Rezension

 

Florentiner Familien

 

LORENZO IL MAGNIFICO

 

Rivalität um Macht und Einfluss

 

Die Medici waren – in Politik und Wirtschaft – eine der einflussreichsten Familien in Italien und Europa zwischen 1434 und 1737. Giovanni di Medici legte den Grundstein für das Familienvermögen, er war Banker und später auch Banker des Papstes. Er starb durch Gift und sein Sohn Cosimo erbte die Bank und alles andere – wie zu dieser Zeit üblich, erbte nur der älteste Sohn, der jüngere Bruder Giovannis erbte nichts – und begann eine lange politische Kampagne gegen die Aristokratie unter der Führung der Familie Albizzi. 1434 errang er die Führung der Signoria, einer Art demokratischen Parlament, das die Florentiner Wirtschaft und Politik bestimmte, und wo die meisten Mitglieder Gefolgsleute der Medici waren. Er unterhielt sehr gute Beziehungen zum Papst und zu allen Staaten der Toskana und lud Architekten und Artisten nach Florenz ein – sie bauten Denkmäler und Kirchen und anderes, das heute noch steht, allen voran die sehr bekannte "Cupola del Brunelleschi" auf dem Dom von Florenz. Cosimos Sohn Piero war krank und regierte die Stadt nur fünf Jahre lang, er übergab die Macht bald an seinen ältesten Sohn Lorenzo, der zu dieser Zeit erst 20 Jahre alt war. Unter Lorenzo war Florenz am Gipfelpunkt seiner Macht, er sorgte auch für Frieden in ganz Italien durch Besuche in anderen Reichen, Diplomatie und Heirat. Er förderte auch die Künste und seine Ära ist bekannt als Italienische Renaissance, "Rinascimento Italiano". All dies brachte ihm den Beinamen 2Il Magnifico“ – Der Prächtige – ein.

 

Das Spiel LORENZO IL MAGNIFICO führt uns als einen der Regenten von Florenz in diese Zeit zurück. Wir schicken Familienmitglieder um Ressourcen in die Stadt, die man dann zur Finanzierung von Gebäuden nutzt, oder zum Bestechen anderer Persönlichkeiten oder Erledigen spezieller Missionen. Das Spielt nutzt einen gelungenen Mix bekannter Mechanismen: Worker Placement, Kartenkombinationen und Ressourcenmanagement.

 

Ein Blick auf Florenz vom Piazzale Michelangelo

 

Bild 1

 

Die Spieleschachte enthält einen Plan mit einer schematischen Darstellung von Florenz, vier kleinere Pläne für die Spieler, fünf Kartendecks, Plättchen und eine Handvoll Holzteile. Alles is von guter Qualität, aber ich hatte ein kleines Problem mit den Holzressourcen, sie sind klein und rund tendieren dazu, einem aus der Hand zu rutschen.

 

Jeder der vier Türme am Plan wird mit vier Entwicklungskarten bestückt: Turm 1 mit grünen für Territorien, Turm 2 mit blauen für Persönlichkeiten, Turm 3 mit gelben für Gebäude und Turm 4 mit rosa Karten für Missionen.

Es gibt 24 Karten jeder Farbe, geteilt in je acht Karten für drei Zeitalter; sie sind das Herzstück des Spiels, das nur sechs Runden dauert, oder 6x4 Karten.

 

Bild 2

 

Jede Karte zeigt eine Zeichnung für ein Gebäude, eine Person, einen Ort etc. des jeweiligen Zeitalters und drei Charakteristika:

- Kosten (Geld, Ressourcen oder Militärpunkte) auf der linken Seite, grüne Karten sind kostenlos

- einen sofortigen Vorteil in der Mitte

-  einen zukünftigen Vorteil, unten auf der Karte, für Erhalt unter bestimmten Bedingungen

 

Jeder Spieler hat einen persönlichen Plan zur Ablage der am Brett erhaltenen Ressourcen, vier Familienmitglieder (3 farbige und 1 neutralen Holzzylinder), 2x Holz, 2x Stein, 3 Helfer (rosa Holz Meeple) und Münzen in Relation zur anfänglichen Zugreihenfolge. Jedes farbige Familienmitglied wird mit einer der drei Würfelfarben markiert, das neutrale mit „0“.

 

Bild 3

 

Beachten Sie, dass jeder Spieler bis zu sechs Karten einer Farbe besitzen kann; gelbe und grüne Karten gehen auf das persönliche Brett, die anderen werden danebengelegt.

