unsere Rezension

 

Imperien wollen wachsen

 

IMPERIAL SETTLERS

 

Barbaren gegen Japaner

 

Die glückliche Familie mit glücklichem Hund spaziert aus dem Dorf und scheint uns Spieler auf ein weiteres Agricola-ähnliches Spiel einzustimmen, ein Spiel auf Basis von Säen, Ernten und Familienwachstum. Aber das ist der falsche Eindruck, denn Imperial Settlers macht uns zu den Anführern eines antiken Volkes – Römer, Barbaren, Ägypter oder Japaner  und verlangt, dass wir unser Reich so schnell wie möglich entwickeln und gleichzeitig die Nachbarn bedrängen und damit behindern und ihnen Ressourcen wegnehmen. Imperial Settlers ist in erster Linie ein Kartenspiel - Kombinationen für das Gewinnen wichtig sind, jede Nation hat ein spezielles Kartenset und damit einen unterschiedlichen Zugang zum Spiel.

 

Die Schachtel ist groß für das enthaltene Material: Vier Fraktionsdecks mit je 30 Karten, ein allgemeines Deck mit 84 Karten, ein Deck mit 16 Angriffs-Karten für eine Solitär-Partie, vier Völkertafeln, ein Wertungsplan, 120 Holzmarker für je 30 Holz, Nahrung, Stein und Arbeiter und eine Anzahl Karton-Marker für Goldmünzen, Schwerter, Schilde usw. Alles Material ist von guter Qualität und einfach zu nutzen, eine winzige Kritik bekommt das Holzmaterial, die Stücke sind ein bisschen zu klein für meine großen Finger.

 

SI VIS PACEM PARA BELLUM

 

Die alten Römer habend diesen Spruch besonders geliebt, “willst Du Frieden, sei bereit für Krieg” und sie haben nicht viel Diplomatie genutzt; war der Gegner nicht willens sich schnell zu unterwerfen, sind sie einfach in sein Land eingefallen, haben eine Stadt völlig zerstört und dann um ein neues diplomatischen Treffen gebeten, bei dem dann, natürlich die Bedingungen viel schlechter waren. Und das ist so ziemlich genau das was die Spieler in Imperial Settlers machen müssen; zuerst ihre Kräfte mit den passenden Ressourcen verstärken und dann ihre Gebiete ausweiten und dabei andere Nationen überfallen, und das alles mit Kartennutzung.

 

Zu Spielbeginn mischt jeder Spieler sein eigenes Deck aus 30 Karten und zieht zwei auf die Hand und dazu zwei Karten vom allgemeinen Deck. Im Verlauf des Spiels werden alle Karten in drei Reihen zu beiden Seiten der eigenen Völkertafel ausgelegt; rechts die allgemeinen Karten, links die Völkerkarten. Karten rechts können von anderen Spielern geplündert werden, die linke Seite ist sicher, außer für den Spieler Japans.

 

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Auf der Völkertafel ist auch die normale Grundproduktion der Nation angegeben: Eine Mischung aus Arbeitern, Schwertern, Nahrung, Stein, Holz und Münzen. Diese Grund-Ressourcen sind für jedes Volk verschieden, man kann nur eine Ressource in die nächste Runde mitnehmen und muss sonstiges nicht Genutztes abwerfen: Die Römer Schwerter, die Ägypter Geld, die Barbaren Arbeiter und die Japaner Nahrung. Die Tafeln haben drei verschiedene Reihen – die erste für Produktionskarten, allgemeine rechts und Völkerkarten links, die zweite für spezielle Karten und die dritte für Aktionskarten.

 

In den weiteren Runden gibt es mehr Ressourcen, wenn man Produktionskarten hinzufügt, Verträge abschließt oder Kombinationen anderer Karten nutzt. Man kann Ressourcen auch tauschen, zwei Arbeiter für eine Ressource. Normalerweise nutzt man Ressourcen um neue Karten zu spielen; jede Karte zeigt Kosten links oben in der Ecke und man muss diese Ressourcen abwerfen, um die Karte auf der Völkertafel auszulegen. Karten haben auch eine Illustration für ein Gebäude samt Namen, eine von acht Farben von schwarz bis Gold und eine von drei Wirkungen – Produktion, Spezial und Aktion – für die man sie nach Auslegen nutzt. Ganz unten zeigt die Karte ein Symbol für die Ressource, die aktiviert wird, wenn die Karte als Vertrag genutzt wird, siehe später.

