UNSERE REZENSION

 

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Der Herr der Ringe LCG

DAS KARTENSPIEL

 

Ich gebe es ja zu! Ich bin Herr der Ringe Fan. Ich mag kooperative Spiele und

viele meiner Lieblingsspiele sind von Fantasy Flight. Offensichtlich kennt mich Fantasy Flight inzwischen so gut, dass das neueste LCG aus diesem Hause genau diese Faktoren vereint.

 

LCG steht dabei für den Begriff Living Card Game, einen Begriff der nur von Fantasy Flight verwendet wird für Spiele, die es wie Sammelkartenspiele (CCG) ermöglichen, Decks persönlich zusammenzustellen, aber dabei wenigstens so fair sind, auf die Packung zu schreiben was drinnen ist. Damit fällt zwar der Nervenkitzel des Sammelns weg, aber dafür halten sich die Kosten moderat, selbst wenn man jede Karte haben will.

 

Hierzu ist nun das Core Set erschienen, das laut Hersteller alles enthält um für 1-2 Spieler spielbar zu sein. Durch Erweiterung mit einem 2. Core Set ist das Spiel dann auch für 3-4 Spieler spielbar.

 

Meine Erfahrungen mit dem Spiel sind die, dass man ohne jegliche Probleme das Grundset schon zu viert spielen kann, wenn man nur die Möglichkeit schafft, den Bedrohungswert für zwei weitere Spieler zu markieren. Mit einem Zettel, Kaurimuscheln oder Prozentwürfeln ist das Spiel aus der Schachtel bereit für 4 Spieler - versprochen!

 

Was ist drinnen in der Schachtel? Eine schöne, große vierfarbig bedruckte und sehr lange Spielregel, die viele Hobbyspieler vom Spiel abhalten wird, die vielleicht leichtere Kost, wie Knizia´s kooperatives Herr der Ringe, erwartet haben.

 

Enthalten sind zwei Bögen mit diversen Markierungsplättchen für Rohstoffe, Wunden und Fortschritte sowie 2 Bedrohungszähler, Scheiben auf den man Werte von 0 bis 100 anzeigen kann, sowie 226 Karten von guter Qualität mit wunderschönen Bildern von Figuren und Orten aus den Büchern. Die Grafiken auf den Karten sind subjektiv sehr gut gelungen, orientieren sich aber nicht direkt an den Kinofilmen. Gerade die Legolas Karte spaltet hier die Spielerschaft, weil die abgebildete Figur mit dunklen Haaren und gefährlichem Aussehen überhaupt keine Ähnlichkeit zu Orlando Bloom aufweist.

 

Es gibt 12 Helden (gerade genug für 4 Spieler), vier Spieldecks mit je 30 Karten, die zwar nicht den Turnierregeln entsprechen - welche 50 Karten verlangen - aber dafür sehr unterschiedliche Spielweisen und spannende Spiele erlauben. Die Karten teilen sich in vier Farben auf, wobei jedes Deck zu den entsprechenden Helden passt und rein aus einer Farbe besteht. Es gibt: Das rote Taktik Deck, das kämpferisch sehr stark ist, aber in anderen Aspekten nicht so stark ist; das grüne Lore Deck, das Schaden von Helden und Verbündeten heilen kann und häufig Karten nachziehen kann; das blaue Spirit Deck, das das das Erreichen der Siegbedingungen sehr erleichtert, sich aber gegen starke Monster nicht erwehren kann, und das violette Leadership Deck, das über gute Kämpfer und hervorragende Einkünfte verfügt.

 

Die übrigen 94 Karten werden auseinandersortiert und für die drei vorliegenden Abenteuer verwendet. Es handelt sich bei LotR LCG ja um ein kooperatives Spiel, bei dem die Spieler als Gruppe versuchen Abenteuer zu bestehen. Das vorliegende Grundset enthält bereits drei dieser Abenteuer in den Schwierigkeitsgraden 1, 4 und 7 von 9 möglichen. Das erste Abenteuer ist demnach recht einfach, was sich darin äussert, daß ich in bisher ca. 15 Partien noch keine Niederlage gegen dieses Abenteuer erlebt habe.

