UNSERE REZENSION

 

Terry Pratchett Scheibenwelt

 

Ankh-Morpork

 

Lang lebe der Patrizier!

 

Ankh-Morpork, die größte Stadt des Namenlosen Kontinentes der Scheibenwelt, beherbergt viele Sehenswürdigkeiten. Wer würde nicht gerne an einem der zahllosen Bankette in der Unsichtbaren Universität der Zauberer teilnehmen, das Opernhaus auf der Götterinsel von Ankh (die wohlhabendere Stadthälfte) besuchen oder die Messingbrücke mit ihren legendenumwobenen Nilpferdskulpturen (sie sollen stets zur Flucht bereit sein, falls Ankh-Morpork Gefahr droht) überqueren? Mit einiger Wahrscheinlichkeit landet man als Ausländer, nachdem man in den eher ungemütlichen Stadtvierteln von Morpork (die ANDERE Stadthälfte) mit ziemlicher Sicherheit ausgeraubt worden sein wird, im Kittchen – ebenfalls ein Hot-Spot, der in keinem Stadtführer der Scheibenwelt fehlt. Fast alle Verfasser von Reiseführern haben zumindest diese Stätte eher minder als mehr freiwillig aufgesucht.

Das Spiel zur Stadt aus den spaßigen Fantasy-Romanen von Terry Pratchett (seit 2008 Sir Terence, OBE) von Martin Wallace („Age of Steam“, „Rise of Empires“) beginnt an dem Tage, als der diktatorische Herrscher, Lord Havelock Vetinari (oder kurz „Der Patrizier“ genannt), wieder einmal verschwunden ist. Bis zu vier Spieler schlüpfen in die Rolle eines Kandidaten (geheim gezogen aus einer Auswahl von sieben, darunter übrigens auch Lord Vetinari sowie keine einzige weibliche Person) um die Macht im Stadtstaat. Mithilfe von Aktionskarten (Handkarten) und hin und wieder Ereigniskarten versucht man, seine vor der Konkurrenz tunlichst geheim zu haltende Siegbedingung zu erfüllen. Dies bedeutet in den meisten Fällen, mehr der zwölf Stadtbezirke zu kontrollieren als die anderen, ein Charakter gewinnt aber mit dem meisten Glod (hier wird selbstverständlich in Ankh-Morpork-Dollars gerechnet), ein weiterer, sobald in acht Bezirken das Chaos tobt und ein letzter Charakter, sobald der Aktionskartenstapel aufgebraucht ist. Verschiedene auf den Karten aufgedruckte Aktionen erlauben darüber hinaus, Dämonen zu rufen, Trolle zu kontrollieren und ähnliches an Wirrsinn mehr.

 