 

Das Spiel geht über fünf Runden und jede Runde besteht aus vier Phasen:

- Erkunden mit Kartenphase

- Produktion in der Ertragsphase

- Aktionsphase

- Rundenende mit Aufräumphase

 

In der Karten- und Erkundungsphase werden Karten gleich der Spieleranzahl vom allgemeinen Deck aufgedeckt: Dann wählt jeder reihum, beginnend mit dem Startspieler, eine Karte und nimmt sie auf die Hand. Darauf folgt ein zweiter solcher Durchgang, es entsprechend viele Karten aufgedeckt und in umgekehrter Spielerreihenfolge ausgewählt. Dann zieht jeder die oberste Karte seines Völkerdecks. Diese Phase ist wichtig, nicht nur weil man drei neue Karten bekommt, sondern weil man danach den Zug planen muss, aufgrund vorhandener Handkarten und dessen was man neu bekommt. Manchmal wird man nicht die passenden Karten bekommen – bei Karten ist, wie man weiß, immer Glück im Spiel – und man muss daher bei seiner Taktik sehr flexibel sein. Sollte sich die Hand als nicht sehr flexibel erweisen, sollte man nicht alle verfügbaren Karten spielen, sondern mindestens eine aufheben. Bekommt man nächste Runde gute karten, kann man sie mit diesen spielen, wenn nicht, hat man wenigstens eine brauchbare Karte auf der Hand.  Und sogar wenn man enttäuschende Karten hat, braucht man nicht entmutigt sein, es gibt immer ein paar Tricks um die Hand mit speziellen Aktionen aufzufüllen und auch die schlechten Karten können später noch sehr nützlich werden.

 

In der Produktionsphase bekommt jeder Spieler aus dem Vorrat die Grund-Ressourcen seines Volkes, das sind die auf der Tafel aufgedruckten Ressourcen, und dazu alle Ressourcen aus den in vorigen Runden gespielten Produktionskarten. Hat man schon Verträge unter der Tafel ausliegen, bekommt man auch diese Ressourcen.

 

Die Aktionsphase ist das Herzstück des Spiels und wird in aufeinander folgenden Zügen gespielt, bis alle Spieler passen. Reihum wählt jeder eine Aktion pro Runde.

a – Einen Ort bauen: Man legt eine Karte aus der Hand an eine Seite seiner Völkertafel und bezahlt die Kosten mit verfügbaren Ressourcen, wobei Gold ein Joker ist und anstelle einer oder mehrerer Ressourcen nach Wahl des Spielers genutzt werden kann. Jeder Ort gehört zu einer von drei Kategorie: Produktion, Spezial oder Aktion und muss in die entsprechende Reihe gespielt werden, rechts vom Brett für allgemeine Karten oder links für Völkerkarten. Um einen Ort zu bauen muss man also einen anderen Ort abwerfen, egal ob “geplündert” oder nicht. Manche Karten bringen auch einen Sofort-Bonus, wenn sie gebaut werden.

b – Einen Vertrag abschließen: Man nimmt dazu eine Völkerkarte aus der Hand, bezahlt eine Nahrung legt die Karte verdeckt unter seine Völkertafel. Die Karte zeigt nun nur die Ressource am unteren ende, die nun eine zusätzliche Grund-Ressource darstellt. Man bekommt auch sofort eine Ressource dieser Art.

