Unsere Rezension

 

Das Haus des Herrn

 

Domus Domini

 

Kloster als Wirtschaftsbetrieb

 

Klöster haben für viele Menschen etwas Faszinierendes und sind in vielen Ländern Anziehungspunkte für Touristen. Ich denke nur an Clonmacnoise in Irland, die Meteora-Klöster in Griechenland oder die Shaolin-Klöster in Asien. Auch Österreich könnte man als Klösterreich bezeichnen. Über 120 Klöster waren bei uns beheimatet. Rund 20 sind es noch heute, geführt von 14 Orden.

 

Also kein Wunder, dass wieder einmal das Thema „Ora et labora“ zur Grundlage für ein Spiel wurde.

Es ist erst das zweite Spiel des Autors Heinz-Georg Thiemann nach „Planet Steam“ im Jahr 2008. Wie der Inhaber eines Spieleladens in der „Spielhauptstadt Essen“ zum Thema fand, ist nicht bekannt. (Vielleicht bei der Einkehr in einem Kloster als Ort der Stille und Selbstfindung) – das würde jedenfalls passen.

Herausgegeben wird das Spiel über Crowdfunding von „franjos“, einem 1987 gegründeten Verlag von Franz Josef Herbst, der nächstes Jahr sein 30 jähriges Jubiläum feiert und auch ebenso viele Spiele herausgegeben hat. Seine Autoren lesen sich wie das Who is Who der der Spielebranche. Von Hoffmann, Knizia, Randolph und Sackson bis Solomon. Zwei Mal gelang ihm mit einem Spiel der Sprung auf die Empfehlungsliste des Spiel des Jahres, nämlich mit “Buzzle“ und “Billabong“. Aber auch “Black Box“, „Can‘t stop“ und “Husarengolf“ sind bekannte Namen des Verlagsprogramms.

 

Nun, welches Kloster hat sich nun der Autor zum Vorbild seines Spiels genommen? Es ist die 910 mit 12 Mönchen gegründete Benediktinerabtei, die ihren Höhepunkt im 12. Jahrhundert mit 400 Mönchen erreichte. Sie unterstand allein dem Papst, war ein Zentrum der Armenfürsorge und wies bis zum Bau des Petersdom in Rom über 300 Jahre lang die größte Kirche des Abendlands auf. Dass wir am 2. November den Allerseelentag feiern geht auf ihre Einführung zurück. Mehrere Klöster standen unter ihrer Kontrolle und waren zu Abgaben verpflichtet – und hier setzt die Spielidee ein.

 

Das Cover der Box im Kosmosformat zeigt einen betenden Mönch in Großaufnahme sowie mehrere bei der Feldarbeit vor dem Hintergrund der Klosteranlage. Beide Tätigkeiten finden wir im Spiel wieder.

Kommen wir zum Inhalt. Zuerst möchte ich aber besonders lobend erwähnen, dass “Domus Domini“ für 6 Spieler ausgelegt ist. Entgegen der leider üblichen Unsitte ein Spiel zuerst für 4 Personen auszustatten um im anschließend eine Erweiterung für 5-6 Spieler nachzureichen um nochmals “cash“ zu machen. Ebenso wohltuend sind die 4sprachigen Anleitungen auf extrem robusten Papier sowie die großformatigen Infoblätter die einen textfrei durch die Abläufe führen. Warum hier andere Verlage versucht sind solche Hilfsmittel auf Briefmarkengröße (ironisch) zu reduzieren ist mir ein Rätsel. Die Papierersparnis kann es ja wohl nicht sein.

Der gemeinsame Spielplan zeigt eine serpentinenartige Straße die am oberen Ende die Klosteranlage sichtbar macht und rundum von einer Kramerleiste umgeben ist. Hier sollen die Teilnehmer die erwirtschafteten Nahrungsmittel nach Cluny bringen um als Belohnung Ablassbriefe (Siegpunkte) zu erhalten. Wer wenig zusammenbrachte, bekommt Denare um es nächstes Mal besser zu machen. Also im Gegensatz zu manch anderen Spielideen werden die Schwächeren nicht bestraft sondern erhalten einen Anreiz zur Verbesserung.

6 Klosterkarten verschiedener Wertigkeit mit den entsprechenden farblichen Häusern dienen dazu den Startspieler zu bestimmen und im späteren Spielverlauf Gleichstände aufzuheben.

 

Das einzelne Kloster-Tableau jedes Spielers kann drei Arten von Produkten erzeugen, nämlich Käse, Bier oder Kräuter. Dazu gibt es je zwei Produktionskarten. 18 Cellerare (Kellermeister) sind je nach Tüchtigkeit entsprechen teuer und unterstützen diese Produktion. 42 Laienbrüderchips und 36 Gemüsechips beleben das Klosterleben. Außerdem gibt es 18 Hundehütten und 12 Wachhunde auf deren Bedeutung ich noch zurückkomme. 24 Kapellenkarten sind für den Ausbau in 4 Stufen vorrätig. Selbstverständlich gibt es noch Geld in Form von ein und drei Denaren. 3 Sonderkarten – der Viehhirte, der Gemüsekarren und der Trunkenbold treten nach der 1. Runde in das Spielgeschehen ein. Nicht zuletzt gibt es noch 6 Handkarren schließlich wollen die Waren ja nach Cluny transportiert werden.

