Packen wir’s

 

Beim Kramen in meinen Archiven habe ich diese damals aus unverständlichen Gründen nicht verwendete Rezension gefunden, und da Karl-Heinz Schmiels Spiele eine unglaubliche Zeitlosigkeit und Qualität besitzen, sei sie hiemit nach mehr als vier Jahren nachgeholt.

 

Autor: Karl-Heinz SCHMIEL

Hersteller: MOSKITO-SPIELE

Spieler: 2-5

Spieldauer: rd. 45 Minuten

 

Was hat dieser Schmiel eigentlich gegen mich? Er läßt mich bayerisch sterben, ich muß mein Essen verwürzen, aus einem zweitklassigem Provinzblatt ein viertklassiges Pressemachwerk zaubern und jetzt soll ich auch noch Möbel schleppen. Um jedoch der breiten WIN-Öffentlichkeit den neuesten MOSKITO-Stich nahezubringen, schont der Rezensent seine Bandscheiben nicht, riskiert seine Gesundheit und - mit Eurer Mithilfe - packen wir's.

 

Nach dem Auslegen des Spielplanes mustern wir skeptisch ein typisches Wohnhaus, nehmen entsetzt die Anhäufung von Treppen zur Kenntnis und konstatieren gleichzeitig, daß auch der Schutzheilige der Möbelpacker, St. Aufzug, vertreten ist. Die zu transportierenden Möbelstücke (Puppenmöbel in Klavier-, Kasten-, Tisch-, Sessel- und anderer Form) werden vorerst beiseite gestellt. Auf dem Schachtelboden findet sich jenes Wohnzimmer, in welches die zu transportierenden Stücke möglichst im Ganzen und nicht als Kleinholz - gebracht werden sollen. Wieviele Treppenstufen sich ein Möbelpacker jeweils bewegen kann, wird durch Karten, von denen zu Spielbeginn jeder Spieler 5 Stück erhält, geregelt. Die ×restlichen Karten werden verdeckt abgelegt. Die zu transportierenden Güter finden sich gemeinsam mit der Angabe, welches Trinkgeld jeweils für den reibungslosen Transport kassiert werden kann, auf Möbelkärtchen, die in der Reihenfolge ihres Trinkgeldwertes (zuoberst 2.-, zuunterts 8.-) sortiert werden. Die obersten 3 Karten werden danach auf die 3 Möbelpacker-Karten aufgeteilt.

 

Nun weiß man zwar, welcher Möbelpacker welches Möbelstück tragen muß, doch ob man leichten Mutes nur kurz im ersten Stock vorbeirauscht oder mit heraushängender Zunge und letzter Kraft die Dachwohnung mit Einrichtungsgegenständen zu versorgen hat, bleibt den Spielern verborgen. Auf jedem der 3 Möbelpacker wird nämlich verdeckt eine Klingelscheibe, die die "Zielwohnung" angibt, plaziert. Und erst wenn diese Wohnung bekannt ist, weiß man, welcher Möbelpacker seine Last in welcher Wohnung abzuladen hat.

 

Hat man die vorstehenden Tätigkeiten durchgeführt, kann man a) einen professionellen Möbelpacker kommen lassen oder b) selbst Hand anlegen. Ich kann nur raten, Variante b) zu wählen, da man sich sonst um das Vergnügen von rund 45 Minuten Spielspaß pro Partie bringt.

 

Das Spiel selbst läuft sehr einfach ab: Man spielt eine Zahlenkarte, bewegt einen beliebigenÇ Möbelpacker treppauf oder treppab, sieht sich nachher das verdeckte Klingelblättchen dieses Möbelpackers an und ergänzt seinen Kartenvorrat wieder auf fünf. Erreicht man mit einem Möbelpacker die auf dem Klingelblättchen angegebene Wohnung (bzw. das entsprechende Stockwerk), geht es ans Eingemachte. Man wählt einen Mitspieler aus, der beim Transport mitzuhelfen hat, plaziert das jeweilige Möbelstück auf dem Flur und nimmt die Transporthilfsmittel (2 Holzstäbchen des Typs "Eislutscher", "Rundholz" oder "Mandelbeobachtungsgerät der Marke Sagen Sie Aaaaaah") zur Hand. Ab diesem Zeitpunkt darf das zu transportierende Möbelstück nur mehr mit den Holzstäbchen berührt werden. Bringt man es ohne "Crash" vom Flur zum vorgesehenen Aufstellungsplatz, kassieren die am Transport beteiligten Spieler das jeweils angegebene Trinkgeld; andernfalls kann es maximal passieren, daß der erboste Wohnungsbesitzer die Möbelpacker mit den Trümmern seines Eigentums beschießt.

 

Wurde das vorletzte Möbelstück abgeliefert, endet das Spiel und jener Spieler, der über die meisten Barmittel verfügt, gewinnt das Spiel, wird zum Obermöbelpacker befördert und erhält die Erlaubnis, eine Speditionsfirma zu gründen.

Zusätzliche Bewegungskarten wie Aufzug (Benutzung desselben ist möglich) oder Brotzeit (ein Möbelpacker pausiert für eine Spielrunde) tragen zum stimmigen Gesamtbild bei. Werden Möbel in obere Etagen des Wohnhauses verfrachtet, kann aus einem Beutel zusätzliches Trinkgeld gezogen werden. Erwischt man eine Münze, freut sich der Möbelpacker, erwischt man einen Hosenknopf, freut sich nur der Wohnungsinhaber und der Möbelpacker beißt sich in eine Stelle seines Körpers, die er unter normalen Umständen mit seinen Zähnen gar nicht erreichen könnte.

 

Zusammenfassend muß ich sagen, daß Karl-Heinz Schmiel wieder einmal eine unkonventionelle Idee in einer Spielschachtel verpackt hat und der Spielspaß und insbesonders viel Gelächter garantiert ist. Und seien Sie sicher: Je besser Ihr Transportplan, desto ungeschickter jener Mitspieler, den sie zur Hilfe ausgewählt haben.

 

Das Gerücht, daß bei steigender Promillezahl der Möbeltransport zu einer Konfliktsimulation ausartet, sind bis dato unbestätigt.

 

Zum Abschluß eine kleine Zusatzidee von mir: Legen Sie die Hölzer beiseite und verwenden Sie stattdessen das traditionelle Tragegurtgerüst der Möbelpacker. Die Rolle dieser Tragegurte werden von 2 Gummiringerln übernommen. Sie werden sehen, daß dadurch der Transport von Möbelstücken eine ganz neue Dimension (der Kleinholzproduktion) erhält.

 

WIN-Wertung:

* Packen wir's UUU A II GGG M