 

Geplant und angekündigt sind reguläre Ausbausätze, die Chapter Packs, die das Spiel monatlich um 60 Karten erweitern sollen. Die bisher angekündigten Kapitel versprechen jeweils ein neues Abenteuer mit der Jagd auf Gollum (bereits erschienen) und neue Helden wie Bilbo und Frodo. Nach 6 solcher Miniausbausätze ist dann ein Zyklus vorbei und es wird, wie die Erfahrung mit anderen LCGs gezeigt hat, ein Deluxe Ausbausatz vor dem nächsten Zyklus kommen.

 

Natürlich klingt das sehr stark nach einem Sammelkartenspiel in das man sehr viel Geld versenken muss, aber die großartige Nachricht ist - schon ohne einen einzigen Ausbausatz handelt es sich bei dem vorliegenden Core Set um ein komplettes Spiel mit Spaß und Spannung für einige Abende.

 

Die Spielregeln sind Fantasy Flight-typisch zu lange, um sie ohne Vorkenntnisse am Spieltisch durchlesen und zu erklären. Wenn man die Regeln einmal verstanden hat, kann man sie aber innerhalb von 10 Minuten erklären.

 

Jeder Spieler sucht sich also ein Kartendeck aus und legt die dazugehörigen drei Helden vor sich ab. Dann zieht man eine Starthand von 6 Karten. Dann werden die 3-4 Questkarten herausgesucht und die Setup Anweisungen der ersten Karte durchgeführt. Auf diesen Karten steht neben etwas Text zur Einstimmung welche Begegnungskarten in das Begegnungsdeck gemischt werden. Damit unterscheiden sich die einzelnen Abenteuer durch unterschiedliche Gegner und Gefahren.

 

Damit kann die erste Spielrunde beginnen. Eine Spielrunde besteht aus mehreren Phasen, die jeweils von allen Spielern durchgeführt werden - häufig auch parallel - bevor die nächste Phase beginnt. Die Runde beginnt mit der Einkommensphase. Jeder Held bekommt eine Ressource und jeder Spieler zieht eine Karte. Danach können die Spieler Verbündete wie Faramir und Verstärkungen wie ein Kettenhemd in ihre Auslage spielen. Diese Karten haben ihre Kosten groß aufgedruckt und solange man das Grundspiel mit den Standarddecks spielt, kann man jede seiner Karten mit beliebigen Ressourcen seiner Helden bezahlen. Erst wenn man beginnt die Decks zusammenzumischen, kommt dann die Art der Ressourcen ins Spiel. Weiters gibt es noch Ereigniskarten in den Spielerdecks, die dann situationsabhängig auch später in der Spielrunde gespielt werden können, aber permanent liegenbleibende Karten kann man nur in dieser Phase spielen.

 

Alle Figurenkarten, also Helden, Verbündete aber auch Monster haben eine Leiste mit ähnlichen Symbolen und Werten aufgedruckt. Auf der Leiste sind die drei Werte für Willenskraft, Angriff und Verteidigung, gefolgt von einer großen Ziffer mit den Lebenspunkten. Die drei Werte sind dahingehend interessant, dass ein Charakter üblicherweise pro Runde nur einen dieser drei Werte nutzen kann. Ein Charakter, der seine Willenskraft in einem Abenteuer einsetzt, kann also nicht verteidigen. Angreifen darf ein Charakter überhaupt nur dann, wenn er sonst die ganze Runde nichts getan hat.

 

In der dritten Phase deklarieren die Spieler ihre Charaktere zum Questen, also die Lösung des Abenteuers. Man erschöpft sie, indem man die jeweiligen Karten zur Seite dreht. Das ist bei Sammelkarten üblich und heißt tappen. Nachdem es sich um ein kooperatives Spiel handelt, macht es natürlich Sinn, wenn die Spieler sich dabei absprechen.

 

Danach wird für jeden Spieler eine Bedrohungskarte gezogen und in die Aufmarschzone gelegt. Die Aufmarschzone ist ein zentraler Bereich des Tisches, in dem die Feinde liegen, die sich noch nicht im Kampf mit Spielern befinden. Feinde und Orte haben einen Widerstandswert, der wie negative Willenskraft fungiert. Das bedeutet, Monster und Orte strahlen Bedrohung solange aus, bis die Gruppe mal hinreist um nach dem Rechten zu sehen oder die Monster direkt bekämpft. Viele dieser Karten haben auch eine Funktion die gleich beim Aufdecken einsetzt - hier können die Crebain beispielsweise zusätzliche Karten ziehen oder die Orks einem Helden, der auf Queste ist, direkt Schaden zufügen.

