Rezension

 

worker placement Mit Karten

 

LISBOA

 

Wiederaufbau nach Katastrophalen erdbeben

 

 

Am 1. November 1755 wurde Lissabon von einem gewaltigen Erdbeben erschüttert, das fast alle Gebäude zerstörte und etliche Brände auslöste. Aber nach nur einem Monat war ein Plan zum Wiederaufbau der Stadt entworfen und vom König genehmigt. Es war ein strukturierter Plan zur Entfernung allen Schutts und dem Bau einer Anzahl neuer Geschäfte und öffentlicher Gebäude im Stadtzentrum. Das Spiel beruht auf diesem Plan und als Spieler ist man ein Adeliger des Landes der zum Erfolg dieser unglaublichen Wirtschafts- und Ingenieursleistung beitrug.

 

Die Grafik von Plan und Karten wird nicht allen gefallen, da beides auf Gemälden der Epoche beruht und die Pastellfarben nicht intensive sind. Aber die Schachtel ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man ein Spiel editiert: So wie bei The Gallerist, besteht der Inhalt aus fixen und beweglichen Tiefziehboxen mit ausreichend Platz für alles Material, komplettiert durch eine transparente Abdeckung, die ein Vermischen der Teile vermeidet. Sehr, sehr gut!

 

Bild 1

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Wie in anderen Spielen von Vital Lacerda gibt es jede Menge sehr gut gemachtes Material. Ich liste es jetzt nicht auf, weil wir später über die Verwendung sprechen; der Plan ist jedoch nicht das beste Beispiel eines Plans, vor allem nicht seine rechte Seite, wo die Gebäude platziert werden -  blasse Farben und Standardgebäude im Design wie vor zwanzig Jahren; aber es funktioniert und wir hatten keine Probleme während des Spiels. Die Spielerpläne andererseits sind besonders gut gemacht und wir müssen näher darauf eingehen, siehe auch Bild 2. Sie bestehen aus mehreren Lagen Karton übereinander, eine Lage hat verschiedene Fenster für die farbigen Würfel, die damit nicht verrutschen können – so ähnlich wie in Scythe. An den Ober- und Unterkanten dieser Pläne gibt es einige Aussparungen, um Karten einschieben zu können. Sehr interessant und praktisch, könnte man auch in anderen Spielen verwenden.

 

Bild 2

 

Die Regeln sind in Englisch, mit vielen Beispielen und Bildern, die das Studium erleichtern; Lisboa ist aber kein einfaches Spiel, also hat Lacerda vier Übersichten beigefügt, die alle wichtigen Bestandteile präsentieren und detailliert erklären. Stellen Sie sich darauf ein, im ersten Spiel nur die Regeln, Mechanismen und vielen Icons kennenzulernen und mögliche Strategien zu verstehen. Wir haben vier Stunden für die erste Partie gebraucht, nur mehr drei für die zweite und zwischen 120 und 150 Minuten für die weiteren.

 

Der Spielaufbau ist aufwändig, man sollte ihn dem Gastgeber überlassen, der mit 30 Minuten rechnen muss, um alles vorzubereiten. Auch hier gehe ich nicht ins Detail, wir kommen noch darauf zurück. Man beginnt das Spiel mit zehn Reis (Geld des Landes), je einem Plättchen Architekt, Klerus und Königliche Gunst sowie acht Meeples (Höflinge), acht Häuser und fünf Würfeln einer Farbe für den eigenen Plan. Circa 60 Würfel in rot, blau und weiß werden zufällig gemischt und auf die Felder am Plan gesetzt, sie simulieren den Schutt nach dem Erdbeben. Aktions- und Zielkarten haben ebenfalls eigene Felder. Die Aktionskarten oder auch Politikkarten sind in vier Decks geteilt - jeder Spieler bekommt fünf Karten vom blauen Deck, die roten Reservedecks gehen auf den Plan. Nun setzt noch jeder einen Höfling an den Hof links am Plan und wir können das Spiel beginnen.

 

Das Herz von “Lisboa” sind die Politikkarten, – siehe Bild 3 für ein Beispiel – da sie für verschiedenste Aktionen verwendet werden. Zu Beginn bekommt man fünf “blaue” Karten; die roten werden verdeckt in vier Stapeln ausgelegt, jeder mit seinem eigenen Symbol auf der Rückseite, die erste Karte jedes Stapels wird aufgedeckt.

