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In Bibliothek und SCHMIEDE

 

Abtei der Rätsel

 

Mönch und Novize auf Buchstabensuche

 

Es war einmal … So fangen normalerweise Märchen an und eine Art Märchen steht auch am Anfang dieser Spielbesprechung. Es war einmal ein ambitionierter Spielautor namens Thomas Fackler, der stellte einst, Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts, ein Spiel als Prototyp vor, von dem alle, die es ausprobiert hatten, sehr angetan waren. Er bekam viel Lob und Zuspruch und wurde auch ermuntert, das Spiel eventuell selbst zu verlegen. Dann war es einige Zeit ruhig um das Spiel und dann kam eine Nachricht des Autor, er werde das Spiel nun tatsächlich selbst verlegen und habe sich für eine ungewöhnliche Präsentation entschieden, er werde eine extrem limitierte Luxusvariante produzieren, quasi ein Spiel, das von vornherein mehr Kunstobjekt und Sammelstück sein sollte denn Spiel.

Und so kam es auch – Aus Pergament, Büttenpapier, weißem Ton, Birnbaumholz und Goldprägung entstand damals und entsteht heute noch ein Kunstwerk, das derzeit um 2600 Euro als ein Exemplar von insgesamt höchstens 200 erworben werden kann. So wie so oft in Märchen, wenn die Fanfaren verklungen und der Prinz entschwunden ist, bleibt das gemeine Volk zurück und schaut sehnsüchtig hinterher, so auch hier, denn für die meisten unter uns ist das wohl ein Preis jenseits des Machbaren und leider konnte und kann man das Spiel auch nicht einfach als Luxusspielerei für die Vitrine abtun, denn es war ein absolut gutes Spiel.

 

Es basiert lose auf dem Roman „Der Name der Rose“ von Umberto Eco, nur dass die Mönche nicht ein Verbrechen aufklären sollen, sondern ein Rätsel lösen, das ein Spieler in der Rolle des Abts sich ausdenkt und vor den Mönchen beschützt. Dieses Rätsel ist ein Wort aus 5 bis 10 Buchstaben, wird in Büchern versteckt und soll von den Mönchen gefunden werden. Dazu bewegen sich die Mönche mit ihren Novizen durch die Räume, die Mönche langsamer, die Novizen schneller, die Mönche lesen die Bücher, die Novizen bringen ihnen die Bücher. Der Abt hingegen will die Lösung verhindern, er kann Bücher und Felder blockieren und auch Figuren von Büchern vertreiben. Darüber hinaus können noch die Bücher von Raum zu Raum wandern, was Gelegenheit gibt, an manche sonst nicht zugängliche Bücher zu kommen. Zu bestimmten Zeiten des vorgegebenen Stundenplans müssen sich die Mönche an bestimmten Orten einfinden, zum Beispiel um 12 Uhr im Refektorium oder des Abends im Schlafsaal. In der Nacht kann man auch noch ein Buch aus der Bibliothek lesen. Nach zwei Tagen muss das Rätsel gelöst sein, ansonsten gewinnt der Abt.

 

Womit die Geschichte nicht zu Ende ist, denn manchmal werden Sprichwörter, so alt wie Märchen, wahr, „gut Ding braucht Weile“ zum Beispiel, und so war es auch im Falle der “Abtei der wandernden Bücher“ – ohne Vorwarnung tauchte sie heuer in Nürnberg aus dem Bereich der Spielelegenden wieder auf, am Stand von Kosmos unter dem Titel „Abtei der Rätsel“.

Also lasst uns nachschauen, ob und was der Zahn der Zeit am Spielprinzip verändert hat.

Abt, Mönche und Novizen sind noch da, der Abt beginnt in der Bibliothek, die andern am Startfeld außerhalb der Mauer. Die Bibliothek bleibt nicht verschlossen, man braucht nun einen Schlüssel, um sie betreten zu können, 2 Schlüssel pro Spieler werden in die Kirche gelegt. Das Refektorium sprich der Speisesaal ist auch noch da, doch trifft man sich dort nicht mehr zum Essen, sondern man holt sich dort Brot, fünf Brote pro Spieler kommen in den Speisesaal, eines davon geht gleich zu Beginn an jeden Spieler. Die Bücher 1 bis 6 werden auf die Gebäude der Außenmauer verteilt, die Bücher 7 bis 10 auf die Türme der Bibliothek.

