La Cittá

 

La Cittá

von Gerd Fenchel

für 2 bis 5 Spieler

ab 12 Jahren

Kosmos Spiele 2000

60 bis 150 Minuten

 

Vergleichbare Spiele:

Die Siedler von Catan (K, M)

Civilization (M, T)

 

WIN-Wertung:

**½ La Cittá  W SSS II U AAA  3 - 5 (2 - 5) hh

 

Stell' dir vor: Du bist ein italienischer Fürst vor rund 500 Jahren, also im Zeitalter der Renaissance. Die Sonne verwöhnt die hügelige Landschaft mit ihren üppigen Feldern und Hainen. Doch du bist nicht zum Faulenzen unter Olivenbäumen da. Du bist um das Wohl und das Gedeihen der beiden Stadtstaaten, die sich um deine beiden Castillos bilden, bemüht. Schließlich willst du deine Städte zu Zentren der Kultur, der Bildung und der Gesundheit machen, um viele Bürger anzulocken.

 

Natürlich kann das Rad der Zeit nicht wirklich zurückgedreht werden, aber das Spiel "La Cittá" - eine Neuerscheinung bei Kosmos Spiele - vermag es ganz gut, dich in die Toskana des 15. Jahrhunderts hineinzuversetzen. Der riesige Spielplan zeigt eine Landschaft mit Äckern, Gebirgen und Gewässern, durchzogen mit Pfaden aus Sechseck-Feldern. Auf diesen setzt du auch deine ersten beiden Castillos, das sind Gebäude, mit denen du eine Stadt gründest.  Die Siedlungen ziehen die ersten Bürger an, dargestellt durch kleine, niedliche Figuren (eine "Bürger"-Figur entspricht 1000 Bürgern). Diese Bürger werden im Laufe des Spiels dein Hauptaugenmerk sein. Denn wer zum Schluss, nach sechs Spieljahren, die meisten Bürger in seine Städte anziehen und versorgen konnte, gewinnt.

 

Betrachten wir zuerst mal einen der wichtigsten Aspekte: die Versorgung der Bürger. Es ist klar, dass du deine Bürger ausreichend mit Nahrung versorgen musst. Wenn sie nicht genug zu essen bekommen, wandern nämlich einige Bürger aus. Wie du das verhindern kannst? Schau drauf, dass es in deinen Städten immer genug Bauernhöfe gibt. Aber nicht einfach irgendwo, es ist logisch, dass ein Bauernhof in den Bergen weniger ertragreich ist als in den fruchtbaren Ebenen. Auf dem Spielplan erkennst du die besseren Äcker durch die Anzahl von Weizensymbolen. Steht dein Bauernhof beispielsweise zwischen einem 1er-Acker und einem 3er-Acker, können damit 4000 Leute ernährt werden. Zur besseren Übersicht erhältst du jedes Mal, wenn du einen neuen Bauernhof errichtest, entsprechende Nahrungs-Chips ausgehändigt.

 

Brot allein ist zwar lebensnotwendig, wird deine Bürger auf Dauer aber nicht zufrieden stellen. In 5 Politikrunden kannst die verschiedensten Einrichtungen bauen. Dies ist das Herzstück des Spiels, wo die Geschicke des eigenen Volkes gelenkt werden. Dir stehen dazu zum Einen deine eigenen drei Aktionskarten zur Verfügung, zum Anderen kannst du auch eine der 7 offen ausliegenden Politikkarten wählen. Die Aktionskarten kannst du hauptsächlich zum kostenlosen Bau eines einfachen Gebäudes nutzen, wie den bereits erwähnten Bauernhof. Weitere einfache Gebäude sind: Ein Steinbruch, der sinnvollerweise an einem Gebirge errichtet wird, bringt in Folge Einkommen in Form von Gold (der begehrte Marmor!!). Ein Marktplatz ist notwendig, um die Einwohnerzahl der Stadt über 5000 zu heben. Ein Brunnen, der natürlich an einem See errichtet werden muss und mit dem die Stadt danach über 8000 Einwohner wachsen kann. Und diverse Einrichtungen, die ich dir später erklären werde.

