X-Men meet Spiderman

 

Marvel Heroes

 

Aus großer Macht folgt große Verantwortung

 

Wie soll ein Comic-Heft sein? Lustig, bunt und spannend! Bunt ist „Marvel Heroes – Das strategische Brettspiel“, das auf den Abenteuern aus den Zeichenheftchen des US-amerikanischen Marvel Verlags fußt, in jedem Fall. Trotz der in den letzten Jahren überbordenden Verfilmungen haben die Superhelden aus jenem Verlag den Sprung über den Atlantik gerade mal eben so geschafft. Ihre große (und geringfügig ältere) Konkurrenz aus dem Hause DC (ursprünglich das Kürzel für Detective Comics) kann mit ihren beiden Hauptcharakteren Superman und Batman immer noch die zumindest in Europa berühmteren Figuren vorweisen. Helden aus dem Marvel-Universum (die Eigenbezeichnung für die Gesamtheit dieser Typen und die – kurz gesagt – Parallelwelt, in der sie auftreten) sind meist an kleineren Makeln zu erkennen. Da gibt es unauffällige Burschen, die durch einen Heimtierunfall Superkräfte entwickeln, diese aber nie ganz unter Kontrolle bringen (Peter Parker / Spider-Man), nach Labortests psychisch und hormonell gestörte Existenzen (Dr. Bruce Banner / der unglaubliche Hulk), von Gesellschaft und Regierung argwöhnisch beobachtete Mutanten (diverse / X-Men), einen verwaisten Stuntman mit einem Teufelspakt (Johnny Blaze / Ghost-Rider), einen Kunststudenten, der nach streng geheimen militärischen Experimenten bereits mehrfach tot, eingefroren, oder bloß ein Klon seiner selbst war (Steve Rogers / Captain America), Untote mit Identitätsproblemen (Moonbeam / Dead Girl), oder einen Gott, an den niemand mehr glaubt, und der eines Tages in einem menschlichen Körper erwacht (Donald Blake / der mächtige Thor).

Meistens gelingt es diesen zerrütteten Gestalten dennoch, die Welt vor den nicht minder gestörten Superschurken zu retten, und wenn nicht, macht das auch nichts – wozu lebt man schließlich im Marvel-Multiversum?  Man schlüpft einfach in die nächste Dimension, kehrt den Mist unter den Teppich oder wahlweise in ein schwarzes Loch, und fährt fort mit seinen Heldentaten, als wäre nichts gewesen.

Auch im Spiel „Marvel Heroes“ des italienischen Herstellers Nexus wird öfter ein Neuanfang nötig, eine neue Welt wird allerdings nicht mitgeliefert, nur ein stilisierter Stadtplan von New York als Spielfeld. Daneben birgt die knallig-rote Schachtel eine Vielzahl von Spielkarten (Charakterkarten, Teamkarten, Aktionskarten – gegliedert in Schurken- und Ressourcenkarten, sowie Storykarten, Aufträge und zehn Szenarien) in drei Größen mit unterschiedlichen Funktionen, diverse Spielmarken aus Karton (Start- und Erzfeindmarke, Spiel- und Aktionsrundenmarke, Bedrohungsanzeiger, Handlungspunktmarken, Markierungen für Verwundungen, sowie für jede der vier Helden-Gruppen einen Satz Siegpunkt- und Kampfmarken), acht sechsseitige Würfel mit Treffer- oder Störungssymbolen, und nicht zu vergessen zwanzig exquisit gefertigte und bemalte Kunststofffiguren unserer Lieblingshelden und Lieblingsbösewichter aus der Nachbarschaft.