Hier gibt es nun eine massive Änderung, die Buchstaben für das Wort stecken nicht mehr einzeln in den Büchern, sondern es gibt vorgegebene Worte auf Karten, von denen die Spieler zu Beginn je nach gewünschtem Schwierigkeitsgrad eines ziehen und in das – übrigens sehr hübsch gestaltete – Bücherregal stecken, die Bücher sind nur mehr Platzhalter für die Schieber mit derselben Nummer am Bücherregal.

 

Zwischendurch eine Bemerkung zu diesen Wörtern – die einfachen Rätsel bestehen aus 10 Buchstaben, denn da ist jeder gefundene Buchstabe ein eindeutiger Hinweis, sie sind auf den grünen Karten zu finden. Bei den Wörtern mit weniger als 10 Buchstaben sind die freien Stellen mit * gefüllt, die Karten sind rot und es kann zum Beispiel **SIEG*E*L draufstehen, und nur die Information, dass es sich um ein Wort mit mindestens fünf Buchstaben handeln muss, hindert den Mönch daran, einen Lösungsversuch mit dem Wort SIEG zu versuchen.

Aber noch sind wir nicht soweit, wir sind erst am Anfang der Suche. Es gibt eine genaue Aufgabenteilung zwischen den Figuren eines Spielers. Der Mönch kann pro Zug bis zu zwei Schritte gehen und er kann in seinem Zug entweder gehen oder ein Buch lesen, nicht beides, und ein Mönch kann auch niemals ein Buch tragen. Sein Novize kann bis zu 4 Schritte weit gehen und so wie der Mönch Gebäude und Felder betreten, bei beiden vergrößern Brote die Zugweite um einen Schritt pro Brot, das man zurück in den Speisesaal legt. Ein Novize kann ein Buch mit sich tragen, er kann damit durch Orte mit einem Buch gehen, aber am Ende des Zuges darf nur ein Buch pro Ort vorhanden sein. Ein Novize kann niemals ein Buch lesen. Ein Novize kann ein Buch von einem Ort mit anderen Novizen wegtragen, steht ein Mönch bei einem Buch, kann nur dessen eigener Novize das Buch wegschaffen.

Wer am Zug ist und seinen Mönch an einem Ort mit Buch stehen hat, kann den Mönch lesen lassen, dabei stören andere anwesende Mönche oder Novizen nicht. Wer liest, nimmt das Regal, nennt die Buchnummer und öffnet den entsprechenden Schieber. Er merkt sich den Buchstaben, schließt den Schieber und notiert den Buchstaben. Werden Novize, Mönch und Brote geschickt kombiniert, kann ein Mönch in einem Zug mehrere Bücher lesen, der Novize kann eines bringen, nach dem Lesen wieder wegtragen und ein neues holen. Diese Kombination ist das Herzstück des Spiels und der Schlüssel zum Sieg, wer hier geschickt plant kann sich einen ordentlichen Vorteil erarbeiten.

 

Aber mit Bücher tragen ist die Arbeit des Novizen nicht getan, er muss auch Brote und Schlüssel herbeischaffen, er kann 2 Brote oder einen Schlüssel zusätzlich zum Buch tragen und muss seinen Mönch auf dem gleichen Feld treffen, um ihm die Gegenstände zu übergeben. Erst nach der Übergabe haben die Dinge Gültigkeit und können vom Spieler eingesetzt werden. Brote braucht man, wie schon erwähnt, zur Vergrößerung der Zugweite, pro Schritt legt man ein Brot zurück in den Speisesaal. Den Schlüssel braucht man um die Bibliothek zu betreten, dort muss man sich für ein Buch entscheiden, kann es im nächsten Zug lesen und muss dann die Bibliothek wieder verlassen. Für ein neuerliches Betreten muss man wieder einen Schlüssel abgeben.

Und was macht der Abt? Nun der fungiert noch immer als Blockade. Zu Beginn seines Zuges würfelt jeder Spieler und muss den Abt auf das Buch mit der gewürfelten Zahl versetzen. Damit vertreibt er sofort alle anderen Figuren aus diesem Feld an einen benachbarten Ort. Das Buch ist nun blockiert und kann nicht gelesen werden. Figuren können durch das Feld mit dem Abt hindurchgehen, aber den Zug nicht dort beenden. Und wer den Abt partout nicht dort haben möchte, wohin ihn der Würfel schickt, kann ein Brot abgeben um neu würfeln zu lassen, auch mehrfach. Der Abt blockiert also nur die Bücher 1 bis 6, nie jene in der Bibliothek.

