MIT FREUNDEN

 

The Zombie Game

 

Last Night on Earth  

 

Du sollst nicht begehren Deines Nächsten Gehirn!

 

Warum man dieses Spiel nicht mehr spielen sollte, wenn man älter als einhundert Jahre ist, erklärt der Autor Jason C. Hill damit, dass man dann aller Wahrscheinlichkeit nach bereits ein Zombie ist, und dadurch ungerechte Vorteile genieße. So viel zur politischen Korrektheit in „Last Night on Earth“! Andererseits, wer in einem Zombie-Horror-Brettspiel political correctness erwartet, dürfte ohnedies etwas missverstanden oder noch nie ein Splattermovie gesehen haben.

Nicht nur von zahlreichen Filmen des Genres inspiriert, vielmehr als eigenständigen Beitrag zu dieser Subkultur der Unterhaltungsindustrie wollen Hill und sein Team ihr Produkt verstanden wissen. Darum liegt dem Basisspiel eine Silberscheibe mit in jeder Hinsicht gruseliger Stimmungsmusik (komponiert, ähem, von Mary Beth Magallanes) bei, elektronisch verzerrt und zusammengeschustert wie in den 1980er Jahren, und auch die graphischen Elemente des Spielzubehörs – ausgenommen das variable Spielbrett und die Brettaufsätze sowie die Spielmarken (von Matthew Morgaine gestaltet) – wirken wie aus einem Film. Folgerichtig scheint auch in den Nachweisen der Spielregel eine Besetzungsliste auf. Die Schnittmenge zwischen an der Produktion gestalterisch Beteiligten und Photomodellen (sowohl Menschen als auch Untoten) ist beträchtlich. Die U$-amerikanische Herkunft zeigt sich auch in der Warnung vor „mild adult themes“ – wie in den meisten Teenie-Splatterfilmen gibt es auch beim Spielzubehör sexy Mädchen (sogar eine knackige Krankenschwester – shocking!) und fesche Burschen zu beglotzen. Wie schon erwähnt, politische Korrektheit ist eindeutig nicht das Thema. Zum Test stand die amerikanische Version zur Verfügung.

Das Spiel findet im fiktiven Städtchen „Woodinvale“ statt. Hier begegnen einander eine (oder zwei) Zombiehorde(n) und stets vier Heldinnen oder Helden. Acht stehen im Grundspiel zur Wahl, mit den Erweiterungen kommen jeweils zusätzliche Charaktere. Zuerst wird das Spielfeld aufgebaut – um einen quadratischen Zentralplatz (auf der Rückseite befindet sich die Abbildung einer Villa, für die besondere Regeln gelten) werden vier (von sechs, mit Erweiterungen auch mehr) meist zufällig gezogene L-förmige Felder ausgelegt. Sie zeigen die Orte des Geschehens und eine variable Auswahl von Gebäuden (klassische, aus Horrorfilmen bekannte Lokalitäten – die Kirche, die Highschool, der Supermarkt, die Polizeistation, etcetera). Sodann sollte man sich einigen, wer Zombies und wer die verzweifelt ums Überleben Kämpfenden gibt, dann kann man schon ein Abenteuer aussuchen. Empfohlen wird, mit dem Basisszenario „Die Zombies, Die!“ / „Sterbt, Zombies, sterbt!“ zu beginnen, das ohne viele Sonderregeln gleich zur Sache kommt: bis Sonnenuntergang (der Rundenzähler wird auf die vorgegebene Position, im konkreten Fall 15, gesetzt) müssen die Helden fünfzehn Untote erledigen, um zu gewinnen. Der (die) Zombiespieler gewinnt (gewinnen) immer, wenn vier Helden gestorben sind oder ihr Missionsziel nicht erfüllen.

Das Spiel läuft in Runden ab, normalerweise beginnen die Zombies. Sie vollziehen die Schritte in immer gleicher Reihenfolge: Rundenzähler einstellen, Karten ziehen, Zombienachwuchstest, Bewegungen, mit Helden am selben Feld kämpfen, frische (können Untote frisch sein?) Zombies auf ihre Startpositionen bringen. Zwischendurch werden wohl Zombiekarten ausgespielt – es gilt ein Maximum von vier Handkarten. Dann sind die Helden an der Reihe. Ihre Schritte variieren ein wenig, sie verfügen ja (noch) über Denkapparate. Heldinnen und Helden bewegen sich oder durchsuchen Gebäude – da sie meist ohne Handkarten beginnen, diese aber Nützliches wie Waffen oder Verbündete ins Spiel bringen –, tauschen gegebenenfalls untereinander am selben Feld Gegenstände (Karten), schießen, kämpfen (optional) mit Zombies am selben Feld.

Die Bewegungsregeln sind denkbar einfach: Zombies werden jeweils bis zu ein Feld fortbewegt (außer Karten oder Sonderregeln erlauben weitere Züge). Wenn sie neben einem Menschen beginnen, müssen sie jedoch auf dessen Feld ziehen, oder sie dürfen gar nicht ziehen, wenn sie ihren Zug schon mit einem Helden auf demselben Feld beginnen. Helden würfeln, wie weit sie ziehen dürfen (auch hier können Karten die Zugweite beeinflussen, Sonderregeln scheint es bislang nicht zu geben), sind aber nicht gezwungen, sich überhaupt zu bewegen (Suchoption, manche Charaktere können statt zu ziehen auch Wunden heilen). Alle Figuren dürfen sich vorwärts, rückwärts, seitwärts oder diagonal bewegen, die Untoten dürfen sogar Mauern ignorieren.

