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PACK DIE BADEHOSE EIN

 

Luna

 

Mit mondsüchtigen Novizen schwimmen gehen

 

Fettdruck beibehalten bitte

 

Stefan Feld ist ein Meister des Mangel- bzw. Dilemma-Spieles: So viele Möglichkeiten, so viel zu tun, aber nur das Wenigste darf/kann man erreichen. Das kombiniert er zumeist mit erfrischenden Ideen und originellen Spielmechanismen, sodass sich Vielspieler stets auf seine neuen Werke freuen. „Luna“ ist bei „hallgames“ erschienen, das erstmals mit „Vor den Toren von Loyang“ von Uwe Rosenberg auch als Verlag aufgetreten ist. Offenbar kommen dort Spiele heraus, die trotz einer renommierten Autorenschaft sonst keinen Verlag finden. Bei „Luna“ dürfte der Grund dafür in der (positiv formulierten) eigenwilligen Hintergrundgeschichte gelegen sein: Eine Mondpriesterin namens Luna will hier nämlich ihre Nachfolgerin auswählen. Zu diesem Zweck leiten die Mitspieler jeweils einen Orden, um mit dessen Novizen auf acht Inseln diverse Handlungen vorzunehmen, auf dass nach sechs Runden Luna die siegentscheidende Entscheidung treffen kann.

 

Nach dem Lesen der Anleitung steht man erst einmal wie das (Mond-)Kalb vor dem Berg und stellt sich die drei großen „W-Fragen“: Wen interessiert denn das? Wer denkt sich so etwas aus? Und vor allem: Warum soll ich das spielen? Das liegt aber nicht an dem (sogar sehr) gut formulierten und strukturierten Regelwerk, es ist zunächst bloß überhaupt nicht nachvollziehbar, was und warum man hier eigentlich tun soll. Auch nachdem ich mir das Spiel das erste Mal habe erklären lassen, wirken die Spielmechanismen weiterhin extrem kopflastig und die aufgesetzte Hintergrundgeschichte sehr abstrus.

 

Ein Spiel von Stefan Feld ist aber stets jedenfalls einen Versuch wert, also wage ich es letztlich doch. Reduziert auf das Wesentliche geht es auch hier um das Sammeln von Siegpunkten. Diese gibt es vor allem durch das Errichten von “Kultstätten“ (also kleinen Gebäuden bzw. Holzspielsteinen), durch das Versetzen von „Novizen“ (unseren Spielfiguren) auf den Hauptspielplan (also in die Mitte) und durch die Mehrheit von Gebäuden und Spielfiguren bei der aktuellen Position der Mondpriesterin. Deren Figur wandert nämlich jede Runde um den Hauptspielplan herum, quasi wie ein Hamster im Laufrad (vielleicht ist ja das der Grund, weshalb sie mit ihrem Job aufhören will). Dieser Hauptspielplan soll eine „Tempelinsel“ darstellen und liegt in der Mitte. Rund um diesen – quasi wie die Monde um einen Planeten – liegen sieben kleinere Inseln, die sogenannten „Priesterinseln“. Auf diesen führen wir mit unseren Spielfiguren die Aktionen aus und können dort auch unsere Gebäude errichten.

 

Obgleich dies zunächst wie eine weitere Variante der bereits unzähligen „worker placement“-Spiele anmutet, liegt hier eine originelle Abwandlung dieses Mechanismus vor. Zu Spielbeginn haben die Mitspieler nämlich schon jeweils acht Spielfiguren auf den äußeren Inseln herumstehen. Um eine Aktion auszuführen, muss man grundsätzlich zwei Spielfiguren nutzen, wodurch diese inaktiv werden und neben die Insel – also ins Wasser – gelegt werden. Das klingt nicht nur etwas schräg, das ist es auch. Verständlicher wäre es wohl gewesen, wenn die aktiven Spielfiguren aufrecht stehen und die inaktiven (weil müde) liegen würden, das wäre aber natürlich unübersichtlicher und könnte auch leicht zu Unklarheiten führen, wenn eine der Figuren umfällt.

 

So plantschen die beiden Novizen, nachdem sie ein wenig gearbeitet haben, eben bis zum Ende der aktuellen Runde mehr oder weniger untätig im Wasser herum. Außer man setzt eine „Gunstmarke“ namens „Heilkräuter“ ein, dann gehen die beiden Novizen wieder an Land und können für eine weitere Aktion genutzt werden. Die Spielanleitung erklärt dies damit, dass mit den Heilkräutern ein Trank gebraut wird (im Wasser schwimmend?!), worauf sich die Novizen wieder erholen (ein Schelm, wer dabei eher an illegale aufputschende Substanzen denkt).

 

Auf jeder der sieben kleineren Priesterinseln erhält man eine dort verfügbare spezielle Gunstmarke, wenn man dafür zwei Novizen verwendet. Jede Gunstmarke gewährt einen anderen Nutzen, der natürlich sinnvoll mit den eigenen Plänen kombiniert werden sollte. Neben den „Heilkräutern“ ist eine weitere Gunstmarke etwa die „Kultstätte“, die für das Errichten eines Gebäudes benötigt wird. Das allein genügt aber noch nicht: Zusätzlich muss noch die Spielfigur „Baumeister“ auf dieser Priesterinsel anwesend sein; dieser hüpft – ähnlich wie die Mondpriesterin – eine bestimmte Anzahl von Priesterinseln jede Runde im Uhrzeigersinn um die Hauptinsel herum. Das Bauen einer Kultstätte kostet also die passende Gunstmarke, die Arbeitskraft zweier Novizen und benötigt die Anwesenheit des Baumeisters. Dafür erhält man nicht nur das punktebringende Gebäude; auf Inseln mit der eigenen Kultstätte können manche Aktionen mit nur einem – statt wie sonst üblich mit zwei – Novizen vorgenommen werden.