 

Außerdem sind im Begegnungsdeck noch Verratskarten, die sofort Auswirkungen zeigen, wenn sie aufgedeckt werden.

 

In der Abrechnungsphase nach der Aufdeckphase werden die Willenskraftwerte der vorher ausgewählten Helden und Verbündeten zusammengezählt und die Widerstandswerte der Karten in der Aufmarschzone abgezogen. Wenn dabei ein positiver Wert herauskommt, werden so viele Fortschrittsmarker auf die aktive Quest gelegt. Wenn ein negativer Wert herausgekommen ist, muss jeder Spieler seinen Bedrohungswert um so viel erhöhen.

 

Wie viele und welche Charaktere zum Questen geschickt werden, ist also eine zentrale taktische Entscheidung in diesem Spiel. Oftmals wird herumgerechnet und Helden werden noch ausgetauscht, weil ja noch nicht bekannt ist, wie hoch der Widerstand dann am Ende der Runde sein wird.

 

In der Reisephase entscheiden sich die Spieler, ob sie sich der Ablenkung eines Ortes stellen wollen. Orte haben Bedrohung und wenn sich zu viele in der Aufmarschzone befinden, wird es schwierig die nötige Willenskraft zusammenzubringen um die Queste voranzutreiben. Allerdings können alle Spieler zusammen nur einen Ort pro Runde aufsuchen. Zuletzt verlangen die Regeln, dass die nächsten Fortschrittsmarker zuerst auf die aktive Ortskarte gelegt werden müssen, womit ein Umweg simuliert wird.

 

Dann kommt die Begegnungsphase. In dieser darf sich erst jeder Spieler freiwillig einem Gegner stellen und danach wird für die verbliebenen Feinde eine Kampfprobe abgelegt, ob sie von sich aus die Spieler angreifen. Das passiert dann, wenn die Kampfbereitschaft des Feindes gleich oder niedriger ist als der Bedrohungswert eines Spielers.

 

Dann finden die Kämpfe statt. Zuerst greifen die Feinde an. Jeder Feind bekommt eine verdeckte Schattenkarte zugeteilt. Das sind einfach Karten vom Begegnungsdeck, die eine sehr auffällige Rückseite haben damit man nicht vergessen kann, ein Monster "abzuarbeiten". Die Monster greifen dann einzeln an und jeder Spieler hat die Wahl, ob sich jemand dem Feind stellt. Das erschöpft zwar wieder einen Helden oder Verbündeten, aber dafür darf man den Verteidigungswert vom Schaden abziehen. Dann wird die Schattenkarte aufgedeckt und - falls sie eine Wirkung hat –dazu gezählt und der entsprechende Schaden auf den Charakter gelegt. Wenn sich niemand dem Monster stellt, dann wird auch die Schattenkarte aufgedeckt und meist ein noch schlimmerer Effekt ausgelöst. Dann muss der Spieler den Schaden einem seiner drei Anfangshelden zuweisen ohne die Rüstung abzuziehen. Erst wenn alle Monster gekämpft haben, dürfen die Spieler mit den noch ungetappten Charakteren zurückschlagen.

 

Monster dürfen immer ihren Widerstandswert nutzen solange sie in der Aufmarschzone sind. Sie dürfen auch im Gefecht immer angreifen und verteidigen. Charaktere der Spieler müssen sich entscheiden, welche der drei Aktionen sie machen wollen.

 

Das Ende der Runde besteht nur daraus, die Karten wieder unzutappen also gerade hinzulegen und dass jeder Spieler seinen Bedrohungswert um eins erhöhen muss. Dann kann das Spiel mit der nächsten Runde weitergehen, mit Einkünften, Questen, Reise und Kampf.

 

Da die Rundenstruktur doch recht komplex ist, empfiehlt es sich sehr, bei den ersten Partien den Rundenablauf aufgeschlagen zu lassen um nichts zu vergessen. Weitere Komplexität ergibt sich daraus, dass die Karten häufig Interaktionen miteinander haben, die sehr viele Möglichkeiten bieten, aber auch immer wieder Interpretationsspielraum zulassen.

