SAUERBAUM

 

Sauerbaum.

Ein riskantes Würfelspiel/Ein ungewöhnlich faszinierendes Umwelt- Spiel.

Von Johannes Tranelis.

Für 3-7 Spieler

Herder 1988.

 

0. Grundidee

40 - 60 Spielsteine (Regentropfen) bewegen sich im Laufe des Spieles von oben (Baumkrone) nach unten (Baumwurzel). Die Spieler sollen möglichst viele dieser Steine zu schlagen, ehe diese die Wurzel erreichen. Die Bewegung aller Steine wird dabei durch Würfelresultate gelenkt.

 

1. Spielmaterial.

(a) Der Spielplan ist ein unregelmäßiges Teilgebiet (Form eines Baumes, siehe Abbildung) eines Quadratrasters. Die Quadrate stehen dabei auf der Spitze.

(b) 60 Steine (Regentropfen ) und 7 Spielfiguren.

(c) Würfel.

 

2. Spielablauf.

(a) Zu Beginn des Spieles befindet sich ein Tropfen im obersten Feld des Spielplans. Die restlichen Tropfen (Anzahl nach Vereinbarung, ca. 40-60) befinden sich "in einer Wolke" außerhalb des Spielplans.

(b) Die Spielfiguren beginnen ihren Zug auf dem Startfeld (unteres Ende des "Stammes"- Pfeil).

(c) Die Spieler sind reihum am Zug:

(c I ) Bewegen der Tropfen ("Regnen"):

Durch Würfeln wird bestimmt, wie viele Tropfen (1-6) sich bewegen. Die Bewegung erfolgt Zeile für Zeile, von links nach rechts, und von oben nach unten. Die Tropfen werden einzeln bewegt, und zwar wird jeweils der oberste Tropfen ( d.h. solange vorhanden, ein Tropfen aus der Wolke, bzw. später der Tropfen "links oben") auf das erste freie Feld gesetzt (d.h. auf das erste Feld, das weder von einem Tropfen, noch von einer Figur besetzt ist). Sind nur mehr wenige Tropfen im Spiel, so kann es sein, dass derselbe Tropfen auch mehrmals bewegt wird.

 

(c2) Bewegen der Spielfigur (Einsammeln von Tropfen):

Der Spieler zieht seine Figur in drei Schritten. Die Schrittweiten dazu werden durch Würfeln mit drei Würfeln bestimmt. Die Reihenfolge, in der diese Schrittweilen verwendet werden, ist jedoch frei wählbar. Ein Schritt kann waagrecht, senkrecht oder diagonal verlaufen. Stößt die Figur dabei an den Rand des Spielplans, oder erreicht sie das Feld mit dem Kreis (oberes Ende des Stammes), so darf die Richtung beliebig geändert werden (dies kann auch mehrmals im selben Schritt erfolgen, auch Umkehren ist gestattet). Endet der Schritt auf einem Feld, das von einem Tropfen besetzt ist, so wird dieser geschlagen. Tropfen können nicht übersprungen werden und blockieren gegebenenfalls den Zug. Fremde Figuren blockieren den Zug nicht; auf dem Feld, auf dem der Zug endet, darf jedoch keine Figur stehen.

Tropfen die sich auf der letzten Zeile ("Wurzel") befinden, können nicht geschlagen werden.

 

3. Spielziel.

Das Spiel ist ohne Sieger beendet, sobald 7 Tropfen die letzte Reche (Wurzel) erreicht haben. Ansonsten wird gespielt, bis alle Tropfen geschlagen oder in der Wurzel sind. Es gewinnt jener Spieler ["Retter des Baumes"), der die meisten Tropfen geschlagen hat.

 

SAUERBAUM ist, das sei gleich vorausgeschickt, ein durchaus akzeptables Spiel: Als Würfelspiel ist es zwar stark zufallsabhängig, doch lassen die Spielregeln genug Raum für Entscheidungen, mit denen die Auswirkungen des Zufalls beeinflusst werden können. Es ist daher für Kinder - kleine Kinder - sicherlich unterhaltsam, wenn auch kaum so "faszinierend", wie der Untertitel behauptet. Überdies ist es

hübsch aufgemacht und solide (Holzsteine!) ausgestattet. Auch die Regeln sind sorgfältig verfasst, auch wenn manchmal ein Zuviel an Worten (der Story zuliebe!) das Wesentliche etwas verdeckt. Aber da die Regeln ja sehr einfach sind ...

(Übrigens: In den Regeln fehlt mir ein Hinweis dazu, wie die Größe der Wolke der Spieleranzahl angepasst werden soll.) Trotzdem scheint mir Kritik am Platz zu sein! Was mir missfällt, ist die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Denn

offensichtlich ist SAUERBAUM pädagogisch-didaktisch ambitioniert: Es wird als "Umweltspiel" bezeichnet. Und es huldigt der modernen (?) Ansicht, dass Wettstreit schädlich ist: Das Spiel ist für alle(!) verloren bzw. gewonnen, und das Wort Sieger wird peinlichst vermieden - auch wenn es als Konzession an das Konkurrenzdenken einen "Retter des Baumes gibt. Diese beiden Merkmale sind dem Spiel aber künstlich aufgepropft. Sie sind nur Masken, hinter denen keine wirkliche Substanz steckt:

 

Denn zum einen hat die Spielmechanik nichts mit Umweltschutz und schon gar nichts mit Ökologie zu tun. Das Bild von den "sauren" Regentropfen (wieso heißt das Spiel eigentlich SauerBAUM?), die von der Spitze des Baumes schön brav, Zeile für Zeile, hinabrinnen und unschädlich gemacht werden, indem sie von eifrigen "Rettern" aufgesammelt werden, ist doch wohl zu kindisch. Sicherlich: die Stories zu Spielen sind oft an den Haaren herbeigezogen - offensichtlich, weil abstrakte Spiele aus irgendeinem Grund um jeden Preis vermieden werden müssen, aber gerade bei einem so ernsten Thema wie dem sauren Regen sollte man nicht ein derart verfälschtes Bild zeichnen! (Viel naheliegender wäre es gewesen, aus dem Spiel eine Art Star Invaders zu machen. Aber das ist ja verpönt, weil aggressiv...)

Auch das kooperative Element ist nicht überzeugend: Sicherlich ist Zusammenarbeit nötig, wenn man einen Verlust des Spiels möglichst sicher vermeiden will. Aber welcher Spieler (welches Kind) wird nicht bald auf die Idee kommen, destruktiv zu spielen, weil es nicht mehr "Retter" werden kann. Und wer verhindert, dass sich jener Spieler ( jenes Kind) als Sieger fühlt, das bei "verlorenem" Spiel die meisten Tropfen gesammelt hat? Warum hat man da einem Modetrend nachgegeben?

 

WlN-Wertung:

Sauerbaum WWW S 11 AA 3-7 m