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Vom Latein zum Italienischen

 

De Vulgari Eloquentia

 

Spielerische Sprachentwicklung

 

Bei „De Vulgari Eloquentia" (DVE) geht es um das späte Mittelalter, die verschiedenen Sprachen die es im Italien der damaligen Zeit gibt, und die Entwicklungen um das „Volgare", das als Landessprache mit Einflüssen der anderen Sprachen im Entstehen ist.

Manuskripte müssen entdeckt und entschlüsselt werden, Wissen gesammelt und Italien bereist werden, um den meisten Ruhm zu verdienen. So in etwa liest man es in Werbung und Spielregel und das trifft die Sache auch.

 

Als Nicht-Lateiner musste ich doch gleich mal nachforschen was es mit dem Titel des Spieles so auf sich hat. Wikipedia gibt bereitwillig Auskunft. Ich zitiere 2 Passagen:

„De vulgari eloquentia (lat: Über die Redegewandtheit in der Volkssprache) ist ein Werk des italienischen Dichters Dante Alighieri. Es wurde in vier Büchern zwischen 1303 und 1305 geschrieben, von denen allerdings nur der erste Band vollständig und der zweite Band bis zum 14. Kapitel erhalten sind. De vulgari eloquentia beschäftigt sich vor allem mit den neolatinischen Sprachen."

„Wie alle romanischen Sprachen stammt das Italienische vom Lateinischen ab. Zu Beginn des Mittelalters, nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches, blieb in Europa das Lateinische als Amtssprache und als Sprache der Kirche. Das Lateinische behauptete sich überdies als Schriftsprache. Gesprochen wurde allerdings – auch, als das Römische Reich noch bestand – eine vom Schriftstandard abweichende Sprachform, die man auch als Vulgärlatein oder Sprechlatein bezeichnet. Hieraus entwickelten sich die protoromanische Volkssprache und schließlich die romanischen Einzelsprachen.

 

So entstanden in Italien und seinen Nachbarländern neue Sprachen, z. B. die Oïl-Sprachen in Nordfrankreich, die Oc-Sprachen in Südfrankreich und die Sì-Sprachen in Italien, so benannt von Dante Alighieri nach der jeweiligen Bezeichnung für „ja". Die ersten schriftlichen Zeugnisse des italienischen Volgare stammen aus dem späten achten oder frühen neunten Jahrhundert. Das erste ist ein Rätsel, das in der Biblioteca Capitolare di Verona gefunden wurde und als Indovinello veronese bezeichnet wird:

 

„Se pareba boves, alba pratalia araba, albo versorio teneba et negro semen seminaba."

[Sie] schob Rinder, bebaute weiße Felder, hielt einen weißen Pflug und säte schwarzen Samen.

[Gemeint ist die Hand]: Rinder = (tiefgehende) Gedanken, weiße Felder = Seiten, weißer Pflug = Feder, schwarzer Samen = Tinte)"

 

Ich gebe zu, das war jetzt viel Text, der aber in direktem Zusammenhang mit dem Spielthema steht. In der Spielregel ist von der D'Oil-Sprache und von der D'Oc-Sprache die Rede und auch das Rätsel von Verona taucht auf! Ich kann jedem Interessierten also nur raten sich auf die Suche zu machen und die diversen Begriffe und Themen, die sich im Spiel so rumtummeln zu beforschen. Es macht Spaß!

 

Und damit bin ich bei einem großen Lob: die Grafik und das Ambiente finde ich sehr ansprechend und die vielen Einzelheiten zum Thema die als Elemente ins Spiel eingeflochten sind machen neugierig auf Geschichte und Sprachwissenschaft. Wenn man dafür offen ist.

 

Aber jetzt zum Spiel:

 

Jeder hat eine Spielfigur und ausreichend viele Markersteine seiner Farbe. Grob die Hälfte des Spielplans ist eine Landkarte von Italien, das in verschieden Zonen (ehrlich gesagt gefällt mir der Begriff gar nicht – Provinzen oder Felder etwa wäre netter) eingeteilt ist. Dazu gibt es 2 Meere, die man über die Zonen mit einem Anker (= Hafen) auch betreten kann und die nicht miteinander verbunden sind. Der Rest des Spielplans wird von einer Rundenleiste und einer großen Zahl von Aktionsleisten belegt. Und rund um den Spielplan läuft eine Wissensleiste, die man nicht mit Siegpunkten verwechseln darf. Die Siegpunkte (in der Regel Volgare-Punkte genannt) werden erst zum Spielende berechnet.