 

Wenn man die Regelhürde aber einmal übersprungen hat, ergibt sich ein tiefgehendes, sehr gut zum Thema passendes kooperatives Spiel. Idealerweise steht man jede Runde vor der Frage, wie man seine Helden nun einsetzen und was man für seine Ressourcen hinunterspielen soll. Die kämpferisch starken Decks müssen den schwächeren Decks aushelfen. Von der Komplexität ist das Spiel das schwierigste der aktuellen kooperativen Spiele, auch wenn der Schwierigkeitsgrad der Grundset-Questen nicht allzu hoch ist.

 

Ein Problem, das das Spiel meiner Einschätzung nach hat, ist schlechtes Skalieren des Schwierigkeitsgrades bei wechselnder Spieleranzahl. Für einen einzelnen Spieler ist die erste Queste schwierig und die anderen zwei fast unmöglich. Mit zwei Spielern klingen die Schwierigkeitsangaben zu den Questen richtig mit leicht, mittel und schwer für die drei Questen. Mit mehr Spielern, besonders zu viert bieten die einzelnen Questen nur mit sehr viel Pech überhaupt eine Herausforderung. Hier kann man sich zwar mit einigen Vorschlägen aus dem Regelheft helfen, man kann Siegpunkte zählen und optimieren oder alle drei Questen zusammenhängen aber das ändert nichts daran, dass die Spielerzahl das Spiel massiv leichter oder schwerer werden lässt.

 

Wohin sich das Spiel in Zukunft entwickeln wird, kann noch niemand sagen. Durch zusätzliche Karten in den Spielerdecks wird es bald ernsthafte Möglichkeiten zum Deckbau geben, die die Szenarien leichter machen. Wahrscheinlich werden damit einhergehend die kommenden Questen schwieriger.

 

Ich habe jetzt schon die Karten des ersten Ausbausatzes gespielt. Interessanterweise haben die Autoren der Versuchung widerstanden, die Karten viel stärker zu machen um einen ordentlichen Kaufanreiz zu bieten. Tatsächlich sind die dazugekommenen Karten interessant, aber sicher nicht stärker als die im Core-Set enthaltenen. Daher ist ein Kauf nur dann notwendig, wenn man die zusätzliche Queste "Jagd nach Gollum", den neuen Helden Bilbo Beutlin oder einfach mehr Auswahl beim Deckbauen haben will.

 

Die meisten Sammelkartenspiele haben das Problem, dass man schwierig einen Gegner auf dem eigenen Niveau findet. Wenn man nicht gerade Liga spielt und alle seltenen, teuren, guten Karten in ausreichender Stückzahl hat, kann man nur zwei Decks zusammenbauen, die man als annähernd gleich stark findet und hoffen, einen Mitspieler zu finden. Dadurch dass das LotR LCG kooperativ ist, kann mir mein Gegenüber erstmals glauben, dass ich in sein Deck keine auszunutzenden Schwächen eingebaut habe und ich kann auf beliebigem Ausbaugrad mit mehreren Leuten spielen.

 

Dass dieses Spiel schon direkt aus der Box so viele Möglichkeiten und so viel Spielspaß bietet ist aus meiner Sicht für ein Sammelkartenspiel eine Premiere, daher mein Urteil: unbedingt ausprobieren!

 

Spieler         : 1-4

Alter            : 13+

Dauer           : ca. 45 min

Autor           : Nate French

Grafik          : Kevin Childress und Team

Preis            : ca. 30 Euro

Verlag          : Heidelberger 2011

Web             : www.hds-fantasy.de

Genre          : Living Card Game

Zielgruppe    : Mit Freunden

Spezial         : Für 1 oder 2 Spieler

Version        : de

Regeln         : de

Text im Spiel : ja

 

Kommentar: Schwierigkeitsgrad ändert sich mit Spielerzahl * schon mit einem Core Set zu viert spielbar * Keine wechselnde Häufigkeit für Karten

Vergleichbar: Andere LCG wie A Call of Cthulu oder A Game of Thrones

Andere Ausgaben: The Lord of the Rings LCG, Fantasy Flight Games

Meine Einschätzung: 6

Statement von Christian Grundner: Ein Kooperativspiel, das schon mit dem Core-Set interessantes Spielvergnügen zu viert bietet, Ausbausets können, müssen aber nicht sein!

 

Zufall                            1

Taktik                  3

Strategie__                  0

Kreativität           0

Wissen_               2

Gedächtnis          0

Kommunikation   3

Interaktion                   2

Geschicklichkeit  0

Action                  0