Die neuen Entdecker

 

Das Spiel:

Die neuen Entdecker

2-4 Spieler ab 10 Jahren

Klaus Teuber

Kosmos, 2001

 

Spiel der Spiele 2001 – vor einigen Tagen hatte ich das Vergnügen, in meiner Eigenschaft als Vorsitzende der Wiener Spiele Akademie an Klaus Teuber diesen Preis für sein Spiel „Die neuen Entdecker“ zu überreichen. Er wurde zum ersten Mal verliehen und in den Vorraussetzungen, die ein Spiel erfüllen muss, um diesen Preis bekommen zu können, steht unter anderem „von vielen Spielern empfohlen und für gut befunden“ und „.. sollte eine gelungene grafische Gestaltung und Ausstattung haben“.

 

Nun, das Spiel hat den Preis gewonnen und damit offensichtlich alle Kriterien erfüllt – aber fangen wir ganz von vorne an. Das bedeutet in diesem Fall „Entdecker“, denn „Die neuen Entdecker“ sind eine Überarbeitung bzw. Weiterentwicklung des 1996 bei Goldsieber erschienenen Spiels „Entdecker“.

 

Das Thema und der grundlegende Mechanismus sind gleich geblieben – Die Spieler sind Entdecker und fahren über den unerforschten Ozean. Dabei wählen sie in jedem Zug den Startpunkt des Schiffes neu und legen ein oder mehrere Kärtchen aus, auf denen Wasser, Teile von Inseln und Schifffahrtslinien in unterschiedlichsten Kombinationen zu sehen sind.  Man kann auf einer Insel auch Kundschafter, Siedlungen oder Stützpunkte errichten, fertige Inseln werden gewertet und es sind Startkosten bzw. Kosten für Plättchen in unterschiedlicher Höhe zu bezahlen.

 

So weit der Grundmechanismus, der beiden Spielen gemeinsam ist. Der Unterschied und die Feinheiten liegen im Detail und haben sich in einigen Punkten wesentlich und immer zum besseren hin geändert, aus einem damals schon guten Spiel mit konstantem Verkaufserfolg ist nun ein sehr gutes Spiel geworden.

 

Diese Veränderungen beginnen schon mit dem Spielplan, er ist von 70 auf 8x12 = 96 Felder angewachsen, dazu kommen 7 im alten Entdecker nicht vorhandene Häuptlingshütten mit dazugehörigen Pfaden und eine schöne Schlange als Zählleiste, und an allen vier Seiten Randfelder, die die Startkosten angeben, sie reichen von 0 im Süden über eins im Osten und Westen zu 2 im Norden. Die nun 180 statt wie früher 120 Plättchen werden nach ihren Rückseiten sortiert, dabei werden blanke und Fragezeichen-Plättchen gemischt und in 6 verdeckte Stapel geteilt, die Plättchen mit Ziffern auf der Rückseite werden als offene Stapel bereitgelegt. Jeder Spieler bekommt zahlreiche Kundschafter, 2 Stützpunkte und 1 Siedlung seiner Farbe, dazu 7 Gold als Startkapital, die 9 Pflanzenchips mit den Werten 3x5, 3x10 und 3x15 wandern in den Beutel und wir können anfangen, das heißt wir entscheiden uns für eine der vorgegebenen Startaufstellungen oder lassen uns selber eine einfallen, dabei werden die Bonusplättchen mit +5 und +10 ausgelegt.

 

Der aktive Spieler schaut zunächst einmal auf seinen Goldvorrat – ist dieser unter 4 gefallen, darf er würfeln und bekommt die erwürfelte Anzahl an Goldeinheiten, alle anderen Spieler aber um eins mehr. Und damit sind wir schon beim ersten Schritt des Zuges auf eine wesentliche Neuerung gestoßen, im alten Entdecker gab es automatisch jede Runde Nachschub. Nun muss man seine Goldvorräte sehr genau im Auge behalten, denn wenn man einmal zu würfeln beginnt, wird man dies meist nicht wieder los und beglückt damit alle anderen Spieler mit einem Gold mehr als man selber bekommt, und diese Geldknappheit wird man nur sehr schwer wieder los, vor allem da man in Schritt 2 und 3 des Zuges heftig bezahlen muss.

