Premiere

  

Dirk Henn

4 bis 6 Spieler ab 8 Jahre

db Spiele 1996

45 bis 60 Minuten

 

MB, Parker, Ravensburger, und wie die großen Finnen alle heißen, mögen zwar die Spitzenreiter auf dem internationalen Spielemarkt sein, was Verkaufszahlen anbelangt. Wenn es aber um originelle Spielideen und die Qualität der Spiele geht, sind es häufig die sogenannten Kleinverlage, die dafür sorgen. Besonders im deutschsprachigen Raum hat sich eben durch den großen Anteil von kleinen Spieleherstellern eine hohe Spielekultur entwickelt, von der schließlich alle profitieren: Die 'Kleinen', welche die Spiele durch das große Interesse verkaufen, ebenso wie die 'Großen', die auch immer wieder gute Spiele von Kleinverlagen groß herausbringen können oder auch neue Spielautoren finden können. Und nicht zuletzt natürlich der Spieler selbst, der eine riesige Auswahl an verschiedensten Spielen vorfindet.

 

Einer dieser Kleinverlage ist in Aachen beheimatet. Die Zwei-Personen-Firma, bestehend aus Dirk Henn und Barbara Weber, sorgt immer wieder für gute Spiele. Dirk hat die Spielideen und verfeinert die Spielmechanismen, Barbara setzt dies handwerklich um. Ihr neuestes Werk ist "Premiere", bei dem es um die Inszenierung von Musicals geht.

 

'Premiere' ist wieder in einer Schachtel im Bookcover-Format untergebracht. Darin ist das für einen Kleinverlag beachtlich gute Material mittels Gummiringerl fein säuberlich am Schachtelboden befestigt: 120 Darstellerkarten mit Darstellern, die in einer oder mehreren Rollen der Musicals 'Katz', 'Die Miserablen', 'Mise Hanoi' oder 'Freudi' mehr oder weniger brillieren,

24 Punkteplättchen, um den in Punkten ausgedrückten Erfolg einer Inszenierung zu notieren,

6 Rollenpläne, welche die noch nicht besetzten Rollen in den vier Musicals auflisten,

1 Agenturplan, der zeigt, welche der Darsteller gerade auf der Suche nach einem Engagement sind,

1 Städteplan mit den Städten Broadway, Hamburg, Stuttgart, Duisburg und Alsdorf auf dem die Inszenierungen der Musikagenten in der Reihenfolge des Publikumerfolges festgehalten werden,

und natürlich auch Spielgeld in Form von Talenten, von denen jeder Musikagent anfangs 18 erhält.

 

Die 4 bis 6 Spieler übernehmen die Rolle von Musikagenten, welche die vier erwähnten Musicals möglichst gut aufführen sollen. Dazu müssen sie zuallererst einmal Darsteller finden, denn die Hauptrollen in jedem Musical sind noch unbesetzt. Fündig werden die Musikagenten dabei in einer Agentur. Auf einem Agenturplan liegen jederzeit 4 Darsteller, welche sich auf der Suche nach einem Engagement befinden. Wer an der Reihe ist, kann einen der vier Darsteller nehmen, dies kostet zwischen 3 und O Talenten. Der Preis richtet sich nicht nach dem tatsächlichen Können, denn die Darsteller werden anfangs zufällig auf den Agenturplan gelegt. Wenn ein Spieler einen Künstler engagiert, bezahlt er den entsprechenden Preis in Talenten. Alle Darsteller mit höherem Wert werden nun um ein Talent billiger (man schiebt sie einfach nach links) und der Agenturplan wird wieder aufgefüllt.

