Unsere Rezension

 

Regentschaft zu Pferd

 

Die Staufer

                           

Im Gefolge von Heinrich VI.


Essen 2014 war für mich nicht so ergiebig wie die Jahre zuvor, aber das ist natürlich eine subjektive Wahrnehmung. Vielleicht waren wir aber in letzter Zeit etwas verwöhnt. Es gibt nun einmal nicht jedes Jahr solche Leckerbissen wie Terra Mystica, Tzolk‘in, Russian Railroads, Brügge und Concordia – um nur einige zu nennen. Aber einen Edelstein habe ich doch gefunden, der mich überzeugt hat und den ich euch vorstellen möchte: „Die Staufer“ von Andreas Steding im Hans im Glück Verlag. Von diesem Autor kenne ich bereits „Nürnberg“, „Firenze“ und „Hansa Teutonica“, er ist also kein Unbekannter und der Verlag „Hans im Glück“ bedeutet fast eine Garantie auf ein gutes Spiel.

 

Der Titel ist allerdings irreführend, denn es geht nicht um das Adelsgeschlecht an sich, sondern um einen einzigen Fürsten, nämlich Heinrich VI, deutscher Kaiser und König von Sizilien. Auch hat man sich weniger mit seinem historischen Lebenslauf befasst als mit seine Reisetätigkeit. Er selbst war ja als Regent nicht gerade zimperlich bei der Durchsetzung seiner Ziele. Mit Österreich verbinden ihn zwei Dinge: Der Babenberger Leopold V übergibt ihm König Richard Löwenherz, dem er nach dem Eklat bei Akkon während des 3. Kreuzzugs zu einem unfreiwilligen Aufenthalt auf Burg Dürnstein verholfen hat und teilte sich mit ihm das nicht unerhebliche Lösegeld. Zweitens sitzt angeblich der Sage nach sein Vater Friedrich Barbarossa im Salzburger Untersberg und wartet - bis sein Bart dreimal um den Tisch reicht - auf seine Auferstehung. Da er seit 1190 angeblich erst zweimal um den Tisch reicht ist, dürfte es noch eine Zeitlang dauern. (Nach deutscher Auslegung sitzt er übrigens im Kyffhäuser, aber das ist eine andere Geschichte.)

 

Zum Spiel.

Das Cover zeigt Heinrich auf einem Pferd, was anscheinend einen Hinweis auf das Reisekönigtum und den Spielablauf darstellt.

Öffnet man die Schachtel so findet man eine Fülle von Material vor. Beginnen wir mit einer sechseckigen Platte, die den Mittelpunkt der Auslage darstellt. Auf ihr wird die Zugreihenfolge gesteuert sowie mit zwei weiteren Leisten die Hauptaktionen, nämlich das Einsetzen von Meeples sowie der Nachschub derselben.

 

An die sechs Seiten werden jetzt die trapezförmigen Regionen angelegt. Die Gebiete stellen wichtige Orte im Leben von Heinrich VI dar. Vorerst das niederländische Nimwegen als sein Geburtsort, dann Aachen wo seine Krönung stattfand, des weiteren Straßburg als der offizielle Regierungssitz wo auch die Reichstage abgehalten wurden. Augsburg war der Ort seiner Verlobung mit Konstanze von Sizilien. In Mailand fand 2 Jahre später seine Hochzeit statt. Schließlich Palermo wo er auch seinem Sieg zum König von Sizilien gekrönt wurde und wo er auch seine letzte Ruhestätte fand. All diese Orte werden der König und wir als seine Gefolgschaft im Zuge des Spieles aufsuchen. Die Auslage erfolgt willkürlich und muss nicht in chronologischer Reihenfolge liegen.

Sechs Tafeln mit verschiedenen Siegpunkten werden auf die Regionen gelegt und variieren die Wertigkeit der Gebiete. Außerdem weist jede Tafel mehrere Amtssitze auf, welche in den Kosten von 3 bis 7 variieren, und dazu einen von Tafel zu Tafel verschiedenen Bonus.

Eine externe Nachschubleiste zeigt die wechselnden Möglichkeiten beim Nachschub an. All die bis jetzt erwähnten Teile sind zweiseitig bedruckt und auf die jeweilige Spieleranzahl abgestimmt.

Ein wesentliches Spielelement sind die 72 Truhen in vier Farben. Die Farbe Orange bringt einem einmalige Siegpunkte bzw. Figuren aus der Provinz an den eigenen Hof. Mit der Farbe Türkis werden Kosten der Ämter eingespart und Verbesserungen in der Zugreihenfolge und beim Nachschub ermöglicht. Braune Truhen werden erst bei Spielende je nach Höhe der gesammelten Menge belohnt. Violette Truhen kann man paarweise gegen Prestigekarten tauschen.

Von letzteren gibt es 35 Stück, wobei pro Spiel nur ein Drittel zum Einsatz kommt. Auch diese Prestigekarten versprechen unterschiedliche Vorteile, meist permanent während des Spielverlaufs, wogegen die Truhen – abgesehen von den braunen – nur einmalig eingesetzt werden können.

110 Meeples in den 5 möglichen Spielerfarben teilen sich in 15 „Adelige“ (groß), 75 „Gesandte“ (klein) und 20 „Familienmitglieder“, welche für das Aktionsplateau und die externe Siegpunkteleiste dienen.