c – Plündern, durch Angriff auf einen allgemeinen Ort eines Gegners. Man wirft zwei Schwertmarker ab, nimmt die Ressourcen der Karte aus der Bank und dreht die geplünderte Karte um. Eine angegriffene Karte mit Schild als Verteidigungsmarker erfordert drei Schwerter zum Plündern. Das ist schwierig für alle Völker bis auf die Römer. Der geplünderte Spieler bekommt ein Holz als Entschädigung. Man kann auch eine eigene Karte plündern, das kostet nur ein Schwert. Man wirft die Karte aus der Hand ab und nimmt alle darauf abgebildeten Ressourcen.

d – Einen Ort verwenden: Dazu bezahlt der Spieler die erforderliche Menge Arbeiter oder Ressourcen und bekommt dafür einen Vorteil – Siegpunkte, zusätzliche Ressourcen oder Karten, usw. Meist hängt die Menge an Bonus oder Siegpunkten von der Anzahl schon auf die Völkertafel gespielter Karten einer bestimmten Farbe ab.

e  - Ressourcen mit Arbeitern erwerben: Man kann zwei Arbeiter abwerfen um eine Ressource oder eine Karte zu bekommen, entweder von allgemeinen oder vom Völkerdeck.

 

Haben alle Spieler gepasst, beginnt die Rundenende-Phase und alle nicht genutzten Ressourcen werden abgeworfen, mit Ausnahme der für jedes Volk erlaubten Vorratsressource. Dann bekommt jeder einen neuen Satz Grund-ressourcen und der Startspieler-Marker geht im Uhrzeigersinn an den nächsten Spieler.

 

Nach der fünften Runde ist das Spiel zu ende und jeder addiert einen Siegpunkt für jede nicht geplünderte allgemeine Karte auf der rechten Seite der Völkertafel und zwei SP für jede Völkerkarte, die auf den linken Seite ausliegt, zu den im Spiel gesammelten Siegpunkten, und es gewinnt der Spieler mit den meisten SP.

 

MEMENTO AUDERE SEMPER

 

Also! Genaugenommen ist Imperial Settlers ein Spiel, das aggressive Taktiken erfordert und nicht viel Zeit zum Planen langfristigen Strategien: Pech beim Karten ziehen und feindliche Plünderungen können die Pläne zerstören und wenn man keine Alternativen hat, verliert man. Imperial Settlers ist ein asymmetrisches Spiel, da alle Völker zu Beginn verschiedene Taktiken haben, aufgrund der Ressourcen die sie zu Beginn bekommen und aufgrund derjenigen, die sie bevorraten dürfen.

  

Das allererste Spiel wird normalerweise genutzt, um die Mechanismen und die möglichen Kombinationen zu verstehen, zum Beispiel “Eine Münze für jede gelbe Karte auf der Völkertafel”; oder “Gib eine Ressource X für Y Siegpunkte aus”, diese Kare kann man zweimal pro Runde nutzen; oder “1 SP für jede Plünderung”, usw.

 

Kommentare nach einem ersten Spiel sind spannend, da jeder Verlierer denkt, das siegreiche Volk sei das stärkste, aus vielen Gründen. Nach mehr als einem Dutzend Spiele muss ich sagen, dass ich noch kein „spiel-zerstörendes“ Volk gefunden habe. Es ist nur eine Frage, jedes Volk auf seine Art zu nutzen, entsprechend seiner Stärken; daher ist die Lernkurve ein bisschen steiler als in anderen Kartenspielen und man muss jedes Volk mindestens zwei bis drei Mal spielen, um es zu beherrschen.

 

Die Römer können Schwerter in die nächste Runde mitnehmen, daher sollten sie versuchen, schnell Produktionskarten für Schwerter zu bekommen, als permanente Bedrohung anderer. Im Mittel- und Endspiel können sie diese dann für Plünderungen nutzen, extra Ressourcen bekommen und den Gegnern so Siegpunkte wegnehmen.

 

Die Ägypter horten Münzen und daher brauchen sie zu Beginn Verträge mit Geld um einen guten Vorrat als Joker für nötige Ressourcen oder für Siegpunkte von speziellen Karten zu haben.

 

Barbaren verfügen immer über eine Menge Arbeiter in jeder Runde und können sie auch aufheben, daher nutzen sie Arbeiter um weitere Ressourcen und Karten zu bekommen.

