UNSERE REZENSION

 

Nach einem Normannenangriff

 

TOURNAY

 

Wiederaufbau einer Stadt

 

Es ist erstaunlich, wie viele Spiele nach realen Städten benannt werden: Nach Carcassonne hatten wir Caylus, Strasbourg, Troyes und nun auch Tournai, eine belgische Stadt am Fluss Escaut, im 3. Jahrhundert gegründet als römisches Castrum (Tornacum) und dann Besitz der Franken; 881 durch einen Normannenangriff zerstört, kam Tournai im 12. Jahrhundert unter französische Herrschaft, dann unter flandrische, dann wechselte es  zu Frankreich, Österreich und wieder Frankreich, bis zu Belgien kam, nahe der französischen Grenze.

 

Das Spiel TOURNAY beginnt direkt nach dem Normannenangriff 881 und verlangt von den Spielern, die Stadt neu aufzubauen; Spieler, die TROYES (das erste Spiel von Pearl Games) mochten, werden auch Tournay mögen. Die beiden Spiele haben Grafik mit gutem, mittelalterlichem Flair, einige Konzepte der Personalnutzung (z.B. Bezahlen für das Nutzen gegnerischer Einwohner, Farben usw. gemeinsam. Aber denken Sie nicht, dass sie einen Klon von Troyes haben – die Spiele sind ganz verschieden.

 

Tournay ist im Grunde ein Kartenspiel, kombiniert mit Personaleinsatz, um Karten zu kaufen oder zu aktivieren.

 

Öffnet man die hübsche Schachtel von Tournay, findet man darin ein kleines doppelseitiges Mini-Brett, mit dem Zentrum der Stadt auf der Vorderseite und der Siegpunktleiste auf der Rückseite. Man legt es in die Tischmitte, als Kartenauslage und Standort für einige zusätzliche  Einwohner. Dazu kommen 90 Karten für das Grundspiel in drei Farben – rot für Militär, weiß für die Kirche und gelb für den Handel, wie in Troyes; weiters 18 Karten für die Erweiterung, 33  Einwohner in drei Farben, wieder rot, weiß und gelb, aber jede Farbe hat auch eine andere Form, ein nettes Detail, und noch 4 Wertungsmarker für die Siegpunkte bei Spielende, 15 Ereigniskarten, 20 runde Marker mit grauen  Einwohnern oder Gebäudeschäden, 6 Spielhilfen in Deutsch, Englisch und Französisch entsprechend den Spielregeln und eine Hand voll Deniers im Wert 1, 5 oder 10.

 

Jeder Spieler nimmt sich eine Plaza Karte als Standort für verfügbare  Einwohner, 2  Einwohner pro Farbe, einen Wertungsmarker und 6 Deniers.

 

Dann werden die 90 Aktionskarten nach Farbe und Stufe (I, II und III) sortiert und verdeckt in neun kleinen Decks in einem 3x3 Raster unterhalb des Plan ausgelegt; man nimmt Karten aus dieser Auslage und legt sie in sein eigenes 3x3 Raster.

 

Karten gehören zu einer der folgenden Kategorien: Gebäude (in Stufe I und II), Personen (Level I und II) und Prestige Gebäude (Nur in Level III). Eine kleine Markierung hilft beim Zuordnen jeder Karte zu einer Kategorie. Jedes Deck hat auch eine Karte Stadtherold mit einer Spezialfunktion, zu der wir später kommen.

 

 

Einige Icons sind auf den Karten aufgedruckt: In der oberen linken Ecke sind es die Baukosten (in Deniers) und eventuelle Siegpunkte dafür bei Spielende. Unten auf der Karte stehen andere Icons die die Verwendung oder Eigenschaft der Karte erklären. Spielt man zum ersten Mal wird man einige Probleme damit haben, diese Icons zu verstehen und wird immer wieder die Spielhilfetabellen zu Rate ziehen, aber nach ein paar Spielen wird es einfacher.

 

In seinem Zug kann man zwei Dinge tun:

 

– Eine Karte aus der Hand spielen (optional): Man zahlt de Preis in Denier in der linken oberen Ecke der Karte und legt die Karte in sein Raster. Einige Prestige Gebäude können zusätzlichen Einsatz verlangen, zum Beispiel einen  Einwohner opfern oder noch eine Karte abwerfen. Man kann eine Karte auf eine schon vorhandene spielen; haben die Karte die gleiche Farbe, bleibt die ältere liegen – sie kann nicht mehr aktiviert werde, bringt am Ende aber Siegpunkte -, ansonsten wird die ältere unter ihren Stapel zurückgelegt. Eine einmal gelegte Karte kann nicht mehr bewegt werden.

