Rezension

 

Göttliches Bier

 

Heaven & Ale

 

Im Licht wächst die Gerste, im Schatten das Geld

                  

Die Spieler übernehmen die Leitung eines Klosters. Und was macht man in einem Kloster? – Natürlich Bier brauen. Wer nach drei (bei zwei Spielern), vier (zu dritt) oder sechs (zu viert) Runden das beste Bier gebraut hat gewinnt das Spiel.

 

Jeder Spieler erhält ein Spieltableau. Dieses zeigt, umgeben von einer Wertungsleiste am Rand, einen leeren Klostergarten. Der Klostergarten ist unterteilt in eine Sonnen- und eine Schattenseite. Auf die Wertungsleiste kommen die Wertungsmarker für die fünf Rohstoffe Gerste, Wasser, Hopfen, Hefe und Holz, sowie die Braumeisterfigur.

 

Zu Beginn jeder Runde werden die Felder der Aktionsleiste zufällig mit Plättchen belegt. Beginnend beim Startspieler macht dann jeder reihum eine Aktion. Dazu bewegt man seine Aktionsfigur beliebig viele Felder nach vorne, auf ein Feld wo man eine Aktion durchführen kann. Dies wiederholt sich solange bis alle Figuren am Ende der Aktionsleiste angekommen sind. Wichtig dabei ist. dass man nur nach vorne ziehen kann, nie zurück. Da man aber beliebig weit nach vorne ziehen kann, ist es eine taktische Entscheidung ob man schnell zu den guten Feldern nach vorne zieht, oder langsamer die mittelmäßigen Felder einsammelt um dafür mehr mitzunehmen. Was besser ist hängt eigentlich nur von den Mitspielern ab, denn die stehen vor der gleichen Entscheidung. Alle Spieler haben prinzipiell die gleichen Möglichkeiten.


Die meisten Felder erlauben es Rohstoff- oder Mönchsplättchen zu kaufen. Diese werden in den Klostergarten gelegt. Will ich ein Plättchen in den schattigen Bereich legen muss ich den einfachen Wert in Dukaten bezahlen. Will ich ein Plättchen in den sonnigen Bereich legen muss ich den doppelten Wert in Dukaten bezahlen. Rohstoffplättchen gibt es in allen fünf Rohstofffarben, mit den Werten 1 bis 5. Mönche gibt es in vier Farben. Diese sind zwar prinzipiell gleich gut, haben aber unterschiedliche Kaufwerte von 1 bis 4.

Wo ich meine Plättchen am Plan platziere ist eine sehr interessante, mehrdimensionale Entscheidung. Alle Details aufzuzählen würde aber den Rahmen dieser Rezension sprengen.

 

Weitere Felder erlauben es Wertungen auszulösen. Es gibt verschiedene Arten von Wertungen. Man kann alle Rohstofffelder eines bestimmten Zahlenwerts werten. Man kann alle Rohstofffelder eine Farbe werten. Man kann alle Mönche eine Farbe werten. Grundsätzlich darf man jede Wertung nur einmal im ganzen Spiel durchführen.


Für gewertet Rohstoffplättchen bekommt man dessen Wert als Dukaten, wenn das Plättchen im Schatten liegt, oder als Punkte auf der Wertungsleiste des jeweiligen Rohstoffs, wenn das Plättchen in der Sonne liegt.

Gewertete Mönche aktivieren alle sie umgebenden Plättchen. Aktivierte Rohstoffplättchen werden wie oben beschrieben gewertet. Für jeden aktivierten Mönch darf man den Braumeister auf der Wertungsleiste ein Feld nach vorne rücken.
Die letzte Aktionsart ist das Erfüllen von Fasszielen. Bei den Fasszielen gibt es unterschiedliche Kategorien. Beispielsweise muss man sechs Einser Plättchen platziert haben, oder alle Rohstoffe gewertet haben. Die ersten beiden Spieler, die solch ein Ziel erfüllen, bekommen dafür am Spielende Siegpunkte.

