FleiSSige und lahme Lama-züchteR

 

Die Prinzen von Machu Picchu

 

Das Rondell neu erfunden

 

Nobody expects the Spanish Inquisition

Über diese Pointe aus einem Monty Python-Sketch können die Inkas in dem neuen Spiel von Mac Gerdts nicht lachen. Die Spanier kommen nämlich nach sieben Tagen (= Runden) dann, wenn die Inkas nicht fleißig genug arbeiten und ausreichend Opfer bringen. Die Prinzen von Machu Picchu reiht sich in das „Arbeiter einsetzen, um damit Sachen zu produzieren, mit denen etwas gekauft wird“-Genre ein. Hier wird aber nicht gekauft, sondern geopfert! Spieltechnisch macht das zwar keinen Unterschied, das andere Vokabular trägt jedoch sehr stimmig zu der archaischen Exotik bei, die dieses Spiel vermittelt.

Der Schöpfer des Rondells (in Antike, Imperial und Hamburgum) legt somit in vier Jahren bereits sein viertes „großes“ Spiel vor. Diesmal gibt es aber kein Rondell (im engeren Sinn): stattdessen fährt man mit seiner Hauptspielfigur in den 15 Vierteln der Inka-Stadt herum, und löst dort jeweils eine Aktion aus. Benachbarte Stadtviertel können nach eigenem Belieben kreuz und quer betreten werden, will man eine weiter entfernte Aktion nützen, kostet das jeweils ein Lama (das arme Tier wird offenbar zu Tode geritten).     

Das Nutzen der Aktionen bzw. Aktivieren der Stadtviertel ist sehr interaktiv gestaltet: Z.B. produziere ich auf den Mais-Terrassen Mais, wenn ich meine Hauptspielfigur dorthin stelle. Zunächst erhalte ich gratis einen Bonus (ein bis maximal zwei Maisplättchen), danach für jeden meiner dort tätigen Bauern weiteren Mais. Im Anschluss liefern nun auch die Maisbauern der Mitspieler einen Ertrag. Analoges gilt auch für die vier anderen Produktionsfelder: für jedes Lama, Coca, Keramik bzw. Tuch muss außerdem aber mit je einem Mais bezahlt werden (damit wird wohl der Bauer/Arbeiter gefüttert). Merke: Ohne Fleiß und Mais kein Preis!

Diese Interaktion eröffnet schöne fiese Möglichkeiten: Vermute ich etwa, dass ein Mitspieler einen weiteren Lamahirten einsetzen will, nutze ich vorher noch schnell die Lamawiese, damit sich der andere ärgert (die Aktionen der Produktionsviertel können pro Tag/Runde nämlich nur einmal aktiviert werden).

 

Unser Markt in Havanna

Inmitten der Stadt liegt der Markt für den Ein- und Verkauf – dessen Mechanismus ist nahezu ident mit jenem aus Cuba (dennoch findet dieser Umstand keine Erwähnung bei den Danksagungen). Wesentlicher für den Spielablauf ist jedenfalls das Opfern. Zunächst heuert man auf den jeweiligen Stadtvierteln einen Priester oder eine Jungfrau an (keine Angst, nicht die Jungfrau wird geopfert, stattdessen muss wieder ein Lama dran glauben). Diese werden – wie in anderen Entwicklungsspielen häufig Gebäude – mit einer vorgegebenen Warenkombination bezahlt. Nütze ich (oder auch ein Mitspieler) später die Aktion des entsprechenden Tempels, darf ich für ein Opfertier meine Läufer-Figur auf dem Inkapfad (neben der Stadt) weiter bewegen. Ist mein Läufer dort am letzten Feld angelangt, muss er (wie der Hamster im Laufrad) zwar wieder von vorne beginnen, ich erhalte dafür aber eine Opferkarte – und nur diese bringt am Ende Siegpunkte!

Die Abrechnung der Siegpunkte ist bei der ersten Partie etwas verwirrend. Jede Opferkarte weist zwei Symbole auf, bspw. für Mais und Lama. Jeder Maisbauer und jeder Lamahirte sind somit je einen Punkt wert; es ist also sinnvoll, im weiteren Spielverlauf in diesen Stadtvierteln noch mehr Inkas einzusetzen bzw. weitere Opferkarten mit Mais oder Lama zu sammeln.   

 

Ein Quantum Glück

Zwar liegen fast alle Informationen offen auf dem Tisch, dennoch ist auch für notorische Grübler „zu-Tode-Tüfteln“ ausgeschlossen. Zum einen kann man beim Vorplanen des eigenen Warenbedarfs ja nie sicher sein, welche Aktionen man selber aktivieren und welche man nur passiv mitnutzen darf. Und die Opferkarten der Mitspieler sind geheim! Das eigene Kartennachziehen birgt ebenfalls eine gewisse Unsicherheit, dennoch ist es nicht willkürlich. Von jeweils drei gezogenen werden nämlich zwei Karten zurückgelegt, wobei es sich dabei auch um früher erworbene handeln kann – die eigene Strategie kann also den Karten bzw. die Karten dem eigenen Status angepasst werden.

