NEUES LAND

 

Valentin HERMAN

3-6 Spieler

FANFOR VERLAG

 

Das Zeitalter der Entdeckungen und Eroberungen ist nun wohl wahrlich eine der interessantesten Epochen der Geschichte und ein Spiel, das sich einer solchen Thematik widmet, strategische und taktische Kniffe aufweisen kann und Wirtschafts- und Konfliktsimulationsfaktoren verquickt, besitzt immer meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Sehen wir nun, ob meine Vorfreude einen Dämpfer erhält oder ob FANFOR es schafft, meinen Ansprüchen zu genügen.

 

Wenn wir die Schachtel öffnen, dürfen wir einmal angenehm überrascht die Fülle an Material bewundern, die sich unseren Augen darbietet. Spielschachteln, deren Größe den darin verpackten Spieteilen und -materialen entsprechen, sind ja im deutschen Sprachraum nicht gerade häufig anzutreffen und NEUES LAND vermittelt somit einen positiven ersten Eindruck.

 

Die bis zu 6 Spieler konkurrieren einander im Kampf um die Errichtung von Handelsstationen und Kapellen im Neuen Land, sie müssen mit ihren Schiffen den Ozean überqueren, feindlichen Nationen, Naturgewalten und Piraten trotzen, transportieren Conquistadores, Händler, Missionare und Gouverneure in die kommenden Kolonien und versuchen, ihren Einfluß zu vergrößern. Hat ein Spieler einmal 25 Einflußpunkte erreicht, endet das Spiel.

 

Der Spielplan besteht aus einem Kopfteil, der das Neue Land und eine Punkteskala aufweist, sowie einem großen Gebiet, das in 12 Quadrate, bezeichnet mit 1-12, unterteilt ist und den Ozean darstellt. In jedem dieser 12 Quadrate finden sich innerhalb wiederum jeweils 9 Quadrate (1-9) und dadurch kann praktisch jeder Standort eines Schiffes durch diese Koordinaten (z.B. 4/6 = das 6. Quadrat im Quadrat 4) genau angegeben werden.

 

Bei Spielbeginn erhält jeder Spieler eine Karavelle, eine Galeone sowie 15 Spielsteine, die er sich beliebig aussuchen darf. Weiters bekommt er noch zwei Symbolmarker jeder Farbe, zwei Anschlagmarker (Dolch und Fackel) sowie einen Heimathafen seiner Farbe.

 

Die Zugreihenfolge wird jeweils zufällig bestimmt, indem alle Spieler aus einem verdeckten Kartenstapel (Werte 1 - 6) jeweils eine Karte ziehen. Der Spieler, der die Karte mit der Zahl 1 gezogen hat, ist danach an der Reihe und kann die ihm pro Runde zur Verfügung stehenden 5 Aktionspunkte beliebig einsetzen. Es ist möglich, Schiffe zu kaufen (2 - 4 Punkte), Personen anzuheuern (1 Punkt), einen Gouverneur zu ernennen (3 Punkte), ein eigenes Schiff zu bewegen oder anzulanden (1 Punkt), eine Handelsstation oder eine Kapelle zu errichten (1 Punkt), ein Disaster zu erwerben (2 Punkte) oder eine eigene Karavelle zurückzuholen (1 Punkt). Hat der Spieler alle seine Punkte ausgegeben, kommt der Spieler mit der Karte 2 an die Reihe usw.

 

Im Bezug auf die einzelnen Figuren dienen die Conquistadores dazu, auf den Schiffen zu kämpfen sowie in der Neuen Welt die eigenen Handelsstationen zu schützen, die Händler bauen Handelsstationen und die Missionare Kapellen. Hat ein Spieler im Neuen Land bereits eine Handelsstation und eine Kapelle errichtet, kann er einen Gouverneur anwerben. Während Handelsstationen und Kapellen Einflußwürfel bringen, erhält ein Spieler für einen Gouverneur in jeder Spielrunde zusätzlich noch 2 Symbol- oder Anschlagsmarker. Wie der Name "Anschlags"marker bereits ankündigt, geht es nämlich grundsätzlich darum, die jeweiligen Mitspieler klein zu halten und ihre Anstrengungen im Keim zu ersticken. Es entwickelt sich allmählich ein Kampf jeder gegen jeden und die Häufigkeit der auftretenden Bündnisse wird eigentlich nur durch das noch häufigere Auftreten von gebrochenen Bündnissen übertroffen.

