Unsere Rezension

 

Pilze sind rot+ grün+ blau+

 

Die Alchemisten

 

Sagt mein Selbstversuch!

 

Mittelalterliche Alchemistenkunst gebraut mit modernster Technologie – als Alchemisten wetteifern die Spieler um bahnbrechende Erkenntnisse und möglichst viele Siegpunkte. Die meisten Siegpunkte kann man sich mit Publizieren von Theorien holen, am besten natürlich korrekten Theorien.

Die dazu nötigen Erkenntnisse gewinnt man über das Mischen von Zutaten und Überprüfen des Ergebnisses mit einer Scanner-App und Schlussfolgerungen zum Tränke brauen. Diese verkauf man dann an Abenteurer und mit dem damit verdienten Geld kann man sich dann teure, mächtige Artefakte leisten.

 

Die Spieler entscheiden, ob sie mit oder ohne App spielen wollen – dementsprechend lädt man entweder die App auf Tablet oder Smartphone – ein Gerät genügt – oder bestimmt einen Spielleiter, der die Spielleiter-Pyramide, versteckt im Schachteldeckel, bedient. Er übernimmt auch alle anderen Aufgaben der App.

Die nächste Entscheidung gilt der Schwierigkeitsstufe, man kann als Lehrlinge oder Meister mit dementsprechendem Spielaufbau spielen und legt dann die für die Spieleranzahl richtige Spielplan-Seite aus.

 

Wie bei einem so hochwissenschaftlichen Spiel nicht anders zu erwarten, brauchen wir jetzt noch einiges Grundlagenwissen um überhaupt arbeiten zu können. Jede Zutat – als Karte vorhanden – enthält ein Element, das immer aus drei Teilchen besteht, diese können groß oder klein, rot, grün oder blau sein und positiv oder negativ geladen sein.

Werden zwei Zutaten kombiniert – durch Scannen zweier Karten – dann entsteht eine bestimmte Sorte Trank, immer durch Verbinden eines identischen kleinen und großen Teilchens, rot-plus gibt Heiltrank, rot-minus gibt Gift, grün-plus gibt Schnelligkeitstrank, grün-minus Lähmungstrank, blau-plus gibt Weisheitstrank und blau-minus Wahnsinnstrank.

Hat man z.B. Pilz und Kröte gescannt und einen Heiltrank erhalten, dann kann man einen Markierung für rot-plus an den Schnittpunkt von Pilz und Kröte in seinem Notizbuch in seinem Labor legen. Die App legt zu Beginn willkürlich fest, welches Element welcher Zutat zugeordnet wird.

 

Hat man all die Voraussetzungen bewältigt, spielt man sechs Runden.

Zu Beginn wird die Spielreihenfolge festgelegt, spielt man früher, hat man Vorteile bei den Aktionen, spielt man später, bekommt man mehr Karten, für die Startspielerposition der Runde bezahlt man ein Gold. Danach zieht jeder die entsprechende Anzahl Zutatenkarten und Helferkarten.

Dann wird in umgekehrter Spielreihenfolge festgelegt, welche Aktionen man machen will – man legt Würfel auf Aktionsfelder der gewünschten Aktionen, wobei jeder seine eigene Reihe hat. Danach werden die Aktionsfelder in Reihenfolge abgehandelt. In Runde Eins hat man folgende Optionen: Zutaten sammeln, Zutat in Gold transmutieren, Artefakt kaufen, Experimente durch Test an Studenten und Experimente durch Selbst einen Trank trinken. Ab Runde Zwei kann man dann noch einen Trank verkaufen, eine Theorie publizieren oder eine Theorie widerlegen.

 

Ein kurzer Blick auf die einzelnen Aktionen:

Zutaten sammeln – eine Zutat aus der offenen Auslage oder eine Karte vom Stapel nehmen, es wird zwischendurch nicht nachgelegt.

 

Zutat transmutieren – man wirft eine Zutat ab und erhält ein Gold aus der Bank.

 

Artefakt kaufen – Man bezahlt eine Artefaktkarte aus der Auslage mit Gold und legt sie offen bei sich ab, Effekte sind einmalig oder permanent, die meisten Artefakte bringen noch Siegpunkte bei Spielende.

 

Experimente – Für Test am Studenten mischt man zwei Zutaten und braut - die Mitspieler sehen nur den Trank, nicht die Zutaten - und man setzt entsprechende Ergebnismarker auf die Ergebnispyramide und die Ausstellungsfläche der Spielertafel. Bei Test an Studenten ist in jeder Runde der erste Test kostenlos, war dieser negativ, kostet ein weiterer Test ein Gold. Ein Selbstversuch ist immer gratis, negative Träge haben Auswirkungen: Ein Wahnsinnstrank kostet einen Rufpunkt, der Lähmungstrank hält für eine Runde an, man ist Letzter in Spielreihenfolge, und für den Gifttrank verliert man für die nächste Runde einen Aktionswürfel ans Hospital. Selbstversuche mit neutralen oder positiven Tränken haben keine Auswirkungen.

 

Trank Verkaufen – pro Runde kommt ein Abenteurer in die Stadt und man kann ihm verkaufen, woran er Interesse hat; das kostet zwei Aktionswürfel und kann nur einmal pro Runde gemacht werden. Man wählt einen Trank und bietet eine Qualitätsstufe an; braut man dann einen schlechteren Trank, bekommt man ihn nicht bezahlt. Die App nennt für diesen Fall nur die Qualitätsstufe und man legt entsprechende Marker, bekommt die Qualitätsstufe bezahlt und verliert einen Rufpunkt, wenn man einen neutralen oder falschen Trank braute.