19 Rundenplättchen, mit denen jedes Spiel unterschiedlich gestaltet wird, ergänzt die überaus reichliche Ausstattung. Sie beziehen sich auf die Reihenfolge der Regionen, die anschließend gewertet werden, auf den Startort des Königs sowie das Marschtempo, in dem er durch sein Reichsgebiet wandert. Des weiteren wird eventuell eine zweite Region zur Wertung bestimmt. Hier allein sind – wenn mich meine mathematischen Grundkenntnisse nicht trügen – über 200 Variationen möglich.

 

Damit zum Spielablauf.

Mit der Festlegung des Startspielers wird die Zugreihenfolge zuerst im Uhrzeigersinn und dann zweimal gegen den Uhrzeiger festgehalten. Jeder Spieler erhält zu Beginn drei Gesandte und einen Adeligen. Unter jeden Amtssitz wird eine durch Zufall ermittelte Truhe gelegt. Ebenso unter die Nachschubleiste. Am Anfang jedes Spiels stehen auf jeden Fall zwei Regionen zur Wertung. Jeder Spieler erhält auch drei Auftragskarten. Sie beinhalten, welche Region man bei Spielende besetzt haben sollte, bzw. in welchen zwei oder drei Regionen man vertreten sein sollte oder welche Kategorien der Amtssitze man belegt haben sollte. Damit kann man bei Spielende über 30 Siegpunkte einheimsen, also durchaus ein wichtiges Spielelement.

Der Startspieler, aber auch die folgenden Spieler, haben nun die Wahlmöglichkeit sich zu entscheiden entweder einen Amtssitz zu belegen und die entsprechende Truhe zu kassieren oder zusätzliche Meeples aus der allgemeinen Auslage – sprich Provinz – an seinen Hof zu holen. Auch hier kann er eine der vorhin ausgelegten Truhen abstauben. Am Platz des Königs sind die Ämter nur durch Bezahlen der daneben stehenden Preise zu haben. Entscheidet man sich allerdings für eine andere Region, so sind zusätzlich Reisekosten in Form von Meeples zu entrichten. Je weiter desto mehr. Also - pro Region ist ein zusätzlicher Meeple abzulegen. In jeder der fünf Spielrunden hat man dreimal diese Entscheidungsmöglichkeit. Erlangte Truhen können jederzeit eingesetzt und ihre Vorteile genützt werden. Waren alle Teilnehmer an der Reihe, kommt es zur Wertung.

In den festgelegten Regionen wertet man die Mehrheit der Amtssitze unabhängig von den ursprünglichen Kosten. Diese kommen nur bei Gleichstand zum Tragen. Es werden nun die Siegpunkte vergeben und auch Boni vergeben. Danach werden die Figuren auf den Amtssitzen in die Provinz versetzt und der König reist entsprechend des geltenden Rundenplättchens um 1-3 Regionen weiter. In jeder Region, die er passiert, werden Meeples, die als Reisekosten abgelegt wurden, „befreit“ und kehren an ihren jeweiligen Hof zurück. In den gewerteten Regionen und an der Nachschubleiste werden zusätzlich Truhen ausgelegt, wobei es durchaus passieren kann, dass dann auch mehrere Truhen unter einem Amtssitz liegen. Die kommende Spielreihenfolge wird festgestellt, wobei diejenigen, welche sich für Nachschub entschieden hatten, bevorzugt werden. Und die nächste Runde beginnt.

 

Das Spiel lebt vom Dilemma der Entscheidungen. Soll ich versuchen die momentane Wertungsregion zu gewinnen um Siegpunkte und Bonus zu kassieren oder eher auf die nachfolgende Wertung spekulieren? Welche Amtssitze bringen mir wertvolle Truhen, oder wäre eventuell ein Privileg für den weiteren Verlauf nützlicher? Welchen Weg schlagen meine Mitspieler ein und denke ich auch an meine Auftragskarten, deren Aufgaben vorbereitet werden sollten? Immer hat man zu wenig Meeples, aber mit jeder Nachschubentscheidung verliert man Tempo bei der Regionsbesetzung. Die Optionen sind mannigfach und durch die bereits erwähnte Vielfalt der Auslage ist jedes Spiel anders geartet. Von mir erhält das Spiel eine eindeutige Kaufempfehlung.

Abschließend möchte ich noch besonders die Spielanleitung hervorheben. Das Lektorat mit Gregor Abraham, Hanna und Alex Weiß hat eine beispielhafte und vorbildliche Regel produziert, die sich andere Verlage durchaus zum Vorbild nehmen könnten.

 

Spieler: 2-5

Alter: 12+

Dauer: 80+

Autor: Andreas Steding

Grafik: Franz Vohwinkel

Preis: ca. 40 €

Verlag: Hans im Glück 2014

Web: www.hans-im-glueck.de

Genre: Setzen, sammeln

Zielgruppe: Für Freunde

Version: de

Regeln: de en jp

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Ein Spiel in bekannter HiG Qualität

Vorbildliche Regeln

Viele verschiedene Gewinnstrategien

 

Vergleichbar:

Andere Worker-Placement-Spiele mit Sammeln von Sets

 

Andere Ausgaben:

Z-Man Games, Arclight (angekündigt)

 

Meine Einschätzung: 6

 

Rudolf Ammer:

Die Staufer sind ein komplexes aber keinesfalls kompliziertes Worker-Placement-Spiel, das auf vielen Ebenen zum Sieg gesteuert werden kann und durch seine Vielfältigkeit jedes Mal anders abläuft.

                                      .

Zufall (rosa): 0

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 2

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0