UNSERE REZENSION

 

Defenders of the Realm

 

Richard Launius, vielen bekannt durch sein Meisterwerk Arkham Horror, hat uns mit Defenders of the Realm ein neues kooperatives Spiel gebracht, angesiedelt in einer Phantasy-Welt mit Orks, Drachen, Untoten und Dämonen. Herz, was willst du mehr. Mich als Fan von kooperativen Spielen hat das natürlich sofort angesprochen. Das muss sofort ausprobiert werden. Erst mal die Anleitung studieren. OK, mit ihren 16 Seiten, das war ja nicht so schlimm, zumal man auf Boardgamegeek auch eine deutsche Anleitung findet. Dann Ausschau nach den FAQs gehalten; und gefunden. Schock, die haben mit 19 Seiten mehr Umfang als die Anleitung. So sehr ich Fan von FAQs bin, wundert mich immer wieder, wie viele Lücken die Spielregeln in der heutigen Zeit haben. Zumal dieses Spiel ja so kompliziert auch wieder nicht ist, aber bitte, was soll’s? Wie hat das nur vor dem Internetzeitalter funktioniert?

 

Gleich beim Anleitung Lesen stellt man fest, dass einem bestimmte Mechanismen irgendwie bekannt vorkommen. Ach ja, jetzt weiß ich’s. Klingt alles ein wenig nach Pandemie. Einem der kooperativen Klassiker der letzten Jahre. So jetzt aber genug herum geredet, lasst uns zum Spiel kommen.

Nach dem Öffnen der sehr edlen und stabilen Schachtel finden wir einen großen Plan mit vielen Orten in 4 Farben, die durch Linien verbunden sind, 3 Tavernen und in der Mitte die Hauptstadt Monarch City. Diese gilt es vor allem Bösen zu beschützen. Vor allem vor den 4 bösen Generälen, die sich stetig in Richtung Monarch City bewegen und die ihre Schergen in den 4 Farben der Orte ausschicken um das Land zu verderben und in Scharen über die Orte herfallen. Außerdem gibt es natürlich eine große Anzahl Helden (mit Figur und Heldenbogen), wovon pro Spiel max. 4 verwendet werden, was wiederum etwas Abwechslung garantiert, zumal die Spezialfähigkeiten der Helden doch sehr unterschiedlich sind. Auf dem Heldenbogen sind noch die Anzahl Lebens-/Aktionsmarker abgedruckt, die jeder Held für seine Züge bekommt. Sollte ein Held das Zeitliche segnen (kommt im Gegensatz zu anderen Fantasy-Spielen eher selten bis nie vor) beginnt der Spieler mit einem neuen Helden wieder in Monarch City.

Die Helden gewinnen gemeinsam, wenn sie es schaffen, alle 4 Generäle zu vernichten, wobei es immer dann schwieriger wird, die verbleibenden Generäle zu besiegen, wenn ein General in Gras gebissen hat. Es werden dann nämlich je nach sogenanntem „War-Status“ mehr Finsterniskarten gezogen, wodurch sowohl mehr Schergen ins Spiel kommen als auch die Generäle sich schneller Richtung Monarch City bewegen können.

Verloren wird die Partie, falls es ein General schafft, nach Monarch City zu kommen, 5 Schergen egal welcher Farbe in Monarch City sind, der 12. Verderbnis-Kristall ins Spiel kommen sollte oder (Pandemie-like) ein Scherge einer bestimmten Farbe an einen Ort gesetzt werden soll und sich keiner mehr im allgemeinen Vorrat befindet.

Zu Beginn werden durch Ziehen von Finsterniskarten bereits 6 Orte mit jeweils 2 Schergen und weitere 6 Orte mit einem Schergen besetzt. Die 4 Generäle werden auf ihre Startpositionen gesetzt und von jeweils 3 Schergen ihrer Farbe unterstützt. Jeder Spieler bekommt 2 Heldenkarten und 1 Questkarte. Die Heldenkarten zeigen neben einem Ort und einem evtl. vorhandenen speziellen Reisesymbol (Pferd, Adler, Magisches Tor) auch immer mindestens einen General, für den diese Karte im Kampf eingesetzt werden kann. Außerdem gibt es unter den Heldenkarten noch recht starke Spezialkarten, die im Kampf gegen das Böse sehr mächtig sind, aber leider nur einmal verwendet werden können. Z.B. kann eine solche Karte eingesetzt werden, um eine Generalsbewegung oder das Einsetzen der Schergen zu verhindern. Das könnte schon den Unterschied zwischen Sieg oder Niederlage bedeuten, da viele Partien doch sehr knapp entschieden werden.

