Im Kampf gegen Unrecht

 

Die Abenteuer des Robin Hood

 

Ende des 12. Jahrhunderts hat sich in der Grafschaft von Nottingham dereinst in England die weithin bekannte Geschichte von Robin Hood zugetan. Der König der Diebe mit seinem mitfühlenden Herzen und seine Gefährten Little John, Maid Marian und Will Scarlet stellen sich dem Unrecht entgegen und enthüllen dabei dunkle Geheimnisse. Genau in diesen Rollen schicken wir uns an, unseren Widersachern, allen voran Prinz John, der Richard Löwenherz‘ Thron beansprucht, Sir Guy of Gisbourne und dem Sherriff von Nottingham mit seinen Mannen, den Garaus zu machen und wieder Frieden und Wohlstand in die Lande zu führen.

 

Abgesehen von der Einstiegspartie, in der jede Runde genauestens erklärt wird (was auch notwendig ist), stehen uns acht unterschiedliche, zusammenhängend-aufbauende Partien bevor, wobei es unbedingt notwendig ist, die richtige Reihenfolge einzuhalten, wir wollen ja Richard Löwenherz nicht gleich zu Beginn begrüßen. Es gilt also, die weithin bekannte Geschichte von Robin Hood nachzuspielen, oder besser gesagt dies zu versuchen, denn ein Scheitern kam ja nicht in der Geschichtsschreibung vor. Die Konsequenz? Einfach mit leicht geänderten Ausgangsbedingungen (werden im Buch angegeben) nochmal versuchen und beim zweiten Versuch besser machen, bzw. ein glücklicheres Händchen beim Würfelchen-aus-dem-Beutel-Ziehen beweisen.

 

Die Story selbst baut sich mit jeder Partie sukzessive auf und wird auch spielerisch intensiver, nimmt Regelwerk hinzu, adaptiert den Spielplan und bietet damit neue Optionen wie beispielsweise ein Waldlager oder die Baumbrücken im Wald, die einerseits Sicherheit bieten, andererseits eine raschere Durchquerung ermöglichen. Ein großes Plus, da der Zeitfaktor, der stark durch den Aktions- und Bewegungsradius beeinflusst wird, eine entscheidende Komponente im Spiel darstellt. Denn sind die Sanduhr-Marker verbraucht, scheitert das Unterfangen!

Apropos Bewegung: Diese passiert an sich frei - das Besondere an diesem Spiel - da es auf dem Spielfeld keine vorgegebenen Felder oder ähnliches gibt. Freilich existieren Einschränkungen, wie das grundsätzliche Verbot, die Burgmauer zu überqueren und natürlich ein Distanz-Limit, denn ist man am Zug, stellt man spezielle, für den eigenen Charakter vorgesehene, weitere Figuren, die als Distanz-Messer fungieren, neben die eigene und platziert seine Charakterfigur dann am Ende der Figuren-Reihe. Erreicht man so ein Aktionsfeld oder kommt in Schussdistanz, so kann man dementsprechend handeln. Ersteres hat Nachlesen im Geschichtenbuch zur Konsequenz, wo verraten wird, was uns das Aktionsfeld bietet. Diese sind übrigens, vergleichbar mit einem Adventkalender, in den Spielplan eingearbeitet, können geöffnet, komplett herausgenommen und auch gewendet wieder eingesetzt werden. Leider ist dies vom Handling her nicht einfach und führt leicht zu Beschädigungen am Karton, was zwar dem Spiel an sich nicht schadet, aber unschön aussieht und ein schlechtes Gefühl gibt.

Einer freundlichen Magd, einem fahrenden Händler, Kutschen oder auch einem Dorfbewohner wie dem Schmied, dem Pfarrer oder Bootsleuten kann da ebenso begegnet werden, wie ein paar Pilzen, ungewöhnlichen Waldabschnitten oder dem Hüter des Waldes, der ein wenig als Weissager, Geschichtenerzähler und Aufgabensteller fungiert. Dabei erfahren wir aber keineswegs nur Details zur Geschichte, nein, die treiben wir selber voran und müssen uns (fast) immer zwischen einigen Optionen entscheiden. Erbitten wir Unterstützung durch Vorräte, ermöglichen Warenkauf oder -tausch oder erhalten wir bestimmte Informationen, ist in der je Kapitel unterschiedlichen Textpassage vorgegeben. Auch zu räuberischen Aktionen tendieren wir mitunter und überfallen auch gerne Adelige oder überwältigen Wachen. Doch so einfach, wie es klingt, ist es keineswegs, ja anfangs stehen die Chancen, bei einem solchen Unterfangen erfolgreich zu sein, sogar richtig schlecht! Warum? Eine Auseinandersetzung wird mit einem cleveren Mechanismus abgehandelt, in dem Würfelchen unterschiedlicher Farbe aus einem Beutel verdeckt gezogen werden. Ein weißer sollte dabei sein, doch violette sind es meist. Die Verteilung ändert sich ständig, denn ist Sir Guy of Gisbourne am Zug, kommen drei weitere violette Würfelchen in den Beutel, (ein) weißer, wenn man auf weite Bewegung verzichtet. Entnommene Würfelchen werden nicht zurückgelegt und wir starten je nach Szenario und Spieleranzahl mit etwa 3:18 (violette), also wenig berauschend, allerdings durchaus Story-konform. Immerhin darf bis zu dreimal, mit mehr Waffen oder besserer Ausrüstung bzw. Charakter-Eigenschaft bis zu fünf oder gar sechsmal gezogen werden, jedenfalls wird man rasch erkennen, dass forsches Vorgehen wenig ratsam und „sich sammeln“ angesagt ist. Ein Dilemma, verrinnt doch damit die Zeit „schneller“, denn diese schreitet voran, wenn aus dem Holzscheiben-Beutel rot gezogen wird, was die „dunklen Ereignisse“ auslöst. Abgesehen vom Zeit-verrinnen-Lassen werden die Plättchen am Spielplan gewendet, was mitunter für unliebsame Überraschungen in Form von Wachen sorgt und diese auch gleich angreifen lässt. Letzteres führt zu einer Gefangennahme, aus der man sich erst befreien muss, was freilich Zeit kostet. Kein Wunder, dass auch der Hoffnungsmarker auf der Hoffnungsskala um eins sinkt – und gibt es keine Hoffnung mehr, dann steht´s  schlecht um uns.