Verfügt ein Charakter über Fernkampfwaffen, darf er auf Zombies schießen. Die jeweilige Karte beschreibt genau, innerhalb welcher Entfernung mit welchem Würfelergebnis ein Treffer erzielt wird – die meisten Fernwaffen erledigen Zombies bei einer Verwundung sofort, haben aber Macken (Munition geht aus, Waffe explodiert oder ähnliches), die nach Gebrauch mit einem Glückswurf getestet werden. Hat man Pech, muss die Waffe (Karte) abgelegt werden.

Kämpfe sind ebenso schlicht zu bewerkstelligen. Zombies würfeln mit einem Würfel, Helden mit zweien. Allerlei Karten dürfen ausgespielt werden, um den Kampf und meist die Würfelanzahl oder das Wurfergebnis zu beeinflussen (Zombies allerdings nur jeweils eine Kampfkarte pro Untotem). Zombies gewinnen schon bei Gleichstand, worauf sich Menschen gewöhnlich eine Verwundungsmarke auf ihre Charakterkarte legen müssen (zwischen zwei und vier mögliche Wunden bis zum Ableben). Zombies sterben (kommen in den Vorrat zurück, um später zu untotem Treiben wiederbelebt zu werden), wenn Heldinnen oder Helden einen Pasch erzielen, und mindestens ein Würfel mehr Augen als der höchste Zombiewurf anzeigt.

Je nach gewähltem Szenario ändern sich die Siegbedingungen (mal reicht es, wenn mindestens zwei Helden aus Woodinvale entkommen, indem sie einen Benzinkanister und Autoschlüssel finden, mal müssen sie bestimmte Seuchen verbreitende Untote ausschalten und manches mehr), aber viel anderes, zum Beispiel Aufgaben lösen oder wie in Rollenspielen mit Nichtspielercharakteren verhandeln, um Informationen zu erhalten, darf man sich nicht erwarten.

 

Atmosphärisch hält das Spiel, was es verspricht. Man fühlt sich wie in einem Zombiefilm; nicht unbedingt wie in einem von George A. Romero, aber immerhin wie in einem Film, in dem auch Paris Hilton mitwirken könnte, oder einem Slasher-Computerspiel. Die Gestaltung der Karten (Charakterkarten, Spielkarten) und auch des sehr übersichtlichen und ausführlichen Regelheftes (wie so oft fehlt leider ein Register, das stört hier aber nicht sehr) trägt maßgeblich dazu bei. Der Spielplan und die Marker wirken hingegen etwas selbstgestrickt. Gerade dies ermöglicht es den Leuten von Flying Frog Productions jedoch, ihre Kunden immer wieder zu eigenen Ideen anzuspornen. So sind bereits mehrere Erweiterungen erhältlich („Growing Hunger“ ist nur die erste davon), auf ihrer Webseite www.flyingfrog.net stehen neben den angeblich öfters aktualisierten „Oftmals gestellten Fragen“ / „Frequently Asked Questions“ / FAQ und entsprechenden Antworten zu Unklarheiten im Spiel auch zusätzliche Szenariokarten zum Ausdruck bereit. Darüber hinaus liegen bereits dem Grundspiel zusätzliche Spielmarken bei, die Spieler und -rinnen zum Entwerfen eigener Abenteuer animieren sollen. Ermuntert werden auch eigene Regelergänzungen. Die künstliche Aufregung um „Last Night on Earth“ treibt sogar schon so seltsame Blüten wie die Einrichtung einer eigenen, nach dem Vorbild von Wikipedia, dem frei veränderbaren Internetlexikon, gestalteten „LNOE“-Wiki-Webseite.

Es mag am ungerecht verteilten Würfelglück liegen, aber in beinahe allen Testpartien war die Zombieseite leicht bis gewaltig im Vorteil. Das verleiht der ganzen Angelegenheit etwas recht Unausgewogenes. Die Einbeziehung von (auch bereits offiziell erschienenen) Regelerweiterungen, die dies ausgleichen, wäre zu empfehlen, sofern man das überhaupt wünscht, und nicht schon selbst zur Armee der Untoten zählt. Die Zombies werden uns noch alle überwältigen!

 

Martina & Martin Lhotzky, Marcus Steinwender

 

Kid                       

Family                  

Friends         ein    

Expert                           

 

Alter                    

Spezial                 

 

Spieler         : 2 – 6

Alter            : 12+

Dauer           : 100 min

 

Autor           : Jason C. Hill

Grafik          : Jack Scott Hill, Matthew Morgaine

Vertrieb A.   : Heidelberger Spieleverlag

Preis            : ca. 50,00 Euro

Verlag          : Flying Frog Productions 2009

                   www.hds-fanasy.de

 

Genre                    : Zombie Horror Brettspiel

Zielgruppe             : Mit Freunden

Mechanismen         : Würfeln, Bewegen, Karten spielen

 

Zufall                     : 5

Wissen                  :

Planung                 : 4

Kreativität              :

Kommunikation      : 5

Geschicklichkeit      :

Action                   :

Kommentar:

Kurze Spielzeit

Erinnert an entsprechende Filme

Eher nur für Freunde des Genres

 

Vergleichbar:

Zombies!!! Andere Dungeon-Crawls

 

Atmosphäre           : 6

 

Martina, Martin und Markus:

Freunde des blutigen Untotengemetzels werden viel Spaß mit diesem Brettspiel haben. Will man wetten, wären jedoch meist die Zombies sichere Sieger, und erhalten daher nur noch niedrige Quoten.