 

Am Ende des Spiels wird das Bier gewertet. Dazu bestimmt jeder Spieler den Fass Wert seines schlechtesten Rohstoffs. Also jenem Wert, den der hinterste Rohstoffmarker auf der Wertungsleiste anzeigt. Dieser Wert wird mit einem Multiplikator multipliziert, der vom Fortschritt des Braumeisters auf der Wertungsleiste abhängt. Davor dürfen aber noch die schlechtesten Rohstoffmarker durch den Einsatz von je 10 Dukaten aufgewertet werden und gutgewertete Rohstoffe dürfen in einem Verhältnis von X:1 in schlechte eingetauscht werden. X wird dafür ebenfalls durch den Fortschritt des Braumeisters bestimmt und liegt zwischen 1 und 5.

 

Heaven & Ale ist ein taktisch hoch interessantes Spiel. Der Mechanismus des Plättchen Nehmens ist sehr interaktiv. Vor jedem Zug muss ich abwiegen was der beste Zug ist. Ziehe ich gleich zum für mich wichtigsten Plättchen um es sicher zu bekommen, oder riskiere ich einen Zwischenschritt um ein anderes gutes Feld mitzunehmen, in der Hoffnung, dass kein Mitspieler mir mein Plättchen wegnimmt? Ob es die richtige Entscheidung war weiß man oft erst nachdem die Mitspieler gezogen sind.

 

Auch das Auslösen der Wertungen ist eine komplexe Entscheidung. Prinzipiell will ich spät werten, denn dann habe ich vielleicht mehr Plättchen der gewerteten Kategorie. Allerdings ist Geld meist knapp, ich muss also manchmal Wertungen auslösen um Geld zu lukrieren. Außerdem werden Wertungen durch die Scheiben auf den Aktionsfeldern ausgelöst. Sind die Scheiben weg, kann man die Wertung nicht mehr durchführen. Es können also nie alle Spieler alle Wertungen durchführen.

 

In Summe besteht eine Partie also aus vielen komplexen Entscheidungen, die wenig Platz für Fehler lassen. Durch die Multiplikationswertung können dann auch enorme Punktedifferenzen am Papier stehen. Zielgruppe für Heaven & Ale sind daher Vielspieler.
Was ein wenig fehlt, ist etwas, das die Wiederspielbarkeit erhöht. Die Partien unterscheiden sich nur durch die zufällig verteilten Plättchen und die durch den Mechanismus bedingte hohe Interaktion. Andere, ähnlich komplexe Spiele bieten mehr strategische Varianten, die ausprobiert werden möchten. Ich habe nach einer Partie also nie den Wunsch, es sofort nochmal spielen zu wollen.

Das Spiel ist professionell gestaltet und handwerklich am Stand der Zeit, die Spielregeln sind sehr gut verständlich. Wenngleich, mir persönlich sagt der grafische Stil nicht zu, ich finde es zu düster und etwas zu einfach. Es fehlen die kleinen Details, die es zum Hingucker machen.

 

Markus Wawra

 

Spieler: 2-4

Alter: 12+

Dauer: 90+

Autor: Michael Kiesling, Andreas Schmidt

Grafik: Fiore GmbH

Preis: ca. 40 Euro

Verlag: eggertspiele / Plan B 2017

Web: www.pegasus.de

Genre: Legespiel

Zielgruppe: Für Experten

Version: de

Regeln: de en fr hu

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Komplexe Entscheidungen

Sehr interaktiv

Sehr gute Spielregel

Düstere Gestaltung

 

Vergleichbar:

Glen More, Francis Drake

 

Andere Ausgaben:

Eggertspiele (en fr), Piatnik (hu)

 

Gesamt: 5

 

Markus Wawra:

Mir gefällt, dass ich bei Heaven & Ale ständig gefordert bin. Jeder Spielzug stellt eine komplexe und wichtige Entscheidung dar. Auch wenn der Mechanismus nicht neu ist, hebt er sich erfreulich vom Worker Placement- und Deckbaueinerlei ab!

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 2

Strategie (blau): 1

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 3

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0