 

Also besser andere bunte Scheiben aus dem Beutel ziehen, denn diese bestimmen generell, wer am Zug ist. Abgesehen von den Spielerfarben und rot gibt es da noch violett – Gisbourne, der uns Spielern an den Kragen will und uns bzw. den Charakter, der ihm am nächsten ist, durch die Landschaft „jagt“– und weiß bzw. grau, die alle bzw. einen beliebigen der Spieler nochmal ziehen lassen. Sind alle Scheiben gezogen, kommen alle wieder rein und es geht munter weiter, man kann also den dunklen Ereignissen nicht entkommen. Wenn es sich ungünstig ergibt und Guy zweimal oder Runden-übergreifend gar drei- oder viermal hintereinander gezogen wird, so kann der an sich „langsame“ Gisbourne zuschlagen. Die Konsequenzen werden nicht verraten, wie auch viele andere Details – wir wollen ja nicht spoilern – aber einige Kapitel-Titel bzw. Intros zwecks Gusto-Machen wollen wir trotzdem nicht unterschlagen.

Die Flucht (Einstiegspartie)

Robin kehrt von den Kreuzzügen zurück und trifft auf Will Scarlet. Little John wurde gefangen genommen. Prinz John kommt an. Little John muss befreit werden.

Ein sicheres Versteck

Die weiße und die violette Scheibe kommen ins Spiel. Robins Zuhause ist niedergebrannt. Ziel: Die Geächteten suchen ein sicheres Versteck.

Gold für König Richard / Eine schwere Entscheidung /Das große Turnier …/Der Schwur der 13

Die dunkelste Stunde

 

Das kooperative Abenteuer-Spiel mit taktischen und strategischen Elementen hat einige innovative Elemente, die Spaß machen und im Wesentlichen sehr gut funktionieren. Optisch ansprechend und auch nicht Spiel-hinderlich, passt auch das Material, abgesehen von den Schwierigkeiten beim Karton-Plättchen-Entfernen. Der doch nicht ganz simple Aufbau, die mitunter auftretenden Längen beim Spiel und die Gefahr beim Handling, etwas zu vergessen oder falsch zu machen, trüben die Begeisterung allerdings ein wenig. Story-Fetischisten werden gelegentlich irritiert sein und Bruder Tuck vermissen, jedoch schätzen, dass sich angesichts der vielen Zufalls-Elemente sich die Kapitel unterschiedlich erleben lassen. Dementsprechend ist auch ein wiederholtes Spielen möglich, wenngleich der Spielreiz doch angesichts der fehlenden Story-Überraschung bei manchen deutlich sinken wird - Zug-Optimierern bietet sich hingegen so ein besser einschätzbares Feld.

Vom Schwierigkeitsgrad her als moderat für Planer und Experten, schwierig für „Hau-drauf-Spieler“ einzustufen, was durchaus auch zu Gruppen-Diskussionen führen kann – potentielle Spieler-Dominanz nicht ausgeschlossen.

Hinweis: Wer neue Stories wünscht, dem kann auf der Verlagshomepage geholfen werden – zum Zeitpunkt des Berichts gab es bereits zwei, Tendenz: da kommt noch was, zudem erscheinen Erweiterungen sehr wahrscheinlich.

 

Thomas Bareder

 

Spieler: 2-4

Alter: 10+

Dauer: 60+

Autor: Michael Menzel

Gestaltung: Michael Menzel, Fiore GmbH

Verlag: Kosmos 2021

Web: www.kosmos.de

Genre: Kooperativ - Abenteuer - Geschichte

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: de

Regeln: de en nl pl

Text im Spiel: ja

 

Thomas Bareder: 6/5*

*wenn durchgespielt

 

Zufall (rosa): 2

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 1

Kommunikation (rot): 1

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0