 

Japaner sind ein wenig verschieden von den anderen Nationen, da auch ihre Völkerkarten geplündert werden können; diese müssen durch Samurais, das sind Arbeiter auf den Karten, geschützt werden. Andererseits haben sie einige interessante Sonderkarten als Ausgleich für dieses Problem. Sie können auch Nahrung in die nächste Runde mitnehmen, daher können sie leichter strategische Verträge erwerben.

 

Interaktion zwischen den Spielern ist nicht permanent, aber wichtig. Zu Beginn jeder Runde werden Karten gewählt und ein Spieler kann absichtlich eine Karte nehmen, die für einen anderen sehr wichtig wäre. Karten zu plündern ist auch eine dauernde Bedrohung, man hat ein Schild pro Runde um einen seiner allgemeinen Orte zu schützen, alle anderen Karten haben das Risiko, zerstört zu werden.

 

Am Ende möchte ich noch die Solitär-Option erwähnen: Ja man kann das Spiel allein spielen, ein Volk aussuchen und versuchen, mehr Ortskarten als ein virtueller Gegner zu haben. Sonderregeln erlauben dem virtuellen Gegner, mit einem Deck von 16 Sonderkarten anzugreifen.

 

Alle Illustrationen auf Karten und in der Regel sind sehr ansprechend, im Cartoon Stil und waren der eigentliche Grund, warum ich einem ersten Spiel zugestimmt habe. Danach war ich begeistert und habe jedes Volk drei oder vier Mal gespielt um zu sehen, welches das beste ist – aber ich habe keine definitive Antwort gefunden.

 

Trotz der Cartoon Zeichnungen ist das kein Familienspiel, kein Spiel für Kinder oder Anfänger. I empfehle es für Vielspieler and bin sicher, dass auch Experten das Spiel interessant finden und öfters spielen werden.

 

Noch zur Information: Es gibt schon ein Erweiterungsdeck namens „Nachbarschaftshilfe“, mit zehn neuen Völkerkarten für jedes Volk, 13 neuen allgemeinen Karten und zwei zusätzlichen Angriffskarten für das Solitärspiel. Die Regeln bringen eine Art Kooperation zwischen Spielern über offene Produktions-Aktionen, und es gibt neue Karten mit Spezialeffekten für jene, die mit den Original-Kombinationen nicht genug hatten. Wenn Sie sich mehr Abwechslung wünschen, vor allem nach acht oder zehn Grundspielen, werden Sie die Erweiterung mögen.

Während ich das schreibe, höre ich, dass eine neue Erweiterung mit einem neuen Volk gibt, den “Atlantern”, aber ich kenne sie noch nicht und kann nichts dazu sagen.

 

Pietro Cremona

 

Spieler: 1-4

Alter: 12+

Dauer: 90+

Autor: Ignacy Trzewiczek

Grafiker: Tomasz Jedruszek, Jaroslaw Marcinek, Mateusz Bielski, Rafal Szyma

Preis: ca. 35 Euro

Verlag: Pegasus Spiele 2015

Web: www.pegasus.de

Genre: Karten, Ressourcenmanagement

Zielgruppe: Mit Freunden

Spezial: 1 Spieler

Version: de

Regeln: cz de en fr it nl pl

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Spielzeit hängt von Anzahl und Erfahrung der Spieler

Gutes Material

Braucht flexible Taktik anstelle langfristiger Strategien

Kein Familienspiel

 

Vergleichbar:

Civilization für die Grundidee, asymmetrische Kartenspiele

 

Andere Ausgaben:

Edge Entertainment, Pendragon Game Studio, Portal Games, REXhry, White Goblin Games, weitere sind angekündigt

 

Meine Einschätzung: 5

 

Pietro Cremona:
Ein gelungenes Spiel, um die Ausbreitung eines Imperiums und Plünderung der Gegner zu erleben, mit einem attraktiven Zufallselement und Bedarf an flexibler Taktik.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 1

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 1

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0