 

Der Grundmechanismus des Spieles ist einfach: Die Spielfigur bewegt sich in den Zonen von Italien. Das ist wichtig, da viele Aktionen daran gebunden sind sich in einer bestimmten Zone zu befinden. Ansonsten hat jeder Spieler für seinen Spielzug 5 Aktionssteine, die er dazu benutzt aus einer Fülle von möglichen Aktionen jene zu wählen, die ihm als die besten erscheinen. Hier herrscht Mangel, da so manche Aktion durchaus mehr als nur einen Aktionsstein verschlingt. Kann also auch nur eine Aktion sein, die sich da ausgeht. Das Bewegen der Spielfigur ist dabei auch eine dieser Aktionen.

 

Manche Aktionen haben den netten Effekt das Wissen zu steigern. Der Mechanismus der Wissensleiste ist eindeutig: bei 2 Markersteinen am selben Feld ist der untere bezüglich Wissen vorne. Dieser Spieler hat das Feld ja auch früher erreicht! Das erhöhte Wissen ist Voraussetzung für gewisse Aktionen. Außerdem werden sämtliche Unentschieden mit dem Wissen geklärt: der Klügere hat dabei immer die Nase vorne. Auch am Spielende bei einem Gleichstand von Volgare-Punkten. Für die Spielerreihenfolge einer Runde ist allerdings der Dümmere im Vorteil: er darf seinen Zug zuerst machen. Ein nicht unerheblicher Vorteil! Das Balancieren des Wissens zu den anderen – soll ich dümmer und in der Reihenfolge vorne oder doch lieber klüger mit mehr und besseren Aktionsmöglichkeiten sein – finde ich sehr reizvoll.

 

(Ich weiß, dass „klug" und „dumm" nicht unbedingt verschiedene Stufen von Wissen bedeuten und politisch korrekt ist wohl auch was anderes. Aber es macht Spaß mit diesen Begriffen im Spiel um sich zu werfen und jeder kennt sich aus was gemeint ist.)

 

Man beginnt das Spiel als Kaufmann. Später kann man sich entschließen dem Mammon zu entsagen und Bettelmönch zu werden. Wem diese Entsagung doch nicht zusagt, der lenkt seine Karriere dann in die traditionelle Amtskirche (was wieder mehr Geld bedeutet) und wird Kardinal und kann schließlich am Ende des Spieles sogar Papst werden (so man genug Beziehungen zu Politik, Adel und Äbtissinnen aufgebaut hat).

 

Man beachte aber das „kann": es ist durchaus auch möglich dem Kaufmannstand treu zu bleiben und das Spiel als Kaufmann zu beenden. Oder dem Spielende als Bettelmönch entgegenzusehen. Für mich ist das ein großer Reiz: es gibt sehr viele Wege durch dieses Spiel. Und es braucht sicher viele Partien um diese alle einmal auszuprobieren. Wenn jemand diese Vielfalt nicht schätzt, und lieber eine klar definierte Spielstrategie haben möchte, wird das eher ein Minus sein.

 

Hinzu kommt, dass Bettelmönche und Kardinäle durch individuelle Karten dargestellt sind, die jeweils andere Vorteile nutzen können. So ist etwa Bruder Ralph besonders sparsam unterwegs und braucht auch für größere Bewegungen kein Geld oder hat etwa Kardinal Muret einen sechsten Aktionsstein für jeden seiner Züge. Ist ein Charakter einmal gewählt, steht dieser anderen Spielern nicht mehr zur Verfügung. Hier gibt es also durchaus ein Rennen um die als besser eingeschätzten Bettelmönche oder Kardinäle.

 

Damit möchte ich mich zu formellen Betrachtungen und Regelfragen begeben:

 

DVE hat eine lange und komplizierte Regel. Um sich durch diese durchzuarbeiten braucht es Zeit und Geduld und ein gutes Gedächtnis. Sicher eine Hürde für viele und damit kein Spiel für den Gelegenheitsspieler.