Zwei bis vier Spieler wählen jeweils eine aus vier Helden bestehende Gruppe (für Marvel-Comic-Kenner: die Avengers, die Fantastischen Vier [nein, nicht die Hip-Hopper aus Deutschland, die Originale], die Marvel Knights, die X-Men) und bekommen den Erzfeind ihrer rechten Sitznachbargruppe zugeteilt. Dann ermittelt man ein beliebiges Szenario (es gibt ein empfohlenes Einsteigerszenario ohne Sonderregeln für das erste Mal – und diesen Probelauf hat man bitter nötig, wie sich gezeigt hat), baut das Spielfeld auf, und alle ziehen jeweils zwei sicherheitshalber geheimzuhaltende Ressourcen- sowie Schurkenkarten auf die Hand. Wenn dann all die vielen Karten und Spielmarken möglichst übersichtlich (leicht gesagt, bei der schieren Menge) regelgemäß verteilt worden sind, kann es losgehen. Die Warnung gleich zu Beginn: eine große Spielfläche hilft, denn während auf dem Spielbrett relativ wenig Material zum Einsatz kommt, liegen vor jedem Spieler mindestens sechs größere, etliche kleinere Karten, sowie eine variable Zahl von Spielmarken aus.

Das Spielziel besteht laut Spielregeln darin, den Szenarioauftrag zu erfüllen. Dies kann ein Spieler allein schaffen oder mehrere Spieler erfüllen gleichzeitig die vorgegebenen Bedingungen (meist eine gewisse Punkteanzahl erreichen). Nebenbei kann man aber auch gewinnen, wenn der Bösewicht, den jeder Mitspieler und jede Mitspielerin verkörpert, seinen dreistufigen Superschurkenplan als erster erfüllt. Insgesamt wird erwartet, dass man sich als Teil eines Superheldenabenteuers fühlt.

Das Spiel läuft in maximal fünf Runden zu jeweils drei Phasen ab. In der Vorbereitungsphase (die eigentlich auch die Schlussphase jeder Runde sein könnte) werden Rundenmarkiersteine weitergezogen, neue Storykarten aufgedeckt, alte auf einen Ablagestapel gelegt, eventuell neue Auftragskarten freien Stadtvierteln zugeteilt, und gegebenenfalls geschaut, ob die Sonderregeln des Szenarios (meist erst ab der dritten Runde) erfüllt sind oder jemand nahe dran ist, diese zu erfüllen.

Das eigentliche Spielen und Taktieren beginnt mit der Planungsphase. Gleichzeitig schauen alle die ausgelegten (bis zu) sechs Aufträge an, vergleichen, welche geforderten Eigenschaften die eigene Heldentruppe aufweist, rechnen aus, was man eventuell erledigen könnte, kassieren Handlungspunkte (die man zum Bezahlen der Heldenaggregatzustände und mancher Sonderkarten benötigt), und versetzen so viele Helden wie gewünscht und bezahlbar aus dem (normalerweise kostenlosen) Ruhezustand (die Figur befindet sich in der Mitte der entsprechenden Charakterkarte) entweder in die Einsatz- (Figur ins linke Charakterkartendrittel) oder die Unterstützungsbereitschaft (Figur ins rechte Charakterkartendrittel). Nur einsatzbereite Helden können auch Heldentaten vollbringen, und jeder Held verfügt über je eigene Eigenschaften, um bestimmte Aufgaben auszuführen. Manche scheinen auf ewig dazu vergattert, stets die zweite Geige zu spielen. Jetzt können auch verwundete Helden geheilt werden (normalerweise ab der zweiten Spielrunde), was bedeutet, dass die Verwundungsspielmarke von ihrer Charakterkarte entfernt wird, sie aber in dieser Spielrunde pausieren müssen. Zuletzt dürfen noch – falls auf der Hand – passende Ressourcenkarten ausgespielt (und bezahlt) werden, die für diese (oder manchmal eine folgende) Runde einen Verbündeten oder besondere Aktionen liefern können.

