The Republic of Rome

 

Besprechung: Thomas Hüttner

 

The Republic of Rome

Verlag: Avalon Hill

2-6 Personen

 

Meine Liebe zu den Römern begann so etwa in der Abschlussklasse des Gymnasiums und es war eigentlich nicht die normale Entwicklung: Ich wurde in Latein von Jahr zu Jahr besser. Sonst ist es ja meistens umgekehrt. Natürlich war ich dann voll Feuer und Flamme als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal auf Republic of Rome stieß. Das Spiel versprach die Simulation der Politik in der römischen Republik; ein gutes Intrigenspiel etwa?, dachte sich der gekonnte Senator in mir.

Worum geht es? Das Spiel teilt die Ära der Republik in drei Epochen, in eine frühe, eine mittlere und späte Republik. Je nach Epoche treten andere Kriege auf, können andere Provinzen geschaffen werden und Staatsstreiche werden einfacher (je näher man zu Caesar kommt). Gespielt werden kann z.B. eine einzelne Epoche oder - wenn man die Zeit dazu hat - von den Anfängen bis zum Kaiserreich runter.

Die Spieler kontrollieren einflussreiche politische Parteien, die sich aus Familien und möglicherweise Staatsmännern zusammensetzen. Eine Familie (oder ein Staatsmann) besitzt folgende Attribute: Kriegskunst (Werte von 1 bis 6) repräsentiert die Fähigkeit, Armeen zum Sieg zu führen; Redekunst (Werte von 1 bis 6), die die Anzahl der Stimmen angibt, die der ehrenwerte Senator bei Abstimmungen auf seine Seite zieht; Loyalität zur Partei, diese rangiert typisch zwischen 6 und 9, kann aber auch auf 0 sinken, wenn sich ein Senator in derselben Partei befindet, den man überhaupt nicht ausstehen kann.

Während seiner Amtszeit kann ein Senator noch weitere Attribute sich erarbeiten, und zwar Einfluss, Popularität und die Anzahl seiner Gefolgsleute. Einfluss ist z.B. dann vonnöten, wenn man einen Senator für die eigene Partei gewinnen will und es darf nicht vergessen werden, dass man das Spiel dann gewinnt, wenn man als erster 35 Punkte Einfluss auf sich gehäuft hat.

Die Gefolgsleute geben zusätzliche Stimmen ab und sind außerdem eine Einnahmequelle (hat es damals schon Parteispenden gegeben?). Schließlich noch die Popularität: Je höher umso beliebter ist man beim Volke, umso schwieriger wird es, diesen Mann wegen Korruption zu belangen (im Extremfall wird der Ankläger vom Volk gelyncht...).

Bei Spielbeginn bekommt jede Partei drei Senatoren und eine Anzahl von Karten. In diesen Karten können z.B. Staatsmänner stecken oder diverse Ereignisse, die man ausspielt, wie es dem Republikaner genehm ist (z.B. Tribune, Assassinen, Konzessionen). Der erste Konsul wird sodann ausgewählt, der einen enormen Vorsprung von Einfluss bekommt.

Eine Spielrunde wird strikt in Phasen abgewickelt. Zuerst wird durch Zufall ermittelt, ob eine der ehrenwerten Personen den Löffel abgegeben hat. Wenn ja, wird die entsprechende Karte ins Forum gelegt (oder wenn es ein Staatsmann war, dann ist dieser endgültig über den Jordan - oder sollte man sagen: Rubikon?) und kann später wieder zur Verfügung stehen. Danach kommt das liebe Geld an die Reihe: Der Parteichef bekommt drei Talente, jedes weitere Parteimitglied eines. Zusätzliche Einnahmen aus Konzessionen sind natürlich auch immer heiß begehrt. Wenn das geschehen ist, werden die Staatsfinanzen behandelt - Unterhaltsleistungen für Armeen und Flotte, Einnahmen/Ausgaben der Provinzen, und was sehr wichtig ist, Kriege belasten das Budget zusätzlich.

In der nun folgenden Forum-Phase kommt jede Partei reihum einmal dran: Zuerst wird gewürfelt, ob ein Zufallsereignis eintritt (z.B. Seuchen, böse Omen, Dürre, Rekrutierungsprobleme) oder ob der Spieler eine Karte nehmen darf. Ist die Karte rot, darf er sie behalten, sonst wird sie auf den Spielplan platziert. Schwarze Karten nämlich sind meistens Kriege oder fremde Heerführer.

Danach darf der Spieler versuchen, jemand für seine Partei zu gewinnen, was schwieriger wird, wenn der Gegenüber schon Gehirnwäsche hinter sich hat (sprich: Zu einer Partei gehört). Finanzielle Geschenke versüßen natürlich den Übertritt, wobei die anderen Fraktionen auf diese Weise dagegen arbeiten können. Schließlich kann man noch Gefolgsleute anwerben und Spiele sponsern (Popularität!) oder die Parteiführung ändern. Die Familie des Fraktionsleiters hat nämlich immer einen Nachfolger parat, wenn es ums Sterben geht.