 

Bei meiner ersten Partie haben wir diese Arbeit geleistet und das Spiel nach bestem Wissen und Gewissen gespielt. Aus Erfahrung weiß ich, dass man bei einem Spiel mit kompliziertem Regeln so Manches meist erst einmal falsch spielt. Darum nehme ich gerne nach dem ersten Spiel die Regel in Ruhe zur Hand und lese diese noch einmal sorgfältig durch. Das habe ich getan. Eine Woche später im Spielekreis. Und siehe da: 6 Details falsch gespielt. Oops. Mit so vielen Spielfehlern hatte ich nicht gerechnet. Die meisten kleiner; einer groß: wir hatten die Beschränkung des Erwerbs von Manuskripten übersehen. Pro Spielzug kann ein Spieler maximal 1 Manuskript nehmen. Das hat großem Einfluss auf das Spiel, ist der Erwerb von Manuskripten eine, wenn nicht die wichtigste Quelle für Siegpunkte am Spielende. Steht aber eindeutig in der Regel. Sogar in Fettdruck. Das kann man der Regel also nicht vorwerfen. Scheint mir aber symptomatisch für die Komplexität der Regel, dass so was passieren kann.

 

Gestärkt mit der zweiten Lektüre stürzte ich mich in zwei weitere Partien. Diesmal konnte ich die Regel erklären, was sicher die Sache beschleunigte, aber die Regelklärung hat immer noch eine Stunde gedauert. Uff. Die Leute hatten viele Fragen.

 

Ich muss gestehen, ich bin immer etwas skeptisch, wenn jemand der das Spiel nicht perfekt beherrscht, Regeln erklärt. Gut, es spart Zeit, aber es können auch Fehlinterpretationen verteilt werden. Und bei den Forschungen für diese Rezension musste ich mit Schrecken erkennen: es ist mir selbst passiert. Ich habe falsch erklärt. Schäm. Nun ja, zu meiner Verteidigung kann ich vorbringen, dass ich nicht allein war mit meinen Falschaussagen. Die Diskussionen im Internet bestätigen das. Und jetzt bin ich klüger. Die Spielregel hat schon ihre Schwächen (obwohl insgesamt schon meist verständlich und sicher nicht die schlechteste die ich je gelesen habe).

 

Ein Beispiel: „Das Rätsel von Verona"

 

Regelzitat: "Derjenige Spieler, der am Ende des Spiels auf dieser Leiste am weitesten fortgeschritten ist, d.h. der das wertvolle Dokument entdeckt hat, erhält 4, 5, oder 6 VP, je nachdem ob seine Scheibe das vierte, fünfte oder sechste Feld auf der Leiste erreicht hat." Das kann so nicht stimmen: die Verona Leiste am Spielplan besteht aus 10 Feldern. Das erste Feld ist mit 4, das vierte Feld mit 5 und das neunte Feld mit 6 beschriftet. Die restlichen Felder sind unbeschriftet. Es ist klar, dass offensichtlich die Felder mit den entsprechenden Zahlenbeschriftungen gemeint sind, aber so steht es nicht in der Regel. Gut das wäre ja kein Problem, aber es lässt doch Zweifel keimen, wie wörtlich die Regel dann insgesamt genommen werden kann und es gibt einige Stellen die unklar und wörtlich genommen durchaus fragwürdig sind.

 

Noch ein Beispiel für eine solche Unklarheit ist beim Rätsel von Verona zu finden. Es heißt: "Ein Spieler, dessen Figur in einer der blauen Zonen in Norditalien ihre Bewegung beginnt oder beendet, kann für jede aufgewendete Aktion (...)" auf der Verona Leiste vorrücken.

 

Man kann das durchaus so auffassen, dass es ohne Bewegung nicht erlaubt ist in die Verona Leiste zu investieren, auch wenn sich die Spielerfigur in der blauen Zone befindet. Diese könnte ja aus der vorigen Runde noch dort sein. Der Unterschied ist groß, da die zusätzliche Bewegung von blau nach blau oder von blau wo anders hin eine Aktion kostet, die man vielleicht besser nutzen möchte.

 

Die unglückliche Formulierung „ein Spieler dessen Figur in XYZ ihre Bewegung beginnt oder beendet" kommt in der Regel gefühlte 100 mal vor. Das hat in uns die obige Interpretation gestärkt all diese Aktivitäten seien doch tatsächlich ohne Bewegung nicht möglich. Was die Züge wirklich erschwert. Und es ist falsch. Die Klarstellung (ich beziehe mich bei Klarstellungen auf Michele Quondam – als Editor in der Regel angeführt – aus dem Internet, zitiere aber nicht wörtlich): alle Aktivitäten die an einen Ort gebunden sind, können gemacht werden, wenn sich die Spielfigur an diesem Ort befindet (selbstverständlich unter der Voraussetzung eventuelle andere ortsunabhängige Bedingungen sind ebenfalls erfüllt). Nix Bewegung. Basta. So einfach ginge es auch.