Wie bereits angedeutet gibt es außerdem eine alternative Siegbedingung, wodurch eine Partie noch spannender wird. Werden die Inkas nicht ordentlich beschäftigt, sei es aufgrund fauler Politik oder aus Kalkül der Spieler, kommen die Spanier und rauben Gold. Als dritte Information ist hiezu auf den Opferkarten ein Goldwert angegeben. Die Siegpunkte werden auch in diesem Fall zunächst gleich berechnet, beim Spieler mit dem meisten Gold jedoch verdreifacht. Nur auf Gold zu spielen reicht also nicht, irgendwelche Siegpunkte muss man auch bei dieser Taktik ergattern.

 

Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht

Diese Schlussworte von Sarastro (aus Mozarts Zauberflöte) beschreiben auch gut den äußerst eleganten Mechanismus, mit dem die Dauer jeder Runde geregelt ist. Theoretisch könnten die Hauptspielfiguren ja nahezu endlos in der Stadt herumgezogen werden, da sechs der 15 möglichen Aktionen beliebig oft nutzbar sind. Wenn einem das aber wenig attraktiv erscheint (etwa weil sich der persönliche Warenvorrat erschöpft) kann man auch passen und die Figur stehen lassen – dafür erhält man eine Mondscheibe (von sieben verschiedenen; Sieben, die magische Zahl! Übrigens genau so viele wie in dem auf der Himmelsscheibe von Nebra abgebildeten Sternhaufen).

Derjenige, der die dritte Mondscheibe nimmt, wird Startspieler der nächsten Runde und alle anderen kommen in der laufenden Runde nur noch einmal dran. Auf diese Weise können die Spieler die Rundendauer selbst beeinflussen. Spekuliert etwa jemand mit dem Eintreffen der Spanier, wird er sich dreimal hintereinander eine Mondscheibe nehmen und derart die Mitspieler unter Druck setzen. Zwischen den einzelnen Runden/Tagen, also in der Nacht, wird der Spielplan neu befüllt und für jede Mondscheibe gibt es eine Belohnung.    

Zu loben sind auch die schönen Holzspielsteine – lediglich die Inka-Bauern/Arbeiter könnten auch der „Scheibenwelt“ von Agricola entstammen. Der Spielplan ist besser gelungen als in Hamburgum (ein anderer Grafiker war tätig), etwas unübersichtlich sind jedoch die Nachbarschaftsverhältnisse der Stadtviertel (eines ist außerdem zu klein geraten). Vor der ersten Partie sollte man sich den Plan jedenfalls genauer ansehen.

Das Regelwerk ist erfreulich schlank gehalten; die Komplexität von Die Prinzen von Machu Picchu ist höher als etwa bei Stone Age, vergleichbar eher mit Cuba (aber ohne dessen viele Regeldetails). Und wie auch in den früheren Spielen von Mac Gerdts gibt es wieder einen Almanach mit Hintergrundinformationen, durch dessen Lektüre sich das Spielerlebnis intensivieren lässt.

Zusammengefasst sollten auch Spieler, denen die drei Rondell-Spiele als zu „mechanisch und trocken“ erscheinen, hier ihre Freude haben. Zwar ist ein Rondell in gewisser, unsichtbarer Weise involviert, es kommen jedoch nur dessen Vorzüge (schnelle, dynamische Spielweise durch kurze Züge bzw. Aktionen) zur Geltung; außerdem gibt es eine sehr hohe Interaktion. 

Harald Schatzl

 

Harald Schatzl:

In der Inka-Stadt gibt es eine Mischung aus teilweise bekannten Spielelementen und aus neuen Ideen zu entdecken, die zusammen flotte und spannende Partien gewährleisten. Gelegenheitsspieler werden zum Verständnis dieses „heiligen Highlights“ eine Probepartie benötigen.

 

Spieler: 2-5

Alter: 12+

Dauer: 90-120

 

Autor: Mac Gerdts

Grafik: Oliver Graute

Vertrieb: Heidelberger

Preis: ca. 35,00 Euro

Verlag: PD-Verlag

www.pd-verlag.de

 

Aufbau- und Entwicklungsspiel

Für Jugendliche/Erwachsene

Auf dem Spielplan herumziehen, Aktionen nutzen

 

Zufall               1

Wissen             0

Planung            5 (von 7)

Kreativität         0

Kommunikation 5 (von 7)

Geschicklichkeit 0

Action               0

 

Atmosphäre       6 (von 7)

 

Kommentar

sehr stimmiges Ineinandergreifen von Thema und Mechanismen

Schöne Holzspielsteine für die Waren

Spielplan nicht optimal

Gute, nicht zu lange Anleitung

Sehr gute Kurzspielregeln

 

Vergleichbar:

Hamburgum

Stone Age

Caylus

Agricola in der Familienversion (ohne Karten)