 

Mit einer Aktionskarte kannst du aber auch einen neuen Stadtstaat gründen, indem du einfach ein neues Castillo mit 3000 Einwohnern irgendwo, jedoch mit einem gewissen Mindestabstand zu anderen Siedlungen, auf den Spielplan einsetzt. Als dritte Alternative bleibt dir, mit einer Aktionskarte Steuern in Form von 2 Goldstücken einzuheben, Gold kannst du schließlich immer brauchen.

 

Wenn du dich hingegen für eine Politikkarte entscheidest, dann befolgst du die Anweisung der gewählten Karte. Einerseits lassen sich damit wertvollere Gebäude (mittlere und größere) bauen, wofür du hier allerdings mit Gold bezahlen musst. Andererseits gibt es recht brauchbare Politikkarten mit Aktionen. Stellvertretend möchte ich an dieser Stelle die "Reiche Ernte" erwähnen, welche die Erträge eines deiner Bauernhöfe für die laufende Runde verdoppelt.

 

Nach Abschluss der 5 Politikrunden kommt ein spannender Moment: Du erfährst, was das Volk gerade will. Ob ihm nun der Sinn nach Kultur steht, ob es mehr an Bildung interessiert ist, oder ob es momentan eher an der Gesundheit interessiert ist. Für jedes Spieljahr geben dafür vier Karten "Stimme des Volkes" den Ausschlag. Am Beginn jeden Jahres wird jedoch nur eine aufgedeckt, was zwar schon einen gewissen Anhaltspunkt, aber noch keinen definitiven Aufschluss gibt. Doch was hat dies für Folgen, wenn das Volk beispielsweise nach Kultur verlangt? Es ist wählerisch, und wenn sich in einer benachbarten, nicht allzu weit entfernten Stadt mehr oder bessere kulturelle Einrichtungen als in deiner Stadt befinden, dann wandert ein Teil deiner Einwohner (1000 Bürger) in die attraktivere Stadt aus. Kulturelle Einrichtungen werden genauso wie Gesundheits- und Bildungseinrichtungen in den Politikrunden gebaut, die Farbe der darauf abgebildeten Bögen zeigt an, welchen Zweck das Gebäude dient (Kultur weiß, Bildung schwarz, Gesundheit blau), die Anzahl der Bögen stellen deren Anziehungspunkte dar (einfache Gebäude 1 Bogen, mittlere 2 und große 3 Bögen).

 

Eine Stadt für sich alleine betrachtet, stellt keine großen Anforderungen: Sie wächst automatisch um 1000 Bürger pro Runde und du musst nur sehen, dass die Bürger ausreichend mit Nahrung versorgt sind und dass das Wachstum durch Marktplatz und Wasserversorgung gewährleistet ist. Allzu schnell kannst du deine Stadt aber nicht vergrößern, da jedes Gebäude, welches du ihr hinzufügst, auch mit einer Bürgerfigur besetzt werden muss. Wenn aber auf dem Castillo keine "verfügbare" Bürgerfigur mehr steht, kann auch kein Gebäude mehr errichtet werden.

 

Du bist jedoch nicht alleine in der Toskana, ein bis vier andere Fürsten haben nichts Besseres zu tun, als ihrerseits Städte zu bauen und entsprechend aufzubauen. So kommt unweigerlich die Zeit, wo die Städte durch allmähliche Expansion zusammenrücken. Dann hängt viel von der "Stimme des Volkes" ab. Hast du in deiner Stadt zuwenig der verlangten Einrichtungen im Vergleich zur Konkurrenz, kommt es unliebsamer Abwanderung, mitunter kann das auch dazu führen, dass du leerstehende Gebäude wieder abreißen musst! Zieht deine Stadt jedoch zu viele Bürger umliegender Städte ab, kann dies zu Problemen mit der Ernährung und zu Abwanderung durch Nahrungsmangel führen.