 

Bild 3

 

Es gibt zwei Arten Karten: “Adelige” – König in rosa, Premierminister in blau und Chef-Ingenieur in grün – und “Finanz” mit Zeichnungen von Gegenständen oder Aktionen.

 

-       Der obere Teil der Karte zeigt die Anzahl Einflusspunkte, die der Adelige gewährt, oder die durch die Finanzkarten verursachten Veränderungen im Staatsschatz.

-       In der Mitte findet sich eine Abbildung des Adeligen oder der Gegenstände.

-       Im unteren Teil der Karte findet man den Sofort-Bonus für den Adeligen oder den Dauer-Bonus der Finanzkarte, wenn die Karte auf den persönlichen Plan gelegt wird.

 

Der aktive Spieler sollte folgendes tun:

 

-       Eine Karte aus der Hand spielen

-       Die der Karte entsprechende Aktion ausführen

-       Die oberste Karte von einem der vier Reserve-Decks ziehen.

 

I werde versuchen, alle möglichen Aktionen der Politik-Karten vereinfacht zu beschreiben, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, da das Ziel dieser Rezension ist, den Spielverlauf verständlich zu machen.

 

Die Erste Option ist, die gewählte Karte unter den eigenen Plan zu legen; an den oberen Rand wenn es ein Adeliger ist, an den unteren im Fall einer Finanzkarte – Bild 4  verdeutlicht die Option.

 

Bild 4

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Jeder ausgelegte Adelige gewährt den im unteren Teil abgebildeten Bonus, jede ausgelegte Finanzkarte gibt den im oberen Teil abgebildeten Bonus: Eine Verbilligung für den Bau eines Gebäudes, eine Verbilligung für Schuttentfernung, Geld, usw. Legt ein Spieler eine Karte unter seinen Plan, kann er sofort eine oder zwei Zusatzaktionen ausführen: (1) Ressourcen auf ein Schiff laden, falls er schon eines gebaut hat, um Siegpunkte oder Geld zu erhalten, oder (2) eine der beiden Zusatzaktionen ausführen, die einer der „wichtigen“ Adeligen liefert, jeder offeriert zwei Alternativen. Dafür muss man auch Ressourcen bezahlen und kann Höflinge entsenden, Schiff kaufen, Ressourcen in den Shops produzieren, Zielkarten kaufen, usw.

 

Bild 5

 

Die zweite Option ist, an den Hof zu gehen. Man spielt eine Karte für einen der drei Adeligen und bezahlt so viele Einflusspunkte wie es schon gegnerische Unterstützer im entsprechenden Abschnitt gibt. Zum Beispiel: Als Spieler Grün will man Manuel de Maia (Chef-Ingenieur) platzieren – in diesem Bereich des Hofs gibt es schon 2 rote, einen grünen und einen gelben Höfling (Meeples), daher muss man drei Einflusspunkte ausgeben, um seine Karte zu spielen. Hinweis: Alle Höflinge werden mit einer der Zusatzaktionen an den Hof gesetzt.

 

Nun hat man das Recht, die primäre Aktion für Manuel de Maia - Bau eines Shops – zu nutzen und dazu eine seiner beiden Zusatzaktionen, diesmal gratis. Geht man zum Marquis de Pombal, kann man eine der „Erlass“ Karten nahmen – sie zeigen verschiedene Ziele, die man bei Spielende erfüllen soll – und König José Primo erlaubt, ein öffentliches Gebäude zu eröffnen.

 

Die dritte Option ist, ein “Ereignis“ zu finanzieren: Man spielt eine Finanzkarte an den Hof, bezahlt eine bestimmte Summe Reis and kann sofort die entsprechende Aktion – allerdings ohne Zusatzaktion – machen: alle, die wir schon von den Adeligen kennen und einige weitere, die den Erwerb von Ressourcen ermöglichen.

 

Die vierte Option ist, eine Karte abwerfen und eine Gold Ressource nehmen.

 

Zuletzt wählt man eine der offenen Karten auf den Reservestapeln und der nächste Spieler ist an der Reihe. Sind drei der vier “roten” Stapel leer, beginnt die zweite Epoche. Die Spieler erhalten violette Karten – alle müssen fünf Karten auf der Hand haben – und “braune” Karten werden ausgelegt, wieder in vier Stapeln, mit aufgedeckter der jeweils oberster Karte.

 

Sind drei der braunen Stapel leer, wird die laufende Runde zu Ende gespielt; danach endet das Spiel, jeder berechnet seine Siegpunkte und man gewinnt mit den meisten.