 

Theorie publizieren: Wenn man glaubt, ein Element einer Zutat zu kennen, kann man die Theorie veröffentlichen, dazu markiert man ein Buch der Theorientafel entsprechend, legt ein verdecktes Siegel dazu, bezahlt ein Gold und erhält einen Rufpunkt. Publizieren darf man zu Zutaten, zu denen es keine aktuelle Theorie gibt. Man kann auch eine Theorie unterstützen und sein Siegel zu einem anderen Siegel dazulegen und auch zu den sogenannten Drittmitteln publizieren, dazu muss man deren Zutaten erforschen bzw. dazu publizieren.

 

Theorie widerlegen – Dies ist in für die Lehrlings- und die Meisterstufe verschieden und für die Meisterstufe deutlich komplizierter.

 

Am Ende der Runde gibt es einen Rufpunkt für den besten Alchimisten und Helferkarten für unbenutzte Würfel; Würfel im Hospital werden zu unbenutzten Würfeln für die nächste Runde, ein neuer Abenteurer erscheint und in der Alchimistenkonferenz gibt es Rufpunkte für ausreichend Publikationen und Unterstützungen bzw. Verlust an Rufpunkten. Zuletzt kommen noch neue Artefakte ins Spiel.

 

In der letzten Runde gibt es die Leistungsschauen, sie ersetzt das Aktionsfeld Experimente und man kann eine Aktion Trank vorführen festlegen.

 

Nach dieser Finalrunde werden Rufpunkte zu Siegpunkte, man wertet Artefakte, Drittmittel und Gold sowie Gold aus Helferkarten und dann Punkte für korrekte Theorien bzw. Punkteverlust für falsche Theorien, das sind falsch platzierte Siegel.

 

Wie schon dieser kurze Abriss der Regeln zeigt, sind sie Die Alchemisten und ihre Forschungen selbst ein lohnendes Ziel zur Erforschung, was durch das tolle Material und die ausgezeichnete Regel samt sehr witzigen Textkommentaren sehr leicht gemacht wird. Die Spielregel enthält sogar eine Anweisung, wie man bei einem Problem mit dem Gerät die Lösung anschauen und die Pyramide entsprechend aufbauen kann.

 

Das Spiel selbst ist dann nicht ganz so einfach, wobei ich unbedingt empfehle, das Spiel mit App zu spielen – sie macht es wesentlich leichter und macht keine Fehler beim Auswerten des Tränke Brauens. Ob nun Deduktion oder Zufall die Hauptrolle spielen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ich finde, der Zufall hat genau den richtigen Anteil am Geschehen, er kommt beim Karten ziehen und beim Abenteurer aufdecken ins Spiel, aber für mich liegt der Schwerpunkt auf der Deduktion der Elemente. Und da muss man wirklich aufpassen, dass man keine Fehler macht und auch nicht zu viel Zeit auf Deduktion verwendet, zur Not kann man auch eine eigene Theorie widerlegen und dann gleich eine neue publizieren, denn letztendlich kommt es auf Siegpunkte an!

 

Wer viel direkte Interaktion mag, wird ein wenig zu kurz kommen; bei der Spannung, was gebraut wurde, ist man allein; die meisten Reaktionen gibt’s auf die Aktion Experimentieren – wer freut sich nicht über einen gelähmten Alchimistenkonkurrenten? - aber über weite Strecken agiert man doch alleine für sich. Indirekte Interaktion kommt über geteilte Informationen und das Publizieren und Widerrufen von Theorien, da kommt sogar etwas Bluff ins Spiel.

 

Vielleicht liegt es daran, dass ich gelernte Chemikerin bin, für mich ist Die Alchemisten ein rundherum gelungenes Spiel – Die App ist nicht dominant, Thema und Mechanismen passen, die Regel ist gut und witzig, Zufall und Entscheidungen sind attraktiv ausbalanciert, und bekannte Elemente wie Spielreihenfolgewahl oder Worker Placement liefern miteinander ein sehr innovatives Spiel mit jeder Menge Herausforderung und Spielspaß!

 

Dagmar de Cassan

 

Spieler: 2-4

Alter: 13+

Dauer: 90+

Autor: Matúš Kotry

Grafiker: David Cochard, Jakub Politzer, Philipp Murmak, Frantisek Horalek

Preis: ca. 30 Euro

Verlag: Heidelberger Spieleverlag 2014

Web: www.heidelbaer.de

Genre: Deduktion, App  

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: de

Regeln: cz de en es fr it jp kr nl pt ro

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Tolles Material

Gelungene, gute Regel

Innovativer Mechanismenmix

App ausgesprochen gut integriert und nicht dominant

 

Vergleichbar:

Erstes Spiel dieser Art

 

Andere Ausgaben:

Frankreich, Holland, Italien, Japan, Korea, Portugal, Rumänien, Spanien, Tschechien (cz und en)

 

Meine Einschätzung: 6

 

Dagmar de Cassan:

Ein optischer Hingucker, ein gelungenes Hybrid aus modernster Technik und mittelalterlichem Thema, attraktiver Mechanismenmix und viel Spaß, Zufall und Nachdenken, was will man mehr?

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 2

Gedächtnis (orange): 1

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0