Full Metal Planet

 

 

Full Metal Planet

Verlag: Ludedelire

2-4 Spieler

 

Die erste Bekanntschaft mit Full Metal Planete schloß ich vor gut zwei Jahren, als ich damals das Cover des Computerspieles sah. Damit hatte es sich auch schon, denn Computer sind nur wissenschaftliches Spielzeug für mich. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb weil mir der Name bekannt war, fiel meine ungeteilte Aufmerksamkeit auf dieses französische Brettspiel.

In der Schachtel im für mich noch immer uneingewöhnbaren 53cm Format verbergen sich zahllose Zinnfiguren, die sich aus Raumschiffen, Förder- und Kriegsmaschinerien zusammensetzen, dazu kleine bunte Plastiksteinchen (die man in die Einbuchtungen der Zinnfiguren legt, um den Besitzer desselben Gerätes deutlich hervorzuheben), ein paar grüne Holzsteine, echte Kiesel-"Erzbrocken", Karten für den Wasserstandsbericht und schließlich eine freundliche, deutsche Spielregel. Überflüssig zu sagen, daß beim Transport garantiert alle Zinnfiguren kunterbunt durcheinander fliegen werden.

Zu Beginn des Spieles landen die Spieler mit einem Raumschiff und diversen Gerätschaften auf einem Planeten primär zu dem Zwecke, dort Erze abzubauen, wobei die Oberfläche zuvor mit den Erzbrocken schön gleichmäßig präpariert worden ist. Diese Planetenoberfläche, die im Wabenraster in Meer, Riffe, Land, Sumpf und Gebirge eingeteilt ist, ist weiters noch in Landungszonen eingeteilt, innerhalb derer man seine Spielsteine zunächst aufstellen muß (doch dazu noch ein bißchen Geduld). Das sind:

Ein Raumschiff mit drei Zusatzeinheiten, an jeder zweiten Kante also eine Einheit; das ganze Raumschiff belegt daher vier Sechsecke. Auf jeder Zusatzeinheit, die zum Be- und Entladen genützt wird, befindet sich weiters noch ein Geschützturm, der aufgesteckt wird.

Um beim Kriegerischen zu bleiben, besitzt man anfänglich drei kleine Panzerwägen und einen großen, der sich durch größere Feuerreichweite (drei Felder, die anderen schießen eins weniger weit) auszeichnet und außerdem nicht ins Gebirge vordringen kann.

Zwei Patrouillenboote ergänzen die Offensivkraft. Die Panzer und die Boote nennen sich im Oberbegriff "Zerstörer". Die kleinen Panzer haben im Gebirge drei Felder Feuerreichweite und sind übrigens die einzigen, die sich im Gebirge erholen dürfen.

Ein Frachtschiff steht auch bereit, hat vier Einheiten Ladungsvermögen (Krabbe und Erzumwandler zählen für zwei, Panzer, Pontons und Erze nur eine Gewichtsklasse) und es belegt zwei Sechsecke Platz im Wasser.

Zu Lande gibt es eine Krabbe, die zwei Dinger (Panzer, Pontons und Erze) transportieren kann. Schließlich hat jeder noch einen Erzumwandler, der Erz transportieren kann bzw. Erz in Krabben, kleine Panzer, Pontons und Patrouillenboote umwandeln kann. Das bedeutet also, daß der Frachter, der große Gefechtspanzer und der Erzumwandler selber nicht reproduzierbar sind!

Schlußendlich erhält man zu Beginn noch ein Ponton, so eine Art maschineller Brücke.

Während des Spieles schwärmen die Einheiten auf der Oberfläche aus, um Erze zu sammeln, diese in das Raumschiff zu laden oder in Maschinen umzuwandeln, strategische Gebiete zu besetzen oder den Gegner zu behindern, beflegeln oder gar zu vernichten, Päkte zu schließen und genausoleicht wieder zu brechen. Nach insgesamt 21 oder 25 Spielrunden heben die Raumschiffe ab (Erze zählen zwei Punkte in der Abrechnung, Gerätschaften einen), womit das Spiel beendet wird.

In der ersten Spielrunde landen die Raumschiffe, in der zweiten beginnt der Aufmarsch der Maschinen. Die dürfen innerhalb der Landungszone plaziert werden. Erst in der dritten Spielrunde beginnt das eigentliche Spiel mit den ersten fünf Aktionspunkten, für die vierte hat man zehn und ab der fünften schließlich volle fünfzehn. In der 21. Runde kann jeder für sich entscheiden, ob er abheben will - die Zurückgebliebenen spielen bis zur 25. planetaren Zeit weiter. Für jede Spielrunde hat der Spieler genau drei Minuten Zeit, übrige Aktionspunkte können teilweise gespart werden (je fünf volle Aktionspunkte entsprechen einem grünen Stein, sie können später eingesetzt werden - maximal darf man zehn Aktionspunkte sparen - und der Rest verfällt einfach). Drei Minuten Zeit für den Spielzug sorgt für Panikstimmung unter den Spielern-, verschärft dadurch, daß Spielzüge nicht zurückgenommen werden dürfen. Herrlich! Ein Spiel bei dem Streß entsteht.