 

Das ist ein kurzer Abriss wie das das Spiel funktioniert. Wollen Sie mehr wissen lesen sie bitte weiter, andernfalls lesen sie die nächste Rezension. Was hier nun folgt, ist eine Reihe detaillierter Informationen zu allen Aktionen und kann langweilig werden, wenn Sie das Gefühl haben, dass Lisboa nicht Ihr Spiel ist.

 

Mehr Informationen zu den Hauptaktionen

 

Der Bau von Shops oder Öffentlichen Gebäuden auf der rechten Seite des Plans sind vermutlich die weniger “spontanen” Aktionen, siehe Bild 6 für besseres Verständnis.

 

Bild 6

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Das Stadtzentrum ist ein Raster aus vier Hauptstraßen (gelb, rosa, braun und blau) und Öffentlichen Gebäuden. Alle Farbwürfel im Bild sind Schutt verschiedenen Gewichts. Blaue Würfel sind leichter und kosten 1 Real zur Entfernung, rote Würfel sind mittelschwer und kosten 2 Reis, weiße Würfel sind schwer und kosten 3 Reis zum Transport.

 

Shops sind die “hässlichen” Kärtchen rechts im Bild; will man eines davon bauen, legt man eine Manuel de Maia Karte an den Hof, nimmt ein Shop und wählt das Feld im Zentrum, wo man es bauen will. Dann muss man sich die Würfel rechts vom gewählten Feld und am Ende der jeweiligen Straße anschauen; man kann einen davon gratis für seinen Plan bekommen, muss aber die Werte der verbleibenden Würfel dazu addieren und den Gesamtpreis in Reis bezahlen. Ein Beispiel, siehe Bild 6: Für ein Shop auf dem zweiten Feld der Reihe “B” gelten vier Schrottwürfel: ein weißer rechts, und ein roter und zwei blaue zwischen den Straßen rosa und gelb mit Gesamtkosten von sieben Reis. Entscheidet man sich für den weißen Würfel, zahlt man vier Reis; das Shop kann nun mit dem Eingang zur gelben oder rosa Straße – nach eigener Wahl – platziert werden.

 

Nach dem Bau eines Shops kann man Siegpunkte bekommen; man multipliziert die Zahl auf dem blauen Pfeil am Ende der Spalte (3-4-5) mit der Anzahl vorhandener Öffentlicher Gebäude in der Farbe der gewählten Straße – maximal drei. In unserem Beispiel haben wir die rosa Straße genommen und fünf Siegpunkte bekommen – es gibt nur ein rosa Gebäude rechts der Reihe “B” und der Wert der Spalte laut blauem Pfeil ist 5.

 

Wenn Sie nun ein wenig verwirrt sind, ist alles in Ordnung – es ist genau das Gefühl für jeden Neuling nach den ersten Zügen in Lisboa.

 

Für ein Öffentliches Gebäude muss man eine Königskarte an den Hof legen; und man braucht auch einen Architekten in der Farbe des Gebäudes, das man bauen will (grün oder blau); dann bezahlt man die Anzahl Höflinge auf dem Architektenplättchen (2 bis 5), die man schon am Hof haben muss – sie gehen zurück auf den eigenen Plan und das Gebäude geht auf eines der Randfelder um das Stadtzentrum. Schauen wir uns wieder Bild 6 für ein weiteres Beispiel an. Spieler Violett will das rosa Gebäude – in der unteren rechten Ecke des Bilds – bauen. Er braucht einen blauen Architekten, bezahlt die nötige Anzahl Meeple und kann dann das Gebäude rechts in die Reihe “C” legen. Wie man sieht, gibt es in diesem Fall zwei blaue Würfel – er legt beide auf seinen eigenen Plan und bekommt zwei neue Höflinge als Bonus, wie im Feld angegeben. Zehn Siegpunkte gibt es für das Shop in Feld C2 - Grundwert 5 im Pfeil – mit zwei rosa Gebäuden links und rechts.  

Zu Beginn ist es nicht leicht, sich alles zu merken und SP zu berechnen, aber ein Spiel reicht zum Erlernen aus und alles wird klar.