 

Lorenzo il Magnifico kann mit Grund- oder Fortgeschrittenen-Regeln gespielt werden: Der Unterschied sind Bonusplättchen - links vom Personenplan, im Grundspiel sind sie für alle gleich, im Fortgeschrittenen-Spiel verschieden – und Anführerkarten. Ich schlage vor, ab der zweiten Partie nur mit den Fortgeschrittenen-Regeln zu spielen, daher beschäftigt sich meine Rezension auch nur damit: Die Schwierigkeit steigt nur wenig, aber die Anführer erlauben eine definierte Anfangsstrategie.

 

Zeit, die Stadt zu betreten

 

Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler vier Anführerkarten. Man behält eine und gibt die anderen weiter, bis jeder wieder vier Karten hat. Jede Karte hat, wie erwähnt, drei Charakteristika:

- Name und Bild des Anführers auf dem Balkon des Palastes

- Kosten für die Aktivierung – Icons über dem Balkon

- Ein Vorteil, der einmalig oder dauerhaft sein kann.

 

Die Spielreihenfolge für Runde 1 wird zufällig gespielt, und alle setzen ihre Marker dementsprechend auf den Plan; in den weiteren Runden kann sich das durch das Entsenden der Familienmitglieder in den Rat ändern. Der Startspieler wirft drei Würfel – weiß, schwarz und orange – und setzt sie auf ihre Felder am Plan. Die Familienmitglieder sind entsprechend markiert und werden mit den Augenzahlen ihrer Würfel bewegt.

 

Bild 4

 

Der Plan ist in sechs verschiedene Bereiche geteilt:

 

Ganz oben sind die vier Türme, die zu Beginn jeder Runde mit vier Karten bestückt werden. Um eine Karte zu nehmen, setzt man ein Familienmitglied (FM) dorthin, dessen Wert des gleichfarbigen Würfels gleich oder höher als die Zahl auf dem Plan ist. Für das Erdgeschoß reicht eine „1“, der erste Stock erfordert eine „3“, der zweite eine „5“ und der dritte eine „7“. Eine Sieben? Aber das Höchstwert am Würfel ist Sechs! Richtig! Daher braucht man etwas Hilfe von seinen Helfern. Man wirft einen oder mehrere Helfer ab, um einen oder mehrere Punkte zum Würfel zu addieren. Bedenken Sie, das neutrale Familienmitglied hat zu Beginn Wert 0, daher braucht man mindestens einen Helfer, um es mit Wert 1 zu nutzen. Ein Familienmitglied im zweiten und dritten Stock gibt - zur gewählten Karte - auch einige gratis Ressourcen, die für die gewählte Aktion nützlich sein können.

 

Achtung! Steht schon ein Familienmitglied im Turm, zahlt man drei Münzen Steuer, um eine weitere Karte nehmen zu können. Zu Beginn ist Geld knapp, daher ist es schwierig, mehr als ein oder zwei Familienmitglieder in jeden Turm zu schicken, doch Florenz hat noch andere Orte, die man besuchen kann.

 

Unterhalb der Türme, die eigentlich nicht wirklich charakteristisch für Florenz sind, aber nützlich für das Spiel, gibt es den "Palazzo del Consiglio della Signoria". Alle jene, die die Fernsehserie Medici gesehen haben, werden ihn erkennen. Ein FM, das man dorthin schickt, bringt immer eine Münze und ein Privileg aus den Optionen Ressourcen, Helfer, Münzen, Militärpunkte oder “Glauben” Punkte. Der erste Besucher der Signoria wird Startspieler der nächsten Runde, und so weiter. Startspieler sein bedeutet freie Wahl der nächsten Karte und des nächsten Turms, und ist manchmal wichtig, wenn man eine bestimmte Karte für eine günstige Kombination braucht.

 

Unmittelbar unter der Signoria findet sich der Dom von Florenz: Santa Maria del Fiore. Er beherbergt die Spezialleiste zur Kirchenunterstützung (wieder weiß, wer die Serie gesehen hat, was das wirklich bedeutet). Am Ende der zweiten, vierten und sechsten Runde kommt der Papst-Gesandte nach Florenz und prüft, ob die Spieler gute Christen waren, und vor allem, ob sie die nötigen „Decimen“ bezahlt haben, eine Art damalige Kirchensteuer. Wenn nicht, erhält man päpstliche Exkommunikation. Im Spiel bedeutet das, das man am ende der zweiten Runde mindestens drei „Glaubenspunkte” braucht, vier nach Runde Vier und fünf nach Runde Sechs; diese Punkte sammelt man mit Karten oder im Palazzo del Consiglio della Signoria. Für ausreichend Glauben erhält man Siegpunkte, doch der Marker geht zurück auf Null und man muss von vorne beginnen; wenn nicht, gibt es Strafe für den Rest des Spiels.