 

Natürlich kann jeder Spieler statt eines normalen Zugs auch einen Lösungsversuch machen. Er sagt ihn an, notiert das Wort und überprüft das Buchregal. Hat er das richtige Wort notiert, zeigt er es den anderen Spielern und hat sofort gewonnen. Wenn nicht, sagt er nur „falsch“ und legt das Regal zurück, er scheidet aus dem Spiel aus. Das war’s schon, es gibt noch einige Pfeile auf dem Plan, die die Richtung vorgeben in der man Gebäude betreten oder verlassen muss, die Wanderung der Bücher und der Stundenplan für die Mönche fehlen. Findet niemand das Wort, gewinnt der Abt.

 

Hier steh ich nun und bin verwirrt, als bekennendem Empire Builder Fan fällt mir wirklich der Vergleich mit diesem Spiel ein, man sucht die kürzest mögliche Strecke um raschest möglich Aufträge zu erledigen sprich die Buchstaben zu finden. Dabei spielt die ursprüngliche Verteilung der Bücher eine wesentliche Rolle, und auch die Würfelei für den Abt – wer es schafft, die ersten drei Buchstaben schnell zu finden, und zwischendurch noch schnell im Speisesaal vorbeizugehen um ein Brot zu holen braucht meist nur mehr einen oder zwei Bestätigungsbuchstaben und möglicherweise auch nur einen Besuch in der Bibliothek, da ja dort laut Regel die vier Endbuchstaben des Worts liegen müssen.

Die kurzen Wörter sind tatsächlich wesentlich schwieriger, da die Leerzeichen ziemlich willkürlich verteilt sind, zum Beispiel ***KRE*UZ*, aber das macht ja den Reiz des Spiels aus, mittelalterlich deftiges Vokabular ob fälschlich interpretierter Teilinformation und darauf erfolgendem Ausscheiden wurde gehört!

Obwohl das Spiel vom Schwierigkeitsgrad her durchaus als etwas anspruchsvolleres Familienspiel durchgehen könnte, wird es wohl eher nur Familien mit älteren Kindern zu empfehlen sein, da manche der Wörter im Wortschatz von jüngeren Kindern wohl eher nicht enthalten sind. Aber damit droht das Spiel zwischen zwei Stühle zu geraten, denn für geübte Spieler wiederum ist der Mechanismus zu einfach und der nur vom Würfelglück oder meinem Brotvorrat abhängende Abt als Blockade etwas zu wenig an Taktik.

 

Ein bisschen kommt hier auch der Effekt entzauberter Legenden zum Tragen, im hellen Licht von 20 Jahren Spielentwicklung bleibt ein sauber gemachtes, gut funktionierendes Spiel für Freunde von Wortsuchspielen und Zugoptimierungsspielen.

 

Dagmar de Cassan

 

Spieler         : 2-4

Alter            : ab 10 Jahren

Dauer           : ca. 40 min

 

Autor           : Thomas Fackler

Grafik          : Yuxi Wan, Gunter Grossholz

Titel            : ident

Preis            : ca. 35 Euro

Verlag          : Kosmos 2011

                     www.kosmos.de

 

Genre                    : Setz- und Sammelspiel

Zielgruppe             : Mit Freunden

 

Sprache        : de

Regeln         : de

Text im Spiel : ja

 

Kommentar:

Überarbeitete Neuauflage von „Die Abtei der wandernden Bücher“

Schöne Ausstattung

Regeln gegenüber dem Original verändert

Trotz Hintergrundstory eher abstrakte Zugoptimierung

 

Vergleichbar:

Abtei der wandernden Bücher, für den Mechanismus auch Logistikspiele wie Auf Achse

 

Meine Bewertung: 4

 

Dagmar de Cassan:

Befreit vom Staub der Legenden, bleibt ein handwerklich ordentlich gemachtes Spiel übrig, mit vollständigen, wenn auch etwas umständlich geschriebenen Regeln, für eine eher selektive Zielgruppe.

 

Zufall                            1

Taktik                  3

Strategie__                  2

Kreativität          

Wissen_               2

Gedächtnis         

Kommunikation  

Interaktion                   1

Geschicklichkeit 

Action