Wasser als Wirtschaftsgut

 

Planet Steam

 

Rohstoffe gewinnbringend verkaufen

 

Wir schreiben das Jahr 2415 und befinden uns auf dem erdnahen Planeten Steam, um dessen Besiedelung es in diesem Wirtschaftsspiel von H.G. Thiemann geht. Wie der Name des Planeten schon sagt, gibt es in den max. 42 Schächten, die von der IPF, der interplanetarischen Föderation bis zum Inneren des Planeten getrieben wurden, hauptsächlich Wasserdampf, genauer gesagt Wasser. Aber nicht nur Wasser gilt es zu fördern, auch Erz, Quarz und Energie sind als Rohstoffe vorhanden, die abgebaut werden wollen um damit möglichst gewinnbringend zu handeln bzw. seine Förderanlagen auszubauen. Wer am Ende, je nach Spieleranzahl zwischen 4 und 7 Runden (Jahren) die meisten Credits, die Währung auf Steam hat, ist Sieger. Gewertet wird sowohl das Bargeld als auch so ziemlich alles was während des Spieles auf den Schächten gebaut wurde und evtl. am Ende noch an Rohstoffen vorhanden ist, wobei es in meinen Partien nicht passiert ist, dass am Ende noch jemand Rohstoffe hatte. Zu dieser und anderen Merkwürdigkeiten aber etwas später mehr.

 

Was erwartet uns, wenn wir die überdimensionierte Schachtel (mit Descent-Ausmaßen), die jeden Sammler die Tränen in die Augen treibt, allerdings nicht vor Freude sondern wegen der riesigen Schachtel und des dafür notwendigen Regalplatzes. Ein extrem großer Spielplan, viele silberne Tanks (von den Spielern auch Teekessel genannt), die bereits erwähnten Rohstoffe aus wirklich schönem Material, die diversen unterschiedlichen Ausbauten, die auf die Tanks gesteckt werden und für jeden Spieler Plattformen, die später auf die Schächte gebaut werden (darauf werden wiederum die Tanks gebaut). Neutrale Plattformen gibt es ebenfalls. Dann noch die sog. SR (Spielreihefolge)-Karten, von denen je nach Spieleranzahl unterschiedlich viele im Spiel sind, div. Raumgleiter-Karten, pro Spieler für jeden Rohstoff, auf denen die Rohstoffe gelagert werden können, Phasenablaufkarten und Übersichtskarten über die diversen Kaufmöglichkeiten und natürlich Geldscheine, sprich Credits. Und eines hätte ich beinahe vergessen, ein weiterer Rohstoff, der allerdings nichts mit dem Spiel zu tun hat, ist auch noch in der Schachtel, nämlich Luft, ca. die Hälfte der Schachtel ist mit Luft gefüllt. Da könnte man evtl. seine privaten Wertgegenstände unterbringen, welcher Dieb durchsucht schon ein Spiel.

 

Kommen wir zum Spielplan. Der hat außer den bereits erwähnten Schächten - je nach Spieleranzahl gibt es unterschiedliche bereits zu Beginn vorhandene Spieler- und neutrale Plattformen auf den Schächten - auch noch eine Preis- und eine Mengenskala für die Rohstoffe, außerdem noch Vorratsfelder für die Ausbauten und für die Rohstoffe. Des Weiteren gibt es noch eine Preisskala für die Tanks. Sogar ein Feld für den Würfel ist da, schließlich muss der ja auch irgendwo hingelegt werden, damit er während des Spiels nicht verloren geht (könnte ja sein, dass man ihn im Quarz-Rohstoffhaufen nicht mehr findet). 4 Felder für die Bonusrohstoffe, jeweils für ein Stück, sind ebenfalls vorhanden.

 

Nach den umfangreichen ca. 20 bis 30 Minuten dauernden Vorbereitungen, schließlich wird so ziemlich alles auf diversen Startpositionen auf den Skalen gelegt, jeder Spieler bekommt bereits zu Beginn Rohstoffe, Raumgleiter, usw. kommen wir endlich zum Spiel.

