UNSERE REZENSION

 

Nicht nur für Leute mit „grünem Daumen“

 

GARDEN  DICE

 

Gärtnern am Spielplan

 

Die „SPIEL 2013“ war ja ziemlich ergiebig und glänzte mit Spielen von „Amerigo“ bis „Yunnan“ und dazwischen mit Hochkarätern wie „Glasstraße“, „Madeira“, „Russian Railroads“ usw.. Jedenfalls hat es sich bei mir sowohl beim Gewicht meines Reisegepäcks zur Heimreise als auch bei der Leere meiner Brieftasche ausgewirkt. Abseits der Listen mit den Topspielen bin ich auf ein Spiel gestoßen das mir jedenfalls auch eine Rezension wert war.

Meridae ist ein junger amerikanischer Verlag, gegründet 2012 dessen bis jetzt einziges Spiel „Garden Dice“ ist. Auch vom Autor „Doug Bass“ ist mir bis dato nichts bekannt.

 

Warum also „Garden Dice“ ? Nun ich mag einfach Spiele, die ein Thema rüberbringen und eine damit verbundene Stimmung verbreiten. Oft ist diese Thematik künstlich aufgesetzt. Nehmen wir nur das hochgelobte „Russian Railroads“, das mir persönlich sehr gut gefällt und in meinen Augen ein Spitzenspiel ist, aber mit Russland so viel zu tun hat wie ein Fisch mit Fahrrad fahren. Die 3 Endstationen könnten genauso gut Bregenz, Klagenfurt und Gmünd lauten. Aber ÖBB als Titel klingt vermutlich nicht so attraktiv. Bei „Garden Dice“ wird durchaus glaubwürdig gepflanzt, bewässert und nach erfolgtem Wachstum geerntet.

 

Aber zum Spiel selbst. Das Schachtelformat ähnelt „Trans Amerika“ wobei die Abmessungen jeweils um 2 cm größer sind. Gerade genug um nicht in mein Regal zu passen. Ich weiß nicht weshalb Verlage immer extra Größen bringen müssen. Verkaufsfördernd können die 2 cm doch nicht sein. Innen findet sich ein Spielplan, der einen eingezäunten Garten verkörpert, der in 36 Quadrate unterteilt ist. Zeilen und Spaltenanzeiger in Form von Würfelaugen ermöglichen eine genaue Präzisierung der einzelnen Felder. Außerhalb des Zauns befindet sich eine Kramerleiste in Form eines Steinplattenwegs. Sechs der Innenfelder sind mit einem Stern versehen, auf deren Bedeutung ich noch später zurückkomme. Weiteres zum Inhalt. Das wesentliche Element sind 50 bedruckte Plättchen die auf der einen Seite einen Samen und auf der anderen Seite die fertige Pflanze zeigen und 5 verschiedene Gemüsearten verkörpern.

 

Es gibt Kürbis, Karotten, Tomaten (bei uns natürlich Paradeiser), Artischocken und Auberginen. Aufgabe der Spieler ist es zuerst die Samen zu säen, sie zu wässern, damit Gemüse daraus wird (Plättchen umdrehen) und schließlich zu ernten. (Das heißt, sie wieder vom Feld zu nehmen). In der linken oberen Ecke der Plättchen kennzeichnen Ziffern die verschiedenen Wertigkeiten der Gemüsesorten. Kürbis (1) wird gering geschätzt während Auberginen (5) hochwertig sind. Der weitere Inhalt wird ergänzt durch 4 Holzwürfel (6-Seiter) sowie Sonderplättchen wie Sonnenmarker, Steinfelder, Hase/Vogel und Sonnenuhr/Vogelscheuche–Plättchen. Die Farben der Spieler werden durch Holzscheiben verkörpert. Auch hier hat man sich bemüht das „Gartenfeeling“ aufrecht zu halten indem blau durch Schmetterling, rot durch Marienkäfer, gelb durch Bienen und grün durch Grashüpfer dargestellt werden. Je eine Spielhilfe pro Mitspieler vervollständigt das Ganze. Die Qualität des Spielmaterials ist ausgezeichnet.