 

Zuerst einmal für den Start – man wählt ein Randfeld oder bereits entdecktes sprich gelegtes Plättchen als Startfeld und markiert dieses mit dem Schiff. Dann zahlt man die Startkosten, wobei man ein Plättchen wählen muss, dass mindestens mit einer Seite an unentdecktes Gebiet grenzt muss und von dem sich eine ununterbrochene Schifffahrtslinie an ein Randfeld verfolgen lässt. Sind auf dieser Linie keine Stützpunkte oder Siedlungen anderer Spieler vorhanden, zahlt man die Startkosten für das Randfeld, also 0-2, ansonsten kommen noch pro fremdem Stützpunkt oder Siedlung auf der Strecke  2 Gold als Startkosten dazu.

 

Hat man diese Kosten hinter sich, kann man nach Belieben bzw. Kapital Plättchen kaufen – von den verdeckten Stapeln um 1 Gold, von den offenen Stapeln um 4 Gold pro Plättchen, wobei man in einem Zug nicht mischen darf! Der Kauf vom offenen Stapel war übrigens im alten Spiel nicht möglich. Hat man nun auch diese Kosten bezahlt, nimmt man jeweils ein Plättchen und legt es an – dabei müssen die Geländeformationen übereinstimmen und auch die Schifffahrtslinien müssen fortgesetzt werden. Passt das gezogene Plättchen nicht, legt man es auf den Ablagestapel und zieht das nächste, die Kosten werden nicht ersetzt und es gibt auch kein Ersatzplättchen. Passt das Plättchen, legt man es an und zieht das Schiff darauf. Landet man dabei in einer Sackgasse, ist der Zug zu Ende, eventuelle weitere bezahlte Plättchen sind verloren. Entscheidet man sich dafür, auf dem soeben gelegten Plättchen – soferne es Land hat – ein Einheit abzusetzen, bezahlt man die Kosten dafür – 1 für den Kundschafter, 3 für den Stützpunkt und 6 für die Siedlung. Dabei sollte man vor allem auf Kundschafter achten, diese sind für die Dschungelpfade sehr wichtig! Allerdings bezahlt man das Absetzen einer Einheit auch mit dem Ende des Zuges, weitere schon bezahlte Plättchen verfallen ebenfalls.

 

Hat man keine Sackgasse erwischt und auch keine Einheit abgesetzt, kann man Plättchen ziehen und anlegen so oft wiederholen wie man Plättchen bezahlt hat. Entstehen dabei so genannte definierte Felder, d.h. Felder, die von allen Seiten von Plättchen oder vom Rand eingeschlossen sind, werden diese mit einem passenden Kärtchen von den offenen Stapeln aufgefüllt. Das können auch mehrere Felder sein, wenn sie nur von Landseiten begrenzt werden, also mit dem Schiff nicht mehr zu erreichen sind.

 

Bei den Plättchen von den verdeckten Stapeln gibt es auch solche mit Fragezeichen, hinter denen verbergen sich zusätzlich noch Ereignisse, die sowohl positiv als auch negativ sein können: 6x kann man je 3 Goldstücke bekommen, 5 x auf den Piraten treffen und die Hälfte des Goldvorrates (ungerade Ziffern werden vorher abgerundet), 6 x auf Ureinwohner stoßen und kostenlos einen Kundschafter aus dem Vorrat auf das vorderste freie Feld eines Pfades stellen, und 5 x in einen Sturm geraten, was den Zug sofort beendet, man darf nur mehr das Plättchen legen und eine eventuelle Inselwertung durchführen. Kann das Plättchen nicht gelegt werden, tritt auch das Ereignis nicht ein.

 

Auch hier kommt sehr viel an Taktik ins Spiel – es kann durchaus Sinn machen, ein Fragezeichen zu riskieren statt 4 Gold für ein offenes Plättchen zu bezahlen, alle Fragezeichen-Plättchen verfügen bis auf eines, das nur Wasser hat und eines mit nur einer Schifffahrtslinie, dafür aber 3 Landseiten über mehrere Inselseite oder gekrümmte Schifffahrtslinien oder 3 Schifffahrtslinien, also alles, was man oft dringend bräuchte und sich als offenes Plättchen vielleicht nicht leisten kann.