 

Ich vermute diese Formulierung ist aus Testspielen entstanden in denen Schlaufüchse im Zuge einer Bewegung über 3 oder mehr Zonen so „en passant" die Vorteile aller dieser Zonen mit abräumen wollten. Nun ja.

 

Ach, die Bewegung. An der leidet die Regel am meisten. Vor oder nach der Bewegung etwa ist eine „Interaktion mit einer Zone der Karte" möglich. Ist dieses „oder" jetzt inklusive oder exklusive? Große Frage, große Diskussion in den Foren. Die Klarstellung: Man beginnt den Zug in einer Zone und kann alles machen was diese Zone so zu bieten hat. Während des Zuges ist maximal eine Bewegung erlaubt. Dann ist man in einer anderen Zone. Und jetzt kann man alles machen was die neue Zone erlaubt. Ist eigentlich ganz einfach. Aber so steht es nicht in der Regel. Dass eine weitere Bewegung im gleichen Zug dann nicht mehr erlaubt ist, wäre damit eigentlich schon klar, aber das könnte man bei der Beschreibung der Bewegung noch mal betonen. Folglich kann man also als Siegpunkteoptimierer  pro Zug maximal 2 Zonen ausquetschen oder sich an den schönen Dingen von maximal 2 Zonen erfreuen, wenn man ein Schöngeist ist. Ein „und" wäre eindeutig gewesen. Ich glaube nicht, dass damit jemand auf die Idee verfiele eine Bewegung wäre nur dann möglich wenn beide Zonen auch noch was böten. Das wäre ein deutlich geringeres Risiko zur Fehlinterpretation.

 

Und außerdem: man kann dann auch wirklich ALLES machen was die Zone zu bieten hat! So ist es bei einem Aufenthalt in Rom möglich die Stadtvorteile und das Ereigniskärtchen (falls vorhanden) beide unmittelbar hintereinander zu nutzen, egal wann und wie man nach Rom gekommen ist. (Auch das ist ein von uns und vielen anderen falsch gespieltes Detail).

 

Noch ein wunderbares Beispiel für unklare Regeln und auch Mängel auf dem Spielplan: „Der Botschafter"

 

Für die Botschafter Leiste braucht ein Spieler insgesamt 8 investierte Aktionssteine um seinen Markerstein an deren Ende zu bringen. Pro investiertem Aktionsstein macht der Marker einen Schritt vorwärts. Das hat meist keine zusätzlichen Voraussetzungen, kann also immer erfolgen wenn man an der Reihe ist. Nur eine Ausnahme: für den letzten Schritt muss man außer dem Aktionsstein auch  noch 2 Äbtissinnen abgeben und 20 Ducati an die Bank zahlen. So weit so gut. Der Schönheitsfehler: am Spielplan ist nur EIN gelber Äbtissinnen-Stein abgebildet. Und der Text „10-20" neben dem Symbol für die Ducati. Tja. Das war wohl ursprünglich anders geplant oder ist auf dem Plan einfach falsch. Für das „10-20" gibt es eine Erklärung: macht man diesen einen letzten Schritt bis einschließlich Runde 7 dann gelten die oben angeführten Zusatzkosten. Ab Runde 8 sind diese Zusatzkosten auf einen Äbtissinnen-Stein und eben 10 Ducati reduziert. Die Abhängigkeit zu den Runden ist aber nicht symbolisiert und 2 Äbtissinnen-Steine sieht man nirgends.

 

Nun gut: und wozu dient der ganze Aufwand? Nur wer die Botschafter Leiste bis zu deren Ende durchgespielt hat darf anschließend in dieser oder einer späteren Runde den Vorteil von Bologna nutzen. Seine Spielfigur muss dann dafür in Bologna sein. Der Lohn sind 15 (Fall A bis Runde 7) oder 10 (Fall B ab Runde 8) Schritte vorwärts auf der Wissensleiste. Ich konnte keine Antwort darauf finden, ob für den Fall A auch der Besuch in Bologna bis spätestens Runde 7 erfolgen muss um die 15 Wissensschritte zu kassieren. Ich denke aber, das wäre zu streng. Wenn jemand 2 Äbtissinnen und 20 Ducati opfert, soll er auch die 15 Wissensschritte haben, auch wenn sich der Besuch in Bologna noch verzögert. Selbstverständlich gibt es ohne diesen Besuch gar nichts.