- EINE Aktion umsetzen (Pflicht), man kann die  Einwohner nach Belieben einsetzen oder 2 Denier pro gegnerischem  Einwohner bezahlen und ihn nutzen.

 

Mit  Einwohnern kann man eine der folgenden Aktionen ausführen:

 

– Eine Karte ziehen: Man setzt  Einwohner entsprechend Level und Farbe der gewünschten Karte ein; so legt man für eine rote Level II Karte zwei rote  Einwohner hin. Benutzt man  Einwohner der Gegner, bezahlt man dafür und legt sie nahe der Plaza ihrer Besitzer hin. Danach nimmt man die beiden obersten Karten vom Stapel, schaut sie an, behält eine und legt die andere offen auf das Deck. Sollte dort vor der Aktion schon eine offene Karte liegen, kann man entweder diese direkt nehmen sie unter den Stapel legen und die beiden obersten nehmen. Ist eine der Karten ein Stadtherold, zeigt man ihn, legt ihn unter den Stapel und nimmt eine neue Karte. Das Spiel wird zur Ausführung der Ereignisse unterbrochen. (Siehe später).

–  Eine eigene Karte aktivieren: Man stellt einen eigenen  Einwohner in das eigene Raster auf eine der unbesetzten Karten derselben Farbe und führt den Effekt der Karte aus. Will man einen gegnerischen  Einwohner nutzen, legt man ihn nahe seiner Plaza in und legt einen runden Marker mit grauem  Einwohner auf die Karte, um zu markieren, dass die Karte schon verwendet wurde.

– Ein Ereignis bekämpfen: Dies ist auf zwei Arten möglich - siehe Icons auf den Ereigniskarten -, entweder mit Einsatz von 2  Einwohnern derselben Farbe oder einem  Einwohner und einem Denier. Die  Einwohner werden nahe ihrer Plaza hingelegt und das Geld geht an die Bank. Der Event muss mindestens ein Denier haben um bekämpft zu werden. Man behält die Karte auf der Hand, sie ist von nun an eine Mauer, und ersetzt sie mit einer anderen Karte vom Ereigniskarten-Deck.

– Deniers einnehmen: Man nutzt einen oder mehrere eigene  Einwohner gleicher Farbe, legt sie neben die Plaza und nimmt 2 Deniers pro  Einwohner aus der Bank.

–  Einwohner zurücknehmen: Alle  Einwohner von Karten und neben der Plaza werden auf die Plaza stehend zurückgestellt und graue Marker für  Einwohner oder Schaden werden von eigenen Karten entfernt.

 

Ereignisse werden von den Stadtherolden ausgelöst: Tauchen sie auf, wird das Spiel unterbrochen und ein Denier wird auf jede Ereigniskarte gelegt (so noch Kreise darauf frei sind. Dann werden die Spieler für jeden Denier auf der Karte einmal vom Ereignis betroffen und müssen die Auswirkungen umsetzen ( Einwohner umlegen, Geld abgeben, Schadensmarker auf die Karte legen etc.) bzw. einen Bonus von 3 Denier kassieren, falls man die meisten Karten und  Einwohner der angeführten Farbe hat. Mit einer Mauerkarte aus der Hand kann man sich gegen ein Ereignis verteidigen. Jede benutzte Mauerkarte bringt einen Siegpunkt.

 

Das Spiel kann auf zwei Arten enden:

–  Haben zwei Spieler ihr Raster komplettiert (9 Karten liegen aus) und es sind mindestens zwei Prestige Gebäude (PBs) dabei

– Ein Spieler hat sein Raster fertig und mindestens ein Stadtherold mehr als es Mitspieler gibt ist aufgetaucht.

 

Zuerst zählt man die Bonus-Siegpunkte aus den Prestige Gebäuden; es gibt zwei Zahlen auf jedem PB; die erste bezieht sich auf den Besitzer der Karte und die zweite auf alle anderen Spieler – so gibt das Gelbe Rathaus dem Besitzer zwei Siegpunkte pro gelbem  Einwohner und den anderen Spielern einen Siegpunkt pro gelbem  Einwohner.

 

Dann addiert man die VP auf allen Karten des eigenen Rasters und dazu einen VP für jede Mauer, die man benutzt hat (nicht für jene, die man noch auf der Hand hat).