Was zu tun ist, um zu gewinnen, hängt also hauptsächlich von der zufällig gezogenen Geheimidentität ab. Für die meisten dieser Charaktere ist es jedenfalls wichtig, den größten Einfluss in möglichst vielen Stadtbezirken zu haben. Dies geschieht durch das geschickte Platzieren von Unterstützern (Handlanger), aber auch durch das Errichten von Gebäuden in der eigenen Farbe. Gebäude können nur mehr durch eine Flut oder ähnliche Naturereignisse (diese werden daher durch Ereigniskarten ausgelöst) sowie vom Besitzer (wenn alle eigenen Gebäude schon errichtet sind) vom Spielplan entfernt werden, ansonsten bewahren sie den Einfluss ihres Besitzers und seine Handlanger werden dadurch frei, in anderen Distrikten Unruhe zu stiften oder auf andere Weise für ihren Boss zu handeln. Um die Konkurrenz über die wahre Identität so lange wie möglich im Unklaren zu lassen, sollte man auch mit anderer Zielsetzung (etwa, im größten Chaos zu triumphieren) ein wenig in den Revierkämpfen mitmischen. Dies wiederum geschieht durch das Ausspielen von Aktionskarten (zwei Kategorien – blauer oder brauner Rahmen, wobei die meisten der blauen Karten als Anfangshand ausgeteilt werden; Handlimit von fünf, aber mit zahlreichen Ausnahmen, wie es sich in der Pratchett-Welt gehört). Mit Hilfe dieser Aktionskarten kann man Handlanger einsetzen (meist wird dann auch ein Unruhemarker in denselben Bezirk gesetzt, allerdings höchstens einer je Distrikt), Gebäude errichten (sofern in dem Stadtteil kein Unruhemarker liegt), Geld einnehmen, unter gewissen Bedingungen (es muss ein Unruhemarker im betreffenden Bezirk liegen) gegnerische Handlanger ausschalten, die Stadtwache rufen (einen Unruhemarker entfernen), den jeweiligen Kartentext befolgen, eine weitere Karte ziehen, die Konkurrenz am Spielen in dieser Runde hindern, oder eine Ereigniskarte ziehen (die einzige zwingende Aktion). Durch Ereignisse können zum Beispiel Dämonen und Trolle auf das Spielbrett gelangen, die ähnliche Aufgaben wie Handlanger erfüllen, fast immer aber Unruhemarker ins Spiel bringen. Dämonen vor Ort verhindern auch, dass dieser Bezirk von einem Charakter kontrolliert werden kann, wozu ansonsten die Mehrheit an Spielsteinen in eigener Farbe genügt – Unruhemarker behindern nicht die Kontrolle über diesen Stadtteil. Der zwölfseitige Würfel hat übrigens einzig die Funktion, durch Zufall Stadtteile zu bestimmen (für Ereignisse wie die Flut und ähnliches).

Bei einem Spiel zu zweit werden einfach (genaues dazu in der sehr präzisen, angenehm kurzen und übersichtlichen Spielregel) einige Karten entfernt.

 

Dieses von den Regeln her sehr einfache Spiel kann man durchaus ohne tiefergehende Kenntnis der Schöpfungen von Terry Pratchett genießen. Wer sich aber auf der Scheibenwelt, getragen von den vier Elephanten Berilia, Jerakeen, Groß T’Phon und Tubul (der fünfte Elephant ist bekanntlich abgestürzt), die ihrerseits wiederum auf dem Panzer der Schildkröte A’Tuin durch das Multiversum reiten, auskennt oder gar heimisch fühlt, wird in „Scheibenwelt: Ankh-Morpork“ viele alte Bekannte treffen und mit Erinnerungen an fröhliche Lesestunden gefüllte Orte aufsuchen, und endlich auch einmal im Machtgefüge der interessantesten Stadt im Schatten der Farbe der Magie mitmischen dürfen. Für Adepten dieser doch recht eigenwilligen Sparte der Fantasyliteratur bietet diese Neuerscheinung aus dem Hause Kosmos einen deutlichen Mehrwert, verstärkt noch durch die hübschen Illustrationen der Karten und das Stadtplan-Spielbrett.

 

Martina & Martin Lhotzky, Marcus Steinwender

 

Spieler: 2-4

Alter: 10+

Dauer: 60+

Autor: Martin Wallace

Grafik: Peter Dennis, Solid Colors

Preis: ca. 35 Euro

Verlag: Kosmos 2011

Web: www.kosmos.de

Genre: Setzspiel um Mehrheiten

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: de

Regeln: de en

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Spiel auf Basis der Scheibenwelt-Romane

Besonders interessant für Freunde der Romane

An sich einfache Grundregeln

Hübsche Ausstattung

Flair der Romane wird transportiert

 

Vergleichbar:

Alle Setzspiele um Mehrheiten

 

Andere Ausgaben:

Englische, limitierte Deluxe-Ausgabe bei Treefrog, französische Ausgabe bei Iello, Englische bei Mayfair, weitere bei Kaissa, Phalanx Polska, Devir

 

Meine Einschätzung: 5

 

Martina, Martin & Markus:

Sehr schönes, unkompliziertes Spiel, das vor allem Freunden der Scheibenwelt-Romane großen Spaß bereiten wird. Für Vielspieler oder Liebhaber epischer Fantasyspiele allerdings zu einfach.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 2

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0