Factory 42

 

Autor: Timo Multamäki

Grafiker: Lars Munck

Preis: ca € 50

Verlag: Dragon Dawn Productions

Weitere Angaben: Kickstarter Projekt

 

Regeln: englisch, deutschsprachige Übersetzung als PDF zum Download

 

Text im Spiel: JA

 

Zielgruppe: Experten

 

Version: 1. Auflage (2021), englisch

 

Die Fabrik macht alle gleich, aber nichts sofort

 

Factory 42

 

Die kommunistische Industrie ist nicht unbedingt dafür bekannt, einen hohen Output an Gütern zu erreichen, aber in einer Welt, bevölkert mit genüg- und arbeitsamen Zwergen, ist das auch nicht notwendig. Die Qualität der Produkte ist zweitrangig, Hauptsache, es werden zumindest einige der Regierungsaufträge erledigt und der Dampfkessel explodiert nicht, weil schon wieder zu viele ihre übrigen Rohstoffe verheizt haben.

 

Nach dem etwas mühsamem Erarbeiten der Regeln geht es endlich los. Wir schlüpfen in die Rolle von Fabrikaufsehern, die den Zwergen-Genossen und Kommissaren geeignete Positionen zuweisen, um die Aufträge des Staates zu erledigen. Aber wo soll man seine Zwerge denn sinnvoll platzieren? Erst nach und nach erschließen sich im ungewöhnlichen Workerplacement-Spiel Factory 42 die Möglichkeiten und Zusammenhänge.

 

Wichtig ist definitiv die Sicherstellung von Rohstoffen und der Transport zum eigenen Spielertableau, wo sich zwei Docks für die Wagen, ein persönliches Warenlager sowie zwei Manufakturen für die eigentliche Herstellung der Produkte befinden. Zudem kann hier auch Forschung betrieben werden, um etwa das Warenlager zu vergrößern oder damit jede Manufaktur Zugriff auf Rohstoffe aus beiden Docks statt nur einem bekommt.

 

Großer wackeliger Würfelturm

 

Doch damit überhaupt Materialien in die Wagen verladen werden können, müssen diese in Form von kleinen bunten Holzwürfeln zuerst einmal beschafft werden. Für jeden in der Beschaffung eingesetzten Arbeiter darf man für einen bestimmten Punktewert Rohstoffe in den gemeinsamen Haufen legen. In Summe gibt es neun verschiedene Ressourcen, mit Punktekosten zwischen eins und drei, in den Kategorien Nahrung, Material und Metall. Zusätzlich noch Kohle, ideal zur späteren Dampfproduktion, sowie “Magie”, ein grüner Würfel, der als Joker alle anderen ersetzen kann.

 

Bevor die Würfelchen zur Verladung zur Verfügung stehen, wird der gesamte Haufen in den großen Bürokratieturm geworfen, wo manchmal das eine oder andere hängen bleibt und erst eine Runde später herauskommt. Diese bürokratische Verzögerung passt zwar thematisch gut, aber leider überzeugt die Handhabung und Funktion nicht. Nur selten bleibt etwas hängen, und wenn, kann schon eine leichte Berührung der imposanten Kartonstruktur dazu führen, dass der fehlende Würfel herausfällt.

 

Im nächsten Schritt gilt es, die Transportwagen zu befüllen. Das geschieht, wie alles im Spiel, abhängig von der Position des eigenen Zwergenarbeiters am jeweiligen Aktionsort. Wer an vorderster Stelle steht, kommt zuerst dran, die hinteren Positionen können auch leer ausgehen, etwa wenn die Mitspieler davor schon alle verfügbaren Materialen weggeschnappt haben.

 

Aber auch bei der Folgestation, dem Verschicken der Wagen zu den persönlichen Docks, kommen noch Gemeinheiten ins Spiel. Eine besondere Freude ist es, wenn man der Mitspielerin den von ihr prall gefüllten Wagen wegschnappen kann, weil man seinen Meeple beim Versandort in der Reihenfolge vor ihr platzieren konnte.

 

Ohne Dampf keine Warenproduktion

 

Die Herstellung der geforderten Gegenstände benötigt jedoch nicht nur Rohstoffe, sondern auch Dampfkraft. Die wird erhöht, indem alle brennbaren Materialen, die nicht auf Wagen verladen wurden, im Kraftwerk verheizt werden. Zusätzlich kann jeder Spieler einen Zwergenarbeiter einsetzen, um unter Abgabe von eigenen Rohstoffen den Dampfdruck noch weiter zu erhöhen. Das bringt stattliche Anerkennung in Form roter Sterne, die sich später in Siegpunkte umwandeln lassen. Es birgt aber auch die Gefahr in sich, dass der Kessel überhitzt und explodiert. Dann steht nur noch die Hälfe Dampf zur Verfügung, was meist nicht ausreicht, damit alle ihre geplanten Produkte erzeugen können. Natürlich wird der Kessel auch gerne absichtlich zur Explosion gebracht, wenn die eigene Manufaktor in der Spielreihenfolge vorne liegt.

 

In Folge werden nun die geforderten Produkte hergestellt, natürlich unter der Voraussetzung, dass man sich alle benötigten Rohstoffe sichern konnte. Zur Not lässt sich auch in minderer Qualität produzieren. Das spart zwar Rohstoffe, bringt aber keine Anerkennungssterne, welche in der Buchhaltung zu den eigentlichen Siegpunkten verwandelt werden können.

 

Am Ende jeder Runde werden jene Fabrikaufseher mit Siegpunkten belohnt, deren Zwerge tatsächlich etwas produziert haben, und für überhaupt nicht erledigte Aufträge gibt’s als Kollektivstrafe Punktverlust für alle Spieler.

 

Factory 42 ist ein ambitioniertes, innovatives Workerplacement-Spiel, das aber unter teils unnötig komplizierten Regeldetails, zu vielen unterschiedlichen Ressourcen ohne relevante Funktionsunterschiede und einer schwierig unterscheidbaren Farbgebung leidet.

 

Nicht nur für Menschen mit Farbblindheit ist der in Rot-Braun-Schattierungen gestaltete Spielplan mit vielen Texten schwer zu lesen, auch mehrere der Würfelfarben unterscheiden sich auf den Auftragskarten kaum.

 

Es benötigt darüber hinaus auch einiges an Spielzeit, bis die Möglichkeiten klar werden, wie man den Mitspielern schaden und sich selbst Vorteile verschaffen kann. Factory 42 ist kein Spiel für Einsteiger oder Familienspieler. Es richtet sich an Experten, die Wert auf vorausschauende Planung und einen hohem Interaktionsgrad, der an Bösartigkeit grenzt, legen. Wer darüber hinaus auch noch am skurrilen Setting mit Zwergen in einer marxistischen Steampunk-Welt Gefallen findet, dem sei Factory 42 wärmstens ans Herz gelegt.

 

Alexander Schilpp, 5/7

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis):1

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 0

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 3

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0