 

Und es gewinnt natürlich der Spieler mit den meisten Punkten.

 

Tournay ist ein einfaches Spiel, wenn man den Mechanismus betrachtet, aber das eigentliche Problem ist, sich mit den Auswirkungen aller Karten vertraut zu machen. Dazu braucht man mindestens drei bis vier Partien; danach hat man eine bessere Vorstellung von der Strategie, die man umsetzen sollte, auf Basis der ersten Karten, die man vom Deck zieht. Zu Beginn würde ich Level I Karten vorschlagen, die Geld bringen – den gelben Steinbruch oder das weiße Krankenhaus, z.B., denn sie sind billig zu erwerben und man muss sich eine Reserve zulegen um Karten der Stufe II und III zu spielen, die 3 bzw. 5 Denier kosten. Denken sie auch daran, dass Personen-Boni nur aktiviert werden, wenn man ein Gebäude in die entsprechende Reihe oder Spalte legt oder dort aktiviert. Findet man also eine gute Person wie den Reisenden, Priester, Rechtsanwalt, etc. sollte man ihn in eine gute Position im Raster legen um ihn oft nutzen zu können.

 

Hat man ein paar brauchbare Personen und zwei bis drei Gebäude sollte man versuchen, ein Stufe III Prestige Gebäude zu bekommen, da dessen Bonus die endgültige Strategie entscheiden kann. Findet man zum Beispiel den weißen „St. Brice“ weiß man dass man so viele Karten verschiedener Farbe wie möglich sammeln soll, denn er bringt vier VP für jede Gruppe von 3 Karten verschiedener Farbe. Hat man die Rote „Brücke von Trous“ muss man Karten sammeln die den Kauf weiterer Einwohner ermöglichen (am besten die Weiße Level II Abtei karte die den Kauf von Einwohnern jeder Farbe erlaubt, wenn sie aktiviert ist), da man 3 VP für jede Gruppe von 3 Arbeitern verschiedener Farbe bekommt.

 

Hat man einmal eine Idee zur Strategie, muss man die nötigen Karten in den richtigen Decks suchen, daher sollte man keine Zeit auf Decks verschwenden, die nicht hergeben, was man braucht.

 

Natürlich kann man umso mehr VP am Ende sammeln desto mehr PB man hat, aber jedes PB muss ins Raster gelegt werden und nimmt einer anderen Karte den Platz weg, daher denke ich, dass zwei PB genug sind, um eine gute Gewinnstrategie zu ergeben.

 

Man sollte nicht vergessen, dass eine Karte über eine schon vorhandene gelegt werden kann, ein Fehler, den man im ersten Spiel oft macht. Das ist besonders wirksam wenn man eine Karte, die zu Beginn sehr nützlich ist, wie das gelbe Level I Bauernhaus, das 1 Denier für jeden freien Platz im Raster bringt und später wenig nutzt, ersetzen kann. Man sollte versuchen, Karten derselben Farbe zu ersetzen, da diese bleiben und am Ende Siegpunkte bringen, in unserem Beispiel wäre die Level II Mautstelle über dem Bauernhaus gut, da es 1 Denier für jeden besetzten Platz im Raster bringt.

 

Tournay ist also kein Spiel für einen Gelegenheitsspieler oder für Familien, da man es einige Male Spielen muss um nur die Kartenverwendung kennenzulernen, aber es ist ein gutes Spiel und wenn man sich die Zeit nimmt, es ausführlich zu probieren, wird man es immer wieder zur Hand nehmen.

 

Pietro Cremona

 

Spieler: 2-4

Alter: 12+

Dauer: 60+

Autor: Sébastien Dujardin, Xavier Georges, Alain Orban

Grafik: Alexandre Roche

Preis: ca. 25 Euro

Verlag: Pearl Games 2011

Web: www.pearlgames.be

Genre: Kartenmanagement und Worker Placement

Zielgruppe: Für Experten

Version: multi

Regeln: de en fr

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Nicht sofort zugänglich, braucht mehrere Partien zum Kennenlernen

Sehr gelungene Umsetzung des Worker Placement Prinzips

Mehrere Gewinnstrategien möglich

 

Vergleichbar:

Alle Worker Placement Spiele mit Kartenaktivierung

 

Andere Ausgaben:

Derzeit keine

 

Meine Einschätzung: 6

 

Pietro Cremona:

Tournay bietet ein gelungenes und fesselndes Spiel, wenn man sich die Zeit für drei oder vier Kennenlernpartien nimmt

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 2

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0