Vierte Phase: Die Bevölkerung regt sich über Kriege auf und wird vom höchsten anwesenden Würdenträger verköstigt und unterhalten. Die Rede eines sehr populären Konsuls kann oft den Staat noch retten.

Nun kommen wir zum Senat - Phase Nummer 5, mitunter die wichtigste. Zuerst werden die beiden neuen Konsuln gewählt: Dazu werden zwei Leute vorgeschlagen und dann wird abgestimmt (Abstimmungsregeln siehe unten). Werden die beiden Leute gewählt, so machen sie sich untereinander aus, wer Rom-Konsul und wer Feld-Konsul wird. Werden sie nicht gewählt, muss ein neuer Vorschlag eingebracht werden, wobei die beiden Abgelehnten nicht mehr gemeinsam vorgeschlagen werden dürfen. Der neue Rom-Konsul übernimmt dann den Vorsitz und es geht über zur Wahl des Zensors.

Dieser hat die Aufgabe, korrupte Senatoren anzuklagen. Der Gefahr einer Anklage laufen (tatsächlich) korrupte Gouverneure entgegen, die nach Rom zurückkehren, die beiden letztjährigen Konsuln und Personen, die aus Konzessionen Einnahmen beziehen. Schlimmstenfalls kann ein Verfahren mit dem Tode enden, aber man kann sich der Verfolgung ja durch selbst gewähltes Exil entziehen.

Der Zensor bestimmt für die Anklage einen Staatsanwalt, der durchaus aus den Reihen anderer Parteien kommen kann. Der Staatsanwalt bekommt Einfluss und die Möglichkeit, auch ohne früher bekleidetes Konsulat Zensor werden zu können. Wenn das erledigt ist, werden neue Gouverneure gewählt und anschließend werden alle Amtsgeschäfte des Senats getätigt. Dabei werden Armeen/Flotten aufgestellt oder entlassen, Armeen gegen Feinde ausgeschickt (der Feld-Konsul zieht als erster in den Kampf, dann der Rom-Konsul). Hier kann auch ein Diktator gewählt werden. Die Phase endet, wenn der höchste Würdenträger den Senat schließt oder in den Krieg zieht.

Wie wird abgestimmt? Den Vorsitz führt der höchste anwesende Würdenträger in Rom, im Normalfall der Rom-Konsul, und nur er darf Vorschläge einbringen. Natürlich darf er den Rat anderer Spieler annehmen und zur Abstimmung freigeben; ein Spieler kann aber auch von selber einen Vorschlag für die Abstimmung vorlegen, wenn er eine Tribun-Karte ausspielt. Dann bestimmt der Vorsitzende willkürlich, in welcher Reihenfolge abgestimmt wird, indem er die Spieler nacheinander zur Stimmabgabe auffordert. Ein Spieler kann so viele Stimmen geltend machen, wie er an Redekunst und Gefolgsleuten insgesamt vorweisen kann, wobei er dieses Ergebnis durch Geld noch ein wenig verbessern kann. Statt einer Stimmabgabe kann er auch einen Tribun ausspielen, was sich als Veto auswirkt, denn die Abstimmung muss abgebrochen werden und darf in dieser Form in der laufenden Senatssitzung nicht mehr vorgelegt werden.

Wenn der Senat seine Geschäfte geschlossen hat, werden die Kriege ausgetragen. Gewonnene Kriege erhöhen die Moral der Bevölkerung und des Feldherrn Popularität und bringen meist Geld in Form von Kriegsbeute in die Staatskasse und manchmal entsteht dadurch auch eine neue Provinz. Es gibt sehr viele verschiedene Auswirkungen, die ich hier nicht näher besprechen möchte.

Die siebente und letzte Phase nennt sich Revolutions-Phase und hier treten neue Staatsmänner/Familien auf, Gouverneure oder siegreiche Kommandeure kehren nach Rom zurück (oder revoltieren). Meuchelmörder schlagen ebenfalls hier zu.

Das Spiel endet, wenn der Senat vom Volk gestürmt wird, wenn Rom durch zu viele offene Kriege untergeht. In beiden Fällen geht kein Spieler als Sieger hervor. Wenn die letzte Karte gezogen wird, gewinnt die Partei mit dem höchsten Einfluss. Ein Senator, der 35 Punkte Einfluss erreicht hat, oder als Konsul auf Lebenszeit gewählt wird, gewinnt für seine Partei und schließlich kann ein rebellischer Senator noch einmarschieren und den Kampf gegen den Senat gewinnen - so gewinnt er natürlich das Spiel.

Das war eine schon sehr kurze Schilderung der Spielregeln. Wie man vielleicht schon vermutet, handelt es sich bei Republic of Rome um ein so genanntes kommunikatives Konkurrenzspiel. Das Ziel aller Spieler sollte jedenfalls sein, Rom vor dem Untergang zu bewahren und dazu müssen sie wohl oder übel zusammenarbeiten. Aber darüber hinausgehend entwickeln sich sehr interessante Gefechte der Spieler untereinander. Mal wird versucht, den Stuhl eines möglichst einflussreichen Gegners abzusägen indem man ihn anklagt, oder als Gouverneur für drei Jahre in einer Provinz außer Gefecht setzt. Ich habe auch schon erlebt, dass bewusst militärische Nieten an die Front geschickt wurden, in der Hoffnung, dass Iuppiter Maximo ihn zu sich nimmt.

