UNSERE REZENSION

 

Auf den Gipfel des Yr Wyddfa

 

Snowdonia

 

Bahn auf den Berg

 

Eher belustigt die ersten Zeilen der Regel lesend, ist dort von Bergen die Rede wo man deren Spitzen in den tiefhängenden Wolken nur erahnen kann. Ist der höchste Berge, der Yr Wyddfa oder Mt. Snowdon (spricht man nicht wie snow/Schnee sondern mit einem e) doch gerade mal 1.085 Meter hoch. Wir befinden uns in Wales, genau im Norden, im drittgrößten englischen Nationalpark. Snowdonia wird diese Region auch genannt oder im walisischen, Eryrr was auf Deutsch übersetzt Adlerhorst bedeutet.

 

Diese Region ist auf Grund seiner malerischen Landschaft ein beliebtes Ausflugsziel und das mag auch einer der Gründe gewesen sein, Ende des 19. Jahrhunderts eine Zahnradbahn auf den Berg zu bauen, mit einer Spurweite von 800 mm. Sie ist die einzige in Großbritannien. Begonnen wurde Ende 1894 und nach etwas mehr als einem Jahr erreichte der erste Zug in Januar 1896 die Bergstation. Die Eröffnung fand kurz danach zu Ostern statt. Dieses Spiel handelt von der Entstehung der Zahnradbahn.

 

Die Schachtel ziert eine Mannschaft welche die Bahn auf den Snowdon legt. Der Spielplan hat den Berg als zentrales Bild, allerdings nur angedeutet, damit die Spielfelder besser zur Geltung kommen. Im linken unteren Bereich befindet sich die Startstadt Llanberis, wo eine der Spielfiguren von jedem Spieler gestellt wird. Eine zweite kommt in das benachbarte Pub.

 

Von der Startstadt ausgehend werden die Stationen nach den Nummern aufsteigend ausgelegt. Zu beachten ist, dass bei 1, 2 und 5 Spieler eine andere Reihung der Stationen stattfindet. Gespielt wird mit der gelben Seite, die blaue gehört zu einer Variante. Zum Aufbau gibt es zwei sehr ausführliche Seiten in der Regel die alle Fragen beantworten. Einfach daran halten und Schritt für Schritt ausführen, dann ist der Aufbau auch kein Problem und nicht wie wir ständig rätseln was die Symbole bedeuten bis wir endlich die Regel zur Hand nahmen.

 

Auf den Gleiskarten werden so viele braune Geröllsteine gelegt, wie die Zahl darauf anzeigt. Auch in den Stationen wird auf die obersten Gebäude die angezeigte Anzahl an braunen Steinen gelegt. 7 Eisen, 4 Steine und 2 Kohle werden auf die drei Rohstofffelder gelegt und die Aktionsfelder werden für die jeweilige Spieleranzahl adaptiert.

 

Der Spielverlauf ist einfach und in 10 Minuten erklärt. Man setzt seine 2 Arbeiter reihum auf die 7 Aktionsfelder ein. Außer dem letzten Feld sind alle für eine bestimmte Anzahl an Arbeitern begrenzt. Wichtig dabei ist, dass man beim Platzieren auf einem Aktionsfeld jedes dort verzeichnete Feld besetzen darf. Die Reihenfolge wie die Aktionen in weiterer Folge abgearbeitet werden, ist oft sehr wichtig.

 

Von Aktionsfeld A bis G werden die Aktionen abgearbeitet. Dabei wird die Reihenfolge der gesetzten Figuren beachtet. Aktionen die besetzt wurden, müssen ausgeführt werden und können nicht einfach verfallen, dadurch wird ein destruktiver Spielstil verhindert. Die Arbeiter kommen nach Ausführen der Aktion wieder zu den Spielern zurück.

 

Aktion A bringt Rohstoffe aus den 3 Rohstofffeldern. Man darf aber nie mehr als 1 Kohle nehmen. Da die Rohstoffe anzahlmäßig begrenzt sind kann man auch leer ausgehen. Derjenige der das letzte Feld gewählt hat, wird neuer Startspieler. Aktion B erlaubt den Spielern Geröll wegzuräumen. Dabei ist die Menge des Gerölls, das man abbauen darf, von der Arbeitstempoleiste abhängig. Der dort befindliche Stein zeigt die Menge (1 - 4 Steine) an. Die Geröllsteine bekommt der Spieler in seinen Vorrat.