Sodann folgt die Missionsphase, in der jede Spielerin und jeder Spieler reihum, beginnend mit einem (jede Runde wechselnden) Startspieler bis zu fünf Aktionen durchführen darf. Kontrolliert wird das von allen mittels des Aktionsrundenmarkierungssteines, der auf der entsprechenden Leiste verschoben wird. Als Aktionen stehen (hier in alphabetischer Reihung) sechs Möglichkeiten zur Verfügung: 1) das Anwenden einer Spezialfähigkeit eines Helden (die den Vermerk „Aktion“ auf der Charakterkarte trägt); 2) das Ausspielen einer Ressourcenkarte (die den Vermerk: „Aktion“ trägt); 3) die Bewegung eines Helden entweder von der Charakterkarte auf das Spielfeld oder auf dem Spielfeld von einem Stadtteil in einen anderen oder vom Brett zurück auf die Charakterkarte; 4) Erste Hilfe leisten, um wie in der Heilungsphase eine Verwundungsspielmarke von einer Heldencharakterkarte zu entfernen, nur, dass der Held in der nächsten Runde nicht aussetzen muss; 5) eine Geschichte-(Story-)Aktion ausführen, im Klartext entweder die Storykarten durcheinanderbringen, zum Beispiel um eine eigene Karte an die letzte Position zu bringen, oder die Storykarte auf der letzten Position, sofern sie dieselbe Farbe wie die eigene Heldentruppe zeigt, auf die Hand nehmen zu können – hierfür erhält man sofort einen Siegpunkt, und Storykarten kann man zu einem beliebigen Zeitpunkt gegen zusätzliche Verstärkungskarten für seine Truppe eintauschen; 6) eine Heldentat vollbringen, was in den meisten Fällen bedeutet, dass man gegen Schurken zu einem Würfelkampf antritt.

Somit sind wir beim zentralen Punkt eines Superheldenspiels angelangt, nämlich eine Heldentat zu vollbringen. In dieser Ausformung der Marvelcomicwelt wird ausschließlich New York mit seinen sechs Stadtteilen (bei zwei Spielern kommen die Helden lediglich in vier Bezirken zum Einsatz) bedroht, in jeder Runde liegen daher sechs Karten aus, die jeweils eine Bedrohung im Stadtteil anzeigen. Betritt ein einsatzbereiter Heros nun den ausgewählten Bezirk, orientiert er sich an der entsprechenden Auftragskarte. Das kann selbstverständlich die Pläne anderer durcheinanderbringen, falls sich mehrere Spieler insgeheim auf die gleiche Aufgabe vorbereitet hatten. Die Bedrohung kann in einem Rätsel, einem Verbrechen oder einer Gefahr bestehen, und zur Auflösung kann es hilfreich sein, eine besondere Eigenschaft wie Magie, Kampf, Schutz, Wissenschaft, Tarnung oder Rettung zu besitzen. Eine seltsame Liste fürwahr, dies mag aber comictypischen Anforderungen oder unbeholfener Übersetzungsleistung geschuldet sein, und irgendetwas davon beherrscht jede Heldin und jeder Held. Jede Karte beinhaltet neben diesen Anforderungen eine Information über die zu erwartenden Siegpunkte bei Auftragserfüllung und den Bedrohungsgrad. Letzter legt fest, wie gefährlich der Auftrag sein kann, welche Anzahl an Würfeln also geworfen wird, um den Störungsgrad des Stadtteils festzusetzen. Der wird sodann auf der Laufleiste markiert. Die Eigenschaften des Heros vermindern den Störungsgrad, erhält er von einem Teamkollegen Unterstützung, kann auch dies die Bedrohung vermindern. Sind die Helden sehr stark, oder wurde glücklich gewürfelt, kann der Auftrag jetzt schon erfüllt sein, nämlich dann, wenn der Störungsgrad nach diesen Manipulationen auf Null fällt. In diesem Falle war das Abenteuer offenbar ausgesprochen langweilig, der Spieler kassiert aber nichtsdestotrotz Auftragskarte und Siegpunkte. Meist wird dies jedoch nicht eintreten, dann schlägt die Stunde der Schurken. Jeder Mitspieler darf nun, beginnend mit jener Person, die den Erzfeind des einsatzbereiten Helden kontrolliert, Schurkenkarten nachziehen und ausspielen. Zwar vermindert auch das Ausspielen der Karten den Störungswert des Viertels (bis auf Null, dann dürfen keine Karten mehr gespielt werden), aber der Held bekommt es dafür mit Gegnern, wenn schon nicht aus Fleisch und Blut, so doch aus Karton und Kunststoff zu tun. Dies ist auch die Spielphase, in der theoretisch alle Spieler gleichzeitig ins Geschehen eingreifen können. Ist dies auf der Auftragskarte auch ausdrücklich vermerkt, darf der Erzfeind des Helden auch versuchen, seine Siegbedingungen zu erfüllen – die andere Spielersiegoption.

