser! Diesmal ist die Welt von Viren bedroht – ein Horrorszenario, das in den letzten Jahren durch Vogelgrippe, Ebola oder den „Schweinevirus“ eine sehr reale mediale Aufbereitung erfahren hat. Selten habe ich ein kooperatives Spiel erlebt, das in nur einer Viertelstunde erklärt werden kann und dennoch eine so nachhaltige Herausforderung darstellt. Zugegeben, auch bei „Pandemie“ kann ein Besserwisser am Spieltisch zum lästigen, geheimen Spielgestalter werden, doch bieten die unterschiedlichen Rollen, die jedem Seuchenbekämpfer zukommen (ja, das ist die große, gemeinsame Aufgabe), doch eine gewisse Eigenständigkeit bei der letzten Entscheidung. Sind die Städte und Metropolen erst einmal als Seuchenherde markiert, kann es jederzeit zu einem verheerenden Ausbruch kommen, vielleicht sogar zu einer vernichtenden Kettenreaktion. Und diese wird auch optisch bei diesem Spiel mehr als greifbar. Es wirkt geradezu beklemmend, wenn die Viren die ganze Welt überziehen. Verzweifelt werden von allen die vier Gegenmittel gesucht, doch der Zeitdruck ist groß, vor allem, wenn mit der Höchstzahl an Epidemie-Karten gespielt wird. Nur in gemeinsamer Absprache besteht überhaupt eine Chance, das Ende der Menschheit zu verhindern. (aus: Kastner: Mit Spielen lernen. Humboldt Verlag) Im Österreichischen Spielemuseum in Leopoldsdorf dürfen Sie sich diesen kribbelnden Szenarien aussetzen und versuchen, mit Gleichgesinnten einmal mehr die Menschheit zu retten. www.spielen.at

Die Weltkarte im Lichtkegel der spannungsgeladenen Betrachter zeigt einen schlammbraunen Grund, der von einem bunten, vierfärbigen Städtenetz durchzogen wird. Hier werden sich über die nächste Stunde die Experten für Seuchenbekämpfung, sprich: Spielerinnen und Spieler, den Kopf darüber zerbrechen, wie sie durch kluge Kooperation allzu verheerende Epidemien verhindern können. Jeder hat eine eigene Rolle und alle starten in der zunächst einzigen Forschungsstation in Atlanta. Die Details der Spielvorbereitung sind dem bildlich wie textlich hervorragendem Regelheft leicht zu entnehmen, sodass relativ schnell mit dem eigentlichen Spiel begonnen werden kann. Dies umso mehr, da „Pandemie“ rein kooperativen Charakter hat – neben „Schatten über Camelot“ das beste auf diesem Gebiet, würde ich meinen –, wo selbst kleine Regellücken des einen oder anderen Seuchenbekämpfers durch kluge Beratung ausgeglichen werden können. Wer am Zug ist, darf vier Aktionen durchführen, die ihn zu den Gefahrenherden bringen sollen und gleichzeitig die notwendigen Ingredienzien für ein Gegenmittel sammeln lassen, um die Seuchen erfolgreich zu behandeln. Diverse Ereignis- und Rollenkarten erlauben ein überaus abwechslungsreiches Spiel, und die Erweiterung „Auf Messers Schneide“ (für die Fans von „Pandemie“) gibt sogar noch einige neue Szenarien her. Alles zeigt solide Arbeit von Verlagsseite, das muss auch betont werden. Ich denke da nur an die in der Erweiterung mitgelieferten Petrischalen. „Pandemie“ endet mit dem Untergang der Menschheit, falls der Nachziehstapel aufgebraucht ist, falls nicht mehr genügend Infektionswürfel einer Farbe vorhanden sind oder falls der Ausbruchsmarker das letzte Feld erreicht. Klingt gefährlich, doch lassen Sie sich nicht schrecken. Gefühlsmäßig bringen diese drei Drohungen zwar ständig eine kribbelnde Spannung an den Tisch. Gesteigert wird dies durch das „plötzliche“ Auftauchen der todbringenden Epidemie-Karten, mit deren Anzahl (4 bis 6) der Druck auf die Seuchenbekämpfer direkt zusammenhängt. Doch es gibt ja auch einen durchaus aufzuspürenden Gewinnweg: Entdecken Sie rechtzeitig die vier Gegenmittel. Sollte dies nicht gelingen, darf gleich ein neuer Versuch gewagt werden. Mehr als eine Stunde dauert ohnehin keine Partie. Und letztlich bleibt alles doch nur ein Spiel.  

 

Rückmeldungen an: hugo.kastner@chello.at               

Homepage: www.hugo-kastner.at


EMPFEHLUNG # 78

Spieler: 2-4

Alter: 10+

Autor: Matt Leacock

Dauer: 45+

Preis: ca. 35 Euro

Jahr: 2008

Verlag: Z-Man, Pegasus

    

Taktik: 6 von 9

Info±: 0 von 0

Glück: 3 von 9

 

Entscheidend bei diesem kooperativen Spiel ist es, gemeinsam, durch intensive Beratung, die richtigen taktischen Entscheidungen zu fällen und das Glück damit zu erzwingen. Dieser Zufallsfaktor wird umso tragender, je mehr Epidemie-Karten im Spiel sind bzw. je früher diese aus dem Stapel gezogen werden. Daher sind die drei obigen „Glücksringe“ mit Vorsicht zu genießen.

 

Hugos EXPERTENTIPP

Spielen Sie zunächst nur mit  4 oder maximal 5 Epidemie-Karten, denn damit wird es wesentlich leichter, die Rollenkarten siegbringend zu koordinieren. Tasten Sie sich jedenfalls erst nach einigen Spielen an die Herausforderungen „Virulenter Stamm“ und „Mutation“ aus der Erweiterung „Auf Messers Schneide“ heran. Zum krönenden Abschluss dürfen Sie sich an den „Bioterrorist“ heranwagen. Wollen Sie weitere Hürden einbauen, so können Sie in der Startaufstellung weitere Seuchenwürfel platzieren. Oder aber Sie verwenden nur je 11 statt der 12 Spielerkarten in der einen oder anderen Farbe. Auch eine Beschränkung der Handkartenzahl auf 6 hat einen ungemein herausfordernden Effekt.     

 

Hugos BLITZLICHT

Der Blick aufs Ganze, ein wesentlicher Management-Grundsatz, und perfekte Kooperation sind schon vonnöten, um der Bedrohung der Menschheit Einhalt zu gebieten. Da jede Partie komplett unterschiedlich verläuft, besonders mit den Modulen der Erweiterung und den vielfältigen Rollen, ist eine ständige taktische Anpassung an neue Vorgaben und Herausforderungen gefragt. Dies alles unter enormem „Zeitdruck“, denn die Erde ist verloren, wenn der Stapel mit den Spielerkarten aufgebraucht ist. Also auf nach Essen! Nein, nicht zur Spielemesse, sondern zur einzigen deutschen Stadt auf der Pandemie-Weltkarte.      

 

VORANKÜNDIGUNG

 

Mr. Jack

Whitechapel kurz vor Morgengrauen