 

Zum Spielablauf.

Jeder Spieler würfelt mit den 4 Würfeln und hat die Wahl zwischen 6 Aktionen.

Er kann mit einem Würfel ein Samenplättchen, seiner Augenzahl entsprechend aus dem allgemeinen Vorrat in sein eigenes Lager legen und mit einer Holzscheibe seiner Farbe versehen. Allerdings ist pro Runde der Kauf ein und derselben Gemüsesorte mit 2 Stück begrenzt.

Eine Möglichkeit besteht auch 2 Würfelaugen als Koordinaten benutzen und am Kreuzungspunkt ein Samenplättchen aus dem eigenem Vorrat zu platzieren.

Eine weitere Variante wäre ein bereits im Garten gelegtes Samenplättchen zu bewässern und zum Gemüse wachsen zu lassen. Dazu benötigt man ein Würfelaugenergebnis das mindestens dem Wert des Samens entspricht. Nun tritt zusätzlich ein besonderer Effekt ein. Man kennt das vom eigenen Garten, wenn man mit der Gießkanne unterwegs ist. Das Wasser findet seinen eigenen Weg. Im Spiel setzt eine Kettenreaktion ein. Vom zuerst „gegossenen“ Plättchen aus „wachsen“ alle orthogonal angrenzenden Samen mit niederer Wertigkeit als das Ursprungsgemüse. Ganz gleich ob es eigene oder fremde Samen sind. Dieses System erstreckt sich auch weiter auf die nächsten Plättchen und sollte im Spiel durchaus bedacht werden.

 

Man kann sein Würfelergebnis auch zur Ernte verwenden. Man nimmt ein Gemüseplättchen der entsprechenden Augenzahl vom Feld. Auch hier findet die Kettenreaktion gleich der Bewässerung statt. Allerdings erhält der Auslöser für dadurch geerntete Gemüse der Mitspieler je einen Bonuspunkt. Das Gemüse kommt in den eigenen Vorrat und die Wertigkeit wird auf der Siegpunktleiste markiert. Jedes Gemüse das auf einem Sternenfeld lag zählt doppelt.

An Stelle der Platzierung von Samen kann man auch seine Sonderplättchen einsetzen, von denen jeder 2 besitzt. Also Sonnenuhr/Vogelscheuche bzw. Hase /Vogel. Welchen Vorteil bringen diese?

Mit einer eigenen Sonnenuhr am Feld können die für Koordinaten verwendeten Augenzahlen korrigiert werden und zwar entweder ein Würfel um bis zu 2 Augen oder je ein Würfel um 1 Auge, sowohl nach unten als auch nach oben. Bei einer gewürfelten 6 dürfen Sonderplättchen gedreht werden. Eine Sonnenuhr wird somit zur Vogelscheuche. Diese schützt alle eigenen Samenplättchen in ihrem Umfeld. Das sind 9 Felder – hier zählen auch die diagonal angrenzenden Quadrate. Außerdem gibt es bei einer Ernte in ihrem Einflussbereich 3 Siegpunkte extra.

In einem Garten treiben sich auch manch ungeliebte Tiere herum. Diese Schädlinge werden durch Hase/Vogel verkörpert. Zuerst wird das Plättchen als Hase platziert. Die Metamorphose kann ähnlich wie bei der Sonnenuhr nur durch eine 6 stattfinden.

Tiere bewegen sich –das ist die letzte Möglichkeit seine Würfelaugen einzusetzen. Je nach Augenzahl eines Würfels ziehen sie durch leere Felder bis sie auf gegnerische Plättchen treffen. Mit verheerenden Folgen. Vögel fressen Samen, Hasen fressen Gemüse. Der Fress-Einsatz darf nur eingesetzt werden wenn man eine ungenutzte Farbscheibe im eigenen Vorrat aufweisen kann.