 

Für die beigelegte Erweiterungsvariante gibt es noch 4 Bäumchen und 11 Ereigniskarten. Von den letzteren kommen nur jeweils vier pro Spiel zum Einsatz was das Spiel abwechslungsreich macht.

 

Jeder Spieler hat ein Tableau vor sich auf dem drei Skalen abgebildet sind auf welchen die Fortschritte von Ackerbau, Käserei und Bierbrauerei gemessen werden. Das Kloster wird in Form von 6“Zellen“für Mönche dargestellt. Die gleiche Anzahl ist für Nahrungsmittel vorgesehen. Weiters gibt es eine Ablagefläche für die Cellerarkarte. Ein Geldverleiher lädt zum Sparen ein und jeweils zwei Laienbrüder können vom Kloster aus zur Feldarbeit gesandt werden.

 

Möge das Spiel beginnen. Man startet mit drei Mönchen und sechs Gemüsechips sowie je nach Spieleranzahl mit 9 bis 13 Denaren.

Es geht über 5 Runden mit je 7 Phasen.

Phase 1 greift größtenteils erst ab der 2. Runde. Jetzt wird nur der Startspieler ermittelt. Diese Funktion ist nicht immer das Gelbe vom Ei. Deshalb kann man sich gegen Abgabe eines Denars von dieser Position freikaufen. Dadurch kann man erst die Aktionen der Mitspieler beobachten und darauf reagieren. Dasselbe Recht hat natürlich auch der Nächste – so lang - bis die Anzahl der dadurch angehäuften Denare einen der folgenden Spieler “überzeugt“, das Amt zu übernehmen. Nun wird entschieden welche Produktionsart in dieser Runde bevorzugt wird und somit Sonderpunkte verspricht.

 

         In Phase 2 werden Cellerare käuflich erworben. Hier kann man aus dem Angebot von 18 Karten wählen. Hier ist es schon von Vorteil früher dran zu sein, sonst ist der Wunschkandidat schnell weg und es bleiben nur noch unerschwingliche Kandidaten über. Deckt sich der Cellerar mit der aufliegenden Produktionskarte so gibt es Extraboni. Der Käsemeister senkt außerdem die Kosten beim Kapellenbau und bei dem Ausbau der Käserei. Der Landwirt steuert 2 Gemüsechips bei und beim Bierbrauer erhält man zusätzliche Nahrungsmittelpunkte. Bei Spielende erzielt noch jeder Cellerar je nach Wertigkeit zusätzliche Punkte. In diesem Abschnitt kann man auch für einen Denar 2 Gemüsechips erstehen, was aber in der ersten Runde nicht zweckmäßig ist da man noch keinen freien Platz auf seiner Nahrungsmittelleiste hat.

 

Phase 3. Hier kann man in den Ausbau der drei Sparten investieren. Die Kosten sind mit Denaren zu begleichen. Je höher man in dem Wirtschaftsbereich rückt desto mehr Ertrag an Nahrungsmittel ist bei den Wertungen zu erzielen. Auch jeweils ein Kapellenteil pro Runde kann erworben werden. Diese bringen ebenfalls Punkte falls sich ein Mönch zum Gebet darin aufhält. Mittels Gemüsechips können zusätzliche Mönche angeworben werden sofern genug Platz im Kloster vorhanden ist. Durch eine erlaubte Verschiebung von Mönchen zur Feldarbeit oder in die Kapelle kann Platz geschaffen werden. Pro Runde können hier auch Wachhunde gegen Abgabe eines Gemüses erstanden werden. Dafür ist allerdings

 eine Hundehütte zu einem relativ günstigen Tarif von 1 Denar zu bauen. Schließlich kann auch Geld beim Verleiher deponiert werden, das mit Zinsen in der nächsten Runde honoriert wird. Für je 3 Denare gibt es 33 % also 1 Denar. Maximal wird die Anlage von 9 Denaren gestattet. Jetzt wird gerechnet wie viele Nahrungsmittel jeder nach Cluny bringen kann Produktion, Cellerar, Kapelle falls besetzt sowie etwaige Boni ergeben das Resultat mit dem der betreffende Handkarren am Weg nach Cluny platziert wird.

 

Phase 4 ist für Interaktion vorgesehen. Spieler können jetzt ihre Mönche im Kloster - sofern vorhanden - gegen vor ihnen liegende Figuren zum Betteln schicken. Dies zwingt den Angebettelten um 3 Felder zurück. Der Mönch muss zwar abgegeben werden bringt aber immerhin noch einen Siegpunkt. Nun können sich die Wachhunde nützlich machen indem sie diese Attacke abwehren. Dann müssen sie allerdings wieder zurück zum Vorrat um gegebenenfalls neu erstanden zu werden. Auch die Sonderkarten kommen ab der 2. Runde hier zum Einsatz. Der Trunkenbold kann jede Figur – auch die eigene – zurück versetzen und der Viehhirte kann zur Abwehr eingesetzt werden.

