Zurück zum Ursprung der Lagunenstadt

 

Die Säulen von Venedig

 

Pfähle setzen in der Lagune

 

„Venedig sehen und sterb……..“ das hatten wir doch schon einmal. Gut, lassen wir die Einleitung weg, die kann man in meiner Rezension über das Spiel Venedig nachlesen. Kommen wir gleich zum Spiel.

 

Die obligatorische quadratische Schachtel für die großen Spiele von Goldsieber trägt die grafische Handschrift von Christian Fiore, zum Teil ansprechend, die Gesichter seiner Figuren ein wenig gewöhnungsbedürftig. Ich bin allerdings weder Kunstkritiker noch ein Fachmann für die malende Zunft. Zum Glück kenne ich mich bei Spielen besser aus.

 

Die Spieler simulieren in diesem Spiel das Teeren und Setzen der Pfähle und das Bauen der Stadtteile darauf. Der Spielplan zeigt einen rechteckigen Raster 17 x 8 Felder, durch den der Canale Grande fließt. Abhängig von der Spieleranzahl werden die Aktionskarten aussortiert. Dafür wurde im rechten unteren Eck der Karten eine Zahl von 2 bis 6 abgedruckt und die Karten, die eine Zahl tragen, die höher ist als die Mitspieleranzahl, kommen aus dem Spiel.

 

Jeder Spieler erhält 5 Aktionskarten auf die Hand und 9 Marker seiner Farbe, wovon einer auf die Wertungsleiste kommt. Die Stadtteile werden nach den Formen sortiert und offen bereitgelegt. Jeder Spieler zieht 1 Stadtteil mit 2 Steinen und 2 Wappen und 1 Stadtteil mit 4 Steinen und 7 Wappen.

 

Der Startspieler darf vor Beginn der Runde bei einem beliebigen Mitspieler eine Aktionskarte aus der Hand ziehen und gibt ihm dafür eine seiner Handkarten. Jeder Spieler wählt eine seiner Aktionskarten aus und legt sie verdeckt vor sich. Diese Karten werden gleichzeitig aufgedeckt und die Aktionen reihum ausgeführt. Danach wird die Aktionskarte an den linken Spieler weitergegeben. Befand sich auf einer der gespielten Karten ein Startspielersymbol, wechselt dieser zum linken Spieler.

 

Die Stadtteile zeigen Gebäude und Plätze. Die abgebildeten Steine geben die Kosten bei der Beschaffung durch den Ratsherrn an und die Wappen geben die zu erzielenden Siegpunkte an.

 

Der Schlüssel des Spieles sind natürlich die Aktionskarten. Mit dem Ratsherrn nimmt man sich einen oder mehrere Stadtteile aus dem Vorrat und legt diese vor sich. Die Karten tragen die Zahl 4 bis 6, und diese Zahl gibt an wie viele Steine maximal alle soeben genommenen Karten haben dürfen.

 

Mit dem Pech-Tunker setzt man die Pfähle und markiert diese. Auch auf diesen Karten ist die Anzahl der Pfähle vermerkt, die man nehmen und platzieren muss sowie eine zweite Zahl dafür, wie viele eigene Marker man platzieren darf. Pfähle können nicht auf dem Canale Grande gebaut werden. Die Felder aller in diesem Zug gesetzten Pfähle müssen sich mit mindestens einer Kante berühren. Mindestens einer der soeben gesetzten Pfähle muss mit einer Kante den Canale Grande oder einen schon auf dem Spielplan stehenden Pfahl berühren.

 

Der Spieler kann seine auf der Karte vermerkten Marker auf beliebige Pfähle setzen. Es können auch Pfähle sein, die ein anderer Spieler in einer vorigen Runde gesetzt hat.