 

Rechts unten am Plan finden wir den Markt; vier Felder bieten einen speziellen Bonus aus wahlweise fünf Münzen, fünf Helfern, drei Militärpunkten + 2 Münzen, oder zwei Privilegien von der Signoria. Jedes Feld kann nur von einem FM genutzt werden, also – wer zuerst kommt, mahlt zuerst!

 

Unten links am Plan finden sich zwei reihen Felder mit ähnlichem Zweck: Setzt man ein FM auf ein Feld der oberen Reihe, als Bauaktion, erhält man die Ressourcen seiner gelben Karten. Die andere Reihe als Regionsaktion gibt die Ressourcen der grünen Karten.

 

Dann ist da noch die Leiste für militärische Stärke ganz rechts am Plan. Der Hauptzweck dieser Leiste ist, den Spielern die Auslage der grünen Karten 3-4-5-6 auf dem Plan zu ermöglichen. Man braucht einen Militärwert von drei für die dritte Karte und 18 für die sechste und erhält dafür SP am Spielende. Man kann auch mit Militärpunkten für manche rosa Karten bezahlen, also kommt man nicht darum herum, im Spielverlauf Militärpunkte zu sammeln.

 

Jede Zone darf nur von einem FM pro Farbe betreten werden, aber man darf ein farbiges und ein neutrales FM der Familie benutzen.

 

Das Schwere Leben mächtiger Familien in Florenz

 

In Spielreihenfolge setzt man je ein Familienmitglied in den gewünschten Bereich und führt die Aktion durch. Sind alle Figuren verbraucht, beginnt die nächste Runde. Am Ende der sechsten Runde, nach Bezahlung der “Decimen” an den Papst, gibt es noch Punkte zusätzlich zu den schon auf der „Kramerleiste“ vermerkten, man gewinnt mit den meisten insgesamt: 1-4-10-20 Siegpunkte für 3-4-5-6 grüne Karten am persönlichen Plan; 1-3-6-10-15-21 SP für 1 bis sechs blaue Karten; weiters die Siegpunkte auf den rosa Karten und 5-2 Siepunkte für Platz 1 und Platz 2 auf der Militärleiste.

 

Bild 5

Lorenzo il Magnifico is ein sehr attraktives Spiel und jeder hat es gemocht, auch wenn Regeln und Mechanismen nichts wirklich Neues bieten. Ich denke, für ein gutes Spiel muss man nicht unbedingt innovative Ideen haben, solange das Spiel den Spielern Spaß macht und sie es immer wieder spielen wollen, so wie dieses.

 

Meine einzige wirkliche Kritik gilt den “Entwicklungskarten” – sie sind immer gleich, und wenn man eine Karte nicht in der ersten Verteilung findet, kann man sicher sein, dass sie in der nächsten erscheint. Ich glaube, ein paar karten jeder Farbe mehr wären interessanter, da man nie sicher sein kann, eine bestimmte zu bekommen. Es gibt bereits mehr Anführerkarten als nötig und es gibt auch sieben Exkommunikationskärtchen (7 jeder Art), obwohl man nur drei pro Spiel nützt. Vielleicht erleben wir bald eine Erweiterung, die neue Karten ins Spiel bringt, wenn das Spiel erfolgreich ist.

 

Um eine Partie Lorenzo Il Magnifico zu gewinnen, muss man seine Entwicklungskarten optimieren, nach Festlegen der Strategie, vermutlich auf Basis der beim Spielaufbau erhaltenen Anführer. Es ist unmöglich, alle möglichen Strategien gleichzeitig zu verfolgen.

 

Sammelt man zum Beispiel grüne Karten, muss man die Militärleiste im Auge behalten, den zum Legen der letzten vier Karten braucht man eine Anzahl Militärpunkte. Das gleiche gilt für die rosa Karten – 6 von 24 kann man nur mit Militärpunkten erwerben, drei weiter haben Militär als Alternative zu Ressourcen.

 

Folgt man dem gelben Weg, weiß man, dass 23 aus 24 Karten einen Sofort-Bonus an 1 bis 10 SP geben, aber nur drei bieten direkte SP mit der Bauaktion, sieben weitere produzieren 1 bis 7 Extrapunkte gegen Geld oder Ressourcen. Man muss die richtigen Karten für die bestmöglichen Kombinationen wählen – z.B. eine Karte generiert Geld, das man dann für SP von einer anderen Karte ausgibt, usw., man sollte vermeiden, Karten zu erwerben, die nicht in die eigene Strategie passen.

