Hugo Kastner empfiehlt

 

Perlen der Spielkunst

 

Dominion

Im düsteren Mittelalter

 

Liebe Leserin, lieber Leser! Mit „Dominion“ hat Donald X. Vaccarino nach zwei Jahren mit unzähligen Testläufen (so die eigenen Aussagen) eine neue, faszinierende Spielwelt erschaffen. Wie aus dem Nichts ist das „verkehrte“ Sammeln von Karten – bis dahin wurde ein Spiel ja mit komplettem Deck begonnen, à la „Magic“ –  in praktisch allen Spielgruppen zu einer wahren Passion geworden. Der Markt trug dem über die letzten drei Jahre Rechnung, und der Flut an Auszeichnungen (Spiel des Jahres, Deutscher Spielpreis, usw.) folgte eine ebenso beeindruckende Flut an Erweiterungen (Seaside, Alchemist, Blütezeit, Reiche Ernte, Hinterland), alles gepackt voll mit neuen Ideen und neuen Abenteuern. Sogar ein zweites Grundspiel (Intrige) wurde innerhalb weniger Monate nach der Ersterscheinung zu einem Renner. Und die Box des Erstausgabe erfuhr ebenfalls nach kurzer Zeit eine grafische Überarbeitung, mit dem treffenden Untertitel: „Was für eine Welt!“ Wann hat es so etwas schon gegeben? Also auf ins Österreichische Spielemuseum nach Leopoldsdorf, zum Eintauchen in diese wunderbar düstere, mittelalterliche Spielwelt. www.spielen.at

 

Mein Lichtkegel reicht diesmal nicht aus, um 500 Spielkarten gleichzeitig zu beleuchten, pardon: 2500, so viele sind es inzwischen bereits geworden. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Jede Karte kommt ca. zehnmal vor, und zudem ist es um keine Karte zu viel. Es macht immensen Spaß, in diese andere Welt einzutauchen, und das mittelalterliche Herrschaftsgebiet kann immer wieder aufs Neue mit spannenden Herausforderungen aufwarten. Ein paar Beispiele für Orts- und Personenkarten sollen Ihre Vorfreude auf „Dominion“ steigern: Dieb, Holzfäller, Kanzler, Hexe, Laboratorium, Markt (aus: Grundspiel); Eisenhütte, Harem, Lakai (Intrige); Bazar, Geisterschiff, Navigator (Seaside); Apotheker, Golem, Trank (Alchemisten); Bischof, Halsabschneider, Quacksalber (Blütezeit); Harlekin, Turnier, Wahrsagerin (Reiche Ernte); Kartograph, Mandarin, Oase (Hinterland). Meine wohlmeinende Empfehlung: Schauen Sie sich alles genauer an und klicken Sie sich auf der exzellenten Strategieseite <www.dominionblog.de/strategie/> ein. Als Kurzüberblick für neugierige Leserinnen und Leser erlaube ich mir jedoch ein paar Worte zum Grundkonzept. Sie als Spieler repräsentieren junge Adelige, die ein kleines Erbe (7 x Kupfer, 3 x Anwesen – in Form von Karten) zu einem dominierenden Reich ausbauen wollen. Dazu liegen zehn Stapel mit Aktionskarten, drei Stapel mit unterschiedlichen Geldkarten (Kupfer, Silber, Gold) und ein Stapel mit Fluchkarten aus. Ja, diese Verwünschungen gab es auch im düsteren Mittelalter. In den Erweiterungen kommen noch diverse Kleinigkeiten dazu, doch ändern diese nichts am genialen Grundmechanismus von „Dominion“. Manches von den Käufen werden Sie später wieder loswerden wollen, und dafür gibt es auch einen passenden Müllplatz. Wer gerade dran ist, hat generell folgende Möglichkeiten: 1x Aktionskarte spielen, 1x Kauf tätigen, Aufräumen. That’s it! Das Tückische dabei: Als aktive Hand dienen nur 5 Karten, keine mehr, keine weniger. Und Aufräumen heißt, alle Karten auf einen offenen Ablagestapel abwerfen – auch die nicht verwendeten Handkarten. Danach wird eine neue Fünferhand nachgezogen und der (links sitzende) Gegner ist an der Reihe. So geht es immer weiter. Ist der Nachziehstapel aufgebraucht, werden alle Karten des Ablagestapels neu gemischt und kommen so zyklisch wieder in Umlauf. Letzterer Kniff der Wiederverwendung jeder einzelnen Karte macht „Dominion“ zu einem genialen Spielkonzept. Nichts wird umsonst gekauft, nichts ist vorbei – vielmehr spiegelt sich in diesem Erstlingswerk von Donald X. Vaccarino gleichsam der ewige Kreislauf des Lebens.      

 

Besprechung von Hugo Kastner

Rückmeldungen an: hugo.kastner@chello.at

 

Homepage: www.hugo-kastner.at

 

EMPFEHLUNG # 72 DOMINION

 

Spieler: 2-4

Alter: 10+

Dauer: 45+

 

Autor: Donald X. Vaccarino

Grafik: Matthias Catrein

Preis: 30 Euro

Jahr: 2008

Verlag: Hans im Glück

 

Taktik: 4 von 9

Info±: 2 von 9

Glück: 3 von 9

 

Strategisches Denken ist vor allem für die generelle Deckbildung erforderlich, taktische Expertise wird dafür beim Umschalten vom Aktions- und Geldkartensammeln hin zum Punktehorten erwartet. Der Infovorsprung des aktiven Spielers bezüglich Kartenhand hält sich in Grenzen, da nur wenige Karten stark interaktiv sind. Ja, und der Glücksfaktor ist selbst bei konstruktivster Deckplanung nicht unbedeutend, denn schließlich bringt nicht jede Kartenmischung den erhofften schnöden Mammon.

 

Hugos EXPERTENTIPP

Mischen Sie Karten aus allen Erweiterungen ganz nach Belieben, denn „Dominion“ ist eines der Spiele, wo einfach alles zusammenpasst, im vollsten Sinne des Wortes. Und lassen Sie sich vor allem auf ein Head-to-Head Spiel ein, denn ein einzelner Gegner lässt noch mehr taktische Finessen zu als die Vollbesetzung um den Spieltisch.

     

Hugos BLITZLICHT

„Dominion“ lebt von den unzähligen Wechselwirkungen der Karten, die einfach jede Partie zu einem neuen Erlebnis werden lassen. Fast stört es nicht, dieses Spiel zu verlieren, denn die Lust auf eine Revanche wird dadurch höchstens noch verstärkt. Genießen Sie das Gefühl, in Ihrem Reich zu herrschen, so uneingeschränkt, wie es die Zeiten eben erlauben. 

VORANKÜNDIGUNG

AGRICOLA

Bauernwirtschaft im 17. Jahrhundert

 

VORANKÜNDIGUNG

DOMINION

Im düsteren Mittelalter