 

Geröll kann aber nicht beliebig weggeräumt werden, sondern man beginnt immer auf der Gleiskarte nach der Startstation und arbeitet sich bis zur Bergstation durch. Die Stationen, die auf der Strecke liegen, werden ebenfalls von den Steinen befreit. Für das Befreien der Plätze auf den Stationen bekommt der Spieler die dort vermerkten Siegpunkte. Sollte kein Geröll mehr weggeräumt werden können, wird diese Aktion durch eine Aktion Bauen (dazu gleich mehr) ersetzt.

 

Aktion C erlaubt es bis zu drei Mal Material umzuwandeln, entweder 3 orange Eisen in einen Stahl oder 2 Geröll in einen Stein. Diese beiden Optionen kann man auch kombinieren. Zu beachten ist, dass der Stein aus dem schwarzen Rohstoff-Vorratsbeutel kommt und man aufpassen muss ob dort auch einer vorhanden ist. Ich persönlich halte diese Einschränkung für Unfug, da die Rohstoffe der Spieler öffentlich sind und somit immer nachgezählt werden können. Also warum jemand bestrafen nur weil er sich verzählt hat? Rohstoffe kommen in den Beutel, Geröllsteine aus dem Spiel.

 

In der Aktion D wird das Gleise legen erlaubt. Wie viele Gleise man legen darf wird auf der Arbeitstempoleiste angezeigt. Entweder 1 oder 2 Gleise sind machbar. Für jede Gleiskarte die man baut, so sie bereits von Geröll befreit ist, gibt man 1 Stahl ab und dreht die Karte auf die Gleisseite und markiert sie mit seinem Besitzmarker.

 

Gebäude bauen kann man mit der Aktion E. Dazu müssen aber die Schienen vor der Station von Geröll befreit sein. Die Schienen müssen aber nicht gebaut sein, ebenso irrelevant ist es ob in der Station noch Geröll liegt. Zum Bauen von Gebäuden, gibt man Steine oder Stahl ab und bekommt die vermerkten Siegpunkte und platziert einen seiner Besitzmarker.

 

Sobald die Aktion Lok kaufen freigeschaltet ist (dazu später mehr), kann man mit dieser Aktion auch Loks kaufen. Von 7 Loks stehen im Spiel 6 zur Verfügung. Um sie zu kaufen bezahlt man 1 oder 2 Stahl. Die Lokomotiven haben 2 Funktionen, man kann durch die Abgabe von einer Kohle (nur bei einer kostet es 2) einen Arbeiter für die aktuelle Runde aus dem Pub holen und hat somit eine Aktion mehr.

 

Ob man dies durchführt, muss man immer vor dem Einsetzen des ersten Arbeiters bekannt geben. Achtet aber dabei auf die Menge an Aktionsfeldern, die zur Verfügung stehen, denn der Arbeiter kostet eine Kohle und dieser Rohstoff ist stark begrenzt im Spiel und sehr oft gibt es nicht genug davon.

 

Die 2. Funktion der Loks sind zusätzliche Aktionen oder Verbesserungen von Aktionen wenn man diese wahrnimmt. So kann man mehr Geröll (B) wegräumen, bekommt mehr Rohstoffe (A), darf mehr Gleise bauen, bezahlt nur 2 Eisen beim Umwandeln anstelle von drei usw.

 

Die Aktion F erlaubt es den Spielern eine der drei offen ausliegenden Aktionskarten zu nehmen. Diese Karten erlauben während des Spieles eine Sofortaktion die auf einmal oder manchmal auf die Runde begrenzt ist. Jede Karte hat auch eine Vorgabe für zusätzliche Siegpunkte die man am Ende des Spieles bekommt. Zu guter Letzt bewegt man bei der Aktion G seine Figur von der Startstation um eine Station weiter. Diese Figur wird Landvermesser genannt und kann die nächste Station auch erreichen wenn auf den Gleisen noch Geröll liegt.

 

Sollte eine offen ausliegende Auftragskarte noch auf Position 1 liegen, dann wird diese abgelegt. Danach wird wieder auf 3 offen ausliegende Karten aufgefüllt. Die jetzt oben liegende Karte des Nachziehstapels der Auftragskarten gibt vor, welche Wetterscheibe ins Spiel kommt. Es kann dies Sonne, Nebel oder Regen sein. Die beiden ausliegenden Wetterscheiben werden nach links geschoben und die neue Scheibe wird hinten angelegt.