 

Für die Inszenierung eines Musicals sind unterschiedlich viele Darsteller vonnöten. Für "Katz" braucht man zum Beispiel sechs Darsteller, für Freudi nur drei. Hat man genug Darsteller engegiert, kann man ein Musikal inszenieren. Jede Rolle muß dabei von einem Darsteller besetzt werden. Leider sind nicht alle Künstler gleich gut geeignet für die einzelnen Rollen. Der eine glänzt zwar als Rum Tum Tugger in 'Katz'( 9 Punkte), ist aber sonst in jeder anderen Rolle auch in jedem anderen Musical eine Fehlbesetzung (O Punkte). Ein anderer ist in drei verschiedenen Rollen ganz passabel (3 Punkte), ein weiterer kann einen Part sehr gut spielen (7 Punkte), einen anderen etwas weniger gut (2 Punkte). Aber immer sind die Gesamtpunkte auf einer Darstellerkarte 9 Punkte. Doch nicht nur die Topleute aus den über 100 Darstellern zahlen. Ganz besonders wichtig ist zudem, ein Musical ohne jede Fehlbesetzung aufzuführen, denn dann erhält man zusätzliche Bonuspunkte. Hilfreich dafür können auch die Stars der Städtischen Bühnen sein, die jede Rolle mehr schlecht als recht spielen können (1 Punkt), dafür aber auch nicht als Fehlbesetzung gelten und Bonuspunkte ermöglichen. Die erzielten Punkte werden auf das entsprechende Punkteplättchen mit dem vorhandenen Folienschreiber notiert.

 

Das Plättchen wird auf dem Städteplan untergebracht, und zwar in einer beliebigen freien Stadt, wenn das aufgeführte Musical noch von keinem Spieler inszeniert wurde, oder ansonsten in derselben Stadt, in der es schon zu sehen war. Die Reihung der Musicals in einer Stadt ergibt sich aus den erzielten Punkten, und je nach Position erhalten die Musikagenten am Schluß dann ihre Siegpunkte. Dabei ist es ein Unterschied, ob ein Musical am Broadway oder in Alsdorf, um die beiden Extreme heranzuziehen, erfolgreich war oder nicht. Am Broadway gibt es für die beste Darbietung stolze 22 Siegpunkte, dafür gibts für die schlechteste gar nichts mehr. In Alsdorf hingegen ist die Kluft zwischen Erfolg und Mißerfolg nicht so groß: die Punkte liegen zwischen 14 und 4.

 

 

Es gilt also, mit den vier Aufführungen insgesamt die meisten Punkte zu erzielen. Mit dem Anfangskapital von gerade mal 18 Talentenkommt man da nicht sehr weit. Gottseidank gibt es die Möglichkeit, auf ein bereits inszeniertes Musical einen einmaligen Kredit aufzunehmen: Pro Talert zieht man vom Musical einen Punkt ab, bis maximal 10 Talente, dafür wird das Musical neu gereiht und kann einige Ränge nach unten rutschen. Und noch etwas kann man vor seinem Zug machen: Ist einmal überhaupt kein passender Darsteller auf dem Agenturplan, kann man für 2 Talente die Agentur neu besetzen.

 

Nach spätestens 23 Runden ist das Spiel zu Ende und der Spieler mit den meisten Punkten wird 'stantepede' vorn Theater an der Wien als erfolgreicher Musicalproduzent engagiert.

 

'Premiere' ist für 4 bis 6 Spieler geeignet, wobei bei 4 und 5 Spielern sogenannte Provinzbühnen mit fixen lnszenierungspunkten als 'Dummies' fingieren. Für meinen Geschmack ist 'Premiere' das bisher beste Spiel von Dirk Henn. Weniger tüftlerisch und komplex als 'Timbuktu', aber viel raffinierter als beispielsweise 'Hopfen & Malz' oder 'Al Capone'. Der Mechanismus der sinkenden Darstellerpreise relativiert auch sehr geschickt das Glücksmoment der Karten. Spielerisch kann Premiere aufjeden Fall überzeugen. Graphisch finde ich es etwas weniger gelungen als andere db-Spiele. Übersichtlich ist alles schon, und durch die Farb- und Buchstabenkodierung auf den Karten kann nicht viel schiefgehen. Aber es ist doch ein wenig nüchtern, und ich vermisse leider witzige Zeichnungen der einzelnen Charaktere.

 

Dies ist jedoch nur ein kleiner Schwachpunkt, den man einem Spiel eines Kleinverlages verzeihen darf. Ich spiele 'Premiere' sehr gerne und empfehle es wirklich ohne Vorbehalte.

 

WIN-Wertung:

** Premiere W S UUU AA 4-6 m