Bei Rundenbeginn wird immer eine neue Gezeitenkarte aufgedeckt. Während Ebbe sind die Riffe im Trockenen, bei Flut die Sümpfe unter Wasser. Dadurch überraschte Gerätschaft (zB ein auf Grund gelaufenes Boot) ist völlig funktionsuntüchtig und kann sich nicht verteidigen. Pontons, die plötzlich nicht mehr mit dem Ufer verbunden sind, gehen samt Mann und Maus unter. Hat man aber einen funktionierenden Erzumwandler, darf man sich die nächste Gezeitenkarte angucken und ist damit vorgewarnt. Das war schon alles, was bei diesem Spiel zufällig geschieht, den Rest bestimmen die Aktionen der Spieler.

Einladen, Ausladen, sich um ein Feld bewegen zählt jeweils einen Aktionspunkt. Eine Maschine (oder einen Geschützturm) zu zerstören, benötigt zwei. Sobald zwei Zerstörer gleicher Farbe gemeinsam ein Feld bestreichen können (Terminologie: das Feld steht unter Feuer), das von einem Fahrzeug eines anderen besetzt ist, können sie feuern und den Gegner in die Luft blasen. Schwieriger wird es, wenn sich zwei oder mehrere gegnerische Zerstörer decken. Dann muß zuerst ein Zerstörer in Reichweite gebracht werden, erst dann darf sich der zweite in die gegnerische Feuerzone bewegen und ballern. Ein freundschaftlicher WettKAMPF mehrerer Wirtschaftsgiganten untereinander...

Unterlegene Gegner können geentert werden, was einen Aktionspunkt kostet. Insbesondere dürfen auch Raumschiffe, die alle Geschütztürme verloren haben, betreten und unter die Kontrolle eines anderen Spielers gebracht werden, sehr zum Leidwesen des Verlierers, der aus dem Spiel scheidet. Der Sieger bekommt fünf zusätzliche Aktionspunkte pro Runde und hat auch die Möglichkeit, die fehlenden Geschütztürme für je zwei Aktionspunkte zu ersetzen. Mit der Eroberung des Raumschiffes bekommt man auch alle Mittel des Gegners, allerdings hat die Sache einen Haken:

die Farben der Geräte werden auf diese Weise nicht ausgetauscht und so behindern sie sich manchmal gegenseitig, obwohl sie von ein und demselben Spieler kontrolliert werden.

Im Spielverlauf ergibt sich, daß die wertvollen Rohstoffe eher knapp sind und dadurch entstehen zwangsläufig Reibereien. Im Spiel zu zweit ist das Problem nicht so arg und ist am ehesten noch als "fair" zu beurteilen. Bei dreien gibt es meist einen lachenden Dritten und zu viert kann - muß aber nicht - sich der Konflikt gleichmäßig verteilen.

Die fünfzehn Aktionspunkte werden oft unterschätzt! Für sich selbst sind sie immer zuwenig, aber was ein anderer damit alles anrichten kann!? Ein Gegner pirscht sich meist schneller ran als man glaubt und zerstört dabei nicht zu ersetzende Maschinen bei einkalkuliertem Verlust von ein paar minder wichtigen, reproduzierbaren Zerstörern. Und nicht zu vergessen: zusätzliche Aktionspunkte können ja für andere Runden aufgehoben werden.

Was bleibt ist das Dilemma, was in drei Minuten mit den Aktionspunkten zu geschehen hat: Soll man sich Rohstoffe holen, eine bessere Stellung aufbauen? Den Gegner in die Enge treiben? Aktionspunkte sparen? Panzer aufladen und schnell, aber gefährlich von Punkt A nach Punkt B bringen? Und hat man auch nix vergessen oder übersehen?

Die Regeln. Sie sind sehr detailliert und mit zahlreichen anschaulichen Beispielen illustriert, woran sich JEDER deutschsprachige Verlag ein Beispiel nehmen soll! Die klare Aufteilung der Kapitel hat mir besonders gut gefallen, denn die einzelnen Fakten sind schön der Reihe nach aufgelistet. Aber trotz einer Übersetzerin mit deutschem Namen haben sich zahlreiche Fehler eingeschlichen. Großschreibung, Umlaute, Fallfehler, falsche Mehrzahlformen, etc. treten ziemlich massig auf (sogar Formatiersteuerzeichen kann man bei genauem Hinsehen entdecken) und wären für einen rein deutschsprachigen Verlag ein Armutszeugnis. Wenn Ludodelire vermehrt im deutschen Markt einsteigen will - die Franzosen hinterlassen immer mehr Eindruck bei mir, nicht nur Ludodelire - sollte sich dies zukünftig bessern. In dem Zusammenhang möchte ich auch noch den Hinweis anbringen, wenigstens die Spielkarten deutsch zu gestalten ("haute" ist für mich nicht verständlich, "baisse" schon eher) und vielleicht auch die Covers einzudeutschen (oder zu verenglischen, was durch die Amerikanisierung unserer Gesellschaft sicher nicht negativ aufgenommen wird). Der deutsche Durchschnittsspieler ist eben anders.

 

WIN-Wertung:

** Full Metal Planete SSS II AAA