 

Falls es jemand noch nicht mitbekommen haben sollte, handelt es sich um ein Spiel für ausdauernde Gemüter, also für Experten mit ausreichend Spielerfahrung; alleine die Materialerklärung und die Vorbereitungen verschlingen 2,5 Seiten der Anleitung und in Maximalbesetzung (zu fünft) spielt sich unter 3 bis 4 Stunden nicht viel ab.

 

So nun aber wirklich zum Spielablauf. Jede Runde hat 3 große Phasen, mit diversen Unterpunkten und den abschließenden Jahreswechsel.

 

1. Aufbauphase:

Die SR-Karten mit ihren unterschiedlichen Sonderfähigkeiten werden versteigert. Der Gewinner nimmt sich die SR-Karte seiner Wahl, einen Bonusrohstoff und ist damit von den weiteren Versteigerungen dieser Runde ausgeschlossen. Dies geht solange weiter bis jeder eine SR-Karte hat. Die letzte SR-Karte geht um einen Credit weg, während so manche Versteigerungen in späteren Runden bis 20 oder noch höher hinaufgehen.

 

Danach wird ein Schacht nach Wahl des Spekulanten (Fähigkeit einer SR-Karte) versteigert. Sollte der Spekulant selbst den Schacht ersteigern, zahlt er nur die Hälfte. Das gebotene Geld geht immer an die Bank.

 

In Spielreihenfolge sucht sich nun jeder einen Schacht aus, den er gerne hätte, und würfelt, ob es ihm auch gelingt, genau diesen Schacht zu bekommen (50/50 Chance). Es sei denn man setzt eine Baugenehmigung ein, eine SR-Sonderfähigkeit, dann bekommt man den gewünschten Schacht ganz sicher. Falls man schlecht würfelt darf man sich einen freien horizontal oder vertikal benachbarten Schacht aussuchen. Sollte keiner mehr frei sein, bekommt man immerhin noch 15 Credits von der Bank. Ob man den gewünschten Schacht erwürfelt ist nicht ganz unwesentlich, da in einer späteren Phase benachbarte Schächte mit gleicher Rohstoffproduktion enorme Synergieeffekte erzielen. Umso verwunderlicher ist es, dass in einem Wirtschaftsspiel darum gewürfelt wird, ob man den Schacht bekommt oder nicht (Baugenehmigung hin oder her). Der gewünschte Schacht oder eben ein anderer Schacht wird mit einer Plattform seiner Farbe abgedeckt.

 

Schließlich wir noch ein sog. Energiekoppler vom Heizer (ebenfalls einer SR-Karte) unter eine Schachtreihe gelegt. Alle Tanks in dieser Reihe produzieren evtl. einen Rohstoff mehr.

 

2. Kaufphase:

Um hier überhaupt dabei zu sein, muss eine Einheit Wasser abgegeben werden, sonst geht gar nichts. Jetzt wird nach SR-Kartenreihenfolge gekauft, was das Zeug hält. Hier als erster dran zu sein, ist schon was Feines, war aber wahrscheinlich eine Phase zuvor auch nicht billig zu ersteigern (SR-Karte Startspieler). Jeder will schließlich mal Erster sein. Der erste kann die vorhandenen Tanks noch recht günstig kaufen, später werden sie teurer bzw. gehen ganz aus. Da aber jeder Tank auch ein Wasser kostet sind Hamsterkäufe nicht möglich. Auch von der Erde können Tanks gekauft werden, diese kosten aber neben 5 Credits ebenfalls ein Wasser und 2 Stück vom recht teuer zu produzierenden Rohstoff Quarz. Verdammt, den Quarz könnte man doch so gut für was Anderes einsetzen, z.B. für eine Kompressorkuppel, die den Rohstoffertrag eines Tanks um 1 erhöht oder eine der begehrten Besitzurkunden, die immerhin 50 Credits wert sind und nicht unbegrenzt vorhanden sind oder eine Baugenehmigung, um nicht immer nach dem Wunschschacht würfeln zu müssen. So viel zu kaufen und so wenig Geld und Rohstoffe.