 

Setzt man auf Personen, weiß man, dass man aufs Ende setzten muss und fünf oder sechs Karten für 15-21 SP braucht; aber man braucht auch eine Anzahl anderer Karten, die konstanten Geldfluss garantieren, nicht nur um die blauen zu bezahlen – Personen kosten viel Geld, jeder 2 bis 7 Münzen – sondern auch um die drei Münzen Steuer zu bezahlen, wenn man nicht als Erster den Turm wählt.

 

Ein Vorschlag ist, zu versuchen, dem Papst jedes mal die “Decimen” zu bezahlen. Die Exkommunikationen sind nicht schlimm und man kann eventuell die Bezahlung vermeiden, aber manche sind einfach ärgerlich: Reduktion der Würfelwerte, Reduktion beim Erhalt von Geld und/oder Ressourcen, Verlust von Siegpunkten, etc. Daher muss man ein paar Karten erwerben, sie “Glaubenspunkte” geben; zwei grüne Karten geben sofort einen Punkt und drei als “Regionsaktion” Bonus geben drei; fünf blaue Karten verfügen über 1 bis 4 Sofortpunkte, vier gelbe ein bis drei und zwei von ihnen ein bis zwei extra Punkte über die Bauaktion; zehn rosa Karten haben ein bis vier Sofort-Glaubenspunkte. Und, natürlich, gibt es immer die Punkte der Signoria. Holen sie sich die Punkte sobald sie können, ohne auf die „geraden“ Runden zu warten, in denen sie ihnen jemand anderer wegschnappen könnte.

 

Zum Schluss noch ein paar Klarstellungen direkt von Virginio Gigli, einem der Autoren des Spiels, der freundlicherweise unsere Fragen zum ersten Test beantwortet hat.

 

(1) – Einige Karten geben einen permanenten Bonus von zwei Würfelpunkten für einen Farbwürfel beim Kartenkauf. Damit hat zum Beispiel das “neutral” FM einen Wert “2” und man muss daher keinen Helfer einsetzen, um es aufzuwerten.

 

(2) – Die Exkommunikationsmarker die zum Abwerfen einer Ressource zwingen, gelten auch für die “Bau-” oder “Regions-” Aktionen. Beachten Sie, dass der Marker eine Ressource verlangt und man kann zwischen Holz und Stein frei wählen.

 

(3) – Wenn Sie Spezialboni nützen (z.B. Santa Rita, die die Ressourcen verdoppelt), gilt die Exkommunikationsstrafe des vorherigen Punkts erst NACH der Verdopplung.

 

(4) – Der Exkommunikationsmarker der Stufe 3, mit dem einen Siegpunkt pro fünf Siegpunkte verliert, wird nur auf die Punkte auf der “Kramerleiste” und NICHT auf die End-Boni der Karten angewandt.

 

Mein Fazit: Lorenzo il Magnifico ist ein gutes Spiel für Durchschnitts- und auch erfahrene Spieler und ich empfehle is wärmstens.

 

Pietro Cremona

 

Spieler: 2-4

Alter: 12+

Dauer: 100

Autor: Virginio Gigli, Flaminia Brasini, Simone Luciani

Gestaltung: Klemens Franz

Preis: ca. 46 Euro

Verlag: Cranio Creations 2016

Web: www.craniocreations.it

Genre: Entwicklung, Ressourcenmanagement

Zielgruppe: Für Experten

Version: it

Regeln: de en it

Text im Spiel: nein

 

Kommentar:

Guter Mix von bekannten Standardmechanismen

Hoher Wiederspielwert

Interessantes historisches Thema

 

Vergleichbar:

Ressourcenmanagementspiele mit historischen

 

Andere Ausgaben:

CMON (de en)

 

Meine Einschätzung: 6

 

Pietro Cremona:

Ein gut funktionierendes Spiel mit historischem Thema, guten Regeln und schöner Ausstattung, absolut empfehlenswert.

 

Zufall (rosa): 1

Taktik (türkis): 3

Strategie (blau): 3

Kreativität (dunkelblau): 0

Wissen (gelb): 0

Gedächtnis (orange): 1

Kommunikation (rot): 0

Interaktion (braun): 2

Geschicklichkeit (grün): 0

Action (dunkelgrün): 0