Wurden alle gewünschten und erlaubten Karten ausgespielt und Schurkentricks vollführt, wählen der Heldenspieler und der Anführer der Bösewichter (der erste, der in dieser Heldentatsphase eine Schurkenkarte ausspielen konnte) eine Kampfstrategie (Helden eine von drei individuellen Kategorien in den Farben rot, orange oder gelb, Schurken haben manchmal nur eine oder zwei diese Strategien zur Verfügung), und werfen die darin vermerkte Anzahl von Kampfwürfeln. Wer die Treffer des Gegners nicht mit seinem Verteidigungswurf eliminieren kann, bekommt eine KO-Marke verpasst, und da alle, auch Oberdrübersuperhelden und selbst außerirdische Gigantenrobotergauner nur eine (auf der Charakterkarte angegebene) begrenzte Anzahl von KOs einstecken können, scheidet man nach Erreichen dieser Grenze entweder aus (Bösewichter), oder zieht sich verwundet auf seine Ruheposition auf der Charakterkarte (Helden) zurück. Siegt der Held, kassiert er Auftragskarte und Siegpunkte, siegt der Schurke, vertreibt er den Helden, kann bisweilen ein weiteres Mal Böses tun, in beiden Fällen verschwindet aber diese Bedrohung aus dem Stadtteil auf den Ablagestapel.

Die Missionen sind beliebig kombinierbar, rein rechnerisch könnte ein Superheldenteam sogar drei Heldentaten in einer Runde vollführen oder fünf Storykarten sammeln, aber das ist extrem unwahrscheinlich. Es folgt mit denselben Wahlmöglichkeiten der nächste Spieler im Uhrzeigersinn, und so fort bis zum Startspieler. Dann beginnt die nächste Vorbereitungsphase, so lange bis die allgemeinen Siegbedingungen oder die speziellen des Szenarios erfüllt sind.

Im Probebetrieb hat sich dies alles jedoch noch viel schwieriger dargestellt, als soeben beschrieben. Gegen Spielfiguren, Spielbrett, und selbst die Schachtel mit einer den Figuren Halt verleihenden Einlage ist nichts einzuwenden. Die Materialqualität ist hervorragend und diese Teile wurden offenbar mit hohem Aufwand gefertigt. Anders verhält es sich bereits mit den Karten – Druck und Papier sind genauso wenig zu beanstanden, der vermittelte Inhalt jedoch bereitet nicht geringe Probleme. Die Schriftgröße ist der Funktion bisweilen unangemessen, die auszulegenden Auftragskarten etwa lassen zwar Punktwerte und Bedrohungstypen gut erkennen, die Idee des zum Erlebnis eines Comics, oder zumindest einer zusammenhängenden Handlung dienlichen Zusatztexte (Titel der Karte, eine kurze schlagzeilenartige Schilderung des Vorfalls, der den Einsatz eines Superhelden erst notwendig macht) sind aus mehr als 15 Zentimetern Entfernung unleserlich. Das stört zwar noch nicht den Spielablauf, aber doch erheblich die Atmosphäre. Die Ressourcenkarten, die den Helden Hilfe bringen sollten, sind bisweilen widersprüchlich übersetzt, oft wirkt es gar, als wären wesentliche Informationen vergessen worden, öfters sogar ein Hinweis, unter welchen Bedingungen die Karte eingesetzt werden darf.