 

Der Zug eines Spielers besteht nun maximal aus so vielen Aktionen wie er aktive Lebens-/Aktionsmarker hat. Das heißt je mehr Treffer sein Held in der Vorrunde eingesteckt hat, desto weniger Aktionen bleiben für den Zug.

Neben Bewegungen zu über Linien verbunden Orten; gratis zum nächsten Ort, bei Abgabe einer Heldenkarte mit Pferd 2 Felder bzw. bei Adler bis zu 4 Felder weit sind noch folgende Aktionen möglich:

Reise von einem magischen Portal zu einem bereits gebauten anderen Portal bzw. durch Abgabe einer Karte mit Portal an den entsprechenden Ort oder zu einem beliebigen Portal auf dem Plan reisen.

Ein neues Portal errichten, ebenfalls durch Abgeben einer Karte, wenn man sich genau an dem Ort befindet, der auf der Karte ist.

Das Land heilen. Durch Abwerfen einer Karte mit der passenden Farbe des Ortes an dem der Held steht. Mit 2 Würfeln muss mindestens ein 5er oder 6er geworfen werden, um einen Vernichtungskristall von diesem Ort zu entfernen.

Die Wunden seines Helden heilen. In Monarch City und den Tavernen bis zu seinem Punktemaximum bzw. an jedem anderen Ort ohne Schergen 2 Lebenspunkte.

Gerüchte in der Taverne: Der Spieler zieht auf ein Tavernenfeld, nennt eine Farbe und zieht zwei Karten vom verdeckten Heldenkartenstapel. Sollten dies Karten der genannten Farbe oder Spezialkarten sein, darf man sich diese behalten. Diese Aktion kann übrigens als einzige nur zweimal pro Spielerzug durchgeführt werden. Alle anderen Aktionen können beliebig oft durchgeführt werden.

Schergen an dem Ort bekämpfen, an dem man sich befindet. Dazu nimmt man die entsprechende Anzahl farblich passender Würfel, wirft sie alle auf einmal und besiegt nun evtl. je nach Farbe der Schergen bei 3+, 4+ oder 5+ einen entsprechenden Schergen. Die sehr zahlreichen Orks sind bereits bei 3+ eliminiert währen die hartnäckigen Drachen erst bei 5+ hinüber sind. Die anderen bei 4+. Wichtig ist, dass sich am Ende des Zuges eines Spielers am Ort seines Helden keine Schergen aufhalten, sonst wird für jeden Schergen ein Lebenspunkt abgezogen, für egal wie viele schwarze Schergen ein weiterer Punkt. Daher gilt es immer mindesten eine Aktion für die Flucht aufzuheben, falls der Kampf mal schief gehen sollte.

Kampf gegen einen General. Voraussetzung ist, dass sich kein Scherge mehr auf seinem Feld befindet. Evtl. auf demselben Feld stehende andere Helden können und sollen sich am Kampf beteiligen, zumal ein General alleine nur mit einer sehr guten Kartenhand und viel Glück beim Würfeln von einem Helden alleine zu besiegen ist. Durch gemeinsames Ausspielen der entsprechend passenden Heldenkarten mit dem jeweiligen Generalssymbol können so viele Würfel genommen werden, wie insgesamt auf den Karten der Helden abgebildet sind. Die Generäle werden nach demselben Muster getroffen wir ihre Schergen, haben aber alle mehrere Leben. Beim Ork-General hat man mit 3+ bereits einen Treffer gelandet. Beim Drachen benötigt man 5+. Diverse Helden haben allerdings gegen bestimmte Generäle bzw. Schergen Vorteile. Auch manche Spezialkarten helfen im Kampf gegen die Generäle. Leider haben die Generäle noch diverse Sonderfähigkeiten. Z.B. hebt jede gewürfelte Eins im Kampf gegen den Ork-General einen Treffer auf. Alle beteiligten Helden treten der Reihe nach gegen den General an. Alle vorab für den Kampf deklarierten Heldenkarten sind verloren, auch wenn der Held gar nicht zum Würfeln gekommen sein sollte. Sollte der General besiegt werden, wird der Held der den tödlichen Schlag durchgeführt hat, zum Schlächter, was bedeutet, dass er dessen Schergen auf einem Feld nur durch Ausgeben einer Aktion bereits besiegt. Wer wollte nicht schon einmal Schlächter sein und Orks abmurksen. Sollten die Helden den Kampf verlieren, d.h. dem General nicht genug Treffer zugefügt haben, kommen sie alle nach Monarch City und verlieren je nach General eine bestimmte Anzahl Lebenspunkte und Heldenkarten.