 

Die Scheibe auf Pos. 1 verändert das Wetter. Bei Sonne werden die beiden Scheiben auf der Arbeitstempoleiste nach rechts verschoben und man kann dadurch in der kommenden Runde mehr Geröll wegräumen oder mehr Gleise bauen. Bei Regen werden diese Scheiben so verschoben, dass man in der kommenden Runde weniger produktiv ist. Bei Nebel stehen die Aktionsfelder Geröll wegräumen und Gleise bauen nicht zur Verfügung. Danach wird die Scheibe auf Platz 1 abgelegt.

 

Zu diesem Zeitpunkt werden die Lagerplätze aufgefüllt. Abhängig von der Spieleranzahl werden aus dem Rohstoffbeutel Rohstoffsteine verdeckt genommen. Dabei kann es vorkommen dass man einen oder mehrere der 5 weißen Ereignisklötzchen zieht. Diese werden auf die Ereignisleiste gelegt.

 

Diese Leiste enthält ein Feld wo die Loks freigeschalten werden, ab diesem Zeitpunkt kann man sie in der Aktionsphase E kaufen. Ansonsten sind dort Felder wo durch „Fremdfirmen“ Geröll weggeräumt und Gleise gebaut werden. Außerdem bauen diese „Firmen“ Stationen fertig. Auf einem Feld müssen auch die Loks gewartet werden. Schafft man dieses Service der Lok nicht, muss man sie abgeben.

 

Durch diese Ereignisse wird das Spiel wesentlich beschleunigt obwohl mir der Glücksfaktor dabei ein wenig zu hoch ist. Plant man doch schon für nächste und übernächste Runde und durch einen Zufall werden 2 weiße Steine gezogen und schon sind vielleicht alle freigeräumten Schienen weg oder Stationen fertig gebaut.

 

Das Spiel endet am Ende der Runde in der das letzte Gleis der Strecke gebaut wurde. Bei 2 Spielern kann dies auch schon früher passieren, nämlich dann wenn den Spielern die Besitzmarker zum Legen ausgehen. Für die Wertung gibt es ein vorgedrucktes Formular wo man die Punkte vermerken kann und man dadurch auch keine Punkte vergessen kann.

 

Gewertet werden die Besitzmarker auf Gleisen und Stationen (Gebäude), für die Lok Nr. 4 gibt es 9 Punkte,  für den Landvermesser die Punkte der Station wo er sich gerade befindet, je weiter oben am Berg umso mehr Punkte. Für die Auftragskarten bekommt man unterschiedliche Punkte, diese sind allerdings mannigfaltig und würden den Rahmen dieser Rezension sprengen. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten, bei Gleichstand gibt es mehrere Gewinner.

 

Ich habe in meiner Laufbahn schon viele Spiele gespielt die ein historisches Thema hatten, aber hier hat man nicht nur genau recherchiert, sondern hat es außergewöhnlich gut geschafft, die geschichtlichen Ereignisse und das Flair des Baus einer Eisenbahn und einem Spiel so zu verknüpfen, dass es auch spielbar ist.

 

Jede der Lokomotiven und der Stationen sind historisch belegt, es sei den Autoren somit auch verziehen, dass sie ein paar Stationen erfunden habe, ober besser eingefügt haben, damit es eine spielbare Strecke wird. Alle Lokomotiven haben ihre historischen Namen und es sei nebenbei erwähnt dass heute noch immer 4 Loks in Betrieb sind, eine benötigt eine Kesselreparatur und eine ist museumsreif. Nur die Lok mit der Nummer 1 ist bereits am Eröffnungstag bei einem Unfall zerstört worden.

 

Durch die realitätsnahe Einbindung des Wetters kann man auch schön nachvollziehen, wie es ist wenn man bei Regen oder Sonnenschein bauen kann oder bei Nebel die Arbeit einstellen muss. Da man bereits drei Runden im Voraus das Wetter kennt (gab es damals sicher nicht) ist der Zufall hier gering. Wir hatten aber auch eine Partie erlebt, wo man in den ersten 8 Runden 6x Nebel hatte und das zieht das Spiel furchtbar in die Länge, denn man überlegt sehr lange wie man nach dieser Phase die Aktionen dann brauchbar verteilt. Das Spiel läuft einem sonst davon, denn die Fremdfirmen bauen beinahe alles.