 

Ein Spieljahr gliedert sich also in acht Phasen: Startspielerwechsel, Karten "Stimme des Volkes auslegen", Einkommen in Gold kassieren (Steinbrüche), Zuwachs an Bürgern, 5 Politikrunden, "Stimme des Volkes" ermitteln, Wanderung der Bürger und schließlich Versorgung der Bürger. Nach sechs Spieljahren wird dann ermittelt, ob du der erfolgreichste Landesfürst warst. Du zählst deine Bürger (jede Bürgerfigur bringt einen Punkt), dazu kommen je drei Bonuspunkte für jede Stadt, die Gebäude in allen drei Errungenschaften vorweisen kann. 5 Minuspunkte musst du abziehen, wenn in der letzten Runde Bürger wegen Nahrungsmangel ausgewandert sind. Kommst du auf die meisten Punkte, hast du gewonnen.

 

"La Cittá" ist ein wirklich ausgezeichnetes Entwicklungsspiel, so richtig nach meinem Geschmack. Ganz im Sinne der Renaissance findet keine kriegerische Auseinandersetzung, sondern ein friedlicher Wettstreit statt. Es macht Spaß, seine Städte zu lenken. Und es ist einfach schön anzuschauen, wie sich Metropolen bilden, andere Städte immer kleiner werden, ja manchmal sogar ganz verschwinden. Die verschiedenen Spielelemente - und ich bin da noch gar nicht zu sehr ins Detail gegangen - sind sehr gut aufeinander abgestimmt und vor allem logisch aufgebaut, wodurch man beim Spielen nicht den Eindruck hat, dass es übermäßig kompliziert wäre. Was hingegen eine echte Herausforderung ist, ist die ständige Gradwanderung zwischen möglichen Wachstum (Siegpunkte) und der notwendigen Versorgung. Ständig will man eigentlich mehr machen, als man kann. Doch mit seinen 5 Aktionen während der Politikphase muss man schon sehr gut haushalten. Das Vernachlässigen der Nahrung wird übrigens noch mit dem Verlust einer Aktion in der nächsten Runde bestraft, was das Ganze noch heikler gestaltet. Hier liegt der für mich einzige negative Punkt: Dass man immer genau rechnen und nachzählen muss, ob genug Ernährungsplättchen vorhanden sind.

 

Die positiven Seiten überwiegen aber bei weitem. Vor allem gefällt mir, dass man viel Entscheidungsfreiheit besitzt. Der Zufall spielt da eher eine Nebenrolle, ganz wenig bei den Politikkarten, ein bisschen mehr bei der "Stimme des Volkes", und selbst da kann man mit bestimmten Karten ("Bürgernähe") mehr Aufschluss über die Wünsche der Bürger erlangen. Ich kann dem Spiel überhaupt einen sehr hohen Anforderungscharakter bescheinigen: Beim ersten Spiel muss man sich mit den Spielmechanismen einigermaßen vertraut machen. In den nächsten Partien ist man versucht, verschiedene Strategien auszuprobieren (Wie gut ist es, viele Steinbrüche zu haben? Was bringt es, eine dritte oder gar vierte Stadt zu gründen? Ist vielleicht eine Konzentration auf eine einzige Stadt sinnvoll? Soll man gleich zu Beginn für viele Bauernhöfe sorgen? etc.). Und schließlich ist es immer wieder reizvoll, beim variablen Spielplanaufbau - ähnlich wie bei den "Siedlern" - die "guten" Startplätze für seine Castillos herauszufinden.

 

Natürlich nimmt die Entwicklung ganzer Städte auch etwas mehr Zeit in Anspruch. Die Spielregel spricht von 60 bis 150 Minuten. Ich würde die tatsächliche Spielzeit jedoch auf ein wenig länger ansetzen, schließlich brauchten wir zu viert drei Stunden und zu dritt auch fast zwei. So ungefähr 45 Minuten pro Spieler sollte man einrechnen. Es sei aber noch einmal gesagt, dass sich diese Zeit absolut lohnt. "La Cittá" ist ein Highlight der Neuerscheinungen des für  meinen Geschmack bis jetzt  außerordentlich guten Jahrgangs 2000!