 

Mit der Aktion Baumeister kann der Spieler Stadtteile, die vor ihm liegen, auf Pfählen bauen. Auf der Karte ist wieder eine Zahl vermerkt und gibt an wie viele Steine die zu verbauenden Gebäude maximal haben dürfen. Auf dem zu überbauenden Pfahl darf kein Stadtteil liegen. Alle Felder des Stadtteils müssen auf Pfählen liegen. Eine Ausnahme ist hier die Brücke. Unter dem mittleren Feld darf sich kein Pfahl befinden oder es befindet sich der Canale Grande darunter. Überbaute Pfahlmarker werden an die Spieler zurückgegeben. So ein Spieler bauen kann, muss er dies auch tun, auch wenn dadurch andere Spieler mehr Punkte bekommen als er.

 

Das waren die drei wichtigen Karten, um die sich alles dreht.

Weitere Aktionskarten um ein wenig Abwechslung ins Spiel zu bekommen sind: Spekulant – bekommt 6 Siegpunkte wenn ein anderer Spieler einen Baumeister gespielt hat. Händler – bekommt 6 Siegpunkte wenn ein Ratsherr gespielt wurde. Erfinder – bekommt die 6 Punkte wenn ein Pech-Tunker gespielt wurde.

Gondoliere – Der Spieler setzt einen seiner Marker auf die Gondel und bekommt 2 Punkte für jeden Stadtteil der danach gebaut wird. Befindet sich bereits ein Marker auf der Gondel dann wird dieser ausgetauscht. Spion – Wählt eine Handkarte von einem Mitspieler und führt diese sofort aus. Der Bestohlene bekommt den Spion. Bettler – Führt die aufgedeckte Aktion eines Mitspielers aus, außer die des Spions. Saboteur – Entfernt einen Stadtteil aus Venedig und legt diesen in den Vorrat zurück. Er platziert 2 Marker auf den freigewordenen Pfählen. Advokat – Legt Stadteile mit bis zu 2 Steinen auf freie Pfähle. Die Marker werden nicht gewertet.

 

Wie erzielt man nun die Siegpunkte?

Den Gondoliere und die drei Charaktere mit den 6 Punkten habe ich bereits oben angeführt. Für jeden gebauten Stadtteil gibt es so viele Punkte wie Wappen abgebildet sind. Baut man einen Stadtteil und gibt es übereinstimmende Kanten zu benachbarten Stadtteilen, d.h Gebäude an Gebäude und Plätze an Plätze, dann bekommt man für jede Übereinstimmung einen weiteren Siegpunkt. Pro Pfahlmarker den ein Spieler zurückbekommt, erhält er 3 Siegpunkte. Eigene Marker, die man zurückbekommt, werden nicht gewertet.

 

Das Spiel endet sofort wenn ein Spieler die Karte Pech-Tunker ausspielt und den letzten Pfahl aus dem Vorrat nimmt. Wer die meisten Punkte erzielt gewinnt, bei Gleichstand gewinnen alle daran beteiligten.

 

Die Regel sei lobend erwähnt. Aus den 4 Seiten die sie umfasst ist die erste das Titelbild und die letzte befasst sich zum größten Teil mit Danksagung und dem Impressum. Damit bleiben ein wenig mehr als 2 Seiten Regeln und die sind gut bebildert und leicht zu lesen und leicht verständlich. Einzig wir Querköpfe und Tüftler haben nun wiederum den einen oder anderen fraglichen Passus gefunden.

 

Mich würde es nicht wundern wenn die Verlage bald nicht mehr mit uns reden. Punkt eins ist das Spielende. Dort steht wörtlich wenn die Aktionskarte Pech-Tunker gespielt wurde und der letzte Pfahl genommen wurde endet das Spiel. Heißt das wenn der Bettler die Aktion Pech-Tunker wählt und den letzten Pfahl nimmt, dass das Spiel nicht zu Ende ist? Logisch betrachtet ist es zu Ende, aber wenn man Tüftler in der Spielrunde hat, dann ist Logik immer hinter der Regel anzusiedeln.