 

Noch eine Klarstellung: „Die päpstliche Bibliothek"

 

Diese Aktionsleiste und damit Aktion kann erst ab Runde 12 gespielt werden. Wie bei allen Leisten muss man pro Schritt auf der Leiste einen Aktionsstein opfern. Es gibt 8 Felder. Das erste mit 1 das vierte mit 2 das sechste mit 3 und das achte mit 4 beschriftet. Es gibt 8 „Päpstliche Bibliothek-Kärtchen" mit geheimen 2, 3 oder 4 Siegpunkten. Ist also ein Glücksfaktor dabei. Wenn man das erste Feld mit der 1 erreicht (was nur einen Aktionsstein erfordert) bekommt man das oberste Kärtchen, nimmt es hinter seinen Sichtschirm und hat diese Punkte am Ende. Soweit ist die Regel klar. Nachdem man am Spielende maximal ein solches Kärtchen haben darf, war es das aber auch. Wozu sollte ich noch mehr in diese Leiste investieren? Wir haben viel gerätselt wozu es da noch weitere Felder auf einer Leiste gibt, aber keine befriedigende Interpretation gefunden. Die Klarstellung: das Nehmen des Kärtchens ist eine „Kann"-Bestimmung. Man kann auch erst beim Feld mit der 2, 3 oder gar 4 ein Bibliothek-Kärtchen nehmen. Der Vorteil: dann nimmt man die entsprechende Anzahl von Kärtchen vom Stapel, sucht sich das Beste aus und legt den Rest in beliebiger Reihung wieder zurück. Klarerweise ist ab diesem Schritt eine weitere Investition in die Leise sinnlos. Ob es sich wirklich rechnet die Wahrscheinlichkeit auf mehr Punkte zu erhöhen kann ich schwer abschätzen. Allerdings habe ich schon beobachtet, dass es insbesondere gegen Spielende öfters vorkommt, dass man Aktionspunkte nicht mehr wirklich sinnvoll verbrauchen kann. Dann wäre das eventuell eine Erwägung wert. Allerdings habe ich in keiner meiner 4 Partien erlebt, dass ein Spieler das auch gemacht hätte. Uns war das immer nur einen Aktionsstein wert.

 

Beim Spielplan gibt es weiteres Verbesserungspotenzial. Insbesondere ein Spiel mit so vielen Details wird durch entsprechende Merkhilfen erleichtert. Es wäre sehr hilfreich die auf bestimmte Spielrunden bezogenen Änderungen auch graphisch auf der Spielrundenleiste darzustellen.

 

Die schon abgehandelte Abhängigkeit der Botschafter Leiste von den Runden etwa.

 

Oder etwa die Almosen an Bettelmönche und Kardinäle, die ab Runde 12 ersatzlos eingestellt werden. Von der Regel her klar und eindeutig. Aber zu Beginn von Runde 12 vergessen, und schon kassieren die Herren der Kirche fleißig weiter! Sehr zum Nachteil der verbliebenen Kaufmänner was deren Chancen auf den Sieg durchaus schmälern kann. Bei diesem Problem kann man sich aber leicht selbst behelfen: sobald der erste Spieler in die Mönchskutte schlüpft legt man auf der Rundenleiste von der nächsten Runde bis einschließlich Runde 11 je eine beliebige Münze aus der Bank. Bei einer neuen Runde kommt die Münze zurück und das leitet die Almosenphase ein. So wird diese nicht vergessen und man hat einen guten Überblick wie viele Almosen noch kommen.

 

Wenn man Adelige in seinen Einflussbereich einbezieht (sprich: einen schwarzen Adeligen-Stein an sich nimmt) kann man diesen nur hier und jetzt statt hinter seinen Sichtschirm auch gleich wieder abgeben und dafür 20 Ducati kassieren. Eindeutig und klar aber keine entsprechende Merkhilfe beim Aktionsfeld für Adelige und damit schon wieder leicht vergessen.

