PERLEN DER SPIELKUNST

  

HUGO KASTNER EMPFIEHLT

hamburgum

Bitte um eine kleine Spende!

Liebe Leserin, lieber Leser! Dieses Mal habe ich ein Spiel für Liebhaber für diese Kolumne ausgewählt, sowohl was die Anforderungen an die spielerischen Fähigkeiten als auch was die Thematik anbelangt. Gerade bei Letzterer kommt beim erfahrenen Rezensenten große Freude auf, werden doch üblicherweise viele Themen nur allzu oft in immer neuem Gewand präsentiert. „Hamburgum“ ist hier irgendwie „gefühlt“ anders – dazu ein Auszug aus der Beschreibung zum exquisiten Regelheft: „Hamburg im 17. Jahrhundert. Gewaltige Festungsanlagen schützen die Stadt vor den Verwüstungen des 30jährigen Krieges. Durch protestantische Glaubensflüchtlinge ist Hamburg die größte und wohlhabendste deutsche Stadt geworden. Bereits aus der Ferne künden mächtige Kirchen und der Mastwald der Schiffe vom Stolz und Reichtum der Bürger. Die Spieler führen Hamburger Familien zu Wohlstand und Prestige … Das Spiel endet, wenn die letzte Hamburger Kirche fertiggestellt ist. Es gewinnt der Spieler, der durch Kirchenspenden am meisten Prestige erringen konnte.“ Nun, Spenden sind auch im Österreichischen Spielemuseum in Leopoldsdorf jederzeit willkommen. Doch keine Angst, der Klingelbeutel wird nicht allzu aufdringlich herumgereicht - höchstens bis zum Läuten der mitgelieferten Glöckchen!  www.spielen.at

Das ästhetische Auge folgt mit Freude dem obligaten Lichtkegel, egal ob die Vorder- oder Rückseite des Spielplans betrachtet wird. „Hamburgum“ oder „Londinium“, und in der jüngst den Markt bereichernden Ergänzung „Antverpia“, dies sind die Hafenstädte, in denen Sie als Händler des 17. Jahrhunderts eintauchen werden, komplett mit Stadtmauern, Hafenbecken und jeweils sechs Kirchen ausgestattet. Wer mehr über diese sakralen Bauwerke sowie die Beziehung Kirche und Staat oder Rathaus und Börse wissen möchte, ist herzlich eingeladen, das opulente Beiheft zu studieren, das den historischen Hintergrund in deutscher (Hamburgum) und englischer (Londinium) Sprache näher bringt. Notwendig ist dies keineswegs, doch es vertieft die Freude beim Aufbau der Hamburger Szenerie, die schnell ins eigentliche Spielgeschehen führt. Wer am Zug ist, darf seinen Rondell-Stein – eine aus „Antike“ und „Imperial“ bekannte Kreation des genialen Mac Gerdts – auf eines der acht Felder bewegen, mit den Möglichkeiten des Schiffbaus, des Handels, der Kirchenspende oder des Gebäudeerwerbs. Das liest sich locker und altbekannt, doch überfallen die Mitwirkenden immer wieder Zweifel, ob denn die jeweilige Entscheidung in der Tat die optimale Entwicklung bringen wird. Selbst nach mehreren Partien mit unterschiedlicher Anzahl von Mitstreitern, bleiben immer wieder Fragen offen. Und das ist gut so! Denn „Hamburgum“ oder „Londinium“ oder „Antwerpia, alle diese Städte geben uns Raum für kreative Entfaltung und ganz unterschiedliche, strategische Spielanlagen. Was will das Spielerherz mehr! Doch eine letzte Warnung: Experten und Neulinge vertragen sich gerade bei dieser üppigen Spieldramaturgie nicht wirklich. Zu ungleich ist die Chancenverteilung, zu einseitig die Erfolgsbilanz. Daher bitte um eine kleine Spende, pardon: Spieltipps! Schon wird Ihnen das 17. Jahrhundert handlungsschwangere Erlebnisse offenbaren.       

Rückmeldungen an: hugo.kastner@chello.at                

Homepage: www.hugo-kastner.at


EMPFEHLUNG # 74

Spieler: 2.5

Alter: 12+

Autor: Mac Gerdts

Dauer 75+

Preis: 40 Euro

Jahr: 2007

Verlag: eggert spiele

www.eggertspiele.de

    

Taktik: 8 von 9

Info±: 0 von 0

Glück: 1 von 9

 

Praktisch kommt auch dieses „Rondell-Spiel“ von Mac Gerdts komplett ohne Glücksfaktor aus, vielleicht abgesehen davon, dass ein unvorsichtiger Mitspieler einem Dritten ein billiges Spendenplättchen oder günstiges Gebäude überlassen könnte. Doch trotz komplett strategisch-taktischer Anlage spielt sich „Hamburgum“ überraschend zügig, ohne den lähmenden Effekt des „Halb-Stunden-Zugs“, wie etwa vom Schach bekannt.

 

Hugos EXPERTENTIPP

Sollten Sie sich am Besitz des ergänzenden Plans „Antverpia“ erfreuen, so darf ich die beiliegenden, leicht abgeänderten Regeln, die auch zum Grundspiel „Hamburgum“ passen, empfehlen. Die Schiffsspenden werden aufgewertet, die Reihenfolge der Spenden ist festgeschrieben, und zuletzt muss noch eine spezielle Kirchensteuer berappt werden. Das Spiel insgesamt wird mit diesen Kniffen noch flüssiger.          

 

Hugos BLITZLICHT

„Hamburgum“ ist eine stille Herausforderung, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Spielerinnen und Spieler wickeln ihre Handelsgeschäfte und Produktionen mehr oder weniger ungestört für das eigene Wohl ab. Angesiedelt im 17. Jahrhundert, verlangt auch die Thematik von „Hamburgum“ reife Menschen, die neben profanen Gütern auch den kirchlichen Segen anstreben, dem durch üppige Spendenfreude ein wenig nachgeholfen werden kann. Ein Klassespiel mit unerwartetem Tiefgang, egal in welcher Besetzung!


 

VORANKÜNDIGUNG

POWERPLAY

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