 

Der zweite Punkt ist die Auslegung  der Karte Advokat. Auf der Karte steht – Legen sie Stadtteile mit bis zu 2 Steinen auf nicht mit Stadtteilen bebaute Pfähle. Pfahlmarker werden nicht gewertet. – Auf Grund der Verwendung der Mehrzahl bei Stadtteile habe ich in einem Zug mehrere Stadtteile mit 2 Steinen gebaut. Das Problem das sich dabei ergab war, dass ich durch das Bauen für jeden Stadtteil 2 Punkte erhielt. Nebenbei hamsterte ich für Übereinstimmungen und für den Gondoliere weitere Punkte und war so nicht mehr einzuholen.

 

Die Frage ist ob dies so sinnvoll ist. Es mag eine Ausnahmesituation gewesen sein oder aber auch gut geplant. Sie hat aber das Spiel zu meinen Gunsten entschieden und das in einer sehr zeitigen Phase. Und wenn nach der dritten Runde oder nach 10 Minuten der Sieger feststeht, wo bleibt dann die Motivation der anderen, bis zum Ende ernsthaft weiter zuspielen.

 

Grammatikalisch und regeltechnisch kann ich bei dem Zug keinen Fehler entdecken, denn die Argumentation, dass man nur einen Stadtteil bauen darf, macht diese Karte nicht besonders interessant. Trotz allem sei hier eine Klarstellung seitens der Autoren wünschenswert.

 

Was bekommt man nun für seine 28 Euro, die das Spiel im Schnitt kostet? Erstens ein gutes Spiel das hervorragend funktioniert und Spaß macht. Über die Ausstattung kann man nicht nörgeln. Die 60 Pfähle sind 2 cm hohe Holzzylinder mit einem Durchmesser von 2 Zentimeter. Die Marker sind ebenfalls aus Holz. Der Spielpan und die Stadtteile sind aus dicken Karton und die Karten sind griffig und von guter Qualität. Besonders erwähnenswert finde ich den Stoffbeutel der beiliegt, damit die Holzteile nicht in der Schachtel lose liegen.

 

Über die Grafik kann man geteilter Meinung sein. Aber wie bei allen Dingen der Kunst ist „schön“ relativ. Der Einstieg in das Spiel ist einfach, eigentlich schon erschreckend einfach. Mit drei Sätzen erklärt. Der Spielfluss und der Ablauf sind ungebrochen und flüssig und die Dauer liegt bei einer geübten Runde zu viert oder fünft bei 30 bis 40 Minuten.

 

Das Thema für das Spiel ist gut gewählt. Man kann gut nachvollziehen wie der Untergrund der Lagune mit Pfählen versehen wird um darauf Stadtteile mit Gebäuden und Plätzen zu errichten. Wer einen Pfahl besitzt bekommt auch die Belohnung für den Bau der durch diesen Pfahl gestützt wird. Warum der Gondoliere allerdings immer 2 Punkte bekommt wenn ein Stadtteil am Canale Grande gebaut wird, erschließt sich mir weder geschichtlich noch logisch.

 

Von der Grafik und der Spielidee passt der zeitliche Rahmen nicht ganz. Für die Zeit wo man geschichtlich begonnen hat Venedig zu erbauen haben die beteiligten Charaktere die falsche Bekleidung und auch die falschen Funktionen. Aber kritisieren wir nicht belanglose Punkte die das Spiel nicht im entferntesten beeinflussen.

 

Vorab sei erwähnt dass ich angenehm überrascht bin, dass sich Goldsieber wieder zurück meldet und mit diesem Spiel an gute Spiele der Vergangenheit anschließt. Man kann dem Spiel vorwerfen, dass es keine taktische Tiefe hat, aber den Anspruch erhebt es auch nicht. Es ist ein sehr schönes Familienspiel, wo auch Vielspieler auf ihre Rechnung kommen, denn gelangweilt habe ich mich in keiner Partie. Taktik ist aber genug vorhanden um alle glücklich zu machen. Das Abschätzen wann man welche Karte spielt ist dabei eine wichtige Vorraussetzung.