Am schlimmsten aber verhält es sich mit dem Regelheft. Mit einem Umfang von sechzehn Seiten ist es hauptsächlich bunt und strotzt vor atmosphärisch einem Superheldencomic angemessenen, den Lesefluss aber überaus störenden Illustrationen. Dafür wurde die Schrift winzig gehalten. Auch hier ist die Übersetzung teilweise fragwürdig, ja widersprüchlich, und nebenbei wuchern orthographische und grammatikalische Fehler. Da nicht einmal ein Inhaltsverzeichnis vorhanden ist, von einem Register sowieso ganz zu schweigen, bleibt im Notfall wieder nur der Rückgriff auf die im Internet abrufbare Version, die allerdings erstens 10 MB Speicherplatz benötigt, und andererseits als eingescanntes Regelheft ebenso ungeordnet ist und keinerlei Mehrwert an Informationen bietet. Die lieben Leute vom Vertrieb Heidelberger Spieleverlag bemühen sich zwar redlich um Hilfestellung (in einer ersten Lieferung waren offenbar Spielkarten auf italienisch mitgeliefert worden, diese sind in der deutschen Fassung abrufbar), haben diesmal das Regelheft aber leider nicht in den Griff gekriegt.

Der Aufbau darf sogar katastrophal genannt werden. Die wohl wichtigste Handlungsmöglichkeit der Helden, der Kampf, wird ganz am Ende abgehandelt, nicht einmal im optisch als gleichwertig eingestuftem Kapitel über Heldentaten, dem die Kampfsequenzen ja wohl eindeutig zuzuordnen sind. Weiters werden die Aktionskarten (Ressourcen- sowie Schurkenkarten) nur kurz, sehr unpräzise und an unerwarteter Stelle erwähnt, auch hier fehlen genaue Hinweise auf die verschiedenen Möglichkeiten, wann und wie die Karten ins Spiel gebracht werden. Andererseits wird Platz für Beispiele vergeudet, die Situationen beleuchten, die meist ohnedies trotz Lektüre des Regelheftes leidlich klar geworden sind. Sowohl im Kapitel „Missionsphase“ der Spielregeln als auch auf den für jedes Team in passender Farbe beigelegten Spielablauf-Übersichtskarten vermisst man schmerzlich den Verweis auf das Ausspielen von Ressourcenkarten, was ja ebenso als eine von fünf Aktionen zählt.

Inhaltlich sorgen manche Eigenschaften der Helden, die an bestimmte Spielphasen gebunden sind, für zusätzliche Verwirrung. Jede Heldengruppe verfügt über zwei Individuen, die in ihrem Unterstützungszustand eine Aktion ausführen können, ein Individuum, das seine Unterstützungs-Eigenschaft während der Heldentatsaktion, und eines, das diese während der Kampfsequenz einsetzen kann. Wie diese Taten abgerechnet werden, bleibt unklar und offenbar dem Einvernehmen der Spieler anheimgestellt. Zur Erinnerung: in der Missionsphase darf jeder Spieler fünf Aktionen ausführen, eine davon ist die Anwendung einer Spezialfähigkeit. Das scheint mit den beiden Aktions-Unterstützungen übereinzustimmen, aber um überhaupt in den Zustand des Unterstützens zu kommen, wurden ja bereits in der Planungsphase Handlungspunkte bezahlt. Eine Heldentat stellt eine weitere Aktion dar, die aber von einem einsatzbereiten Helden vollbracht wird. Streicht man dennoch für die Unterstützung durch den anderen Helden mit der Heldentats-Eigenschaft einen weiteren Aktionspunkt? Ein Kampf ist Teil einer Aktion Heldentat, wie verhält es sich da mit der Bezahlung, und wie oft kann diese Eigenschaft eingesetzt werden (auf den Charakterkarten gibt es keine Beschränkung)? In den Testspielen kam es zur Übereinkunft, nur die mit „Aktion“ gekennzeichnete Unterstützungshandlung auf dem Aktionspunktesteg anzurechnen, was aber strenggenommen den Wert des betroffenen Superhelden beschneidet. Dieser Logik folgend, scheint es ebenso keinen Aktionspunkt zu kosten, die Spezialfähigkeit eines einsatzbereiten Helden zu nützen, denn dafür muss eine Ressourcenkarte abgeworfen werden. Auch der Spieler, der in der Kampfphase den Erzfeind des einsatzbereiten Helden kontrolliert und dessen Eigenschaften nützen will, muss dafür Aktionskarten (in seinem Falle klarerweise Schurkenkarten) abwerfen, und für den Erzfeind gibt es überhaupt keine Zählleiste oder eine Beschränkung auf fünf Aktionen.

