Rezension

 

Ein Gewinner, zwei Rezensionen

 

Oriflamme

 

As d‘ Or 2020, Kategorie Spiele für Alle

 

Studio H, ein neuer Verlag aus Frankreich, gegründet von Hicham Ayoub Bedran, früher Präsident von Matagot, und dem Verlagshaus Hachette, hat gleich mit einem seiner ersten Spiele - Oriflamme - den As d’Or 2020 in der Kategorie Familienspiele abgeräumt.

 

Das Thema des Spiels ist nicht gerade neu, es geht wieder einmal um eine Krone, genauer gesagt die französische Königskrone, nicht überraschend sind wir als Spieler Oberhäupter einflussreicher Familien, die den Thron für ihre Familie erobern wollen. Zu diesem Zweck bekommen alle Spieler ein identisches Deck von zehn Machtkarten, der Zufall kommt durch verdecktes Mischen und Weglegen von drei unbesehenen Karten ins Spiel. Mit den verbliebenen Karten werden sechs Runden gespielt.

 

Reihum wählt jeder eine Karte aus der Hand und legt sie in die Einflussreihe, als erste der Reihe, als letzte der Reihe oder auf eine eigene Karte aus vorherigen Runden. Es ist nicht möglich, eine Karte zwischen zwei schon in der Reihe vorhandene Karten einzuschieben.

Haben alle eine Karte gespielt, wird die Runde ausgewertet, beginnend mit der ersten Karte der Reihe. Es wird immer die oberste Karte eines eventuellen Stapels  ausgewertet. Ist sie verdeckt, entscheidet der Besitzer, ob

-      sie verdeckt liegenbleibt und er einen Einflusspunkt darauflegt oder

-      ob er die Karte aufdeckt, den Effekt ausführt und eventuell darauf liegende Einflusspunkte an sich nimmt. Eine einmalige Karte wird nach Ausführen abgelegt, eine dauerhafte bleibt offen liegen. Wurde eine einmalige Karte ausgewertet und es ist eine weitere vorhanden, wird nun diese ausgewertet, ansonsten die nächste Karte in der Reihe.

Wird durch den Effekt eine Karte eine andere Karte entfernt, gehen eventuell darauf vorhandene Einflusspunkte in den Vorrat zurück.

 

Und das war es schon, was die Regeln betrifft - allerdings ist noch eine Abweichung bei den Regeln der deutschsprachigen Pegasus-Ausgabe gegenüber den Regeln in englischer und französischer Sprache zu erwähnen: In diesen Regelwerken entscheidet der Startspieler durch Platzieren des Oriflamme-Markers - Spitze der Flamme nach rechts oder links - ob in der Auswertungsphase die Kartenreihe entsprechend von rechts nach links oder links nach rechts ausgewertet wird. Da dies aber vor dem Legen der Karten passiert, ändert sich spieltechnisch gesehen nichts.

 

Die Karteneffekte selbst beziehen sich alle entweder auf Nehmen, Entfernen oder Verschieben von Karten in der Reihe und das Erhalten von Einflusspunkten, es ist nicht nötig, sie hier ausführlich zu beschreiben, sie sind auf den Karten selbst eindeutig und unmissverständlich genannt.

Diese Karteneffekte und damit die Wechselwirkungen mit anderen Karten der Auslage sind natürlich das Herzstück und der Motor des Spiels, sie liefern sehr viel Interaktion, manchmal überraschende Effekte, weil man vergessen hat, welche dauerhafte Karte der liebe Mitspieler raffinierter weise mit einer oder sogar zwei anderen Karten abgedeckt und damit auch für späteren Einsatz geschützt hat - ja, Gedächtnis ist ein Faktor im Spiel, und natürlich auch der Zufall, der drei Karten aus dem Spiel nimmt. Gegen Ende erhebt sich dann noch die Frage - was haben die anderen wohl noch in der Hand? Schließlich wird ja eine Karte nicht gespielt, so dass von zehn Karten nur sechs im Spiel sind. Genau diese Mischung aus offener, verdeckter und fehlender Information macht das Spiel so reizvoll. Und genau deshalb kann es, obwohl es in Frankreich in der Kategorie „Spiele für alle - Familienspiel“ gewonnen hat, nicht so wirklich als simples Familienspiel durchgehen, dazu sind die Kartenauswirkungen zu vielschichtig.

Auch ein gewisser Neulings Nachteil ist gegeben, trotz Kartenbeschreibung wird jemand, der das Spiel schon öfter gespielt hat, einen gewissen Vorteil haben. Auch der Umgang mit den Einflusspunkten ist ein entscheidender Faktor, schließlich will man mit den meisten davon nach sechs Runden gewinnen. Oriflamme macht Spaß, man kann gut bluffen und durchaus auch Überraschungsangriffe planen, Risiken einzugehen kann sich absolut lohnen. Das Material selbst ist attraktiv, dem Thema angepasst eher düster gehalten, die Farben der Decks sind gut zu unterscheiden und die Decks sind zusätzlich noch mit verschiedenen Rückseitensymbolen - alles heraldische Tiere - markiert. 

Alles in allem ein verdienter Preisträger und ein gelungenes Debut für einen neuen Verlag, von dem man sicher noch einiges erwarten darf.

 

Dagmar de Cassan

 

Spieler: 3-5

Alter: 10+

Dauer: 20+

Autor: Adrien & Axel Hesling

Gestaltung: Tomasz Jedruszek

Preis: ca. 13 Euro

Verlag: Pegasus Spiele 2019

Web: www.pegasus.de

Genre: Kartenspiel

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: de

Regeln: de en es fr it

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Schnell zu spielen

Viel Interaktion

Einfache, schnell erlernte Regeln

Großer Glücksfaktor

Kartengedächtnis ist hilfreich

 

Vergleichbar:

Spiele mit Abwickeln von Kartenauslagen durch Nutzen von Karteneffekten

 

Andere Ausgaben:

Studio H (en fr), MS Editioni (it), Gen-X (es)

 

Meine Einschätzung: 6

 

Dagmar de Cassan

Ein einfaches Spiel, ein raffiniertes Spiel, trotz des hohen Glücksfaktors zu Beginn taktisch und durchaus auch strategisch, wenn auch manchmal chaotisch. Absolut empfehlenswert

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 1

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 2

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 3

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0