Bei gefressenen Plättchen kann man sich für 2 Varianten entscheiden. Entweder entfernt man es komplett aus dem Spiel und gibt die Scheibe seinem Besitzer zurück – gleichzeitig platziert man seine eigene Scheibe auf dem Tier. Oder man nutzt die Möglichkeit einen noch freien Würfel mit gleicher oder höherer Augenzahl als der Wert des gefressenen Plättchens um sich dieses als Samen in seinen eigenen Vorrat einzuverleiben. Auch hier benötigt man die freie Scheibe.

Es ist sogar erlaubt in einem Zug mehr als ein Plättchen zu fressen, allerdings nicht von ein und demselben Mitspieler.

 

Wie kann man die unliebsamen Fresser entfernen? Dazu braucht es zumindest 3 Würfel. Zuerst natürlich die 6 und dann 2 Würfel mit den entsprechenden Augen für die Koordinaten wo sich das Tier aufhält. Hier ist wieder eine eigene Sonnenuhr nützlich um die Treffsicherheit zu erhöhen.

Das letzte Sonderplättchen ist der Sonnenmarker. Er wird nicht am Feld platziert. Er erlaubt einmalig alle 4 Würfel neu zu würfeln oder 1 davon in eine beliebige Augenzahl zu wandeln. Wird er nicht eingesetzt bringt er am Spielende 5 Siegpunkte. Dieses wird erreicht wenn das letzte Samenplättchen aus dem allgemeinen Samenvorrat genommen wird. Der auslösende Spieler beendet noch seinen Spielzug.

Wer jetzt mehr als ein Samenplättchen in seinem eigenem Vorrat liegen hat büßt ab dem 2. Samen je 5 Siegpunkte ein. Belohnt werden hingegen die Gemüsesammler. Für 3 Stück er gleichen Sorten gibt es 10 Punkte extra, bei 4  schon 15 und bei 5 sogar 20 Punkte. Ein Satz aus allen fünf Sorten bringt 15 Punkte.

 

Doug Bass ist es gelungen ein familienfreundliches Spiel mit sehr vielen realen Komponenten zu schaffen. Natürlich ist auch das Würfelglück maßgeblich aber auch hier sind Methoden angewendet worden um dieses „Manko“ auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Es bleibt den Mitspielern überlassen entweder taktisch klug zu „garteln“ oder mit Hilfe der unliebsamen Tiere ein Spiel mit „Ärgercharakter“ zu gestalten. Bei unseren Spielrunden waren eher die friedliebenden Typen in der Mehrzahl aber wie gesagt, beide Varianten sind möglich.

 

PS.: Es gibt auch eine Erweiterung mittels Karten, die allerdings, so wie das Grundspiel, beim Verlag derzeit vergriffen ist. Eine kleine Erweiterung "Gartenzwerg" liegt dem Spiel bei.

 

Rudolf Ammer

 

Spieler: 2-4

Alter: 10+

Dauer: 60+

Autor: Doug Bass

Grafik: Joshua Cappel

Preis: ca. 30 Euro

Verlag: Meridae Games 2013

Web: www.meridaegames.com

Genre: Legespiel

User: Für Familien

Version: de

Regeln: de en fr

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Einfache Regeln

Hübsches, funktionales Spielmaterial

Wirklichkeitsnahe Gärtnersimulation

2014 Game of the Year bei Games Magazine

Derzeit ausverkauft

 

Vergleichbar:

Zen Garden, Gardens

 

Andere Ausgaben:

Derzeit keine

 

Gesamt: 5

 

Rudolf Ammer:

Ein Spiel das von Ausstattung und Ablauf richtige „Gartenstimmung“ aufkommen lässt und sicher als Familienspiel geeignet ist.

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0