 

Konnte man noch Tanks zu christlichen Preisen ergattern, werden diese jetzt ausgebaut. Die Ausbauten sind unterschiedlich teuer und bestimmen in der nachfolgenden Produktionsphase welcher Rohstoff (bzw. Rohstoffe) produziert wird. Ein Tank ohne Ausbau produziert Wasser, auch nicht unwichtig wie wir inzwischen wissen. Die Ausbauten und die Tanks können in dieser Phase im Grundspiel übrigens beliebig umgebaut bzw. auf andere Schächte verschoben werden. Dies ist im Expertenspiel nicht mehr möglich, was ja auch etwas mehr Sinn ergibt.

 

Außerdem können noch die Raumgleiter ausgebaut werden, die dann entsprechend mehr Rohstoffe lagern können. Was zukünftig produziert wird und nicht gelagert werden kann, muss sofort wieder abgegeben werden. Da hilft auch kein Heulen oder Wehklagen.

 

3. Produktionsphase:

Endlich wird das produziert worauf wir und so lange gefreut haben, äh sprich hingearbeitet haben. Damit ein Tank überhaupt etwas produziert muss je Tank eine Energie, die man bereits haben muss, abgegeben werden. Nur Energietanks egal auf welchem Schacht und Wassertanks in der mittleren Reihe des Planes (die logischerweise sehr begehrt ist) produzieren ohne Energie. Die Tanks mit Kompressorkuppeln und die Reihe mit dem zuvor gesetzten Energiekoppler produzieren je einen Rohstoff mehr. Ganz wichtig sind aber hier die vorher erwähnten Synergieeffekte für benachbarte Tanks mit gleicher Rohstoffproduktion. Es wird nämlich noch mal so viel (abzüglich eines) produziert wie man Tanks nebeneinander stehen hat. Ach, wie das jetzt schmerzt sollte man schlecht gewürfelt oder keine Baugenehmigung eingesetzt haben und deshalb nicht benachbart stehen.

 

Nach der Produktion folgt der Rohstoffhandel, eine essentielle Phase des Spieles, denn hier kommt ein gefinkeltes System zu Angebot und Nachfrage zum Tragen. Grundsätzlich wird jeder Rohstoff in der Reihenfolge Quarz, Erz, Wasser und Energie hintereinander nach SR-Kartenreihenfolge gehandelt. In der Expertenregel ist das etwas anders. Jeder Spieler muss sich entscheiden, ob er Rohstoffe kauft, verkauft oder nichts tut. Denn auch nicht zu tun, kann den Preis beeinflussen. Endlich ein Spiel bei dem auch die Nichtstuer einen Preis verändern. Grundsätzlich kann nur soviel gekauft werden, wie an Rohstoffen vorhanden ist (auf der Skala, nicht im Materialvorrat). Sollten nur wenige oder gar nur ein Rohstoff einer Art vorhanden sein, ist dieser natürlich entsprechend teuer. Verkauft werden kann beliebig, je mehr jedoch vorhanden ist, desto wenig bekommt man für seine hart produzierten Rohstoffe. Die Frage beim gesamten Handel ist, will man seine Rohstoffe überhaupt verkaufen, oder sollte man diese nicht viel lieber in die nächste Runde mitnehmen, denn außer die Bonusrohstoffe beim SR-Karten-Versteigern gibt es bis dahin keine Rohstoffe mehr. Und ohne Wasser keine Musik, sprich es kann nichts gekauft werden. Mit nur einem Wasser bin ich zwar dabei, kann mir aber nicht einen einzigen Tank kaufen. Ohne 2 Quarz gibt es keine heiß begehrte Kompressorkuppel bzw. Tank von der Erde.

 

Danach kommt noch der Wertpapierhandel. Jeder kann entweder eine Besitzurkunde kaufen oder eine Baugenehmigung kaufen bzw. verkaufen.

 

Als letzte Phase kommt der Jahreswechsel. Hier werden Tanks je nach Verfügbarkeit von Erz und Energie wieder für die Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, oder eben nicht, sollte einer der Rohstoffe ausgegangen sein. Die SR-Karten werden alle wieder abgegeben und der Jahreszähler wandert ein Jahr weiter.