 

Die Schwierigkeit des Spieles besteht darin, dass Rom permanent in Kriege verstrickt wird, die an der Moral der Bevölkerung nagen und vor allem am Staatshaushalt. Sollten dann noch ein paar nette Kleinigkeiten zusätzlich auftreten, wie beispielsweise die Verteuerung der Armeen oder gar die Unfähigkeit, neue Truppen zu rekrutieren, dann ist die Katastrophe perfekt. Und genau das passiert in dem Spiel viel öfter, als einem lieb ist.

Ich habe das Spiel jetzt ein halbes Dutzend mal gespielt und mit einer einzigen Ausnahme ist Rom immer in der frühen Phase untergegangen (zweimal durch Kriege, dreimal durch Aufruhr des unterprivilegierten wie dummen Pöbels). Und das eine andere Mal, es war bei den Mühlviertler Spieletagen (meinen Salut an die Mitsenatoren!), überlebten wir gerade so die erste Epoche um nach acht oder neun Stunden am Beginn der mittleren Republik dann das Spiel abzubrechen. So lange dauert dieses Spiel tatsächlich, wenn man ernsthaft spielt (und nicht schon vorher durch Unglück den Weg alles Sterblichen geht). Angesichts dieser statistischen Ergebnisse kann man den Glücksfaktor des Spieles auf ein paar Worte reduzieren: Es kommt immer verflucht dick!

Höchst bemerkenswert finde ich, dass auf großartige strategische Einflüsse verzichtet wurde. So bleibt das Spiel auf die politischen Ebene beschränkt. Man muss lediglich entscheiden, wie viele Armeen und Flotten gegen den Feind geschickt werden und welcher Feldherr den Feldzug anführt. Der vereinfachte Kriegsmechanismus ist sehr gelungen. Es gibt da Kriege, die sofort ausbrechen und solche, zu denen erst ein Anführer kommen muss, solche, die auch am Seeweg geführt werden müssen und solche, die Provinzen verwüsten können. Besonders gefährliche Kriege, wie etwa die Punischen Kriege, treffen in ihrer historischen Härte und oft stehen Senatoren vor dem Problem: Schauen wir, dass ein simpler Streit schnell und problemlos erledigt wird, oder versuchen wir einen großen Krieg aus der Welt zu schaffen, oder doch beide gleichzeitig? Meist entscheidet man sich für die erste Möglichkeit (weil sie Geld und Nerven spart und bei einem Erfolg die Plebs bei Laune hält), aber sie hat einen entscheidenden Nachteil - wenn ein zweiter Krieg der gleichen Art auftritt (z.B. ein zweiter Punischer Krieg). Wenn das der Fall ist, sollte man schnellstens zu Mars beten, denn die Wirkung eines Krieges verdoppelt (verdreifacht) sich, wenn ein zweiter (dritter) Krieg gleichzeitig gegen ein und denselben Gegner ausgetragen werden müssen.

Den ganzen Kriegen messe ich große Bedeutung zu, denn sie fesseln die Spieler aneinander. Wenn sie nicht gemeinsam den Barbaren entgegentreten, können die Leute in Rom bald schon andere Fahnen aufhängen...

Ernsthaft spielen heißt hier das Schlagwort. Für Leute mit dem Grundsatz "wenn schon nicht ich, dann auch kein anderer" kann ich das Spiel zuliebe der Mitspieler nicht empfehlen, außerdem sollte man Ausdauer und Enthusiasmus mitbringen. Ansonsten gilt diesem Spiel mein größtes Lob: Es ist das seriöseste und komplexeste politische Spiel, das ich kenne, wenn nicht gar das komplexeste Nicht-Cosim überhaupt! Der Spielmechanismus ist sehr sorgfältig durchdacht und es kommt sehr auf die Kommunikation der Spieler untereinander an.

 

Es gibt übrigens einen Artikel im 'General' zu diesem Spiel, den ich leider nur durchgeblättert habe (wäre nett, wenn mir jemand den Artikel zusenden könnte, der ihn hat), der einige Regeländerungen beinhaltet, um des Spieles Schwierigkeiten abzuschwächen. Aber auch ohne diese Ergänzungen bin ich hochzufrieden.

Zur Ausstattung gehört ein 24-seitiges Regelheft, das kaum Fragen offen lässt, jede Menge Marker, ein Spielplan (er enthält viel Platz zum Ablegen der Karten und ein paar Tabellen), Übersichtskarten und drei Sätze Karten, alle in gewohnter Avalon-Hill-Qualität.

 

Meine Wertung:

*** The Republic of Rome KKK SSS III UU 2-6(6) >5h