 

Phase 5 kann ebenfalls eine Änderung der Reihenfolge herbei führen. Pro abgegebenen Gemüsechip rückt man je ein Feld vor. Die Sonderkarte Gemüsekarren bringt sogar eine Verbesserung der Position um 3 Felder.

 

In Phase 6 müssen im Kloster verbliebene Mönche ernährt werden. Sie sind genügsam, denn drei teilen sich einen Gemüsechip. Erhalten sie diesen aber nicht so verlassen sie das Kloster. Diejenigen die zur Feldarbeit eingeteilt wurden ernähren sich selbst, genauso wie die Mönche die in der Kapelle beten.

 

Phase 7 behandelt die Zwischenwertung. Jeder erhält so viel Ablassbriefe (Punkte auf der Kramerleiste)wie es seiner Position entspricht. Nun kommt es zur Geldausschüttung. Von hinten beginnend erhalten alle Denare. Der letzte 7 und dann aufsteigend 5 bis 1. Neben der Gelderstattung bei Rückgabe eines Cellerars und dem Zinsertrag ist dies die einzige Möglichkeit Geld zu erlangen.

 

 

In der 1. Phase der zweiten Runde wird nun eine neue Produktionskarte aufgedeckt sowie ein neuer Startspieler ermittelt. Der Geldverleiher zahlt die Zinsen aus. Jeweils 2 Mönche am Feld liefern einen Gemüsechip ins Kloster und erstmals werden die Sonderkarten vergeben. Wer im einem der drei Wirtschaftszweige vorne liegt erhält die ihm zustehende Karte. Für die Brauerei den Trunkenbold, für die Käserei den Viehhirten und dem Landwirt den Gemüsekarren.

 

Nach der 5. Runde kommt es zur Schlusswertung. Es zählen im Kloster verbliebene Mönche je 2 Punkte, ebenso die Hunde, die höchste Ausbaustufe der eigenen Kapelle und die Wertigkeit des zuletzt erworbenen Cellerars so wie die entsprechende Punkteanzahl des Wirtschaftsbereiches falls die Höchststufe erreicht wurde.

 

In einer Zusatzregel werden Bäume gesetzt, die diejenigen der sich nach Phase 7 neben ihnen befindet in Form von versteckten Räubern 2 Denare kosten. Zur Abwehr sind hier zwei Hunde oder 1 Hund und der Viehhirte erforderlich. Interessanter sind die Ereigniskarten die zu Beginn der 2. Runde wirksam werden und erheblichen Einfluss auf das Spielgeschehen haben.

 

Das Spiel lebt vom Dilemma entweder auf Ablassbriefe also Siegpunkte zu achten oder dafür zu sorgen, dass genügend Geld in der Kasse ist, denn wertvolle Cellerare sind nun einmal kostspielig. Wehre ich mich gegen die lästigen Bettler mit Hunden oder bin sogar ich derjenige, der dafür sorgt, dass die Bäume meiner Mitspieler nicht in den Himmel wachsen?

Noch ein Wort zur Ausstattung die einfach vorbildlich ist. Nochmal möchte ich die Infoblätter hervor heben, die es leicht machen ins Spiel hinein zu finden. Das Material ist ausgezeichnet, so gibt es für die Kartensätze sogar eine Plastikbox. Franz Vohwinkel hat das Design hervorragend auf das Thema abgestimmt, das in keiner Weise aufgesetzt wirkt. Je nach Teilnehmerzahl sind bis zu zwei Stunden Spielgenuss zu erwarten. Für mich steht es in der vordersten Reihe des Spielejahrgangs 2015 und ich kann es nur uneingeschränkt empfehlen.

 

Rudolf Ammer

 

Spieler: 2-6

Alter:10+

Dauer: 150+

Autor: Heinz Georg Thiemann

Grafik: Franz Vohwinkel

Preis: ca. 45 Euro

Verlag: franjos Spieleverlag 2015

Web: www.franjos.de

Genre: Wirtschaftsspiel

Zielgruppe: Mit Freunden

Version: multi

Regeln: de en fr nl

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Ausgezeichnetes Design

Hochwertiges Material

Leichter Zugang zum Spiel

Viele strategische und taktische Entscheidungen

Interessanter Mechanismen-Mix

 

Vergleichbar:

Worker Placement Spiele

 

Andere Ausgaben:

Derzeit keine

 

Meine Einschätzung: 6/7

 

Rudolf Ammer:

Das Spiel bietet von allem etwas - Strategie für die Schlusswertungsplanung, Taktik für die Vorgangsweise in den einzelnen Runden, das kleine Quäntchen Glück bei den Ereigniskarten, ein wenig Ärgerfaktor und alles eingebettet in ein historisches Umfeld. Mehr kann man beim besten Willen nicht verlangen.

                                      .

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 1

Strategie (blau): 1

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun):1

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0