 

Auf See finden Kämpfe in allen jenen großen Quadraten statt, in welchen sich Schiffe verschiedener Nationen aufhalten. Die betroffenen Spieler plazieren, entsprechend der vorherrschenden Windrichtung und ihrer jeweiligen Lage, in den kleinen Quadraten ihre Schiffe und befinden sich die Schiffe zueinander in einer passenden Position, sprechen die Kanonen oder es kommt gar zu einer Enterung. Für jede Kanone (die Schiffe weisen an den Breitseiten sowie an Bug und Heck eine bestimmte Anzahl solcher Geschütze auf), die eingesetzt werden kann, wird mit einem Schwertwürfel gewürfelt und jedes erwürfelte Schwert tötet auf dem gegnerischen Schiff eine Person. Weitere Möglichkeiten, dem Gegner auf See zu schaden, bestehen darin, Piraten einzusetzen (ein Piratenschiff feuert in seinem Quadrat eine Breitseite ab, ohne daß die relative Postion zu einem gegnerischen Schiff ermittelt wird) oder mittels eines Disastermarkers in geheim festgelegten Meeresgebieten Katastrophen auszulösen.

 

Natürlich kann man auch an Land dem bösen Feind zeigen, wer der Herr ist. Hier bietet die Palette der Schandtaten die Möglichkeit, Missionare auszuschalten oder Handelsstationen niederzubrennen. Alle Spieler nehmen in dieser Phase des Spiels eine beliebige Anzahl von Markern auf die Hand und decken dann gleichzeitig auf. Befindet sich keine Fackel und kein Dolch darunter, passiert nichts. Befindet sich eine Fackel oder ein Dolch darunter, wird der Missionar jenes Spielers, dessen Symbolmarker am öftesten auftauchen, ermordet (Dolch) oder eine seiner Handelsstationen niedergebrannt (Fackel). Finden sich beide Symbolmarker, wird der Missionar des Spielers, dessen Symbolmarker am öftesten auftauche, ermordet, und das Niederbrennen der Handelsstation trifft jenen Spieler, dessen Symbol am zweithäufigsten auftritt.

 

Am Ende jeder Spielrunde zählen die Spieler ihre Kapellen und Handelsstationen und die Gesamtanzahl entspricht der Anzahl von Schwertwürfeln, mit denen gewürfelt werden darf. Jedes bei einem solchen Wurf erzielte Schwert entspricht einem Einflußpunkt und wird auf der im Neuen Land befindlichen Skala festgehalten. Erreicht ein Spieler 25 Punkte, hat er gewonnen. Wird diese Vorgabe gleichzeitig von mehreren Spielern erfüllt, siegt jener Spieler, der insgesamt die meisten Handelsstationen und Kapellen aufweisen kann. Gibt es auch hier einen Gleichstand, wird bis zur Erreichung von 30 Einflußpunkten weitergespielt.

 

Zu meinem Leidwesen muß ich gestehen, daß mich NEUES LAND gar nicht begeistern kann und ich von einer Entdeckung leider abrate. Meiner Meinung nach wollte man ganz einfach zu viel und erreichte dadurch das genaue Gegenteil. Ein Spiel, das für einen Spielerkreis von "ab 12 Jahren" konzipiert ist, müßte ganz einfach mehr Tiefgang haben, um der offensichtlich gewollten Komplexität entsprechen zu können. Wer ein Verhandlungsspiel sucht, das Bündnisse und Betrügereien aufweist, sollte sich mit Diplomacy oder Junta auseinandersetzen, für Leute, die auf einem Spielplan Segelschiffe bewegen und Manöver durchführen wollen, um die Gegner zu bekämpfen, ist Wooden Ships & Iron Man eine bessere Wahl und fasziniert einen Spieler hingegen die Thematik, sollte er zu New World oder Conquistador greifen.

 

Das auf den Namen NEUES LAND getaufte Schiff ist zwar ausgelaufen, konnte sich aufgrund seiner Ausstattung auch anfangs über Wasser halten, ging jedoch in den danach auftretenden schweren Stürmen verloren, verdient jedoch Anerkennung für die Anstrengungen bei der Kiellegung und bei der Ausstattung.

 

WIN Wertung:

NEUES LAND AA WW P II