 

Nach einer bestimmten Anzahl an Runden (Jahren) kommt es zur Endwertung.

50 Credits gibt’s für jede Plattform mit Tank, für jede Kompressorkuppel und für jede Besitzurkunde, 25 für jede Plattform ohne Tank. Sollten noch Rohstoffe in den Raumgleitern sein werden diese jetzt zum aktuellen meist im Keller befindlichen Preis gegen Credits getauscht. Selber schuld, wer sie nicht schon in der letzten Handelsphase verkauft hat. Diese merkwürdige Regel wurde wahrscheinlich wegen der Nichtstuer hinzugefügt, denn wirklich Sinn macht sie nicht. Niemand wird sich Rohstoffe bis zum Schluss aufheben, denn der Preis beim Handeln sinkt pro Spieler immer weiter.

 

Planet Steam ist von der Ausstattung kein Wirtschaftsspiel wie viele andere. Bei dieser Ausstattung glaubt man fast, man befindet sich wirklich auf Steam und spürt den heißen Dampf, der aus den Schächten kommt. Das sorgt für Atmosphäre. Was weniger für Atmosphäre sorgt ist die Fummelei mit dem Spielmaterial. Die diversen Aufstecker auf den Tanks halten nicht wirklich und wenn auf Steam ein Erdbeben stattfindet, sprich jemand versehentlich an den Tisch stößt, fällt sicher einiges von den Tanks herunter. Da sollte jeder genau wissen was ihm gehört hat, sonst wird aus einem Wirtschaftsspiel schnell ein Kriegsspiel. Was in mehreren Partien negativ aufgefallen ist, ist die extreme Positionierung der Rohstoffe auf der Preis- bzw. Mengenskala. Sehr oft waren die Rohstoff-Marker ganz oben oder ganz unten zu finden. Dadurch gab es oft auch keine neuen Tanks. Zumindest im Basisspiel scheint der Marktmechanismus nicht ganz ausgereift, darum würde ich entgegen der Anleitung schon in der ersten Partie die erweiterte Expertenregel anwenden. Hier wurde einiges realistischer und besser gelöst. Ein weiteres Manko ist die Spielzeit, 3 bis 4 Stunden muss man zu fünft schon einplanen, über die unnötige große Schachtel will ich mich nicht weiter äußern, vielleicht noch eines - hier wurde das (falsche) Prinzip - je größer die Schachtel, desto besser muss das Spiel sein - etwas übertrieben.

 

Freunde von anspruchsvollen Wirtschaftsspielen mit edlem Material und genug Platz im Regal sollten zugreifen, alle anderen müssen selbst entscheiden, ob sie knappe 80 Euro dafür ausgeben möchten, das Material ist es auf jeden Fall wert.

 

Kid                       

Family                  

Adult                    

Expert                   ein    

 

Alter                    

Spezial                 

 

Spieler         : 2-5

Alter            : 12+

Dauer           : ca. 60 min

 

Autor           : Hans-Georg Thiemann

Grafik          : Czarné

Vertrieb A.   : Heidelberger

Preis            : ca. 80,00 Euro

Verlag          : Heidelberger / Ludo Art 2008

                     www.hds-fantasy.de

 

Genre                    : Sci-Fi Wirtschaftsspiel

Zielgruppe             : Für Vielspieler/Experten

Mechanismen         : Ressourcenoptimierung

 

Zufall                     : 1

Wissen                  :

Planung                 : 7

Kreativität              :

Kommunikation      :  3

Geschicklichkeit      :

Action                   :

 

Kommentar:

Sehr schöne, aufwändige Ausstattung

Anspruchsvolle Mechanismen

Spielerfahrung notwendig

Lange Spieldauer

 

Vergleichbar:

Andere Wirtschaftsspiele mit SciFi-Thema, z.B. Merchant of Venus

 

Atmosphäre           : 6

 

Gert Stöckl:

Ein in jeder Hinsicht, auch bei Preis und Platzbedarf, anspruchsvolles Spiel, mit dem zu beschäftigen sich lohnt, ein intensives Spielerlebnis mit viel Atmosphäre ist garantiert.