 

Stets zwei Novizen braucht man für die Aktion „Missionierung“: Für zwei (dadurch inaktiv gewordene) Novizen kommt ein weiterer hinzu. Die Anleitung umschreibt dies als „Bekehrung eines Ungläubigen“. Aber nicht wohl erst seit „Stone Age“ denkt man bei einem derartigen Vermehren von Spielfiguren, zumal in einer lauschigen Vollmondnacht, eher an die natürlichste Sache der Welt.

 

Damit die Spielfiguren ihre Aktionen nicht immer auf derselben Insel durchführen müssen, gibt es mehrere Bewegungsmöglichkeiten, etwa um die Eigenschaften auch der anderen sechs Priesterinseln nutzen zu können. Um mit einem Novizen auf die Hauptinsel in der Mitte zu kommen, muss man (mehr oder weniger geschickt) gleich mehrere Aktionen kombinieren. Als Belohnung gibt es dafür tendenziell die meisten Siegpunkte, jedoch verbunden mit dem Risiko, dass ein späterer Novize eines Mitspielers die eigene Spielfigur verdrängt (bzw. hinausschlägt).

 

Zusammengefasst kann man (anstelle von „worker placement“) hier also von „worker displacement“ sprechen. Die beschriebenen Grundideen von „Luna“ und die weiteren Regeldetails werden wohl erst bei (oder nach) der ersten Probepartie verständlich. Am Anfang wird man von den rund ein Dutzend Aktionsmöglichkeiten eher überfordert sein. Bald lässt sich aber erkennen, wie diese am besten zu verzahnen sind und bewirken auch das eine oder andere Frusterlebnis, weil vieles nicht so klappt, wie man sich das wünschen würde (ist ja auch ein Mangel- bzw. Dilemma-Spiel). Rundenübergreifende Strategien sind möglich, zumal die Bewegungen des Baumeisters und der Mondpriesterin leicht auszurechnen sind. Weniger leicht auszurechnen sind natürlich die Züge der Mitspieler; mangels Glücksanteil bei den Spielmechanismen wird mancher dennoch versuchen wollen, mithilfe ausgiebigen Tüftelns letztlich besser dazustehen als die Mitspieler. 

 

Hervorzuheben ist bei „Luna“ die exzellente Kurzspielregel, ohne die das Spiel wohl kaum zu meistern wäre. Auch die sonstige Ausstattung und Grafik sind recht gut gelungen und unterstützen das Verständnis, die Novizen aus Holz haben sogar eine etwas andere und hübschere Form als sonst (leider zu oft) üblich. Vor allem wenn man das Spielmaterial mit dem aktuellen „Die Burgen von Burgund“ (siehe auch WIN 421), ebenfalls ein überwiegend abstraktes Spiel von Stefan Feld mit vernachlässigter (bzw. vernachlässigbarer) Hintergrundgeschichte, vergleicht. War es bei „Im Jahr des Drachen“ durchaus noch stimmig, das Spielgeschehen mit einer eher kargen Ausstattung zu kombinieren, gewinnt man seit „Macao“ und „Glen More“ immer mehr den Eindruck, dass alea austesten möchte, wie klein und fummelig das Spielmaterial noch sein kann.

 

Harald.Schatzl@spielen.at

 

Spieler         : 1 - 4

Alter            : ab 12 Jahren

Dauer           : ca. 90 +

 

Autor           : Stefan Feld

Grafik          : Klemens Franz

Titel            : Luna

Preis            : ca. 35 Euro

Verlag          : Hall Games

                     www.hallgames.de

 

Genre                    : Optimierungsspiel

Zielgruppe             : Experten

 

Sprache        : de

Regeln         : de

Text im Spiel : nein

 

Kommentar:

sperriges, nicht nachvollziehbares Spielthema

Probepartie zweckmäßig

eigentlich ein (grafisch aufgehübschtes) abstraktes Spiel

sehr gutes Ineinandergreifen der Spielmechanismen

Tüftelpotential, da ohne Glücksanteil

exzellente Kurzspielregeln

 

Vergleichbar:

Notre Dame

Die Prinzen von Machu Picchu

 

Meine Bewertung: 5

 

Harald Schatzl:

Das aufgesetzte pseudo-religiöse Thema verwirrt mehr, als dass es geeignet wäre, den Mitspielern vor der ersten Partie die Spielmechanismen näher zu bringen. Der Mangel an Atmosphäre und Hintergrundgeschichte wird durch die spielerisch sehr interessanten und auch sehr gut spielbaren Ideen aber mehr als ausgeglichen. 

 

Zufall                           

Taktik                  3

Strategie__                  2

Kreativität          

Wissen_              

Gedächtnis         

Kommunikation   1

Interaktion                   2

Geschicklichkeit 

Action