 

Durch das Spielen einer Aktionskarte und die Weitergabe an den linken Spieler kommt ein sehr interessanter Mechanismus ins Spiel. Einerseits kann ich eine gute Karte sofort spielen, muss mir aber im Klaren sein, dass mein  Nachbar dies nächste Runde auch kann. Halte ich die Karte aber länger zurück und meine Mitspieler wissen, dass diese Karte besitze, werde ich Ziel der Spione sein. Kann ich sie länger bei mir behalten blockiere ich sie somit und so kann es auch vorkommen dass diese Karte nicht allen Spielern zur Verfügung stehen wird. Es gab auch eine Partie, da habe ich erst gegen Ende meinen ersten Baumeister bekommen.

 

Durch den Mechanismus des Bauens und dabei selbst keine Siegpunkte durch Marker zu erhalten, bekommt der Spieler aber auch eine gewisse Königsmacherfunktion. Laut den Autoren sei dies aber ganz gezielt gewünscht und ich muss ihnen hier auch gratulieren, dass sie dies so gut im Spiel verpackt haben.

 

Am besten spielt es sich zu viert oder zu fünft, wobei es aber in allen Besetzungen funktioniert. Ein taktisches Belauern bei 2 oder 3 Spielern die oft länger gebraucht haben als bei einer größeren Spieleranzahl. Zu sechst ist es fast nicht mehr planbar und der eigene Zug erst planbar wenn der Spieler vor einem an der Reihe ist. Wenn man bei 6 Spielern der letzte ist und drei vor einem haben bereits einen Baumeister gespielt, dann kann es vorkommen, dass keine Plätze mehr zum Bauen übrig sind und man mit seinem Baumeister leer ausgeht. Also immer aufgepasst wann man an die Reihe kommt und welche Karte dann sinnvoll ist.

 

Sollte sich eine Tüftlerpartie zusammenfinden dann kann es den zeitlichen Rahmen von 60 Minuten klar sprengen. Ich hatte eine Partei die dauert beinahe 90 Minuten. Denn gegen Ende belauerten sich drei der vier Spieler und keiner wollte dem Spiel ein Ende bereiten, weil ansonst immer der andere gewonnen hätte. Der verbliebene und nicht um den Sieg Mitspielende wollte aber die Königsmacherfunktion nicht übernehmen.

 

Kurz gesagt ist Die Säulen von Venedig ein gutes Spiel, das kurzweilige Spieleunterhaltung für die ganze Familie bietet und von dem man auf Grund der kurzen Spieldauer gerne die eine oder andere Partie anhängt, denn in den meisten Partien hat man entweder auf den Gondoliere vergessen oder den Spion oder den Bettler nicht richtig eingesetzt. Somit bieten sich mehrere taktische Möglichkeiten und jede Partie läuft ein wenig anders.

 

Kurt.Schellenbauer@spielezeit.at

 

Spieler         : 2-6

Alter            : ab 10 Jahren

Dauer          : 45-60 Minuten

Autor           : Christian Fiore & Knut Happel

Grafik          : Christian Fiore

Preis            : 30 €

Verlag          : Goldsieber 2006

                     www.goldsieber.de

 

Genre                    : Bauspiel

Zielgruppe             : Familie

Mechanismen         : Pfähle setzen, markieren. Stadtteile bauen, werten

 

Strategie                : *

Taktik                   : ***

Glück                    : *

Interaktion             : ****

Kommunikation      : **

Atmosphäre           : ******

 

Kommentar:

kurze übersichtliche Regel

schönes Spielmaterial größtenteils Holz

kurze Spieldauer

zu zweit taktisch

zu sechst lockere Unterhaltung

optimal 4 und 5 Spieler

 

Kurt Schellenbauer: Damit die Spieler vom Spielende nicht überrascht werden sollten sie immer die Anzahl der noch verfügbaren Säulen im Auge behalten.

 

Vergleichbar:

In Kombination und Verwendung der Mechanismen das erste seiner Art.