Kurzum die Spielregeln sind interpretationsanfällig, das Regelheft selbst unübersichtlich und verworren, es bestehen neben- und durcheinander (mindestens) drei Systeme, um für Handlungen zu bezahlen.

Völlig vom eigentlichen Spielgeschehen ausgeklammert scheinen die Storykarten. Sie dienen wohl der Atmosphäre eines in einem Bildergeschichtenheftchen angesiedelten Spieles. Auch sie sind schön gestaltet, leider in viel zu kleiner Schrift bedruckt, und haben vermutlich für Marvel-Fans einen zusätzlichen Mehrwert, doch nach den Probespielen wollte es nie gelingen, eine wenigstens halbwegs logische Geschichte aus erbeuteten Story- und Auftragskarten zusammenzustoppeln.

Das alles soll jedoch nicht heißen, dass das Spiel schlecht wäre. Das Spielmaterial ist liebevoll gestaltet, und Freunde sowie Kenner von Superheldenabenteuern werden wahrscheinlich schon wegen der wunderbaren Spielfiguren in Verzückung verfallen. Der Spielmechanismus ist im Prinzip einfach, müsste nur ordentlich durchforstet, erweitert und in eine strengere Form gebracht werden. Erneut richtet sich der Appell an Spieleverlage und –vertriebe, die Möglichkeiten zu nutzen, nicht nur verlagsinterne Menschen und nächste Verwandte und Freunde zu Testspielen heranzuziehen, bevor man ein aufwändiges Produkt mit unzulänglichem Regelwerk auf den Markt wirft.

Martina & Martin Lhotzky

Marcus Steinwender

Spieler: 2 bis 4

Alter: ab 12 Jahren

Dauer: Verlagsangabe ab 1 ½, im Test 2 bis 2 ½ Stunden

 

Autoren       : Marco Maggi & Francesco Nepitello, sowie Roberto DiMeglio & Salvatore Pierucci

Grafik          : Fabio Maiorana, Bob Naismith

Vertrieb        : Heidelberger Spieleverlag

Preis            : ab 39,90 €uro

Verlag          : Nexus 2006

  http://www.nexusgames.com

 

Genre          :        Fantasy-Abenteuerspiel

Zielgruppe    :        Freunde, Experten

Mechanismen:        Abenteuer bestehen

 

Strategie:               *****

Taktik:                  ****

Glück:                   ******

Interaktion:            ******

Kommunikation:     ******

Atmosphäre:          ****

 

Kommentar:

Wunderbare Ausstattung

Hohes strategisches Potential

Sehr verwirrende Spielregel

Regel eher unfertig

 

Martin, Martina und Marcus:

Einem handwerklich wunderschön gestalteten Abenteuerspiel mit hohem strategischen Potenzial steht eine verwirrende, nur halb ausgegorene Spielregel entgegen. Die angestrebte Atmosphäre wird sowohl dadurch, als auch durch die viel zu unüberschaubaren Elemente zerstört, die einzig und allein der Hervorbringung dieser Stimmung dienen sollten.