Nachdem der Spieler alle seine Aktionen durchgeführt hat, zieht er 2 neue Heldenkarten. Danach werden je nach „War-Status“ 1 bis 3 Finsterniskarten gezogen. Die darauf abgebildeten Schergen müssen aus dem allgemeinen Vorrat auf die entsprechenden Orte gesetzt werden. Sollte es dadurch dazu kommen, dass an einem Ort ein vierter Scherge egal welcher Farbe gesetzt werden müsste, kommt an den Ort ein Vernichtungskristall und der Scherge wird auf einen über Linie verbundenen Nachbarort gesetzt. Ebenfalls wird in alle weiteren Nachbarorte ein Scherge dieser Farbe gesetzt. Sollte auch dort ein vierter Scherge gesetzt werden müssen, kommt dort ebenfalls ein Vernichtungskristall hin. Es kommt allerdings nicht wie in Pandemie zu einem Kaskadeneffekt, d.h. ein weiteres Ausbreiten der Schergen als auf die Nachbarorte ist nicht möglich.

Außerdem muss die auf der Finsterniskarte abgebildete Generalsbewegung durchgeführt werden. D.h. der entsprechende General rückt auf den entsprechenden Ort vor sofern er sich am unmittelbar benachbarten Ort befindet. Sollte er dadurch nach Monarch City kommen, haben die Helden sofort verloren.

 

Noch ein Wort zu den Questkarten. Diese stellen spezielle Zwischenziele für einen Helden dar und können nach erfolgreichem Quest-Abschluss jederzeit eingesetzt werden. Auch die erfüllten Questkarten können extrem stark sein. Ohne eine einzige Quest zu erfüllen werden es die Helden sehr schwer haben siegreich zu sein.

Fazit: Außer den leichten Parallelen zu Pandemie gibt es noch anzumerken, dass in diesem Spiel extrem viele Glücksfaktoren auf einmal zusammen kommen. Die Heldenkarten, die Finsterniskarten (mit Orten für neue Schergen und der Generalsbewegung), die Questkarten und dann noch die Würfelkämpfe gegen die Schergen und die Generäle. Schon ein einziger schlechter Würfelwurf zum falschen Zeitpunkt kann den Verlust der Partie bedeuten. Das kann recht deprimierend sein. Ich würde fast sagen, dass in diesem Spiel die Strategie eine eher untergeordnete Rolle spielt. Sicherlich ist es wichtig, sich zu überlegen, in welcher Reihenfolge es sinnvoll ist, die Generäle anzugreifen und ab wie vielen Heldenkarten es überhaupt Sinn hat, gegen einen General anzutreten. Von 6 Partien konnten wir nur eine einzige gewinnen, aber so soll es ja sein, sonst wird es bald langweilig. Es gibt natürlich in jeder verlorenen Partie einen gewissen Lerneffekt. So ist es sicherlich wichtig, recht früh gegen die Orks vorzugehen, die zwar recht leicht zu besiegen sind, deren Anzahl aber durch einige Finsterniskarten recht stark gefördert wird.

 

Ich würde als Zielgruppe für Defenders of the Realm am ehesten spiele-erfahrene Jugendliche sehen, die es überdrüssig sind, Descent oder Talisman zum wiederholten Mal zu spielen und sich nach etwas neuem umsehen und auch mal kooperativ spielen wollen. Das einzige was sie vielleicht abschrecken könnte ist der doch recht hohe Preis von über 70 Euro. Für Profis gibt es übrigens die Erweiterung „The Dragon Expansion“ mit mehreren Varianten. Hier kann z.B. gleich gegen 4 statt nur einen Drachen angetreten werden. Ganz wichtig: Unbedingt die FAQ auf BGG besorgen und schon vorab lesen. Die lösen fast alle Probleme.

 

Gert Stöckl

 

Spieler: 1-4

Alter: 10+

Dauer: 120+

Autor: Richard Launius

Grafik: Larry Elmore, Sean Brown

Preis: ca. 70 Euro

Verlag: Eagle Games

Web: www.eaglegames.net

Genre: Kooperatives Fantasy-Abenteuer

Zielgruppe: Mit Freunden

Spezial: 1 Spieler

Version: en

Regeln: de en

Text im Spiel: ja

 

Kommentar:

Edle Ausstattung * hoher Preis * kooperatives Element nett eingebunden * Erweiterung erhältlich

 

Vergleichbar:

Pandemie für Kooperation und Spielende, ansonsten Descent und andere Abenteuerspiele

 

Andere Ausgaben:

Derzeit keine

 

Meine Einschätzung: 5

 

Gert Stöckl:

Ein kooperatives Abenteuerspiel mit Anklängen an Pandemie, mit gut kombinierten Mechanismen und stimmiger Ausstattung, eine attraktive Abwechslung zu Descent und Co

 

Zufall (rosa): 0

Taktik (türkis): 0

Strategie (blau): 0

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 0

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0