 

Wird durch ein neu gelegtes Plättchen eine Insel vollständig entdeckt, kommt es zu einer Wertung. Wer die wertvollsten Einheiten auf der Insel hat, bekommt die Anzahl der Plättchen auf der Zählleiste gutgeschrieben, aus denen die Insel besteht, dazu eventuelle Bonuspunkte, die zweit- und drittmeisten usw. Einheiten bringen jeweils die Hälfte der vorherigen Punkte, bei ungeraden Ergebnissen wird vorher aufgerundet. Nach dieser Abrechnung gehen Stützpunkte und Siedlungen an ihre Besitzer zurück und es kommt die große Zeit der Kundschafter. Wer die Wertung ausgelöst hat, darf – so vorhanden – als erster einen seiner Kundschafter auf einen der 7 Pfade vor den Hütten setzen, alle anderen vertretenen Spieler reihum immer einen, bis alle Kundschafter gesetzt sind. Betritt ein Kundschafter das erste Feld vor einer Hütte, zieht der Spieler einen Pflanzenchip aus dem Beutel – möglichst unsichtbar für die Mitspieler, schaut ihn sich an und versteckt ihn – ebenfalls unsichtbar für die Mitspieler – in der Häuptlingshütte. Setzt man einen Kundschafter auf ein Augenfeld, darf man sich den Pflanzenchip in der Hütte anschauen.

 

Sind alle Plättchen gelegt, werden die Kundschafter bzw. die Häuptlingshütten ausgewertet. Wer die Mehrheit an Kundschaftern vor einer Hütte hat, bekommt die Punkte auf dem Pflanzenchip in der Hütte gut geschrieben, bei Gleichstand bekommt die Punkte, wer einen Kundschafter weiter vorne hat. Danach gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.

 

Mit den beschriebenen Änderungen hat sich das Spiel in manchen Punkten entscheidend geändert, vor allem in der Spieldauer, es gibt mehr Felder zu entdecken. Gold wird zu einem wesentlichen Faktor, bei geschicktem Wirtschaften kann man durchaus 15 oder mehr Einheiten anhäufen und damit auf einen Schlag 3 offene Plättchen kaufen und so eine Insel vollenden und für sich werten oder die teure Siedlung absetzen und damit die Mehrheit erringen – und wenn man den Joker würfelt, kann man entscheiden, ob man sich und die anderen mit Gold überhäuft oder lieber alle knapp hält, um den Gegnern keinen Vorteil zu verschaffen – dann bekommt man aber auch selbst nicht viel. Schon bei den alten Entdeckern wurde von manchen der hohe Glücksfaktor bekrittelt. Dieser Glücksfaktor ist auch hier in hohem Maß vorhanden, bekommt aber ein anderes Gewicht, weil man über das Gold und auch die Möglichkeit, Plättchen vom offenen Stapel zu kaufen doch einiges steuern kann. Ganz wichtig sind auch die Kundschafter, man kann mit etwas Glück am Ende bis zu 45 Punkte einfahren und das kann absolut spielentscheidend sein – man muss sehr darauf achten, genügend Kundschafter abzusetzen, und niemals die Regel vergessen „Kleinvieh macht auch Mist“ – viele kleine Inseln zu vollenden, zu werten und allein den Kundschafter zu setzen kann am Ende den nötigen Punktevorsprung für den Sieg bringen. Hier sehe ich auch das einzige kleine Problem – um wirklich damit arbeiten zu können hat man meist zuwenig Kundschafter und manchmal auch zu wenig Geld, um genügend einsetzen zu können.

 

Eine spezielle Erwähnung hat sich die Spielregel verdient – sie ist, den Veränderungen entsprechend länger geworden, lässt aber keine Frage offen, alles ist genauestens erklärt, eventuelle Patts bei den Einheiten während einer Inselwertung, was macht man, wenn es keine offenen Plättchen gibt usw. Um auch Spielneulinge optimal an das Spiel mit seinen vielfältigen Möglichkeiten heranzuführen, gibt es eine bebildere Einführung ins Spiel, sozusagen eine Erst-Partie, bei der Schritt für Schritt für jeden Spieler erklärt wird, was zu tun ist. Taktische Tipps und eine Variante für zwei Spieler runden das Angebot ab.

 

Wie sich unschwer erkennen lässt, gefallen mir „Die neuen Entdecker“, sie haben der Kommission gefallen und auch vielen unserer Spieler, und auch andere Rezensionen waren positiv, so schreibt Michael Knopf in der Spielbox zum Abschluß “ … Aber unter uns gesagt: Neu ist besser als alt, und besser ist besser als gut“ und Matthias Hardel in der Pöppelrevue: „Für eine Jungfernfahrt sind die neuen Entdecker sicher bestens geeignet …“.

 

Aus meiner Sicht lohnt es sich auch für Besitzer der „alten“ Entdecker durchaus, sich die „neuen“ zuzulegen, man muss nur wirklich die alten vergessen und sich ganz auf die Regeln der neuen konzentrieren. Dann kann man sich an einem absolut gelungenen Spiel freuen.