 

Die Regel ist nicht nur übersichtlich sondern auch klar verständlich und man findet bei Zwischenfragen immer rasch die entsprechenden Stellen, zum Nachlesen. Eine  Ungereimtheit ist allerdings aufgetaucht. Bei der Lok Nummer 6 steht in der Regel, dass der Arbeiter im Pub 1 Kohle kostet, auf der Karte sind aber 2 Kohle für den Arbeiter vermerkt. Da die Zusatzaktion der Lokomotive sehr stark ist, nehme ich an dass die Angaben auf der Karte korrekt sind.

 

Wie die geschätzten Leser richtig vermuten, ja, das Spiel gefällt mir. Ich mag es wenn die Geschichte stimmt, die historischen Daten passen und die Mechanismen gut ineinander greifen. Das ist hier 100 % der Fall. Abgesehen davon haben wir uns bei allen Partien mit allen Altersgruppen gut unterhalten. Was man dem Spiel vorwerfen kann, ist das Trockene in den Spielzügen. Worker Placement Spiele, wie das neudeutsche Wort heißt, müssen aber nicht trocken sein, wie wir bei Agricola gesehen haben.

 

Das mag aber auch daran liegen, dass man bei Snowdonia nichts baut, dass man angreifen kann. Bei Agricola hat man einen Bauernhof vor sich den man ausbaut und sein Land umzäunt und Tiere züchtet. Bei Snowdonia bauen alle an einer Stecke und das einzige das man vor sich liegen hat sind die Rohstoffe. Dadurch reduziert sich das Spiel auf die Aktionen und das wirkt trocken.

 

Aber wie bei allen Spielen gibt es verschiedene Zugänge, als Beispiel sei erwähnt, dass auf der Schachtel voller Stolz steht dass dieses Spiel sehr viel Material enthält. Dies mag ein Argument für einen höheren Verkaufspreis sein und im ersten Moment freut man sich darüber, aber wenn der Aufbau dann ewig dauert, legt sich die Freude schnell.

 

Das Spiel ist in allen Spieleranzahlen gut spielbar, ich kann aber dem Solospiel keine Sympathien abgewinnen, da ich es für unnötig halte. Es mag aber helfen die Abläufe besser kennenzulernen und die Verzahnungen der Auftragskarten mit dem Spiel besser zu verstehen. Vielleicht sind irgendwann einmal Meisterschaften geplant, dann kann man ja im stillen Kämmerlein alleine üben. Ansonsten setze ich mich vor dem PC wenn ich niemand zum Spielen habe.

 

Auf der „Spiel“ in Essen gab es 4 Promokarten. 2 Züge, Ivor the Engine, Jimmy and the Little Old Engine, eine Station mit einem endlosen Namen und ein zusätzliches Aktionsfeld H. Auf der Homepage des Verlages werden diese Karten noch angeboten. Gegen ein geringes Entgelt für das Porto werden diese zugesandt.

Abschließend kann ich Lookout und den Autoren zu diesem Spiel nur gratulieren, denn es war in einem sehr dichten Bewerberfeld von guten Spielen in Essen eines der herausragenden.

 

Kurt Schellenbauer

 

Spieler: 1-5

Alter: 10+

Dauer: 90+

Autor: Tony Boydell

Grafik: Tony Boydell, Charlie Paull, Klemens Franz

Preis: ca. 40 Euro

Verlag: Lookout Spiele 2012

Web: http://lookout-spiele.de

Genre: Worker Placement mit Eisenbahnthema

Zielgruppe: Mit Freunden

Spezial: 1 Spieler

Version: multi

Regeln: de en fr

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Historisch fundiertes, nettes Thema

Alle bauen an einer Strecke

Glücksfaktor nicht spielentscheidend

 

Vergleichbar:

Grundsätzlich alle Schienenbauspiele

 

Andere Ausgaben:

Derzeit keine

 

Meine Einschätzung: 6/7

 

Kurt Schellenbauer:

Wenn nicht gerade das Wetter verrücktspielt und man im Nebel versinkt, dann schafft man sogar eine Planung die hält. Das Wissen über alle Auftragskarten und die damit verbundenen Sonderboni ist spielentscheidend.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 1

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0