 

Die Tatsache dass alle Franziskaner-Städte in den Runden 15 und 16 aktiv sind wird durch ein Franziskus-Symbol neben diesen Runden angezeigt. Sehr löblich. Allerdings findet sich dasselbe Symbol auch bei Runde 14 was falsch ist. Pech. Nun habe ich allerdings herausgefunden, dass wohl nur die deutsche und die französische Regel diese Eigenschaft auf die Runden 15 und 16 beschränken. Die italienische (und damit die Urversion!) und auch die meisten anderen Sprachen legen für die gleiche Sache die Runden 14 bis 16 fest. Man kann also guten Gewissens die Symbole des Planes als solche gelten lassen und die Regel entsprechend korrigieren.

 

Ein Fehler hat sich auch auf den Sichtschirmen eingeschlichen: die gesammelten Äbtissinnen, Adeligen und Politiker in Form von Spielsteinen habe unterschiedliches Gewicht bei Wahlen: Politiker haben 3 Stimmen, Adelige haben 2 Stimmen und Äbtissinnen nur eine Stimme. Nun ja, die Frauenemanzipation war auch noch in weiter Ferne. Diese unterschiedlichen Stimmgewalten werden bei verschiedenen Anlässen gewertet, sind aber immer in dieser Art verteilt. Leider auf den Sichtschirmen falsch angeführt. Sollte man dort ausbessern. Ansonsten geben die Sichtschirme einen brauchbaren Überblick über die Abschlussphase am Spielende: wofür man wie viele Volgare-Punkte bekommt. Allerdings fehlt ein Hinweis auf die zusätzlichen 5 Volgare-Punkte wenn sich alle 5 Sprachen bei den Manuskripten finden.

 

Ich habe auch noch einen Vorschlag für eine kleine Regeländerung: laut Regel beginnt jeder Spieler auf der Wissensstufe 1. Damit ist es möglich ohne Investition in das Wissen sofort ein Manuskript der Stufe 1 abzugreifen. Die Spielerreihenfolge ist allerdings rein zufällig und damit der Startspielervorteil unverdient gegeben. Einen Ausgleich dafür gibt es zwar bei der Wahl der Start-Zonen, aber das kann man noch damit ergänzen, die Steine der Wissensleiste einen Schritt weiter rechts zu platzieren. Damit starten alle Spieler ohne Wissen. Will also ein Spieler ein Manuskript haben, muss er bereits in Wissen investieren und kann nicht bequem hocken bleiben und auch für die nächste Runde seine gute Startposition haben ohne dafür einen Nachteil in Kauf nehmen zu müssen. Mir hat diese Variante gefallen. Sie sorgt schneller für Veränderungen auf der Wissensleiste und damit für mehr Dynamik in der Spielerreihenfolge.

 

Abschließend möchte ich noch klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass mir trotz all meiner Kritikpunkte (die ja nur Regel und Merkhilfen betreffen) DVE ausgesprochen gut gefällt. Es ist eine Taktikspiel, das vor allem davon lebt, im hier und jetzt aus der Situation das Beste zu machen. Gewürzt mit einigen strategischen Elementen wie dem Einfluss auf die Spielerreihenfolge (was auch durch Faulenzen möglich ist!), dem Vorausplanen der Reiseroute oder der schon erwähnten Planung des eigenen Wissens. Wer sich nicht an der durchaus gegebenen Abhängigkeit von den Mitspielern, der nötigen Portion Glück und den komplexen Regeln abschrecken lässt, kann mit DVE eine vergnügliche Spielerfahrung machen.

 

DI Wolfgang Lehner

 

Spieler         : 2-5

Alter            : ab 14 Jahren

Dauer           : ca. 120 +

 

Autor           :  Mario Papini

Grafik          : Lamberto Azzariti, Guido Favaro, Eva Villa

Preis            : ca. 40 Euro

Verlag          : Lookout Games

 

Genre          : Punkteoptimierungsspiel

Zielgruppe    : Expert

 

Sprache        : de

Regeln         : de en es fr it

Text im Spiel : nein

 

Kommentar:

Sehr komplexe Regeln, manchmal unklar

Spieldauer und Spielablauf stark beeinflusst von der Spieleranzahl

Sehr viele Gewinnstrategien

 

Vergleichbar:

Vinci, Agricola

 

Meine Bewertung: 5

 

Wolfgang Lehner:

Ein Spiel mit vielen Regeln und Details das aufgrund der daraus resultierenden vielen Entscheidungsvarianten reizvoll ist.

 

Zufall                            1

Taktik                  3

Strategie__                  2

Kreativität          

Wissen_              

Gedächtnis         

Kommunikation  

Interaktion                   1

Geschicklichkeit 

Action