 

Ein Besuch bei Marchese de Pombal ermöglicht den Spielern, Zielkarten – Dekrete – zu erwerben. Man wählt eine der immer verfügbaren acht Karten auf der linken Seite des Plans: jede zeigt ein anderes “Ziel” und hier wird die Zusammenfassung für das Verständnis der aktuell besten Ziele wirklich wichtig. Man kann Siegpunkte erzielen, wenn man bestimmte Gebäude hat, oder ein Shop in jeder Hauptstraße, oder mehr Geld als die Gegner, usw. Im Spielverlauf ist es gute Taktik, so viele Dekrete wie möglich zu erwerben, damit man sein Endspiel entsprechend planen kann und so viele Boni wie möglich erzielt.

 

Vorschläge für Strategien in Lisboa sind nicht leicht zu machen, da es so viele Optionen gibt und die Aktionen der Gegner sehr oft Planungen zunichtemachen. Aber nach einigen Partien versteht man, dass man so früh wie möglich einige Shops bauen und dafür die besten Spalten mit 4 oder 5 in den Pfeilen wählen muss. Dann muss man einige Öffentliche Gebäude bauen, die zu den Shops passen, um Siegpunkte zu maximieren. Jedes Geschäft kann von höchstens drei Öffentlichen Gebäuden unterstützt werden – spielt man gut und die Gegner greifen nicht an, kann man mit einem Shop 30 Punkte machen – 5 SP mit dem ersten Gebäude, 0 mit dem zweiten und 15 mit dem dritten. Nicht übel!

 

Die “Gunst des Königs” Plättchen nutzt man zum Kopieren einer gegnerischen Aktion, Klerus Plättchen liefern diverse Sofort- oder Dauerboni.

 

Sammeln von Würfeln in allen Farben – blau, rot und weiß – ermöglicht Belegen von fünf Spalten am eigenen Plan mit je einem Würfel pro Farbe und Spalte. Jede komplette Spalte erlaubt Nutzen von mehr Karten am eigenen Plan; zu Beginn sind es zwei Karten. Befüllen von vier Spalten löst das Spielende aus und jede komplette Spalte liefert drei extra SP.

 

Hat man schon einige Shops platziert, sollte man sich um interessante Dekrete und um seine Strategie kümmern. Ab jetzt sucht man nach passenden Architekten und Gebäuden, um Geld zu erwirtschaften, immer die nötige Menge Höflinge zu haben und auch über genug Einflusspunkte zu verfügen. Schafft man das, ist der Spielgewinn in Reichweite.

 

Last but not least, vergessen Sie nicht auf die Plättchen der Klerus Leiste; man neigt am Anfang dazu, sie zu übersehen, aber manche sind wirklich interessant und sind es wert, dass man sie im Auge behält.

 

Es war für mich nicht leicht, diese Rezension zu schreiben – so wie bei allen Spielen von Vital Lacerda – ohne zu sehr ins Detail zu gehen, aber ich hoffe, dass meine Leser die Grundzüge von Lisboa nun verstehen. Lisboa ist ein Spiel für Experten, die ihre Züge gut vorausplanen müssen um konkurrenzfähig zu bleiben. Interaktion ist hoch, aber nicht entscheidend, denn wenn ein Plan vom Gegner untergraben wird, gibt es immer einen anderen Plan, um Siegpunkte zu erwerben.

 

Lisboa kann auch allein gegen einen virtuellen Gegner namens Lacerda gespielt werden – Lacerda macht seine Züge mit Karten und vorgegebenem Ablauf – er ist ein sehr starker Gegner!

 

Pietro Cremona

 

Spieler: 1-4

Alter: 12+

Dauer: 180+

Autor: Vital Lacerda

Gestaltung: Ian O’Toole

Preis: ca. 100 Euro

Verlag: Eagle-Gryphon Games 2017

Web: www.eaglegames.net

Genre: Worker Placement, Aufbau

Zielgruppe: Für Experten

Spezial: 1 Spieler

Version: it

Regeln: en it pl pt

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Vorausplanen ist essentiell

Lange Spieldauer

Gute Interaktion

Intensives Regelstudium notwendig

Altersangabe 12+ zu niedrig, 14+ empfohlen

 

Vergleichbar:

Komplexe Worker Placement und Aufbau Spiele

 

Andere Ausgaben:

Giochix (it), hobbity.eu (pl), Mandala Jogos (pt)

 

Meine Einschätzung: 6

 

Pietro Cremona:

Ein hochinteressantes komplexes Spiel zu einem Thema, das mich zu einer historischen Recherche dieses Erdbebens inspirierte. Im Spiel für Experten, die gerne vorausplanen, braucht man ein paar Partien, um die Regeln zu verinnerlichen.

 

Zufall (rosa): 0

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 3

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0